Mayabeque – jung, dynamisch
Vier Jahre ist es her, dass am 1. Januar 2011 sie Provinz Mayabeque ins Leben gerufen wurde.
Die neue Provinz verdankt ihre Existenz einem Beschluss der Nationalversammlung, in dem die Aufteilung der ehemaligen Provinz Havanna in zwei neue Provinzen festgelegt ist: Mayabeque und Artemisa. Während Mayabeque nur einen Teil des Territoriums der ehemaligen Provinz Havanna umfasst, setzt sich Artemisa aus Teilen der ehemaligen Provinz Havanna und zwei Kreisen der Provinz Pinar del Rio zusammen. Mayabeque ist die um fünf Stunden jüngere von beiden. Sie wurde um 14 Uhr ins Leben gerufen, während Artemisa schon um 9 Uhr vormittags eingeweiht wurde.
Mayabeque – Landwirtschaft, Wissenschaft und Forschung
Wenn man einen Kubaner vor ein paar Jahren gefragt hat, was er mit der Provinz Mayabeque verbinde, hat er auf ihre Wichtigkeit für die Versorgung der Hauptstadt mit Nahrungsmitteln hingewiesen.
Das trifft auch zu, aber Mayabeque ist viel mehr als das. Wer würde glauben, dass die kleine, bevölkerungsärmste Provinz Kubas ein Hort der Wissenschaft und Forschung ist?
Von der Hauptstadt einmal abgesehen gibt es nirgendwo in Kuba mehr wissenschaftliche Zentren als in Mayabeque.
Dazu gehören das nationale Zentrum für Biopräparate (BIOCEN), das Institut für Gartenbauforschung, die Versuchsstation für pflanzliche Ernährung, das Institut für Zuckerrohrforschung (ICINAZ), das nationale Zentrum für die Gesundheit von Pflanzen und Tieren (CENSA), eine Forschungsstation für die Herstellung von mikrobiellen Fetten, das nationale Institut für Agrarwissenschaften (INCA) und die Agraruniversität "Fructuoso Rodriguez", um nur einige zu nennen.
Von den 376.000 Einwohnern der Provinz arbeiten deshalb 4.800 im wissenschaftlichen Bereich. Da ist es nicht verwunderlich, dass man in diesem Jahr Mayabeque als Veranstaltungsort für den Tag der kubanischen Wissenschaft ausgewählt hat.
Im Februar 1993 hatte Fidel Castro vorausblickend erklärt, dass die Wissenschaft eines Tages den ersten Platz in der Wirtschaft des Landes einnehmen müsse, etwas, das in Mayabeque bereits zu einem großen Teil in die Tat umgesetzt wurde.
Mayabques Beitrag für die Wissenschaft, die Wirtschaft und die Landwirtschaft des Landes ist vielfältig. Es reicht von der Entwicklung des Biodüngers "Quitomax", der mit großem Erfolg beim Kartoffelanbau verwendet wird, und agroökologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln bis hin zu dem Medikament SURFACEN, das in der Neonatologie und Pädiatrie angewandt wird. CENSA hat eine Technologie entwickelt, mit der man der Lunge von Schweinen eine Substanz entnimmt, die als Lungensurfakant bekannt ist. Wenn ein Kind zu früh geboren wird, fehlt ihm diese Substanz und seine Lungen kollabieren beim Ausatmen. SURFACEN hilft, diesen Mangel zu beheben und ermöglicht den Frügeborenen das Atmen. Inzwischen konnte nicht nur der nationale Bedarf an diesem Medikament gedeckt werden, sondern es konnten 2014 die ersten 1.500 SIRFACEN-Ampullen in Zusammenarbeit mit Farmacuba nach Angola exportiert werden.
Obwohl Mayabeque erst kurze Zeit existiert, zeigen ihre Bewohner bereits eine Ausgeprägte Identität, fühlen sich als Mayabquenser und sind stolz auf ihre Provinz. Das liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass sich die 376.000 Bewohner dieses Gebiets, als es noch zur Provinz Havanna gehörte, als Anhängsel der Millionenstadt fühlten. Egal, ob man einen neuen Ausweis brauchte oder eine Bescheinigung von einem Amt benötigte, immer musste man in die Hauptstadt fahren und dort die in oft weit voneinander entfernt in verschiedenen Stadtteilen gelegenen Behörden aufsuchen, von denen die nächstliegende sich 30 km entfernt befand. Das war unter den schwierigen Transportbedingungen eine beschwerliche Angelegenheit.
Mit dem Jahr 2011 hat sich dies alles geändert. Jetzt befinden sich dort nicht nur die Regierung und das Parlament der Provinz, sondern auch alle Ämter und Behörden haben sich in der für alle Kreise gut angebundenen Hauptstadt San José de las Lajas niedergelassen.
Aber es gibt noch einen anderen Grund, stolz auf seine neue Provinz zu sein, denn sie wurde zusammen mit Artemisa dazu ausersehen, ein neues Projekt zu verwirklichen – die Trennung der legislativen und administrativen Funktionen sowohl auf Provinz-, als auch auf Kreisebene. Im Unterschied zu allen anderen Provinzen, in denen der Präsident des Provinzparlaments gleichzeitig auch die Funktion des Chefs der Verwaltung ausübt, ist die Situation in Mayabeque und Artemis anders. Hier gibt es den Parlamentspräsidenten mit seinen klar definierten Aufgaben und es gibt einen anderen Beamten, der als Verwaltungschef fungiert und dem Provinzparlament untergeordnet ist. Das Pilotprojekt, das am 1. Juli 2012 begonnen hat, soll bis zum Dezember 2016 laufen, um dann ausgewertet zu werden.
Was zunächst nur wie eine formale Veränderung aussieht, geht weit darüber hinaus. In einem Dokument unter dem Titel "Über die in den Provinzen Artemisa und Mayabeque zu entwickelnden Erfahrungen" heißt es, dass dieser Schritt das Ergebnis einer gründlichen Analyse einer gemischten, aus Mitgliedern der Nationalversammlung, der Regierung und der Partei zusammengesetzten Kommission sei. Solange der Präsident der Bezirksversammlung gleichzeitig Präsident des Verwaltungsrats ist, ergibt sich aus dieser Dualität ein Interessenkonflikt, wenn er gleichzeitig als Präsident des Parlaments den Bürgern und als Verwaltungschef der Verwaltung Rechenschaft ablegen muss. In besagtem Dokument heißt es dazu: "Da Präsidenten und Vizepräsidenten aufgrund der Dualität der Verantwortlichkeiten sowohl den Ergebnissen der wirtschaftlichen als auch der administrativen Geschäftsführung verpflichtet sind, führt dies im Allgemeinen dazu, dass der Verwaltung gegenüber nicht die entsprechenden Anforderungen gestellt werden und sich in ihren Handlungsweisen Parteilichkeiten zugunsten der Verwaltung gezeigt haben." Die Dualität betreffend heißt es weiter in besagtem Dokument, dass diese "den lokalen Versammlungen erschwert, ihre Funktionen in vollem Maße auszuüben, da die komplexen Probleme der Verwaltung und der Regierung des Gebiets dem Präsidenten viel abverlangen und er demzufolge den Versammlungen, den Arbeitskommissionen des Parlaments, den Delegierten und insbesondere der Bevölkerung nicht die erforderliche Zeit und Aufmerksamkeit widmen kann".
Das soll sich in Mayabeque und Artemisa jetzt zu ändern. Jetzt wird eine größere Annäherung an die Basis möglich, da die Leitung der Parlamente ab sofort über Zeit und Möglichkeiten verfügt, eine enge Verbindung zu den Volksräten, deren Mitgliedern, den Wahlkreisdelegierten in enger Verbindung mit den Wählern stehen und so die Parlamente als ein lebendiges Gesetzgebungsorgan funktionieren können. Da die vom Volk gewählten Delegierten besser auf ihre Aufgabe vorbereitet werden können, sind sie auch besser in der Lage, auf die Sorgen der Wähler in ihrem Wahlkreis einzugehen. Wenn diese sich von der Verwaltung des Gebiets nicht gut betreut fühlen, kommen sie jetzt, nach Aufhebung der Dualität, zu den Büros der Parlamente, um dort Verständnis für ihr Problem zu finden.
Zu dem Pilotprojekt gehören auch die Trennung der staatlichen und er betrieblichen Funktionen und die Trennung zwischen den eigentlichen Aufgaben einer Institution und den dazugehörigen Dienstleistungen.
Jedes Organ widmet sich konkret der Aufgabe, den vom Staat erhaltenen Auftrag zu erfüllen. Der Landwirtschaft obliegt nur die Produktion von Nahrungsmitteln, den Schulen nur die Bildung und Erziehung der Schüler und der Gesundheitsbereich konzentriert sich einzig und allein darauf, diese Dienste der Bevölkerung zukommen zu lassen. Für den Transport, die Buchführung, die Bereitstellung von Lehrmitteln und weitere Dienstleistungen, die benötigt werden, um diese Aufgaben erfüllen zu können, sind andere Organe zuständig.
Mit der Entstehung der Provinz Mayabeque sind auch rationalere und einfachere Leitungsstrukturen verbunden.
So sieht der Stellenplan der Provinzen Mayabeque und Artemisa eine erhebliche Reduzierung der bürokratischen Stellen im Vergleich zur Provinz Havanna vor. Wo z.B. Havanna 3.452 Beamte beschäftigt, so sind es in Mayabeque nur 286. Aber nicht nur die Organe der Volksmacht wurden perfektioniert, sondern auch die Strukturen anderer Organismen wie der Partei, der UJC, der Massenorganisationen, der Organe des Innenministeriums usw. veränderten sich. Alles geschieht unter dem Blickwinkel, die Strukturen zu rationalisieren und Funktionalität zu erreichen.
Jetzt blicken Millionen von Kubanern auf diese zwei Provinzen um herauszufinden, ob der Versuch ausgedehnt werden kann. Bis Dezember 2016 bleibt den Mayabequensern Zeit, daran zu arbeiten. An Motivation und Hingabe fehlt es den Bewohnern dieser jungen Provinz ganz sicher nicht.
|
Granma Internacional, 15.03.2015