Wirtschaftswachstum mit Hindernissen

Das weitere dynamische Wachstum der Wirtschaft Kubas wird von verschiedenen Faktoren erheblich gestört.

Im vorangegangenen Jahr 2016 stagnierte die Zunahme des BIP, ja die Bruttoproduktion ging sogar um 0,9 Prozent zurück, nachdem 2015 ein optimistischer Start mit einer Zunahme des BIP von 4,3 Prozent erreicht worden war, die Investitionen sogar um 24,9 Prozent, die Produktivität um 6,7 Prozent und der Durchschnittslohn um 17,6 Prozent gestiegen waren. Den führenden Funktionären der Wirtschaft Kubas bot sich nun Gelegenheit, entsprechende Korrekturen für den Plan 2016 vorzunehmen.

Krise in Lateinamerika

Raúl Castro hatte bereits in seiner Rede vor der Nationalversammlung zum Abschluss des Jahres 2015 betont, dass ein gewisser Zuwachs des BIP möglich sein werde, aber nicht in der bisherigen Höhe, da sich besonders die Weltmarktpreise für einige kubanische Exportartikel veränderten und auch die Kooperationsbeziehungen mit einigen Partnern, besonders in Lateinamerika, Veränderungen unterlägen. So reduzierte sich z. B. der Umsatz mit Brasilien allein durch die Verringerung der kubanischen Spezialisten und die ausbleibende Begleichung von Zahlungen an Kuba beträchtlich. Die Krise der Wirtschaft Venezuelas stellte die Kooperationsbeziehungen dieses wichtigsten Partners mit Kuba vor ernsthafte Probleme. Allein die Rohöl-Lieferungen verringerten sich um 4,4 Prozent. Die krisenhafte Entwicklung in Venezuela hatte natürlich auch eine Wirkung auf eine starke Abwertung des Bolivar und die Devisenknappheit wirkte sich auch auf die ohnehin schon angespannte Devisensituation in Kuba aus. Kuba sah sich gezwungen, die durch die Krisensituation in Venezuela entstandenen Probleme durch zusätzliche Käufe bei befreundeten Ländern wie Russland, Algerien und Angola zu lösen.

US-Blockade und Exportprobleme

Hurrikan Matthew

Beseitigung von Schüden durch den Hurrikan Matthew auf einer Kaffeeplantage
Foto: José M. Correa

Hinzu kam die anhaltende Blockade durch die US-Regierung mit all ihren exterritorialen Auswirkungen. Die ohnehin schon angespannte Devisensituation wurde darüber hinaus durch die Nichterfüllung einiger Exportprodukte Kubas noch gesteigert. In der Analyse der schweren Situation für das Land wurde u. a. Festgestellt, dass die drastische Verknappung von Treibstoffen zu einer spürbaren Zunahme von Diebstahl und anderen illegalen Geschäften geführt hat. Es ist zu hoffen, dass im Jahre 2017 die Schwierigkeiten in der Wirtschaft Kubas überwunden werden und das Land seinen gewohnten Rhythmus wieder aufnehmen kann. Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) hat für das Jahr 2017 vorausgesagt, dass das Wirtschaftswachstum Kubas – nachdem die Störungen in den Öl-Lieferungen Venezuelas behoben sind – langsam beginnt, sich in einem schnelleren Tempo durchzusetzen und dass dabei solche Sektoren, wie die Telekommunikation, Tourismus, das Bauwesen und die Landwirtschaft eine entscheidende Rolle spielen werden.

Prognosen für 2017

Der Minister für Wirtschaft und Planung, Cabrizas, schätzte Ende 2016 vor der Nationalversammlung Kubas ein, dass Kubas Wirtschaft, nachdem die Spannungen des Jahres 2016 überwunden worden sind, in diesem Jahr wieder ein Wachstum von 2 Prozent haben wird. Der größte Zuwachs wird in der Zuckerindustrie sowie im Hotel- und Gaststättenwesen erwartet. Darüber hinaus werden Zuwächse auf Gebieten des Transport- und Verbindungswesens, der Land- und Forstwirtschaft, im Handel und der verarbeitenden Industrie erwartet. Zusammen mit der Realisierung der vom VII. Parteitag beschlossenen Angleichungen und Korrekturen der Leitlinien der Wirtschafts- und Sozialpolitik soll der notwendige Wachstumsrhythmus wieder hergestellt werden. Natürlich wird die voraussichtliche Konjunktur der fünf wichtigsten Handelspartner einen Einfluss haben. Die Wirtschaft Venezuelas wuchs 2016 um 9,7 Prozent und wird sich in diesem Jahr um 4,7 Prozent reduzieren, China wird das Wachstum von 6,7 auf 6,5 Prozent reduzieren, ebenso Spanien von 3,2 auf 2,3 Prozent. Kanada wird das Wachstum des IBP leicht von 1,3 auf1,9 Prozent steigern können, aber Brasilien wird seinen Rückgang von Minus 3,5 Prozent im Jahr 2016 auf ein Wachstum von höchstens 0,2 Prozent anheben. Ähnlichen Einfluss auf die kubanische Wirtschaftsentwicklung werden die voraussichtlichen Weltmarktpreise für die kubanischen Exportprodukte haben. Der Preis für Nickel soll sich um 8,9 Prozent erhöhen, während der Zuckerpreis voraussichtlich auf dem Niveau von 2016 bleibt.

Kernthema: Devisen

Für das Jahr 2017 wird die Situation des Devisenhaushaltes eine große Bedeutung haben, um das anvisierte Wachstumsziel von 2 Prozent zu erreichen. Dafür wurden vier grundlegende Bedingungen als Aufgabe gestellt: die Exporte und die Zahlungseingänge zu sichern, die nationale Produktion absichern und intensivieren, weitere Substituierung von Importen realisieren und größte Minimierung unnötiger Ausgaben für Importe durchzusetzen.

Nicht nur für die weitere dynamische Wirtschaftsentwicklung Kubas, sondern auch für die Sicherung der Entwicklung des kubanischen Models des Sozialismus ist die weitere harmonische und solidarische Entwicklung der lateinamerikanischen und karibischen Region eine Grundvoraussetzung. Aus den Ausführungen der höchsten Repräsentanten der Region kam diese Solidarität erneut zum Ausdruck. Die Ehrung des Führers der kubanischen Revolution Fidel Castro als Vordenker der CELAC, die erneute Forderung, die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der US-Regierung gegen Kuba zu beenden und die Besetzung des widerrechtlich okkupierten Territoriums in Guantanamo aufzugeben, zeugen von der anhaltenden Solidarität der Völker Lateinamerikas und der Karibik mit dem revolutionären Kuba. In diesem Geist wurde auch die im Januar 2014 von den CELAC-Staaten in Havanna unterzeichnete Erklärung bestätigt, in der sich alle 33 Staats– und Regierungschefs verpflichteten, sich weder direkt noch indirekt in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedslandes einzumischen und auftretende Probleme mit friedlichen Mitteln zu lösen. Hier wurde auch darauf hingewiesen, die Destabilisierungsversuche in Venezuela mit Hilfe des Dialoges zu beenden. In diesem Sinne wurde auch der in Kolumbien errungene Frieden begrüßt.

Im Zusammenhang mit den Ankündigungen des gewählten US-Präsidenten Trump bekräftigte der CELAC-Gipfel die Verteidigung der Menschenrechte hinsichtlich der lateinamerikanischen Migration. Hier machte der scheidende Präsident Ecuadors, Rafael Correa, klare Aussagen, die mit viel Beifall aufgenommen wurden. Er forderte die Mitgliedsländer auf, gerade in dieser sicherlich künftig komplizierten Problemlage klare Positionen zu beziehen. Er führte aus, dass "nicht Mauern und nicht Grenzen, sondern Solidarität, Humanität und das Schaffen von Wohlstand und Frieden für alle Bewohner des Planeten" angestrebt werden müssten.

Zum Abschluss wurde der Vorsitz von der Dominikanischen Republik an El Salvador übergeben, wo 2018 der nächste Gipfel stattfinden soll.

CUBA LIBRE Heinz Langer

CUBA LIBRE 2-2017