40 Jahre
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba
Günter Pohl bei seiner Ansprache |
Der Name verrät’s: BRD meint BRD. Und damit eine Organisation der westdeutschen Bundesrepublik Deutschland, mit all den Bezügen der Linken auf und ihren Abgrenzungen von der DDR. Die FG jedenfalls hatte ein unverkrampftes Verhältnis zum sozialistischen Deutschland. Erst Jahre danach gab es bei westdeutschen Linken mit ihrer ab 1967/68 florierenden Distanzierungsmentalität so wunderliche Konstrukte wie "Solidarität mit Nicaragua" zu feiern, aber dabei die DDR- oder UdSSR-Hilfe für Nicaragua nicht sehen zu wollen.
Die Gründung der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba am 26. Oktober 1974 fand in der besonderen Zeit zwischen dem Militärputsch in Chile, der Nelkenrevolution in Portugal und dem Sieg des vietnamesischen Volks gegen den US-Imperialismus und seine Lakaien im Land statt. Es gab in der Welt Aufbruchstimmung, aber auch da und dort Anzeichen von Stagnation. Entsprechend war auch die Zusammensetzung der frühen FG-Mitgliedschaft: solche, die den proletarischen Internationalismus praktizierten, also die Sache der anderen als ihre ureigene begriffen - und jene, die solidarisch waren und sind, als eine Art von kritischer Selbstvergewisserung ihres Lebens auf der warmen Seite der Geschichte, wo wir in den Metropolen an der Ausbeutung der abhängigen Staaten nolens-volens partizipieren. Damals wie heute waren und sind alle Mitglieder wichtig, unabhängig davon, wie sie ihre Solidarität definierten oder definieren.
Erster Vorsitzender der FG war Dr. Wilhelm Breuer; erinnert sei hier, stellvertretend für viele der Gründungsmitglieder, auch an Fritz Noll von der Deutschen Kommunistischen Partei, der über deren Kontakte zur Kommunistischen Partei Kubas die wichtige Verbindung zum Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft herstellte; an Menschen wie den Duisburger Stahlbetriebsrat Heinz Lukrawka, und genauso an die aus der SPD kommenden Vorsitzenden Klaus Thüsing oder Manfred Bissinger. Wir erinnern uns aber auch an den ehemaligen FG-Vorständler Wilfried Huismann, der heute mit seinen von den Medien bestens bezahlten antikommunistischen Fernsehbeiträgen einer der engagiertesten Gegner der Kubanischen Revolution ist. Geschichte ist nicht immer geradlinig, und die Ereignisse nach 1989 haben auch in der FG ihre Spuren hinterlassen.
Damals gab es heftige Debatten um eine Art "Perestroika" auch für Kuba. Die in jener Zeit dafür plädierten, vergaßen, dass Kuba mit der "Rectificación" unabhängig von Gorbatschow (und mit ganz anderen Zielen) sich daran gemacht hatte, Fehlentwicklungen zu begegnen. Kuba hatte nie mit einer solchen Stagnation zu kämpfen wie sie sich in einigen osteuropäischen Staaten breitgemacht hatte. Von daher bedeuteten die Einwände mancher Compañeras/os in der FG BRD-Kuba in den meisten Fällen ihren Weg in eine neue (un)politische Heimat, in der für internationale Solidarität in der Regel nur noch wenig Platz war. Einige wenige der ehemaligen FGler/innen fanden sich mit anderen zu Solidaritätsorganisationen zusammen, die sich nach 1990 neu gründeten.
Die 40-Jahr-Feier in Berlin |
Der kubanische Botschafter in Deutschland |
Aber die meisten waren geblieben: in der FG und damit Kuba und sich selbst treu. Heute ist die Freundschaftsgesellschaft nicht mehr die einzige Solidaritätsorganisation in Deutschland, aber mit weit über achthundert Mitgliedern die größte. Natürlich sind diese Zahlen weder ein Kriterium für Erfolg noch für die Menge und Ausdauer des Engagements oder für die Richtigkeit des politischen Wegs. Die Diversifizierung der Haltungen (Stichwort: kritische Solidarität, aber auch rein humanitär ausgerichtete Gruppen) brachte durchaus unterschiedliche Ansätze in der Solidarität mit Kuba mit sich. Keine ist mehr wert als eine andere, solange alle ehrenamtlich arbeiten.
Wir betonen als Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba unsere politische Haltung als ein Merkmal, wenn wir sagen, dass wir unsere Solidarität nicht konjunkturell anpassen. Das schließt Nachfragen und Debatten mit unseren kubanischen Freunden im ICAP, der Regierung oder der PCC nicht aus. Das wissen unsere Gesprächspartner, und wir denken, dass sie es auch schätzen. Wie viele andere Solidaritätsgruppen haben wir darüber hinaus auch konkrete Projekte auf Kuba, bei denen wir eine materielle Solidarität leisten, die da und dort immer noch sinnvoll ist - wenn auch unsere Haltung, wonach die Errungenschaften der Revolution ohne die sozialistische Macht nicht denkbar wäre, der wichtigste Baustein für die Arbeit unserer dreißig Regionalgruppen ist. Diese Arbeit findet nämlich hier in Deutschland statt, im Gespräch auf der Straße oder in Veranstaltungen. Erwähnt seien die große Solidaritätsdemonstration mit Kuba am 16. Oktober 1993 in Bonn, zu der immerhin 2500 Menschen kamen, und der Autokorso durch das Ruhrgebiet am 5. und 6. Juni 2009, neben all den Aktionen unserer Regionalgruppen. Unzählige Veranstaltungen haben wir mit Gästen aus Kuba durchgeführt. Hier ist das ICAP, das Ende 1960 gegründete Institut für Völkerfreundschaft, in den meisten Fällen hilfreich beim Vermitteln von Gesprächspartnern.
Die FG BRD-Kuba wäre ungleich weniger bekannt, wenn es die Zeitschrift "Cuba Libre" nicht gäbe, die alle Mitglieder (und weitere Abonnent/innen) alle drei Monate bekommen. Sie ist ein Bindeglied zwischen den Regionalgruppen und gleichzeitig unser Aushängeschild für die Öffentlichkeit. Dazu erstellen wir zehn Mal im Jahr die Flugschrift "Cuba kompakt", als eine kleine Ergänzung, die aktuellere Themen aufgreifen kann. Seit Jahren verfügt die FG auch über ihre Homepage (www.fgbrdkuba.de), die sich fast tagesaktuell mit Kuba und der hiesigen Solidaritätsarbeit beschäftigt.
Anfang Oktober feierten wir unseren Geburtstag, im Beisein von unseren Partnern in der Schweiz und auch der ÖKG. Ein halbes Jahr zuvor konnten wir in Wien mit euch die 45 ÖKG-Jahre feiern. An Alter können wir euch wegen eures Vorsprungs nicht mehr einholen, aber wenn es der Sache Kubas dient, würden wir auch das noch hinbekommen!
Günter Pohl, Bundesvorsitzender
Cuba Sí - Zeitschrift der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft (ÖKG), 15.12.2014