Schweizer Banken gegen Kuba

Im Mai 2022 erschien eine von einem Schweizer Autorenkollektiv herausgegebene Broschüre unter dem Titel "Schweizer Banken gegen Cuba". Der Titel ist dabei gut gewählt, denn es geht in ihr nicht nur um die extraterritoriale Anwendung der aus den USA verordneten Blockade gegen Kuba. Es wird auch nachgewiesen, dass Schweizer Banken aus einem Eigenantrieb gegen Kuba und speziell die Solidarität mit Kuba vorgehen.

Dabei nehmen sich die insgesamt sechs beteiligten Autoren insbesondere die Praxis der Schweizer Banken vor, Kleinstüberweisungen – insbesondere von Kuba-Solidaritätsorganisationen – von einem Schweizer Privatkonto auf ein anderes Bankkonto in der Schweiz aufzuspüren und zu unterbinden.

Bezüglich der US-Blockade wird betont, dass wiederholt festgestellt wurde, dass ihre extraterritoriale Anwendung (gemeint ist außerhalb der direkten Wirtschaftsbeziehungen der USA zu Kuba) internationalem Recht widerspricht. Eine Untersuchung der rechtlichen Lage in der Schweiz kommt zu dem Schluss, dass die Ablehnung von innerschweizerischem Zahlungsverkehr, bei dem das Wort "Cuba" verwendet wird, nicht rechtmäßig ist. Abgesehen davon, dass die US-Sanktionen ausdrücklich Unterstützungsprojekte im Gesundheitsbereich ausklammern, wird dargelegt, dass das von den Banken gerne gewählte Argument eines angeblich existierenden "Rechtsrisikos" nicht existiert. Dazu enthält die Broschüre interessante Gutachten.

Die Praxis der Schweizer Banken steht dem diametral entgegen. Nicht nur die Zürcher Kantonalbank tut sich bei der Unterbindung des Zahlungsverkehrs mit Kuba hervor, sondern auch die Cler Bank, ihres Zeichens eigentlich eine Genossenschaftsbank. Die Autoren der Broschüre sprechen hier von einem "vorauseilenden Kniefall" der Banken gegenüber der US-Regierung. Die Schweizer Bankenaufsicht FINMA zeige sich hilflos und als "zahnlose Akteurin", wird bilanziert.

Intensiv setzen sich die Autoren mit der Position der Schweizer Politik auseinander, die sich zusammenfassend vollumfänglich für nicht zuständig erklärt und sich im übrigen – ganz schweizerisch – aus der Sache heraushält. Auch die Presse wird kritisch hinterfragt. Aus deutscher Sicht überrascht hier die Zahl an Veröffentlichungen in bürgerlichen Medien wie etwa der "Neuen Züricher Zeitung" zum Thema. Derlei ist in der Bundesrepublik zur Zeit undenkbar. Doch ebenso festzuhalten ist: In der Schweiz werden die Rechtsverstöße der Schweizer Banken zwar kritisiert, aber was jedoch die Feindseligkeiten gegenüber Kuba angeht, funktionieren auch in unserem Nachbarland die "ideologischen Abwehrreflexe". Logisch also, dass sich die Schweizer Kuba-Solidaritätsbewegung, der die Autoren angehören, Gedanken über eine eigene Öffentlichkeitsarbeit gemacht hat. Denn: "Die Banken scheuen die Öffentlichkeit, wie der Teufel das Weihwasser".

Schweizer Banken gegen Kuba

Schweizer Banken gegen Kuba - Chronik eines amtlich beglaubigten Skandals
FG-Shop: Schweizer Banken gegen Kuba


Der redaktionelle Teil der Broschüre schließt mit Handlungsoptionen für die geneigten Leserinnen und Leser. Dazu gehört der Aufruf, sich über die Geschäftspraktiken der eigenen Hausbank zu erkundigen, aber auch die Bitte um Unterstützung für das kubanische Gesundheitssystem.

Den 25 Seiten Beiträge der Autoren folgt eine stattliche und hochinteressante Dokumentation der politischen und publizistischen Auseinandersetzung mit dem Blockade-Eifer der Schweizer Banken, welche sowohl öffentlich als auch teil-öffentlich stattgefunden hat. Diese Dokumentation sollte für die deutsche Solidaritätsbewegung von großem Interesse sein, eröffnete sie doch einen Weg des Widerstands gegen die US-Blockade gegen Kuba, der sich nicht auf moralische Empörung reduziert, sondern die Argumentationen der Gegenseite analysiert und demaskiert. Der Ansatz, nicht die persönliche Erschütterung in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Widersprüche der "freien Markt- und Bankenwirtschaft" herauszuarbeiten, ist vorbildlich. Denn das entscheidende Argument im Kampf gegen die Blockade wird hierzulande sein, dass sie die innereuropäischen Wirtschaftsbeziehungen unrechtmäßig einschränkt. Um dieses Argument herum können Bündnispartnerinnen und -partner in der notwendigen Breite gesammelt werden, um eine gesellschaftlich einflußreiche Position gegen die völkerrechtswidrige Wirtschafts-, Handels-, und Finanzblockade formieren zu können.


Die Broschüre "Schweizer Banken gegen Cuba" ist auch unter national@cuba-si.ch bestellbar.

Tobias Kriele

CUBA LIBRE 4-2022