Mehrheit gegen Blockade
Umfrage: Knapp drei Viertel der US-Amerikaner gegen Kuba-Sanktionen.
Die Mehrheit der Bevölkerung in den Vereinigten Staaten fordert einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Pew-Forschungszentrums (Pew Research Center) zufolge die Aufhebung aller Sanktionen gegen Kuba. Mit 73 Prozent begrüßen knapp drei Viertel der Bürger die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen. Nahezu ebenso groß ist mit 72 Prozent der Anteil derjenigen, die die Beendigung der seit 1962 gegen die sozialistische Karibikinsel verhängten Blockade befürworten.
Das Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Washington hatte die Daten vom 14. bis 20. Juli in Rahmen einer periodisch durchgeführten Befragung unter 2.002 erwachsenen US-Bürgern erhoben. Danach hat sich die öffentliche Meinung von Januar bis Juli 2015 deutlich zugunsten einer veränderten Kuba-Politik verschoben. Während von allen Befragten vor einem halben Jahr noch 66 Prozent für die Aufhebung der Sanktionen votierten, waren es am 20. Juli bereits 72 Prozent.
Erwartungsgemäß ist die Zahl der Blockadegegner bei den Anhängern der Demokratischen Partei mit 82 Prozent besonders hoch. Spektakulär ist jedoch die Entwicklung im Lager der Republikaner, wo die Stimmung kippte. Im Januar sprach sich mit 47 Prozent noch eine Minderheit für die Beendigung der Blockade aus. Bis Montag war diese Gruppe auf 59 Prozent gewachsen. Selbst unter den »konservativen Republikanern«, deren Position das Institut separat auswertete, hat sich der Anteil der Blockadegegner von 40 Prozent im Januar auf nunmehr 55 Prozent erhöht. Damit sind die Chancen für Obamas Vorstoß zur Aufhebung der Blockade im republikanisch dominierten Kongress deutlich gestiegen.
Auch wichtige Medien machen dafür Druck. Am Montag hatten die Herausgeber der einflussreichen New York Times das – wie sie es nennen – »Handelsembargo« als »gescheiterte Politik« bezeichnet und den Kongress zu dessen Beendigung aufgefordert.
Nach Eröffnung der Botschaft seines Landes in Washington hatte der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen John Kerry im State Department erneut darauf hingewiesen, dass die von den USA noch immer gegenüber Kuba aufrechterhaltene Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade das größte Hindernis für eine weitere Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern sei. Beobachter erwarten, dass Kerry bei seinem Besuch in Havanna am 14. August zumindest die Aufhebung des Reiseverbots für US-Bürger nach Kuba ankündigen wird.
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Volker Hermsdorf
Junge Welt, 23.07.2015