Seit 1992 verurteilt die UN-Generalversammlung jedes Jahr die aggressive Kuba-Politik der USA. Trotzdem verschärft Washington seine Politik der Isolation der Inselrepublik.
Caleb McCarry ist ein verdienter Mann in Washington. Und er ist der größte Feind Kubas.
Während der vergangenen acht Jahre gehörte er dem Komitee für Internationale Beziehungen
des US-Repräsentantenhauses an. Neben der Republikanerin Ileana Ros-Lehtinen trat er in dem Gremium
als kompromißloser Verfechter der seit 1962 bestehenden Kuba-Blockade auf. Als US-Präsident
Bush im Mai 2004 die »Kommission für ein freies Kuba« gründete, war der Politiker mit dabei, um
an der erneuten Verschärfung der Isolationspolitik mitzuwirken. Vor wenigen Wochen dann stellte
McCarry – seit Juli auch »Beauftragter der Regierung für die Transition in Kuba« – einen der
größten »Erfolge« dieser Politik vor. Die Zuspitzung der Blockade habe Havanna alleine im
vergangenen Jahr 417 Millionen US-Dollar zusätzlich gekostet, erklärte er stolz. Nach
kubanischen Angaben entstand dem Inselstaat seit 1962 ein Verlust von 82 Milliarden US-Dollar.
UN gegen Blockade
Am Dienstag nachmittag (Ortszeit) stand die Blockadepolitik Washingtons vor der 60. Generalversammlung der
UN zur Debatte. Seit 1992 bringt die kubanische Regierung jedes Jahr einen entsprechenden Antrag in das
höchste Gremium der Weltorganisation ein, Titel: »Zur Notwendigkeit, die wirtschaftliche, finanzielle
und handelspolitische Blockade der USA gegen Kuba zu beenden«. Sprachen sich 1992 noch 59 Staaten für
diesen Antrag aus, wurde das Anliegen in den vergangenen Jahren durchweg mit überwältigenden
Mehrheiten angenommen. Im letzten Jahr votierten 179 (von 191) UN-Mitgliedern gegen die US-Politik, dieses
Jahr wird ein ähnliches Ergebnis erwartet. An der US-Politik wird das wahrscheinlich nichts
ändern, denn das Votum der Generalversammlung ist unverbindlich.
Folgen für das Ausland
Doch der Widerspruch wächst innerhalb wie außerhalb der USA. Denn während durch die
Blockade bislang vor allem US-Firmen von dem nahen kubanischen Markt ausgeschlossen wurden, spüren
zunehmend auch ausländische Unternehmen die Folgen von Washingtons Politik. Mit der Verschärfung
der Bestimmungen im vergangenen Jahr drohen ihnen Strafen von bis zu einer Million US-Dollar.
Privatpersonen, die gegen die Blockaderegeln verstoßen, können mit bis zu 250.000 US-Dollar
belastet werden. In einem aktuellen Bericht der kubanischen Regierung an die UNO werden 77 Fälle
aufgeführt, in denen Firmen und Organisationen zu solchen Strafzahlungen gezwungen wurden. Insgesamt
flossen so 1,26 Millionen US-Dollar in die Staatskasse. Die spanische Fluglinie Iberia wurde vor einigen
Monaten etwa mit einer 8.200-Dollar-Strafe belegt, weil nach der Landung in den USA Frachtgut aus Kuba
gefunden wurde. Den Vorstandsmitgliedern des kanadischen Sherritt-Konzerns und ihren Angehörigen
wurde erst im April die Einreise in die USA verweigert, weil das Unternehmen in Kuba präsent ist.
Unmittelbar vor der UN-Generalversammlung bezeichnete der neue kubanische Botschafter in Deutschland,
Gerardo Peñalver, die erwartete Verurteilung der Blockade als »wichtige moralische
Unterstützung«. Kuba könne die USA nicht mit Waffengewalt zum Ende der Blockade oder zum Abzug
aus Guantánamo zwingen, sagte Peñalver im Gespräch mit junge Welt, sondern nur durch
diplomatischen Druck. Ähnlich hatte sich zuvor der kubanische Gewerkschaftsdachverband CTC
geäußert. Kuba vertraue in seinen Widerstandwillen und in die Anklagen der Völker der
Welt, heißt es in einer Erklärung des Verbandes, dem drei Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter
angehören. Und weiter: »Eines Tages werden die Imperialisten ihre makaberen Versuche einstellen
müssen, ein Volk durch Hunger in die Knie zu zwingen«.
Veröffentlichung |
Junge Welt, 09.11.2005