Janusköpfige US-Politik

Die US-Politik gegenüber Kuba hat – glaubt man der bürgerlichen Presse hier im Lande – eine völlig neue Richtung eingeschlagen zur Normalisierung hin. Einem Stresstest hält diese Sicht nicht stand.

Bei seinem Besuch in Kuba versuchte es Obama mit Kreide:

»Ich bin hierher gekommen, um die letzten Spuren des kalten Krieges in den Amerikas hinter mir zu lassen. Ich bin hierher gekommen, um dem kubanischen Volk in Freundschaft meine Hand auszustrecken.«

Auch an anderen Stellen seiner Rede zeigte sich, dass nicht nur Helmut Kohl die »Gnade der späten Geburt« kennt:

»Es ist an der Zeit, die Vergangenheit zu vergessen, lassen wir die Vergangenheit hinter uns, blicken wir in die Zukunft, lassen Sie sie uns gemeinsam erblicken, eine Zukunft der Hoffnung. Und es wird nicht einfach sein, es wird Herausforderungen geben, und denen werden wir Zeit geben; aber mein Aufenthalt hier gibt mir mehr Hoffnung für das, was wir zusammen tun können, als Freunde, als Familien, als Nachbarn, zusammen.«

Und Obama ging noch weiter, um vorgebliche Gemeinsamkeiten zu finden:

»Wir leben beide in einer von den Europäern kolonisierten neuen Welt«, fuhr der Präsident der Vereinigten Staaten fort. »Kuba wurde, genau wie die Vereinigten Staaten, von aus Afrika geholten Sklaven gebildet. Genau wie die Vereinigten Staaten hat Kuba ein Erbe von Sklaven und Sklavenhaltern.«

Eine erstaunliche Geschichtsbetrachtung: Die USA – der mächtigste imperialistische Staat der Welt - und Kuba – Schauplatz des ersten imperialistischen Krieges, nämlich des amerikanisch spanischen Krieg um Kuba – beide gleich leidend an der europäischen Kolonialisierung?

Und was ist mit den Ureinwohnern? Erwähnt wurden sie von Obama nicht und auch nicht, dass – im Gegensatz zur Situation in den USA – in Kuba die rassische Diskriminierung mit Revolution beseitigt wurde. Ganz zu schweigen von der einzigartigen Unterstützung des revolutionären Kubas für den Kampf gegen die Apartheid - wie etwa durch seinen Einsatz in Angola.

Doch was hat sich nun von seitens der USA geändert?

Bürger der USA dürfen nur nach Kuba reisen, wenn sie einen kulturellen oder Studiengrund angegeben können. Die Programme für subversive Aktivitäten – insbesondere Programme für junge Kubaner, die einen »Studienaufenthalt« in den USA verbringen sollen wurden aufgestockt.

Streitpunkt Guantanamo

Es sind einige Gesetzesvorlagen eingebracht worden, die versuchen, bei der Marinebasis dasselbe zu erreichen, was das Helms-Burton Gesetz 1996 bezüglich der Blockade schaffte: Den Status Quo zum Gesetz erklären und die Verhandlungsmöglichkeiten auf ein Minimum zu beschränken.

Experten sind sich darüber einig, dass Obama die exekutiven Vollmachten hat, den Mietvertrag zu beenden, ohne dazu die Zustimmung des Kongresses zu benötigen.

Die Abkommen zwischen den USA und Kuba zu Guantanamo, enthalten keine Bedingungen oder Klauseln, die dem Kongress irgendeine Rolle bei der Beendigung des Vertrags zusprechen würden.

Darüber hat Obama aber in seiner Rede im Gran Teatro de La Habana nichts gesagt, obwohl er wusste, dass dies für die Kubaner ein äußerst sensibles Thema ist.

Zudem enthält der diesjährige Verteidigungshaushalt bereits eine Bestimmung aus dem Jahr 2002, nach der es dem Präsidenten verboten sein soll, das offene Gefängnis auf der Marinebasis zu schließen, was eines der Wahlkampfversprechen Obamas war, um 2008 ins Weiße Haus zu gelangen.

US-Blockade gegen Kuba

Obwohl jährlich im Oktober in der UNO das Gros der Staaten (2015 waren es alle außer den USA und Israel) die Blockade der USA gegen Kuba verurteilt, halten die USA weiter daran fest – auch nach der Annäherung an Kuba.

Schon im November 2015 hatte die Co-operative Bank in Großbritannien mit Verweis auf die Risiken das Bankkonto der Cuba Solidarity Campaign (CSC) geschlossen. Nun gab Bankchef Niall Booker nach einer Kampagne der CSC zu, dass die Schließung des Kontos aufgrund der Risiken der von der US-Regierung angedrohten Sanktionen geschah.

Vorangetrieben wird diese Blockadepolitik durch das Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums.

US-Recht in Europa anzuwenden, ist im übrigen sowohl nach Britischem als auch nach Europäischen Recht illegal.

US-Blockade auch in der BRD

Während US-Präsident Barack Obama bei seinem Staatsbesuch in Havanna von Freiheit und Annäherung schwadronierte, bekam im Frühjahr eine Gruppe der Jugendorganisation »Die Falken« aus Dortmund die absurden Auswirkungen der Blockade zu spüren.

Sie hatte in den letzten Monaten mit viel Mühe und zahlreichen kleinen Aktionen 15.120 Euro für eine gemeinsame Kubareise über die Osterfeiertage dieses Jahres gesammelt. Doch dieses Geld ist während des Überweisungsweges an die staatliche kubanische Tourismusagentur Amistur von einer US-Aufsichtsbehörde mit Verweis auf die Regeln der US-Blockade gestoppt worden.

Jeannette Bludau, Sprecherin der Sparkasse Dortmund, bei der das Geld eingezahlt worden war, bestätigte gegenüber der WAZ: «Es gilt aktuell unverändert ein Zahlungsverkehrsembargo der USA gegen Kuba, das deutlich weiter geht als das der EU.«

Die Reise hatte die Cuba-Hilfe Dortmund organisiert Ihr hatte schon Facebook eine bezahlte Werbeanzeige blockiert. Zudem war die Zahlung von Spenden über das bargeldlose Bezahl-System Paypal gestoppt worden.

Dass das Ganze für die Jugendgruppe gut ausging, ist Kuba zu verdanken. nachdem die Kubaner von der Blockade des Reisegeldes erfahren hatten, hatten sie die Jugendlichen auf eigene Kosten eingeladen.

Doch nicht nur Soli-Organisationen trifft de Blockade. Der Online-Bezahldienst PayPal hat das Konto einer Dortmunder Ticket-Firma wegen der US-Blockade gesperrt, weil sie Karten für Veranstaltungen mit kubanischen Künstlern angeboten hatte. Das Landgericht Dortmund entschied jetzt: Paypal muss das Geld wieder freigeben.

PayPal hatte großspurig behauptet, man müsse sich auch in Europa an das US-Gesetz halten. Das sah das Landgericht Dortmund ganz anders. Es stoppte den unerlaubten Eingriff in die Gewerbefreiheit des Dortmunder Ticketanbieters. Nachdem dieser monatelang nicht auf das Geld auf dem gesperrten PayPal-Konto zugreifen konnte, erließ das Gericht eine einstweilige Verfügung:

»Auf den vorliegenden Fall kommt zunächst deutsches Recht zur Anwendung.«

PayPal reagierte auf seine Weise und soll der Dortmunder Firma das Konto nun nicht mehr nur gesperrt, sondern gleich ganz gekündigt haben. Das Hauptverfahren steht noch aus. Diese Beispiele zeigen, dass es noch ein weiter Weg zu normalen Beziehungen ist und Schönwetterreden von Obama nicht ausreichen. Es müssen endlich Taten vonseiten der USA folgen, um die völkerrechtswidrigen Akte gegen Kuba zu beenden.

CUBA LIBRE Marion Leonhardt

CUBA LIBRE 3-2016