"In Lateinamerika gibt es Militärbasen und mediale Basen"
Die Rolle der Medien in Lateinamerika. Interview mit dem mexikanischen Intellektuellen Fernado Buen Abad.
Der mexikanische Intellektuelle Fernado Buen Abad analysierte in einem ausgedehnten Gespräch, das Teil eines Buches über lateinamerikanische Denker sein wird, die Rolle der Medien und behauptet, dass die Kommunikation ein Problem für die regionale Sicherheit darstelle und dass "die Medien wirkliche Waffen im ideologischen Krieg sind".
Warum sind Sie der Auffassung, dass gegenwärtig die Kommunikation ein regionales Sicherheitsproblem ist?
"Bis jetzt hat es in diesem 21. Jahrhundert bereits fünf Staatsstreiche in Lateinamerika gegeben, bei denen die medialen Monopolstrukturen als Rammbock dienten. Das ist ein Gefahrensignal, das wir zu spät wahrgenommen haben."
Welches war die Rolle der Interamerikanischen Pressegesellschaft (SIP) bei diesen Vorkommnissen?
"Im Fall der SIP versuche ich, deren Rolle nicht überzubewerten, obwohl es sich dabei um ein Bündnis von Medienunternehmern handelt. Das Problem besteht nicht darin, dass sich die Unternehmer organisieren, sondern dass sie das Gepräge und das Curriculum einer Anthologie des Schreckens haben. Jeder einzelne von ihnen ist ein Kompendium entsetzlicher Gräuel, nicht nur individuell, sondern durch die Medien, die sie repräsentieren, und wegen der Pläne, die sie im Sinn haben. Trotzdem glaube ich, dass sie im Vergleich zu dem globalen Megaprojekt der medialen Dominanz, das ein wirklich imperiales Projekt ist, deutlich niedriger einzuschätzen sind. In diesem Kontext ist die SIP kaum mehr als ein Handlanger, der furchtbare Dinge tut, aber nur einen Teil dieses Megaprojektes ausmacht. Ich sage das wegen der Größe der SIP, aber in ihrem Maßstab sind die daran Beteiligten Schreiber von enormem Einfluss. Sie waren der Rammbock des Projekts, das wir als Plan Condor der Kommunikation bezeichnet haben."
Was beinhaltet der Plan Condor der Kommunikation?
"In den letzten Jahren haben sich die Militärbasen in Lateinamerika wie Metastasen ausgebreitet. Die Vereinigten Staaten, die immer geglaubt haben, dass Mexiko Teil ihres Sicherheitsringes sei, wollen jetzt den ganzen Kontinent dazu erklären, der außerdem ein Sicherheitsgebiet mit 500 Millionen Gefangenen darstellt, auf das sie ihren Markt ausdehnen wollen. Mit ihren Kapazitäten eines schnellen Einsatzes der Streitkräfte in der Region ist es ihnen möglich, jegliche Art von Widerstand zu kontrollieren. Die Anwendung dieser Formel haben wir bereits im Irak gesehen, in Libyen, in Syrien und in der Ukraine. Der Rammbock, die Speerspitze dabei sind immer die Medien. Zunächst fängt man an, alle dort zu beschuldigen, Diktatoren zu sein und die Welt davon zu überzeugen, dass "jemand etwas dagegen tun muss" und an jedem Tag, der vergeht, klatscht die Welt dem Vorhaben mehr Beifall und wird schließlich sagen: 'Endlich sind wir diesen Diktator los.' Dieses Rezept kennen wir bereits. Es ist bei Nicolás Maduro angewandt worden und bei Hugo Chávez. Es zielt auf Daniel Ortega, auf Rafael Correa, auf Raúl Castro, auf Dilma Roussef und Cristina Fernández. Es wird deutlich, wer deren Feinde in diesem Szenario sind."
Welche Rolle kommt in diesem Zusammenhang den Kommunikationsmedien zu?
"Die Kommunikationsmedien sind wirkliche Waffen des ideologischen Krieges und sie haben sich auf dem Kontinent neu positioniert. In Lateinamerika gibt es Militärbasen und mediale Basen. Die medialen Basen haben diverse Vorteile gegenüber den anderen. Sie haben größere Kapazität, sind schnell und allgegenwärtig zu artikulieren. Sie lassen einen diffamierenden Kommentar in Venezuela los und am selben Morgen wird er in einem Radio in einem Viertel von Buenos Aires wiederholt. Auf diese Weise führen sie ihr Programm auf dem ganzen Kontinent durch und gleichzeitig reproduziert die PRISA-Gruppe dieselbe Nachricht in Madrid, CNN reproduziert sie für die Vereinigten Staaten, in Mexiko erledigt das Televisa und Clarin macht das Seine für Argentinien. Das bedeutet, es gibt Geschwindigkeit und Gleichzeitigkeit. Das ist im Grunde eine Militärstrategie. Es gibt einen Kampf um Territorien und gleichzeitig einen Kampf der Semantik. Das nenne ich den Plan Condor der Kommunikation. Denn jetzt verfügen die repressiven Kräfte der Kommunikation über eine Ansteckungskraft und die Fähigkeit, schnell zu koordinieren."
Wie ist er strukturiert?
"Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir über das Geld und starke Institutionen verfügten, um dies zu untersuchen, identische semantische und syntaktische Strukturen finden würden. Eine, die ich herausgefunden habe, ist folgende: Als Peña Nieto in Mexiko die Wahl gewonnen hatte, sagte er: 'Wir haben ein Samenkorn gesät, aus dem ein Baum erwachsen wird, von dem wir die Früchte ernten werden.' Das ist der gleiche Satz, den Henrique Capriles in Venezuela gesagt hat, als er die Wahl gegen Hugo Chávez verloren hatte, und auch Sergio Massa in Argentinien sagte genau den gleiche Satz in einer seiner Reden: 'Wir sind dabei ein Samenkorn zu säen, aus dem ein Baum erwachsen wird, von dem wir die Früchte ernten werden.'
Wenn wir die Möglichkeit hätten, eine Computertomographie der Reden zu machen, die auf dieser kontinentalen medialen Grundlage Lateinamerika durchlaufen, würden wir die Prägeformen sehen, mit denen sie gefüllt sind und die über die Random Group Kolumbiens, über CNN in den Vereinigten Staaten verlaufen und von der PRISA-Gruppe kommen, wo sich die Laboratorien für den gewaltigsten ideologischen und psychologischen Krieg der Welt befinden."
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Héctro Bernardo, www.teleSURtv.net
Granma Internacional, 15.07.2015