»Persönliche Eindrücke verändern das Bild«
25. Karawane der »Pastoren für den Frieden« mit Hilfsgütern unterwegs nach Kuba.
Ein Gespräch mit Sabine Caspar.
Sabine Caspar ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí Hamburg und nimmt an der Solidaritätskarawane der »Pastors for Peace« von Kanada und den USA nach Kuba teil, die am heutigen Mittwoch die Grenze nach Mexiko passieren soll
Die 25. Solidaritätskarawane der »Pastoren für den Frieden« steht kurz vor dem Grenzübertritt nach Mexiko. Zum wievielten Mal beteiligen Sie sich an einer solchen Karawane?
Ich bin in diesem Jahr zum 16. Mal dabei. Erstmals hatte ich mich nach dem Treffen der europäischen Kuba-Solidarität 1998 in Kopenhagen beteiligt, auf dem Gail Walker, die Tochter des 2010 verstorbenen Pastors-for-Peace-Gründers Lucius Walker, das Projekt vorgestellt und die Teilnehmer eingeladen hatte, sich zu beteiligen. Es geht um humanitäre Hilfe, vor allem aber darum, den Protest gegen die Blockade Kubas zu verbreitern.
Wann und wo sind Sie in diesem Jahr dazugestoßen?
Ich bin am 13. Juli in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota dazugestoßen und war mit Buddy, dem Fahrer und Sprecher dieses Teils der Route, in einem kleinen Lieferwagen unterwegs. Wir machten Station in Eldora (Iowa), Columbia (Missouri), Little Rock (Arkansas), Dallas, Austin und der Grenzstadt McAllen (jeweils Texas). Als eine der Sprecherinnen habe ich den Standpunkt der EU erläutert und an einigen Beispielen die Auswirkungen der US-Wirtschaftblockade auf das Verhalten Europäischer Banken und Firmen geschildert. Die Teilnehmer der Karawane sind seit Anfang Juli auf zehn verschiedenen Routen von Kanada durch die USA gezogen.
Was für Spenden wurden in diesem Jahr gesammelt?
Der Schwerpunkt liegt auf Hilfsgütern für das kubanische Gesundheitssystem: Vor allem chirurgisches Material, Rollstühle und Gehhilfen.
War etwas anders als in den Vorjahren, zum Beispiel bei Gesprächen am Rande mit der US-Bevölkerung?
Wir haben unterwegs immer wieder von vielen Menschen gehört, daß in den USA inzwischen die Mehrheit der Bevölkerung, auch die der Exilkubaner, für ein Ende der Blockade und für die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba sei. Diese Stimmen haben deutlich zugenommen. Außerdem fiel mir auf, daß auch die Zahl derjenigen wächst, die dank des Einsatzes der »Pastors for Peace« von Kuba gehört haben oder Leute kennen, die selbst dort waren. Seit einigen Jahren bekommen religiöse, gewerkschaftliche oder Studiengruppen leichter eine Genehmigung für Kubareisen, ohne Sondererlaubnis der US-Behörden ist ein Besuch der Insel nach wie vor verboten. Persönliche Eindrücke verändern offenbar das negative Bild von Kuba, das die Medien der USA noch immer vermitteln. Die Pressekampagnen stützen sich vor allem auf »Berichte« von Dissidentengruppen, wie zum Beispiel die »Damen in Weiß«, die für ihre Angriffe auf Kuba aus den USA Geld bekommen.
Gab es während der Tour Behinderungen oder besondere Vorkommnisse?
Bis jetzt nicht, dafür aber besonders bewegende Momente. Wir hatten ein Treffen mit einem US-Studenten, der in Havanna Medizin studiert und dafür von Kuba ein Stipendium erhalten hat. Er kommt aus einer Gegend der USA, in der die medizinische Versorgung, seiner Schilderung nach, besonders schlecht ist. Dort möchte er später als Arzt praktizieren. Der junge Mann berichtete begeistert von der Ausbildung in Kuba, die den vollständigen Menschen umfaßt und nicht nur einzelne Organe. Das habe ihn zusätzlich motiviert, sagt er.
Die Karawane fordert die Freilassung der drei noch inhaftierten Cuban-Five-Mitglieder, die als Agenten der kubanischen Terrorabwehr in den USA zu teils lebenslangen Strafen verurteilt wurden. Ist das Thema in den USA heute präsenter als früher?
Ja – und dazu haben sicher auch die diesjährigen Aktionen in Washington beigetragen. Im Detail sind die US-Bürger aber nach wie vor kaum über den Fall informiert, weil er von den hiesigen Medien noch immer totgeschwiegen wird.
Wann, wo und wie sollen die Spenden in Kuba übergeben werden?
Nach unserem Grenzübertritt werden sie in den mexikanischen Hafen Tampico gebracht, dort in Container geladen und mit dem nächsten Schiff nach Kuba transportiert. In Havanna nimmt ein ökumenisches Verteilungskomitee die Spenden in Empfang. Sie werden gesichtet und je nach Bedarf an Krankenhäuser, Seniorenheime und medizinische Einrichtungen in ganz Kuba verteilt.
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Interview: Volker Hermsdorf
Junge Welt, 23.07.2014