Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.


Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen




Im Herbst letzten Jahres luden die »Akademie der Deutschen Welle« (DW) und die Panther-Stiftung der »tageszeitung« (taz) jeweils eine Gruppe kubanischer Journalisten zu Seminaren nach Berlin ein. Ziel ihrer Veranstaltung, so die DW Akademie, sei Hilfe bei der Entwicklung »freier, transparenter Mediensysteme, journalistischer Qualität und Medienkompetenz«. Wo? Natürlich in Kuba, wo denn sonst? Die DW lud dazu unter anderem Referenten des von den US-Diensten NED und USAID finanzierten und in Madrid produzierten Contra-Portals »Diario de Cuba« ein. Damit war die Frage, wer was von wem lernen sollte, geklärt.




Die »taz« schickte ihre Gäste erst einmal zum Panther-Stiftung-Kooperationspartner »Reporter ohne Grenzen« (ROG). Das ist eine Organisation, die bisher nicht nur vom NED sondern auch schon mal von exilkubanischen Terrorgruppen in Miami »Spenden« annahm. ROG-Mitbegründer Robert Ménard, der die Organisation von 1985 bis 2008 prägte und als Generalsekretär leitete, wurde 2014 mit Unterstützung der rechtsextremen »Front National« zum Bürgermeister der südfranzösischen Stadt Béziers gewählt. Soweit zum illustren Umfeld, in dem kubanische Journalisten lernen sollen, wie Pressefreiheit geht. In der Theorie hat der Versuch einige der Besucher offenbar beeindruckt, wie Berichte nach deren Rückkehr vermuten lassen.

Wären die jungen Kolleginnen und Kollegen von der sozialistischen Karibikinsel im Januar 2016 nach Berlin gereist, hätten sie nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis lernen können, was Pressefreiheit ist. Am Beispiel ihres Heimatlandes hätten sie praktisch erleben können, worüber Medien in der BRD informieren und worüber nicht, was Leser, Zuschauer und Zuhörer erfahren und was ihnen von den »freien Medien« vorenthalten wird. Dazu zwei Beispiele.

Keine Zeile über Gerardo

Am 9. Januar 2016 trat auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin ein Mann auf, der für seine politische Überzeugung und sein Engagement gegen den Terror 16 Jahre lang in US-Gefängnissen festgehalten worden war. Für seine Freilassung hatten sich in den letzten Jahren weltweit zigtausende Menschen, darunter Präsidenten und Nobelpreisträger, eingesetzt. Gerardo Hernández, der den Titel »Held der Republik Kuba« trägt, wurde in den Folgetagen in Berlin und Bonn von verschiedenen Organisationen sowie von der Fraktion der LINKEN im Deutschen Bundestag eingeladen. Aus der BRD war Hernández dann weiter nach Gran Canaria und Madrid gereist. Im konservativ regierten Spanien informierten etliche Zeitungen, Radio- und Fernsehsender über seinen Besuch und den Fall der »Cuban Five«. Die Kuba eher ablehnend gegenüberstehende größte Tageszeitung »El País« veröffentlichte ein längeres Interview mit ihm und sogar das ultrarechte, Franquisten-Blatt »ABC« berichtete ausführlich. Den Medien der BRD (mit Ausnahme von »junger Welt« und »UZ«) war der Besuch des ehemaligen politischen Gefangenen dagegen keine Zeile wert. Für die zur Nachhilfe in Sachen Pressefreiheit von DW und taz eingeflogenen Kollegen aus Kuba wäre das sicher ein praktisches Beispiel mit hohem Lerneffekt gewesen.

Nobody in den Schlagzeilen

Während der in vielen Ländern wie ein Staatsgast empfangene und in seiner Heimat Kuba als »Held« gefeierte Gerardo zwar von den BRD-Medien ignoriert wurde, tauchte das Land dann zwei Wochen später aber doch noch in den Schlagzeilen auf. Die Agentur »dpa« meldete am 26. Januar einen Skandal: »Deutscher Journalist bei Dissidentenprotest auf Kuba festgenommen.« Einzige Quelle: Die Aussage des angeblich Betroffenen selbst. Benedikt Vallendar, ein sich als »freier Reporter« ausgebender Unbekannter, der gelegentlich – ohne dort als Journalist akkreditiert zu sein – aus Kuba über Aktionen von Systemgegnern berichtet, hatte die Meldung mit Hilfe seiner Kontaktleute in Umlauf gebracht. In der BRD wurde sie von der rechtslastigen »Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte« (IGFM) und der vom ultrakonservativen Orden »Legionäre Christi« unterstützten Agentur »Zenit« weiter gestreut. Allein die Behauptung der Betroffenen und derer Helfer reichten »dpa«, »WDR« und »Deutschlandradio Kultur«. Ein Faktencheck fand nicht mehr statt. Wenn »angesehene Medien« Aussagen ungeprüft reproduzieren, erfahren diese ihre Aufwertung zu »seriösen Meldungen «. So, liebe kubanische Kollegen, funktioniert Pressefreiheit.


CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 2-2016