Lebensweg einer Revolutionärin

Tamara Bunke (Tania la Guerillera) zum 80. Geburtstag am 19. November und in Erinnerung an den 50ten Jahrestag ihrer Ermordung am 31.August 1967 in Bolivien.

Tamara Bunke
Tamara Bunke in Milizionärsuniform kurz nach ihrer Ankunft in Kuba 1961
Foto: CL-Archiv


Exil und zurück: Deutschland-Argentinien-DDR

Tamaras Eltern, Nadja und Erich Bunke, lebten als jüdische KommunistInnen in Deutschland und flohen deswegen nach der Machtübertragung an die deutschen Faschisten 1935 nach Argentinien. Ita, wie sie von der Familie genannt wurde, hat dort eine glückliche Kindheit und viele FreundInnen, lernt Klavier und Akkordeon und ist sehr sportlich. Die enge Beziehung zu ihrer Heimat Argentinien und zu ihren FreundInnen dort verliert sie auch später nicht, wie die eifrige Korrespondenz zeigt. Nicht von ungefähr finden sich in ihrem Rucksack, den sie am Todestag bei sich trug, traditionelle Lieder aus Argentinien und Bolivien.

Zurück nach Deutschland

Ihre Eltern beschließen 1952, den Aufbau der Sozialismus zu unterstützen und in die DDR zurückzukehren – auch Tamara, 1937 geboren, brennt von Beginn an für den Sozialismus. Sie engagiert sich in der Freien Deutschen Jugend und gilt als Vorbild für ihre MitstreiterInnen. Ihre Liebe zu Lateinamerika verliert sie jedoch nie: sie ist Mitgründerin der Organisation "Ernst Thälmann", die sich mit der Entwicklung in und Solidarität mit Lateinamerika beschäftigt und Veranstaltungen im politischen wie im kulturellen Bereich organisiert. Natürlich fiebert sie schon seit deren Beginn mit der kubanischen Revolution mit und am liebsten würde sie selbst für die kubanische Unabhängigkeit kämpfen. Da sie schon seit Mitte der 50er Jahre als Dolmetscherin tätig ist, lernt sie Anfang der 60er Jahre in der DDR viele KubanerInnen kennen: Von PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen bis hin zu KünstlerInnen, wie der heute noch lebenden Legende des kubanischen Balletts, der Prima Ballerina Alicia Alonso. Auch den Revolutionär und argentinischen Landsmann Che Guevara, der die DDR als Chef der kubanischen Nationalbank mit einer Wirtschaftsdelegation besucht, lernt sie so 1960 in Leipzig im Rahmen eines Treffens mit lateinamerikanischen StudentInnen kennen. Diese Begegnungen überzeugen sie vollends, nach Kuba auswandern zu wollen.

Die kubanische Revolution

1961 verlässt sie die DDR. Mit Einverständnis ihrer Partei, der SED, gibt sie ihre DDR-Staatsbürgerschaft auf und fliegt mit Hilfe von und zusammen mit dem kubanischen Nationalballett nach Kuba und arbeitet dort erst mal weiter als Dolmetscherin u. a. für das ICAP (Kubanisches Institut für die Freundschaft zwischen den Völkern), den Frauenverband FMC und das Erziehungsministerium. Neben ihren beruflichen Aufgaben ist Tamara, wie schon in der DDR, aktiv in der Kinder- und Jugendarbeit als Gruppenleiterin, außerdem engagiert sie sich in der von Che Guevara propagierten und gelebten Freiwilligenarbeit wie in der Zuckerrohrernte und beim Bau von Schulen.

Der Weg nach Lateinamerika

Ihre politischen Ambitionen, weiter für die Befreiung Lateinamerikas zu kämpfen, werden 1963 wahr, als sie es schafft, als Agentin und Guerillakämpferin ausgebildet zu werden, um ab 1964 in Bolivien tätig zu werden. Von Bolivien aus soll unter der Leitung Che Guevaras die Revolution auf ganz Lateinamerika ausgeweitet werden, um die Bauern und die entrechtete Bevölkerung von ihrem Elend zu befreien. Tamara taucht hier, getarnt als Ethnologin, unter dem Namen Laura Gutiérrez Bauer in die tiefsten Regierungskreise ein und spielt eine entscheidende Rolle. Nach einigen Pannen und Schwierigkeiten fliegt ihre Identität auf und sie schließt sich im März 1967 der Guerilla um Che an. Damals – und auch heute noch in Bolivien, Kuba und ganz Lateinamerika – ist sie unter dem Namen Tania la Guerillera bekannt. Ende August muss Tania mit ihrer Guerilla-Einheit vor den Regierungstruppen fliehen, wird erschossen und erst nach Tagen tot im Rio Grande gefunden. Einige Wochen später im Oktober wird auch Che Guevara in La Higuera ermordet. Ihre sterblichen Überreste – gemeinsam mit denen ihrer Mitstreiter aus dem bolivianischen Guerillakampf – ruhen heute in der Gedenkstätte Memorial Che Guevara in Santa Clara/Kuba. Der Besuch dort ist ein MUSS für jeden solidarischen Kubabesucher.

Das Proyecto Tamara Bunke und der Nachlass von Tamara Bunke

In Erinnerung an Tamara und ihren Kampf für die Revolution haben wir unser deutsch-kubanisches Solidaritäts- und Austauschprojekt nach ihr benannt: Proyecto Tamara Bunke – Eine bessere Welt ist möglich!

Tania presente!

So drückt man in Kuba aus, dass ein Mensch nach seinem Tod nicht vergessen ist, sondern seine Taten und Ideen weiterleben und in stetiger Erinnerung bleiben werden. So ist das auch mit Tamara, die in Kuba viel mehr unter ihrem Guerilla-Namen Tania bekannt ist. Auch heute noch, also 50 Jahre nach ihrem Tod, kennt sie fast jede Kubanerin und jeder Kubaner. Dabei ist manchmal nicht mehr ganz klar, dass Tamara Argentinierin und Deutsche war. Sie wird fast schon als Kubanerin gesehen und das hätte ihr gut gefallen, denn wie sie in einem ihrer Briefe schreibt, fühlt sie sich schon bald ziemlich "kubanisiert" und sehr wohl in ihrer dritten Heimat Kuba.

Tamara in unserem Alltag auf Kuba

An der CUJAE, der Technischen Uni in Havanna, an der wir studieren und bei den vielen Begegnungen, Treffen und Besuchen, die wir im Rahmen unseres Solidaritätsprojekt auf Kuba erleben dürfen, ergreifen wir immer die Gelegenheit, an Tamara zu erinnern und nicht allzu selten hören wir neue Berichte über Tamara und hören sogar persönliche Erlebnisse. Wie z. B. von einer Mitarbeiterin des Patentamtes, die uns erzählt, dass Tamara in ihrem Stadtteil als Gruppenleiterin der kubanischen Kinderorganisation gearbeitet hat. Unter anderem hat sie Fechtunterricht gegeben und war auf Zeltlagern dabei. Die Leiterin des Museums zur Alphabetisierungskampagne, Luisa, informiert uns, dass bald ein wissenschaftlich fundierter Artikel erscheinen wird, der belegt, dass Tamara als Freiwillige in der Alphabetisierung dabei war. Neue Dokumentarfilme über Tamara werden uns schon vor den offiziellen Premieren ausgehändigt.

Tamara und Che

Tamara Bunke mit Che

Tamara (4.v.l.) mit Che und anderen Compañeros bei einem freiwilligen Arbietseinsatz in einer Grundschule
Foto: CL-Archiv

Bei dem Besuch im Studienzentrum Che Guevara in Havanna erklären uns Camilo und Aleida Guevara, Kinder Che Guevaras, wie wichtig ihnen Leben und Werk Tamaras ist und dass dies auch im Sinne Ches sei, der sie ja in den kleinen Kreis der TeilnehmerInnen in Bolivien aufgenommen hat.

Sie erzählen uns daher sofort, dass der Nachlass von Tamara 2015 von Cuba Sí an Kuba übergeben wurde und sich in der Gedenkstätte in Santa Clara befindet. Dazu konnte unser kubanischer Projektleiter Julian berichten, dass er damals mit einigen TeilnehmerInnen des Proyectos Tamara Bunke bei der Ausstellungseröffnung dabei war und sogar ein Artikel darüber in unserem Blog zu finden ist. Nun kam von Camilo die Frage, ob wir uns nicht näher mit dem Leben und Werk Tamaras auseinandersetzen möchten und bei der Übersetzung der vielen, häufig deutschsprachigen Dokumente mithelfen möchten?

Die Neugier war groß und so haben wir im Februar begonnen, die ersten Kisten zu sichten und Dokumente zu übersetzen. Im Juli 2017 waren wir auf Einladung von Maira, der Direktorin des Memorials in Santa Clara, dort, um uns noch weiter in die Aufgabe einzuarbeiten.

Eine wundervolle Aufgabe, um sich dem Leben Tamaras zu nähern und mitzuhelfen, mehr über sie zu erfahren und weiterzugeben, vor allem auch in Deutschland, wo sie kaum mehr bekannt ist.

Tamara presente!



CUBA LIBRE Linda von Proyecto Tamara Bunke

CUBA LIBRE 4-2017