Kulturaustausch: Esther Bejarano besucht Kuba

Esther Bejarano gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten der antifaschistischen und fortschrittlichen Linken in Deutschland. 1924 als Kind jüdischer Eltern in Saarlouis geboren, verliert Esther schon als Jugendliche ihre Familie.

Wie sie erst später erfuhr, wurden ihre Eltern ebenso wie ihre Schwester von den Nazis ermordet. Auch Esther wird über Umwege nach Auschwitz deportiert. Sie überlebt dort nur, weil es ihr gelingt, ein Mitglied des Lagerorchesters zu werden, das auf Geheiß der SS zur Beruhigung der eintreffenden Häftlinge spielen muss. Sie wird 1943 in ein anderes Lager verschleppt. Während eines Todesmarsches gelingt ihr die Flucht. Sie wandert nach der Befreiung vom Faschismus nach Israel aus, kehrt aber 1960 mit ihrem Mann und ihren Kindern nach Deutschland zurück.

Gelebter Antifaschismus

1979 wird sie Zeugin eines Aufmarsches von Neonazis, während dessen die Polizei die antifaschistischen Gegendemonstranten festnimmt. Esther beschließt, sich einzumischen. Sie spricht als Zeitzeugin vor Schulklassen, gründet das Auschwitz-Komitee in der BRD, tritt in die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) ein und wird deren Ehrenvorsitzende. Neben vielen anderen Auszeichnungen erhält sie im Jahr 2009 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

Musik gegen den Faschismus und für Völkerverständigung

Seit den 1980er Jahren singt Esther wieder: Zunächst mit der Band Coincidence jüdische und antifaschistische Lieder. Zusammen mit ihrem Sohn Joram tritt Esther seit 2009 mit der antifaschistischen Rapgruppe "Microphone Mafia" in ganz Europa auf. Im Januar 2016 erklärt Esther in der ZDF-Satiresendung "Die Anstalt" vor einem Millionenpublikum: "Verlaßt Euch nicht auf diesen Staat. Den Faschismus können nur wir selbst verhindern."
Esther Bejarano besucht Kuba
Esther Bejarano und die Gruppe Microphone Mafia i Konzert im Kulturzentrum El Mejunje von Santa Clara
Foto: Ramón Barreras Valdés, Zeitung Vanguardia


Lebenstraum: Ihre Musik mit Kubanern teilen

Mit nunmehr 92 Jahren hat Esther Bejarano einen großen und, wie sie selbst sagt, lang gehegten Wunsch. Ihr Traum ist es, das revolutionäre Kuba zu bereisen und mit den Kubanerinnen und Kubanern ihre Musik zu teilen.

Nach langen Vorbereitungen wurde dieser Traum nun im Januar 2017 Wirklichkeit. Gemeinsam mit den Rappern der Microphone Mafia und zwei Dutzend Begleiterinnen ist Esther vom 6. bis zum 14. Januar nach Kuba gereist. Die Einladung hatte das Kubanische Musikinstitut ausgesprochen, empfangen wurde die Reisegruppe von der Rap-Agentur derselben Einrichtung. Auf dem Programm standen mehrere Auftritte in Havanna sowie weiteren Städten im Zentrum Kubas.

Esther und Band haben kubanische Rapper kennengelernt und sind mit Persönlichkeiten aus der Kulturszene zusammengetroffen. Sie haben jüdisches Leben auf Kuba kennengelernt und den Musikunterricht für Kinder besucht. Und: Esther hat Jorgito getroffen, den Cuba Libre-Kolumnisten, den der eine oder die andere vielleicht aus dem Film "Die Kraft der Schwachen" kennt. Seitdem sie Jorgito durch diesen Film kennengelernt hat, hat sie sich in den Jungen verliebt – sagt Esther. Und wen noch?

Kuba freut sich auf Esther

Die kubanische Seite war von der Idee der Reise von Anfang an fasziniert. Der Mitarbeiter des Kulturministeriums, dem wir die Idee erstmalig vortrugen, hat sichtlich mit den Tränen zu kämpfen, als er Esthers Geschichte hörte.

Es ist aber nicht nur Esther, die beeindruckt. Kutlu Yurtseven, einer der beiden Kölner Rapper von Microphone Mafia, war ein Anwohner der Keupstraße, als dort ein Sprengsatz des neonazistischen "NSU" explodierte. Kutlu erlebte die rassistische Befragung durch die Polizei und die Verhöhnung der Opfer durch die Medien. Heute ist er einer der Aktivisten der Keupstraßen-Initiative und begleitet den NSU-Prozess kritisch.

Nicht nur die Lieder von Esther Bejarano und der Microphone Mafia handeln von Schmerz und Hoffnung, Verfolgung und Kampf, von Faschismus und Widerstand; die Künstler selbst verkörpern damit Erfahrungen, die zumindest die Kubaner, die nach der Revolution geboren sind, nicht am eigenen Leib haben machen müssen. In dieser Begegnung liegt das Besondere dieses Vorhabens.

Cuba Libre wird noch ausführlich über die Tournee berichten.

Als die Planungen für die Tournee begannen, gingen die Organisatoren davon aus, die Bundesregierung würde Mittel aus Kulturfonds zur Verfügung stellen. Diese Perspektive schwand allerdings dahin, so dass die Finanzierung wenige Wochen vor Tourneebeginn nicht mehr gesichert war.

Angesichts der Bedeutung des Beitrags zur Völkerverständigung, den diese außergewöhnliche Konzerttournee zu leisten imstande ist, hat die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba auf ihrer 41. Bundesdelegiertenkonferenz am 12./13. November 2016 in Frankfurt am Main beschlossen, ein Spendenkonto zur Verfügung zu stellen, um die Kubareise von Esther und Band finanziell zu unterstützen. Wir bitten also um zahlreiche Spenden. Auch nach Abschluss der Tournee besteht hier noch Bedarf.

Spenden können direkt online unter: www.fgbrdkuba.de oder auf folgendes Spendenkonto überwiesen werden:

Unsere Organisation ist als gemeinnützig anerkannt und kann eine Spendenbescheinigung ausstellen. Sie kann in unserer Geschäftsstelle angefordert werden:

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba,
Maybachstr. 159, 50670 Köln
Bankverbindung:
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e. V.
Verwendungszweck: "Esther"
Bank für Sozialwirtschaft

CUBA LIBRE Tobias Kriele

CUBA LIBRE 1-2017