Jorgitos Log:

Tausendundeine Niederlagen der Konterrevolution

Jorgito Jerez Belisario

Die Kubanische Revolution schreibt unglaubliche Geschichten.
Jorge Enrique Jeréz Belisario kam 1993 mit einer schweren spastischen Lähmung auf die Welt. Er selbst sagt, dass es Jorgito el Camagüeyano nur deshalb heute noch gibt, weil er unter der schützenden Hand der Revolution aufwachsen konnte. So verwirklicht er heute seinen Lebenstraum und arbeitet als Journalist.
Jorgito war einer der wichtigsten Aktivisten im Kampf für die Freilassung der »Cuban Five«. Besonders verbunden ist er Gerardo Hernández, dessen Rückkehr nach Kuba er im Dezember 2014 feiern durfte. Der Dokumentarfilm »Die Kraft der Schwachen«, der Jorgitos Leben erzählt, ist über die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba erhältlich.
Jorgito bloggt regelmäßig auf http://jorgitoxcuba.wordpress.com/.
Die CUBA LIBRE ehrt er mit einer regelmäßigen Kolumne.


Wie wäre es mit einem 11J, wie wäre es mit einem 15N? So läuft das: Die von Außerhalb legen das Datum fest, ohne Bezug zur kubanischen Realität. Und die aus dem Inneren, denen es letztlich nur um die Dollars geht, schenken diesen Daten wenig Beachtung. Von Zeit zu Zeit inszenieren sie ein "So tun als ob", um das Geld zu rechtfertigen, welches sie von NED, USAID oder anderen erhalten, die bereit sind, ihr Geld schlecht zu investieren. Der Unterschied ist, dass es sich bei diesen Inszenierungen nicht um die der Drehbuchautoren handelt, auch nicht um die von Gane Sharp, und schon gar nicht um die schlechte Kopie des Diskurses von Václav Havel, mit der Yunior García ins Rennen geschickt wurde. *

Mit ähnlichen Begriffen wie "Freiheit", "Demokratie" und "Achtung" der Menschenrechte warf Havel der tschechoslowakischen Regierung von 1989 vor, Probleme zu vertuschen. Die kubanische Fassung beschuldigt die kubanische Regierung, Angst vor der Wahrheit zu haben. Sie wollen in Kuba das wiederholen, was in der Tschechoslowakei oder in der mächtigen UdSSR geschah, aber dieses Drehbuch wurde nicht von Havel und noch viel weniger von Yunior geschrieben, es kommt aus dem Hintergrund und seine Autoren sind bekennende CIA-Agenten.

Mit jedem neuen Scheitern einer dieser Akte geht die Anklage einher, die Kubaner, die das gesellschaftliche Projekt in ihrem Land verteidigen, zu beschuldigen, den "Volkszorn" zu schüren. Man hat jedoch noch nie erlebt, dass die erpresserischen Kampagnen gegen kubanische Künstler in Miami oder die medialen Lynchmorde an jedem, der es wagt, die Revolution zu verteidigen, auf gleiche Weise verurteilt worden wären. Handelt es sich womöglich um eine Frage der Sympathie?

Und warum geht für sie niemand auf die Straße? Das hat weniger mit der einer vermeintlich grausamen Repression, zu tun, die ohnehin nur in den Medien vorkommt, die sie unterstützen. Diese Leute, die über Monate die November-Märsche und das sie begleitende politische Programm beworben haben, sind von der kubanischen Realität abgekoppelt. Ihre rund 40.000 Mitglieder auf Facebook existieren nur virtuell, und die große Mehrheit von ihnen lebt im Ausland und hat für die von ihnen dargelegten Probleme keinen Lösungsvorschlag, der über simple Provokation hinausginge.

Womit haben wir es denn hier zu tun?

Wenig glaubwürdig ist eine Person, die eine Liste mit Namen von Personen veröffentlicht, die angeblich ankündigen, gegen den kubanischen Staat demonstrieren zu wollen, und die kurz darauf blamiert wird, als in den sozialen Netzwerken ein direktes Schreiben eines der Unterzeichner auftaucht, in dem er anprangert, dass sein Name ohne seine Zustimmung verwendet wurde und dass er den Organisator des Protests nie gesehen hat.

Wenig glaubwürdig ist eine "Organisation", die das angebliche Verschwinden ihres bekanntesten Vertreters anprangert, welcher dann 24 Stunden später in Spanien auftaucht. Wie anschließend den Medien zu entnehmen war, war das Visum bereits vor geraumer Zeit erteilt und der Koffer bereits einige Tage zuvor gepackt worden.

Ich nehme auf unseren Straßen glückliche Menschen und Ruhe wahr, aber ich sehe auch viele Menschen, die bereit sind, diese Ruhe gegen auch den kleinsten Versuch der Destabilisierung zu verteidigen. Deshalb strömten Arbeiter, Jugendliche und Frauen zu verschiedenen Zeiten auf die Plätze und in die Parks: Ja, sie demonstrierten auch für die Ideen, an die sie glauben und an denen sie mitwirken.

Die damalige US-Interessenvertretung in Havanna schickte vor einigen Jahren eine Hausnachricht nach Washington, in welchem sie die fehlende Moral der "kubanischen Opposition" einräumte. Heute fischen sie in anderen Teichen, wie dem Kultursektor. Sie haben jedoch innerhalb Kubas nicht die geringste Unterstützung, sie haben keine Basis in der Bevölkerung und in vielen Fällen handelt es sich um vorbestrafte Kriminelle, die sich in Politiker verwandelt haben.

Natürlich gibt es noch viel zu tun. Die Bürokratie beseitigen. Die Korruption bekämpfen. Gefährdete Stadtviertel und Gemeinden wieder aufbauen. Wohnungsprobleme lösen. Ineffizienzen beseitigen. Produktivkräfte entfesseln. Aber vor allem haben wir viele Menschen innerhalb und außerhalb des Landes davon zu überzeugen, dass es möglich ist, ein Land wie Kuba, ein Land der Dritten Welt und zudem das Ziel zahlreicher Aggressionen, voranzubringen und zu zeigen, dass eine Alternative zur ungerechten herrschenden Ordnung möglich ist. Unsere Nation, obwohl von Wasser umgeben, hat längst bewiesen, dass sie viel mehr ist als ein simples Archipel.

Übersetzung: Tobias Kriele

* Kuba erlebte im Jahr 2021 zwei Wellen an subversiven Kampagnen: Die erste fand ihren Höhepunkt am 11. Juli (in den Sozialen Netzwerken mit 11J abgekürzt), die zweite am 15. November (dementsprechend 15N).

NED ist die Abkürzung für National Endowment for Democracy. Ebenso wie im Falle der USAID (United States Agency for International Development) handelt es sich um eine Tarn-Organisation der US-Geheimdienste für die Unterstützung von subversiven Bewegungen im Ausland.

Václav Havel war ein antikommunistischer "Dissident" und eine wichtige Figur in der Beseitigung des Sozialismus in der Tschechoslowakei. Er war der erste Präsident der Tschechischen Republik und später ein Unterstützer der tschechischen Grünen Partei. Yunior García ist ein kubanischer Kulturschaffender, der als der öffentlich sichtbare Initiator der groß angekündigten Protestmärsche am 15. November 2021 in Kuba fungierte. Die Märsche fielen mangels Beteiligung aus, und García verließ das Land am nächsten Tag in Richtung Spanien.

CUBA LIBRE Jorge Enrique Jerez Belisario

CUBA LIBRE 2-2022