Auf nach Havanna
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier macht sich auf den Weg nach Kuba. Blockadepolitik von USA und EU gescheitert.
Als erster Außenminister der Bundesrepublik besucht Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag und Freitag das sozialistische Kuba. Der Besuch dokumentiere, welchen Weg Kuba, die USA und die internationale Gemeinschaft bei der gegenseitigen Annäherung bereits zurückgelegt hätten, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Mittwoch in Berlin. »Wir wollen den sehr vorsichtigen und sehr behutsamen Wandel, den wir in Kuba wahrnehmen, mitgestalten, indem wir unsere bilateralen Beziehungen zu Kuba intensivieren und die Partnerschaft mit Kuba politisch, wirtschaftlich und kulturell ausbauen.« Steinmeier werde mit mehreren kubanischen Ministern, dem Erzbischof von Havanna, Jaime Kardinal Ortega, mit Kulturschaffenden sowie Vertretern der Zivilgesellschaft zusammentreffen, kündigte Schäfer an. Ein Treffen mit dem kubanischen Präsidenten Raúl Castro oder seinem Vorgänger Fidel Castro sei nicht geplant.
Seit Monaten geben sich in Havanna hochrangige Besucher etwa aus Frankreich, Großbritannien, Spanien und den Niederlanden die Klinke in die Hand. Keiner will zu spät kommen, wenn nach einem erhofften Ende der Wirtschafts- und Handelsblockade der USA gegen die Insel bislang bestehende Hindernisse für Investitionen wegfallen. Die USA und Kuba wollen in der kommenden Woche nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder Botschaften im jeweils anderen Land eröffnen. US-Präsident Barack Obama strebt auch eine Aufhebung des »Embargos« an, scheitert damit aber bisher an der republikanischen Mehrheit im Kongress. Ein weiteres Hindernis für die Normalisierung der Beziehungen ist der Militärstützpunkt Guantanamo Bay, den die USA auf Kuba betreiben. Havanna fordert das gut 100 Quadratkilometer große Gelände zurück, das die USA seit 1903 besetzt halten.
Während die DDR seit der Revolution 1959 enge Beziehungen mit Kuba unterhalten hatte und es vor allem in den 70er und 80er Jahren einen intensiven Austausch gab, köchelten die diplomatischen Verbindungen zwischen Bonn und Havanna die meiste Zeit auf kleiner Flamme. Nach 1990 kündigte die Bundesregierung praktisch alle Abkommen auf, unter anderem die von der DDR zugesagte Lieferung von Milchpulver für Kubas Kinder. 1996 unterstützte die Bundesregierung die Verabschiedung des bis heute nicht offiziell aufgehobenen »Gemeinsamen Standpunkts« der EU gegen Kuba, in dem das Ziel eines Umsturzes auf der Insel ausgegeben wurde. Auch 2003 war Berlin eifrig mit dabei, als die EU eigene Sanktionen gegen Kuba beschloss und damit auf die Festnahme von 75 Konterrevolutionären reagierte.
Diese Formen der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Kubas durch die EU haben jedoch ebensowenig gefruchtet wie die jahrzehntelange Blockade der Insel durch die USA. Wie die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina am Mittwoch berichtete, soll am 16. April kommenden Jahres der VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas eröffnet werden. An diesem Tag jährt sich die Proklamation des sozialistischen Charakters der Kubanischen Revolution zum 55. Mal.
|
(Reuters/dpa/PL/jW)
Junge Welt, 15.07.2015