José Martí und das Deutsche

Teil 1 - (Teil 2: Deutsche Spuren in Kuba)

Die Verbindung von José Martí und seinem Werk mit der deutschen Kultur und der deutschen Sprache kann niemand bezweifeln, der dessen eigene Kommentare hierzu kennt.

Sein Werk spiegelt seine Bewunderung und sein Interesse für bedeutende deutsche Schriftsteller wie Goethe und Schiller wie auch für andere Bereiche deutschen Wissens wider, zu denen die Philosophie und die Wissenschaften gehören. Folgende Aussage spricht für sich selbst: »… das Deutsche, worin das ganze Werk des Menschen eingebracht ist…«

Frühwerk und Kontakt zu deutschen Immigranten

José Martí, 1893

José Martí, 1893


Sein Interesse dafür zeigt er bereits in jungen Jahren, und zwar mit einem Werk, das er in Madrid im Alter von 19 Jahren zu schreiben beginnt: »Adultera« (Ehebrecherin), das Martí 1874 beendet. Alle Figuren darin tragen deutsche Namen.

Martí hat nicht nur unter deutschen Immigranten in den USA gelebt, sondern er hat auch darüber geschrieben, wie die Gemeinschaft deutscher Immigranten zum Aufbau der US-Gesellschaft beigetragen hat sowie über ihren Einfluss auf deren Sitten und Gebräuche.

In einigen seiner journalistischen Beiträge spricht Martí über den Bau der Brooklyn-Brücke unter der Verantwortung von Johann August Röbling (1806-1869), über Deutschunterricht an den Schulen von New York und über die Rolle Friedrich Wilhelm von Steubens bei der Erringung der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten. Laut einer Studie von Berschin und Vales (2000) berühren 73 der 111 Artikel, die Martí in der Zeitung »La Opinión Nacional « von Caracas zwischen November 1881 und Juni 1882 veröffentlichte, das wissenschaftliche, kulturelle, politische und wirtschaftliche Leben in Deutschland und schildern auch die Situation deutscher Immigranten in den Vereinigten Staaten und Lateinamerika.


Die Annäherung Martís an die deutsche Kultur im Allgemeinen erklärt sich aus seinem Aufenthalt in Spanien und den Vereinigten Staaten: Im Falle Spaniens aus der geografischen Nähe und den Möglichkeiten, die es in diesem Land für die Einfuhr deutscher Werke gab; im Falle der USA aufgrund des zeitlichen Zusammentreffens des Aufenthalts von Martí in New York und des Zustroms tausender deutscher Immigranten in die Vereinigten Staaten.

Martí und Kapitän Löwe

Es gibt aber noch ein weiteres Element,das das Leben Martís mit Deutschland verbindet. Während der Vorbereitung des kubanischen Befreiungskrieges stellte im Jahre 1895 der haitianische Konsul Barbes, ein Anhänger der Ideale der kubanischen Patrioten, Martí den deutschen Kapitän Heinrich Löwe vor. Löwe war Kapitän des Dampfschiffes »Nordstrand«, das von einem nordamerikanischen Unternehmen gechartert war, um Holz aus den Vereinigten Staaten nach Haiti und Jamaika zu transportieren. Martí bat den Kapitän, ihn und einige seiner Freunde nach Kuba mitzunehmen. Nach anfänglicher Weigerung akzeptierte dieser und landete mit Martí und weiteren sechs Expeditionsteilnehmern in der Nähe von Maisi im Osten Kubas illegal an. Der Kapitän entschied sich dafür, den Kubanern zu helfen, weil er wusste, wie Spanien Kuba tyrannisierte und auch, weil ihm Martí als Bruder der Freimaurer vorgestellt worden war.

So gingen der deutsche Kapitän und sein Frachter in die Geschichte Kubas ein. Heinrich Löwe war 36 Jahre alt, als er Martí kennen lernte. Von seiner Crew respektiert, verrichtete er seine Arbeit mit großer Hingabe. Als Martí an Bord des Schiffes war, gab der Kapitän ihm seine eigene Kabine und Martí wiederum gab sie an Maximo Gomez weiter. Mit fotografischem Blick beschreibt Martí am 6. April die Kapitänskabine: Die Koje, Schubladen und Regale waren aus Mahagoniholz. Außerdem gab es Landkarten, Bücher von Johann Wolfgang Goethe, ein Portrait der Ehefrau des Kapitäns und einen von ihr mit Kammgarn bestickten Stickrahmen, auf dem zu lesen war:

»In allen Stürmen
In aller Not
Wird er dich beschirmen
Der treue Gott«


Die Einwohner Havannas hatten die Gelegenheit, in der Ausstellungshalle »Pavillon Cuba« eine Reproduktion der Kommandobrücke der »Nordstrand« in Originalgröße zu bewundern. Deutsche Arbeiter haben sie nach den archivierten Konstruktionsunterlagen mit der gleichen Technologie in der Neptunwerft in Rostock, DDR, nachgebaut. Sie war ein Geschenk des Zentralkomitees der SED zum I. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas. Für seine Kuba erwiesenen Dienste nahm das SED-Politbüro die Figur des Kapitäns Heinrich Löwe in die Geschichte auf.

Wegen seiner Unterstützung der kubanischen Ideale wurde sein Schiff mit 45 Tagen Liegezeit belegt und durfte nach dem Willen des nordamerikanischen Unternehmens bis zum Jahre 1896 Kuba nicht mehr anlaufen.

Dieser edle Kapitän hat Martí niemals vergessen und als am 26. März 1899 Gomez in Havanna ankam, befand sich Kapitän Löwe mit seinem Schiff dort und hatte die Freude, den Generalissimus zu begrüßen und mit Zuneigung und Bewunderung an seinen Bruder José Martí zu erinnern.

Logo CUBA LIBRE Héctor Corcho Morales, Kulturattaché der Botschaft Kubas

Übersetzerin: Yenki Bravo Colina
Revision: Heinz Langer/ Ulli Fausten

CUBA LIBRE 1-2013