Jorgitos Log:

Der Weg der Mitte: Medienarbeit gegen Kuba

Jorgito Jerez Belisario

Die Kubanische Revolution schreibt unglaubliche Geschichten.
Jorge Enrique Jeréz Belisario kam 1993 mit einer schweren spastischen Lähmung auf die Welt. Er selbst sagt, dass es Jorgito el Camagüeyano nur deshalb heute noch gibt, weil er unter der schützenden Hand der Revolution aufwachsen konnte. So verwirklicht er heute seinen Lebenstraum und arbeitet als Journalist.
Jorgito war einer der wichtigsten Aktivisten im Kampf für die Freilassung der »Cuban Five«. Besonders verbunden ist er Gerardo Hernández, dessen Rückkehr nach Kuba er im Dezember 2014 feiern durfte. Der Dokumentarfilm »Die Kraft der Schwachen«, der Jorgitos Leben erzählt, ist über die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba erhältlich.
Jorgito bloggt regelmäßig auf http://jorgitoxcuba.wordpress.com/.
Die CUBA LIBRE ehrt er mit einer regelmäßigen Kolumne.


Mit den von Barack Obama nach dem 17. Dezember 2014 in Gang gebrachten Veränderungen eröffnete sich in Kuba ein neues politisches Szenario, das darauf abzielte, den Feind unkenntlich zu machen und die politische Mitte als Lösung zu präsentieren, mit anderen Worten, die extremen Positionen beider Seiten zu verwerfen. Zu diesem Zweck wurde die als "Weg der Mitte" bekannte Alternative vorgestellt.

Die Think Tanks dieses Dritten Weges versuchen, den kubanischen Staat und unsere Regierung als störende Elemente in der Gesellschaft zu verteufeln und sie als unfähig darzustellen, den sozioökonomischen Fortschritt zu gewährleisten. Angesichts dieser Situation rufen sie die Bürger dazu auf, sich nicht aus einer pro-revolutionären Weltanschauung in die Realität ihres Landes einzumischen und zugleich offen reaktionäre Positionen zu vermeiden, sich also nicht im politischen Diskurs der beiden Extreme zu polarisieren und eine Position der "aktiven Neutralität" zu bewahren.

In diesem Zusammenhang wird, vor allem in den digitalen Medien, die Idee eines "politischen Zentrismus" in Kuba gefördert, wohl angesichts der durchschlagenden Misserfolge und der Diskreditierung der kubanischen Konterrevolution. Das Interesse, einen gewissen Einfluss auf die kubanische Jugend auszuüben, hat zur Entstehung einer Reihe so genannter "neuartiger" Websites geführt, die das kubanische Modell nicht direkt angreifen.

Diese Medien präsentieren sich als alternativ, ein Begriff, der in den 1960er Jahren aufkam und soziale Bewegungen benannte, welche Räume außerhalb des Konventionellen für ihre Anliegen besetzten; dabei ging es auch darum, Themen, Ansätze, Bilder und Praktiken des Journalismus zu verfolgen, die sich von denen der Massenmedien unterscheiden.

Sie verfolgen einen "Gegeninformations"ansatz, der darauf abzielt, den vorherrschenden Diskurs zu verändern und dazu Berichte und andere journalistische Mittel einsetzt, anstatt ausschließlich auf fanatisierte Kommentare und Meinungen zu basieren. Vermeintlich ausgegrenzte Gruppen werden als Primärquellen bevorzugt, und der Schwerpunkt liegt auf dem Inhalt von Geschichten, die die Fähigkeit der Menschen stärken, Dinge selbst zu tun. "Alternativ" sind diese Medien nicht mehr, weil sie über ein begrenztes Budget verfügen, sich vom Mainstream absetzen und den Markt kritisieren. Die heutige "Alternative" propagiert den American Way of Life, die Werte der repräsentativen Demokratie amerikanischer Prägung und ihre Diskurse, was sie zu Förderern der kapitalistischen Restauration macht.

Als eine Facette der US-Politik gegen Kuba setzt die US-Regierung heute auf den sanften Staatsstreich und die unkonventionelle Kriegsführung, die eben auch im Bereich der Kommunikation stattfindet, wo auf subtile Weise und unter Ausnutzung der unter Obama initiierten US-amerikanisch – kubanischen Begegnungen die ideologische Erosion der kubanischen Revolution gefördert werden soll.

Die neuen Leitlinien im Umgang mit Kuba sind durch eine scheinbare Objektivität, ein vermeintliches materielles Desinteresse und gleichzeitig durch die Abkehr von der alten Strategie der politischen Machtübernahme gekennzeichnet. Mit dem Aufkommen dieser neuen, nicht konfrontativen Medien erleben wir also ein neues Moment in der Setzung von Themen und der Finanzierung der "Journalisten" und ihrer "Projekte".

In diesem Kontext der Ablehnung von Extrempositionen und der Förderung des "mittleren Weges" ist ein Mediennetzwerk entstanden, das versucht, die amerikanische Vision von Demokratie in Kuba zu legitimieren. Mit dieser Strategie erreichen sie die sozialen Netzwerke mit verzerrten Darstellungen von praktisch allem, was auf der Insel passiert.

Die selbsternannten unabhängigen oder alternativen Medien Oncuba, CiberCuba, ADN Cuba, Cubanos por el Mundo, Cubita Now, Cubanet, Periodismo de Barrio, El Toque, El Estornudo und Yuca-Byte haben eines gemeinsam: Alle ihre Direktoren leben außerhalb Kubas, die meisten von ihnen in den Vereinigten Staaten selbst, und ihre Kommunikationsstrategien vertreten letztlich die Interessen der Herrschenden der USA. Um zügig Finanzmittel zu erhalten, haben sich mehrere dieser digitalen Veröffentlichungen in anderen Ländern registrieren lassen und werden von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) finanziert. Sicher ist jedoch, dass das Außenministerium, die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) und die National Endowment for Democracy (NED) diese Medienmaschinerie finanzieren, die von mehr als 500 Millionen Dollar profitiert hat, die das Weiße Haus und der Kongress in den letzten 20 Jahren für die Subversion in Kuba bereitgestellt haben.

So fungiert zum Beispiel die Internetzeitschrift El Toque über das in Polen ansässige Kollektiv Más und ist de facto eine Erweiterung von Radio Netherland. El Estornudo wurde in Kuba gegründet und dann in Mexiko als NGO legalisiert. Es wird von der NED und Open Society finanziert.

Finanzierung, Ausbildung und technische Hilfe sind die Säulen, mit denen in ausgewählten Ländern Regime-Change-Bewegungen gefördert werden. Diejenigen, die in diesen Bereichen führend sind und mitarbeiten, tun dies über NGOs mit Sitz in den Vereinigten Staaten, Europa oder Lateinamerika. Die Tatsache, dass sie als private Organisation tätig sind, macht es schwieriger, sie mit einem bestimmten Auftraggeber und dessen außenpolitischen Zielen in Verbindung zu bringen. Diese NGOs sondieren potentielle Führungskräfte, bilden sie aus, verleihen ihnen internationale Preise, finanzieren sie, motivieren sie, machen sie sichtbar, bringen sie zusammen, stärken sie, leiten sie an und geben ihnen Räume und Plattformen. Niemand muss den so geschaffenen Meinungsführern vorschreiben, was sie zu schreiben haben, denn sobald sie ausgewählt und finanziert sind, haben sie die Linie bereits vorgegeben.

Die entsprechenden Mittel wurden von der US-Regierung noch einmal aufgestockt, als der kubanische Staat gerade Fortschritte bei der Umstellung auf das neue Wirtschafts- und Sozialmodell machte.

Zusammen mit der Einführung restriktiver wirtschaftlicher Maßnahmen und dem komplexen Szenario in der Corona-Pandemie haben sich diese Medien darauf ausgerichtet, die kubanische Regierung zu diskreditieren und das Sozialsystem zu delegitimieren. So soll die bereits bestehende Unzufriedenheit über Probleme im Alltagsleben gegen die Regierung, den Sozialismus und das politische System gerichtet und zugleich das liberale Denken als Ideologie des Kapitalismus in Kuba verankert werden.

CUBA LIBRE Jorge Enrique Jerez Belisario

CUBA LIBRE 1-2022