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Zu den gängigen Vorhersagen der Kuba-Experten gehört zur Zeit ein gesellschaftlicher Schock, den das zu erwartende Aufeinanderprallen des kapitalistischen Konsumwahns und der Genügsamkeit, die unsere Insel seit 50 Jahren auszeichnet, auslösen wird.
Die Bedächtigen unter den Feinden der Revolution setzen darauf, dass die wirtschaftliche Stärke der neuen »Freunde« die sozialistischen Werte zersetzt. So würde ein Prozess in Gang gesetzt, in dessen Verlauf sich Kuba ohne Gegenwehr in die Umlaufbahn der USA begäbe. Die anderen, impulsiveren, wollen einen aktiven Beitrag Teil zur »Annäherung« leisten. Sie versuchen, von innen heraus und mit Vor-Ort-Repräsentanten, der Unzufriedenheit einzuheizen – zum Beispiel über den schlechten Zustand des öffentlichen Verkehrs. Sie versuchen, den begonnenen Verbesserungsprozess unserer Gesellschaft in das Ende der kubanischen Aufsässigkeit zu verwandeln.
Sind wir kubanischen Jugendlichen denn so einheitlich, dass eine Gruppe von Gleichgesinnten sich als Vertreter der gesamten kubanischen Jugend bezeichnen könnte? Das frage ich mich jedes Mal, wenn ich sehe, dass sich sieben, acht, zwölf oder zwanzig junge Kubaner zu den »wahren Repräsentanten« der Jugend Kubas erklären.
Diese Strategie ist nicht neu und hat bereits einige Jahre auf dem Buckel. Man denke nur an die in Kuba vollkommen unbekannte Yoani Sánchez, die außerhalb unseres Archipels von den Medien als die authentische kubanische junge Frau dargestellt wird. Dabei ist das einzig Kubanische an ihr die Tatsache, dass sie bei uns geboren wurde und ihren Wohnsitz hat.
Ähnliches trug sich auf dem VII. Amerikagipfel in Panama zu, wo wieder einmal ein internationales Medienkonsortium eine Personengruppe zu Vertretern der kubanischen Jugend erklärte, von denen viele nicht einmal ihren Lebensmittelpunkt in Kuba haben.
Diese Strategie scheint im Trend zu liegen, denn vor einigen Monaten wurden einige junge kubanische Blogger nach Berlin geholt. Präsentiert wurden diese als die authentische Stimme der kubanischen Jugend, obwohl die Organisatoren genau wussten, dass sie nicht die ganze Bandbreite abbildeten, die die heutige kubanische Bloggerszene auszeichnet.
Dabei handelt es sich um nichts anderes als um eine neue Strategie der Obama-Administration, um in die Geschicke Kubas einzugreifen. Dies findet in einem Moment statt, in dem sie anerkennen, dass alle bisherigen Versuche, das Gesellschaftsmodell auf der größten der karibischen Inseln zu unterwandern, gescheitert sind.
Innerhalb weniger Tage sind die USA von einer direkten Konfrontation mit Kuba in eine sogenannte Kriegsführung der vierten Generation oder niedriger Intensität übergegangen. Man versucht, die kubanische Revolution nun mit sanften Schlägen zu stürzen und die Mehrheit der kubanischen Jugend zu verwirren. Ich gebrauche das Wort »Mehrheit«, da bei allen Unterschieden innerhalb der kubanischen Jugend die überwiegende Zahl der Jugendlichen an einer Einheit in der Vielfalt interessiert ist.
Natürlich stehen wir vor großen Herausforderungen, die sich nach dem nicht nur für Kuba, sondern für die ganze Welt historischen 17. Dezember noch verkompliziert haben. Als kubanische Jugend obliegt es uns, die Geschichte unseres Landes besser zu kennen, und außerdem sollten wir die vielfältigen und mächtigen Mitbestimmungsmöglichkeiten, die uns zustehen, besser nutzen.
Einige reden außer Hause von der Schaffung eines Jugendministeriums, welches die kubanischen Jugendlichen wahrlich »repräsentieren « solle. Wer solche Vorschläge macht, ignoriert die kubanische Verfassung, welche in ihrem Artikel 6 besagt, dass die Kommunistische Jugend UJC das Mandat des Volkes hat, die Teilhabe der Jugend in der Aufgabe des Aufbaus des Sozialismus voranzutreiben. Sie ist auch angehalten, uns zu bewussten Bürgern zu machen, die in der Lage sind, Verantwortung zum Wohl unserer Gesellschaft zu übernehmen.
Ich sehe dabei auch, dass unsere Jugendorganisation noch mehr tun muss, damit die 3 Millionen Kubaner zwischen 14 und 35 Jahren sich besser in ihr vertreten fühlen.
Apropos Jugend-Partizipation und Entscheidungsfindung: Dies sind die häufigsten Forderungen von Gruppen wie jener, die vor kurzem nach Berlin gefahren ist. Dabei sitzen im kubanischen Parlament 102 junge Abgeordnete, womit sie 16 % des höchsten Entscheidungsgremiums Kubas ausmachen. Zusätzlich sind 18 % der Abgeordneten auf kommunaler Ebene junge Menschen.
Gegenwärtig arbeiten 140.000 junge Menschen im nicht-staatlichen Sektor - und mehr als 50.000 Menschen unter 35 haben neues Land von der Regierung gepachtet.
Trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten garantiert das Land uns, die wir noch am Anfang unseres Lebensweges stehen, das Recht, uns in sechs Jugendpublikationen und der Tageszeitung der kubanischen Jugend Juventud Rebelde, zu äußern – alle erstellt von und für junge Menschen.
Als geborene digitale User nehmen wir aktiv an der Informatisierung der Gesellschaft teil. Deshalb haben wir uns als Blogger breit vernetzt. In Kuba gibt es eine bunte Bloggerszene, die auf Lügen verzichtet, die originell ist, vor allem kritisch, spontan, hilfsbereit, mutig, gebildet und hartnäckig. In der jetzigen Situation müssen wir uns als kubanische Jugend darüber im Klaren sein, dass der Feind nicht mehr 90 Seemeilen entfernt, sondern mitten unter uns sitzt und uns mit ideologischer Subversion bombardiert.
Wir müssen die Initiative übernehmen, weil wir es mit Leuten zu tun haben, die den Sozialismus zum Einsturz bringen, die nationale Souveränität abschaffen und den Kapitalismus wieder einführen wollen. Die Blogs, die uns in das Debakel von vor 1959 zurück katapultieren wollen, kann man nicht als kubanisch bezeichnen. Wie immer empfehle ich denen, für die das Thema neu ist: Verfolgt die Spur des Geldes, der Laptops, der Besuche in die US-amerikanischen Diplomatenhäuser, der Satellitenantennen, der Handys, der Schundliteratur, der zukünftigen Reisen und Auszeichnungen – und Ihr werden am anderen Ufer der Straße von Florida auf die Thinktanks stoßen.
Inmitten dieser Situation führte die kubanische Jugendorganisation ihren 10. Kongress durch, in dem auf verschiedene Art und Weise das Gros der kubanischen Jugendlichen vertreten war. Vor einigen Wochen sind wir zum konstituierenden Plenum des Nationalbüros der UJC zusammengekommen. Bei diesen Gelegenheiten diskutierten wir über die Herausforderungen, vor der eine Jugend steht, die in wenigen Jahren die Geschicke Kubas zu lenken hat. Dabei dürfen wir auf keinen Fall das Erbe der historischen Generation veruntreuen. Diese hat ein Gesellschaftsmodell errichtet, das nicht perfekt ist, aber doch eine Alternative zu dem barbarischen Kapitalismus darstellt, welcher zur Zeit in der Welt den Ton angibt.