Solidaritätsgruppen fordern Freiheit für noch in den USA inhaftierte kubanische Kundschafter.
Ein Gespräch mit Heinz-W. Hammer
Heinz-W. Hammer ist Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen (www.cubafreundschaft.de), und aktiv in der Solidaritätsbewegung mit den »Miami 5«
Anläßlich des 16. Jahrestages der Inhaftierung der »Miami 5« veranstalten mehrere Kuba-Solidaritätsgruppen am 12. September in Düsseldorf vor dem US-Generalkonsulat einen Aktionstag. Wie stellt sich die Situation der in den USA inhaftierten kubanischen Freiheitskämpfer derzeit dar?
Die fünf Kubaner wurden 1998 in Miami festgenommen und nach teilweise folterähnlicher Isolationshaft 2001 in einem politischen Schauprozeß verurteilt. Zu absurd hohen Strafen – bis zu zweimal lebenslänglich –, weil sie die immer noch dort aktiven konterrevolutionären Banden unterwandert hatten, um ihre Heimat vor weiteren Terroranschlägen zu schützen.
Sie wurden verurteilt wegen des Vorwurfs »Verschwörung, Spionage begehen zu wollen«. Eine Konstruktion der Staatsanwaltschaft wegen fehlender Beweise für tatsächliche Spionage.
Der Grund für ihre Entsendung in den Terrorsumpf war hingegen, daß Kuba bis 1999 insgesamt 3478 Tote und 2099 Invalide aufgrund von Terroranschlägen zu beklagen hatte. Die kubanischen Kundschafter konnten dagegen im Laufe ihres Einsatzes rund 170 Terrorakte aufdecken und damit verhindern. Zwei von ihnen, René González und Fernando González, haben ihre Strafe verbüßt und sind seit Mai 2013 bzw. Februar 2014 zurück in Kuba. Antonio Guerrero soll insgesamt 21 Jahre und zehn Monate sitzen, Ramón Labañino 30 Jahre und Gerardo Hernández sogar »zweimal lebenslänglich und 15 Jahre«.
Sehen Sie Chancen, daß US-Präsident Barack Obama die Inhaftierten doch noch begnadigt?
Auf diese oft gestellte Frage hat kürzlich auch der Kundschafter René González in einem Interview mit Ihrer Zeitung geantwortet, daß die internationale Solidaritätsbewegung das Zeitfenster von Obamas im Januar 2017 endender Präsidentschaft nutzen müsse. »Wenn Obama seine Amtszeit beendet und den Fall bis dahin nicht durch seine Entscheidung gelöst hat, wird die Angelegenheit komplizierter werden«, stellte er klar. Er konstatierte, daß Obama den Prozeß politisch entscheiden könne. Er müsse dafür nur ein Stück Papier unterschreiben.
Während der Fall der »Miami 5« im Ausland regelmäßig für Proteste sorgt, ist in der Bundesrepublik keine große Solidaritätsbewegung wahrnehmbar. Warum?
Ich glaube, dieser Eindruck täuscht. Auch in der BRD finden seit Jahren Protest- und Solidaritätsaktionen statt. Beispielsweise in Düsseldorf, Hamburg und Berlin jährlich am 12. September vor dem US-Konsulat. Das Internationale Hearing vom März in London war ebenfalls aus der BRD unterstützt worden. Auch die »Fiesta Moncada« am 16. August in Bonn war den fünf gewidmet. Das sind nur einige Beispiele. Die fehlende Wahrnehmbarkeit liegt aber vor allem daran, daß große wie lokale Medien eine Mauer des Schweigens um den Fall errichtet haben und so gut wie nicht berichten.
Was planen Sie bei Ihrem Aktionstag in Düsseldorf?
In dem erwähnten jW-Interview antwortete René auf die Frage, was die Solidaritätsbewegung tun könne, um diese Mauer des Schweigens zu durchbrechen, daß man »etwas Außergewöhnliches machen« müßte.
Unsere Position ist, daß die fünf niemals hätten inhaftiert und verurteilt werden dürfen, sondern von der US-Regierung als politische Geiseln gegen Kuba festgehalten werden. Diesen Aspekt werden wir, im Sinne des von René angesprochenen »Außergewöhnlichen«, am 12. September mit einigen Überraschungen deutlich machen.
Sind Ihnen Reaktionen des US-Konsulates auf die geplanten Proteste bekannt?
Unsere vorgesehenen Aktionen beinhalten ausdrücklich die Einbeziehung des US-Generalkonsulates. Wir werden unsere Positionen am Freitag unmißverständlich deutlich machen. Gleichzeitig wollen wir die Medien auffordern, endlich ihre Sprachlosigkeit zu diesem Fall und zu den Solidaritätsaktionen zu überwinden und darüber gemäß ihrem journalistischen Auftrag zu berichten.
Aktionstag für die »Miami 5«, 12. September, ab 11 Uhr, Berta-von-Suttner-Platz, Düsseldorf
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Interview: Markus Bernhardt
Junge Welt, 08.09.2014