Die nächsten Verhandlungen zwischen Kuba und den USA
müssten schon konkreter sein!

Eine Nachbetrachtung

Nach der für das sozialistische Kuba glorios verlaufenen VII. Gipfelkonferenz der Organisation Amerikanischer Staaten ist zunächst etwas Ruhe in den Medien und in den entsprechenden Aktivitäten beider Seiten eingetreten.

Bereits nach den ersten Gesprächsrunden zeigten sich beträchtliche Schwierigkeiten für schnelle Lösungen der grundsätzlichen Probleme in den Beziehungen. Das kubanische Außenministerium verlautete dazu: »Wir dürfen nicht erwarten, dass alles mit nur einer Verhandlungsrunde gelöst werden könnte.« Die kubanische Führung hat zu mehreren Anlässen ihre Vorstellungen über die Prinzipien gleichberechtigter, respektvoller Beziehungen mit den USA unmissverständlich dargelegt, sie hat auch dieses Mal gefordert, dass die künftigen diplomatischen Beziehungen auf den Prinzipien des Völkerrechts beruhen müssten, wie sie in der UN-Charta und in den Wiener Konventionen über diplomatische und konsularische Beziehungen zwischen gleichberechtigten und souveränen Staaten festgelegt sind. Beide Dokumente sind übrigens auch von beiden Staaten unterzeichnet worden. Diese Prinzipien beinhalten im Wesentlichen: souveräne Gleichheit der Beteiligten, die Regelung von Konflikten und Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln, keine Anwendung von Drohungen oder von Gewalt gegen die territoriale Integrität, politische Unabhängigkeit eines beliebigen Staates, wie auch die Gleichheit der Rechte, die freie Selbstbestimmung der Völker und die Nichteinmischung in die Angelegenheiten, die der eigenen Rechtssprechung der Staaten unterliegen. Gerade dies ist das Problem, das die US-Regierung offensichtlich so zögerlich in allen Angelegenheiten der bilateralen Beziehungen erscheinen lässt.

Raúl Castro und Barack Obama in Panama

Raúl Castro und Barack Obama in Panama
Foto: Estudios Revolución/cubadebate.cu


USA haben ihre Ziele nicht geändert

Die Leiterin der US-Verhandlungsdelegation, Roberta Jacobson, machte dies bereits unmittelbar nach der ersten Gesprächsrunde in Havanna hinreichend deutlich. Auf einer Pressekonferenz, die die US-amerikanische Seite in der Residenz des Leiters ihrer Interessenvertretung in Havanna organisiert hatte, gab sie unumwunden zu, dass die US-Regierung ihr strategisches Ziel gegenüber Kuba, die Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, nicht aufgegeben hat, sondern dass sie nur ihre Taktik zur Erreichung dieses Zieles verändert habe.




Offensichtlich geht Präsident Obama davon aus, dass das strategische Ziel mit vollwertigen diplomatischen Beziehungen besser zu erreichen ist. Bereits seit längerer Zeit wird in Kreisen der US-Regierung über eine notwendige Änderung der Politik gegenüber Kuba nachgedacht. Dieser Denkprozess wurde wesentlich auch von der Entwicklung des internationalen Umfeldes beschleunigt. Der für Kuba, sowie die CELAC-Staaten (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten/ Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños) so erfolgreiche VII. OAS-Gipfel am 10. und 11. April in Panama bestätigte das.

Cuba no esta solo

Die Rede von Präsident Raul Castro wurde auch wegen der Klarheit der dargelegten Prinzipien kubanischer Politik von den dort versammelten Staats- und Regierungsoberhäuptern mit viel Wohlwollen und Beifall aufgenommen. Kuba ist auf massiven Druck hin von Seiten der lateinamerikanischen und karibischen Staaten gegen den Willen der USA erstmals seit 1962 in die OAS als geachtetes, vollwertiges Mitglied zurückgekehrt. In der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten hatte sich der standhafte kleine Inselstaat vor allem durch seinen mutigen, kompromisslosen Widerstand gegen die feindselige Politik der US-Regierungen große Sympathien erworben. Kuba ist mit allen Staaten des Subkontinents auch durch normale völkerrechtliche Beziehungen freundschaftlich verbunden und trägt durch seine prinzipienfeste, solidarische Politik dazu bei, dass der übermächtige Einfluss der USA in der Region immer stärker zurückgedrängt wird. Auch in der UNO wird durch die jährlichen Abstimmungen gegen die US-Blockadepolitik gegen Kuba die zunehmende Isolierung der USA deutlich. Es liegt also nahe anzunehmen, dass die Änderung der Kubapolitik kein Ergebnis guter Laune des Präsidenten ist.

Einigkeit von Anerkennung von Schwierigkeiten

Beide Seiten sind sich zumindest darüber einig, dass es in dem über 50 Jahre andauernden Zeitraum angespannter, ja feindlicher Beziehungen viele schier unüberwindliche Probleme gibt, die nur (wenn überhaupt) in einem langjährigen Prozess von Verhandlungen beider Regierungen auf gleicher Augenhöhe schrittweise aus dem Weg geräumt und zu einer vollständigen Normalisierung führen könnten.

Außenminister Mercelino Medina mit Jeffrey DeLaurentis

Außenminister Mercelino Medina mit Jeffrey DeLaurentis, Leiter der Interessenvertretung der USA, im sitz des kubanischen Außenministeriums
Foto: MINREX


Um diese anspruchsvolle Aufgabe beginnen zu können, ist man übereingekommen, als ersten Schritt volle diplomatische Beziehungen auf Botschafterebene herzustellen. Um selbst diesen Schritt zu gehen, müssen zunächst einige Bedingungen kurzfristig geschaffen werden: Natürlich kann man mit einem Staat, der auf der Liste der Staaten steht, die angeblich den Terrorismus fördern, keine diplomatischen Beziehungen herstellen. Daher hat Obama die Streichung sofort beim Kongress beantragt. Auch ist es in keinem Fall hinnehmbar, dass eine kubanische Vertretung keinen Zugang zum Finanzsystem des Staates, in dem sie arbeitet, hat. Diese sogenannten Formalien müssen also vorher geschaffen sein.





Eine völlige Normalisierung der Beziehungen soll dann auf langen Verhandlungswegen angestrebt werden. Das Herzstück ist natürlich die Abschaffung der Wirtschafts- Handels- und Finanzblockade. Es gibt seit dem Helms-Burton-Gesetz des US-Kongresses aus dem Jahre 1996 eine große Vielfalt von Regelungen und Gesetzen, die durch Präsidentenentscheidungen nicht abgeschafft werden können. Barack Obama hat nach Einschätzung der kubanischen Verhandlungsführerin, Josefina Vidal, aber seine Kompetenzgrenzen nach einigen durchgeführten Korrekturen noch nicht realisiert. Den ganzen Komplex der Blockade oder die Abschaffung von gegen Kuba gerichteten Gesetzen könnten bei den jetzigen politischen Kräfteverhältnissen in US-Kongress nur schwer möglich sein. Hier hat sich die herrschende Klasse ein Auffangnetz geschaffen.


CUBA LIBRE Heinz Langer

CUBA LIBRE 3-2015