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"Kuba macht es vor – solidarisch für das Recht auf Gesundheit weltweit"
Über die gleichnamige Buchvorstellung mit anschließender Diskussion am 12.Oktober 2017 im Saalbau Gutleut, Frankfurt a.M..
Der anlässlich des 25jährigen Bestehens der Hilfsorganisation mediCuba-Suisse herausgegebene Sammelband "Kuba macht es vor" wurde von Peter Leuenberger, dem langjährigen Mitarbeiter von mediCuba-Suisse und Lektor des Buches und dem Journalisten Volker Hermsdorf, einem der Autoren, vorgestellt.
MediCuba-Suisse wurde vor 25 Jahren 1992 zu Beginn der kubanischen Sonderperiode (período especial en tiempo de paz) von Schweizer Ärzten gegründet, nachdem Anfang 1990 infolge des Zusammenbruchs der wirtschaftlichen Beziehungen mit den sozialistischen Ländern das kubanische Bruttosozialprodukt um die Hälfte gesunken war und sich eine menschliche Katastrophe auf dem medizinischen Sektor abzeichnete. Aus der ersten medizinischen Soforthilfe (Sendungen von dringend benötigten Medikamenten, Operationsmaterial, medizinischen Apparaten und Ersatzteilen) entwickelten sich dann mit der Zeit nachhaltigere Projekte bis hin zur Lieferung von medizinischen Rohstoffen, die Kuba befähigten, Medikamente selbst zu produzieren. Ziel aller Bemühungen war die Unterstützung und Aufrechterhaltung des vorbildlichen kubanischen Gesundheitssystems. Die Schweizer Ärzte hatten in den 1980er Jahren bei humanitären Einsätzen in Nicaragua und El Salvador kubanische Kollegen kennengelernt und waren deshalb gut über das Gesundheitskonzept dort informiert.
Fünf Jahre später initiierten internationale Netzwerke dann mediCuba-Europa.
Man kann den Beginn des kubanischen Gesundheitswesens praktisch auf die ersten Aktionen der Guerilla datieren. In den jeweils erkÄmpften befreiten Zonen wurden neben pädagogischen Einrichtungen sofort auch Krankenstationen für die medizinisch bisher völlig unterversorgte Bevölkerung geschaffen. Mit dem Sieg der Revolution 1959 bekam neben dem Recht auf Bildung das Recht auf Gesundheit Verfassungsrang: Jede Kubanerin und jeder Kubaner hat das Recht auf kostenlose Gesundheitsversorgung.
Dazu wurde die Ausbildung von Ärzten sofort forciert, allerdings auch mit der Nebenwirkung, dass schon ab 1960 gut ausgebildetes medizinisches Personal von den USA systematisch bis heute abgeworben wurde. Die USA haben eigens dafür ein Programm entworfen und finanziert.
Große Hilfe wurde Kuba im Bereich der akademischen Ausbildung von Seiten der Sowjetunion und der DDR zuteil. Der Internationalismus Kubas kam im Austausch mit anderen sozialistischen und nichtsozialistischen Ländern zum Ausdruck. überflüssig zu erwähnen, dass das gesamte Gesundheitssystem nicht profitorientiert ist.
Auch unter den letzten schwierigen Bedingungen der Sonderperiode behielt die Gesundheitsversorgung politischen und ökonomischen Vorrang. Die durchschnittliche Lebenserwartung verringerte sich nicht, die Säuglingssterblichkeit nahm nicht zu. Niemand vom medizinischen Personal wurde entlassen, kein Krankenhaus wurde geschlossen. Das Arzt-Patienten-Verhältnis konnte sogar weiter optimiert werden: 1981 betreute ein Arzt 700 Einwohner, zu Beginn der Sonderperiode 1990 waren es 530 und 1993 nur noch 274 Einwohner. Kuba blieb vorbildlich für die Völker, was auch immer wieder von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt wurde.
Als gravierende Belastung, gar als Bedrohung, stellte sich auf den verschiedenen Entwicklungsstufen die US-Blockade gegen Kuba dar, die u.a. fortdauernd verhinderte, dass lebenswichtige Medikamente importiert werden können. In solidarischen Aktionen beschafften mediCuba-Suisse, mediCuba-Europa und andere Hilfsorganisationen Medikamente und medizinische Ausrüstung für Kuba. Der Druck des Mangels infolge der Blockade erzeugte seinerseits äußerst erfolgreiche eigene medizinische Forschungs- und Ausbildungsprojekte.
In Verträgen zwischen mediCuba und dem kubanischen Gesundheitsministerium wurden 2005 die künftigen gemeinsamen Entwicklungs- und Forschungsschwerpunkte festgelegt: Onkologie, Pädiatrie, HIV—Prävention, Kinderpsychiatrie sowie Aus- und Weiterbildung und internationale Vernetzung.
Einige Eckdaten des kubanischen Erfolgs:
-mit 63 000 Ärzten weist Kuba die höchste Ärztedichte auf;
-über 90% der kubanischen Kinder werden gegen die acht wichtigsten Krankheiten geimpft;
-aufgrund des hervorragenden Mutter-Kind-Programms und der flächendeckenden Schwangerschaftsberatung beträgt die Säuglingssterblichkeit in Kuba 4,2 pro 1000 Neugeborenen und ist damit die niedrigste in ganz Amerika;
-die durchschnittliche Lebenserwartung in Kuba liegt auf ähnlichem Niveau wie in den USA;
-200 medizinische Zentren bilden die Schwerpunkte der Patientenversorgung;
-25 000 Studierende aus 84 Ländern wurden von 1998 bis heute an der Lateinamerikanischen Schule für Medizin (ELAM) in Havanna zu Ärzten ausgebildet;
-im Rahmen des medizinischen Hilfsprogramms "Milagro" wurde in den letzten 10 Jahren bei fast drei Millionen Menschen aus 34 Ländern durch Augenoperationen die Sehfähigkeit wieder hergestellt oder sie wurden vor dem Erblinden bewahrt;
-der Einsatz der Ärztebrigade "Henry Reeves" bei Naturkatastrophen und Epidemien in der ganzen Welt zeigt Kubas medizinischen Internationalismus.
1989 betonte der damalige Exekutivdirektor der UNICEF Grant in Havanna: "Wenn ganz Lateinamerika das Niveau der (kubanischen) medizinischen Versorgung hätte, wären in der Region im letzten Jahr 700 000 Kinder weniger gestorben."
Noch einmal hervorzuheben ist, dass die Auswirkungen der Blockade, die wiederholt von der Vollversammlung der UNO gegen die Stimmen der USA und Israels als völkerrechtswidrig verurteilt wurde, die volle Entwicklung der kubanischen Produktivkräfte bezüglich des Sektors Humanität/Gesundheit beeinträchtigen, behindern und sabotieren. So entstanden allein im Zeitraum April 2016 bis März 2017 Schäden in Höhe von 87 Millionen US-Dollar. Ob die auf den 1. November 2017 angesetzte nächste UN-Abstimmung diesen völkerrechtswidrigen Willkürakt der USA beenden wird ist wohl nicht zu erwarten.
Buchtip: Kuba macht es vor – solidarisch für das Recht auf Gesundheit weltweit
Bune und Martin Birkle, Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Regionalgruppe Frankfurt am Main
18. Oktober 2017
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