Kuba Real – Mythos und Realität

Tagebuch einer sozial-politischen Rundreise

Frankfurt, 27.02.2015

18 Teilnehmer/innen treffen sich um 12 Uhr für die vom DGB-Bildungswerk Hessen angebotene Reise nach Kuba. Auf unterschiedliche Sitzreihen verteilt, nehmen die Teilnehmer/innen Platz und das Flugzeug setzt sich auch pünktlich in Bewegung - doch nur bis zur Enteisungsstation. Der eigentliche Start über die Startbahn West erfolgt erst so gegen 15:15 Uhr – nun geht es endlich Richtung Havanna.

Gegen 20:20 Uhr Ortszeit – die Uhren werden von uns um 6 Stunden vorgestellt – landen wir auf dem Rollfeld des Flughafens José Martí, steigen aus und überqueren das Vorfeld zu Fuß, reihen uns ein in die Schlangen vor den diversen Passkontrollschaltern.

28.02.2015
Unterwegs in der Altstadt von Havanna


Wenn man durch die Altstadt von Havanna streift, kann man sich vorstellen, dass dies einmal die Hauptstadt des spanischen Kolonialreichs in Amerika war. Zu Recht ist die ausgedehnte Altstadt heute UNESCO Weltkulturerbe.

Die beste Kneipe Kubas

Die beste Kneipe Kubas



Wir haben auch Baracken (Wohncontainer, der Verfasser) in der Altstadt gesehen, wo die Bewohner schon seit Jahren provisorisch wohnen, weil ihre früheren Altbauwohnungen renoviert werden bzw. weil keine »richtigen« Neubauwohnungen zur Verfügung stehen. Die Menschen wollen oft lieber weiter in den provisorischen Unterkünften bleiben, statt an den Stadtrand zu ziehen.

Uns kommt mehr als einmal der Gedanke, dass wir Touristen mit unserem vielen Geld dieses sozialistische Entwicklungsland völlig durcheinanderbringen.




01.03.2015

Heute ist Sonntag und der Tag zur freien Verfügung. Acht von unserer Gruppe haben ein Alternativprogramm und fahren mit zwei alten Taxis 70 Kilometer über Land zum National Refugium »Las Terrazas« (entspricht im deutschen einem Biosphärenreservat), um kubanische Natur zu erleben und mal für ein paar Stunden der Hektik einer Großstadt zu entfliehen. Das National Refugium liegt in einer mittelgebirgigen Hügellandschaft, die sich recht unmittelbar aus dem Flachland erhebt.

Na ja, es geht alles gut und wir kehren müde und wohlbehalten nach diesem alternativ gestalteten freien Tag in das sturmgepeitschte Havanna zurück.

Revolutionsmuseum

Revolutionsmuseum


02.03.2015

Der Montag ist ein touristischer Tag mit viel Rundfahrten und Besuchen. Die José-Martí-Gedenkstätte ist sehr eindrucksvoll und prächtig – entsprechend dem Ansehen und der Wichtigkeit von José Martí. In einem nahegelegenen Restaurant nehmen wie das Mittagessen – es gibt Fisch – ein. Dort können wir auch Jutta zum Geburtstag gratulieren und mit einem Cuba Libre anstoßen. Die Fahrt geht weiter zum Revolutionsmuseum. Dort werden uns unter fach- und sachkundiger Führung die Vorgeschichte und der Verlauf der Revolution erläutert. Alberto, unser kubanischer Begleiter, bringt uns die Geschichte aus seiner Sicht, der eines Revolutionärs, mit großem persönlichen Engagement nahe. Für uns ein besonders großes Erlebnis und ein persönlicher Gewinn.

03.03.2015

Vormittags ist ein Treffen mit einem Vertreter der Abteilung für Internationale Beziehungen der Kommunistischen Partei Kubas (PCC). »Beeindruckend«, »Sehr gut«, »Interessant« … das sind nur einige Worte, die mir beim Gedanken an dieses Treffen einfallen. Ich bin mit vielen Gedanken, Fragen und Erwartungen hierher gefahren, vor allem aber ist da eine große Neugier auf Land und Leute.

Es ist ein Land mit vielen Problemen, das einen Weg geht, für den es kein Modell gibt.

Mir scheint dies eine wahnsinnig schwere Aufgabe, die hoffentlich lösbar ist. Ich drücke jedenfalls den Kubanern die Daumen.

Nachmittags folgt ein Besuch im Botanischen Garten im Süden der Stadt gegenüber dem EXPO-Gelände. Mein Eindruck: Der Botanische Garten ist ein lohnendes Ziel zum Kennenlernen der Pflanzen und Tiere in Kuba.

04.03.2015

Besuch der Zigarrenfabrik H. Upmann, der Produktionsstätte der bekannte Zigarre Monte Christo.

Die Gründungsgeschichte der Fabrik geht bis auf das Jahr 1844 zurück, ist aber nicht eindeutig zu belegen. Über ihre Anfänge gibt es mindestens zwei unterschiedliche Versionen. Die eine besagt, dass die beiden deutschen Brüder August und Hermann Upmann die Firma in dem Jahr gründeten. Ungeklärt ist aber, ob das »H« als Abkürzung für Hermann oder für »Hermanos« (im Spanischen für »Gebrüder«)steht. Eine andere Version lautet, dass die Brüder eigentlich mit Nachnamen Hupmann hießen, das »H« jedoch ausgelassen wurde, da »H. Upmann« besser als »H. Hupmann« aussieht.

Danach ein Treffen mit zwei Vertreterinnen der Abteilung für Internationale Beziehungen der CTC (Central de los Trabajadores Cubanas = Dachverband der kubanischen Gewerkschaften).

Das Mittagessen findet in einem einheimischen Pizzaladen statt. Die Pizzen kosten 1 – 2 CUC (Peso konvertible) bzw. 24 bis 48 Peso Moneda Nacional. Das sind ca. 80 Cent bis 1,6 Euro.

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Beeindruckend der Besuch des Alphabetisierungsmuseums (Museo nacional de la Campana de Alfabetisación). Fidel Castro kündigte in einer 4-stündigen Rede vor der UNO 1960 an, dass der Analphabetismus in Kuba beseitigt würde. Das ganze Land schaffte das bereits in 1961.

Alfabetisierungsmuseum Fahne
Alfabetisierungsmuseum Fahne

Anschließend ein Treffen mit einem lokalen CDR (Comitee de Defensa de la Revolución = Komitee zur Verteidigung der Revolution).

Sie empfangen uns mit einer Friedenstaube! Das Highlight des Tages!

05.03.2015

Heute steht der Besuch der »Granma International« und des Kommunistischen Jugendverbandes (UJC) auf der Tagesordnung.

Die beiden Redakteure aus West-Deutschland kommen aus der Kuba-Soli-Arbeit. Alle, die dort arbeiten, sind überzeugte Idealisten. Sie stehen hinter dem Gesellschaftsmodell, sonst würden sie nicht für so einen geringen Lohn und unter den schwierigen Arbeitsbedingungen für die Zeitung arbeiten.

Der Redaktionschef, ein Kubaner, erklärt uns die verschiedenen Ausgaben der Granma. Es gibt sie auf Spanisch, Englisch, Portugiesisch, Italienisch und Deutsch. Insgesamt in einer Auflage von 500.000 Exemplaren. Die gedruckte Auflage der deutschen Ausgabe erscheint einmal im Monat. Es gibt aber auch eine online- Ausgabe, die täglich neu erscheint und ausgebaut wird.

Um 11:30 Uhr dann der Besuch bei der UJC. Ein junger Funktionär empfängt uns und stellt uns Aufgaben und Struktur des Jugendverbandes vor. Er redet so, als hätte er die Richtlinie auswendig gelernt, ohne sie mit den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen zu konfrontieren und weiterzuentwickeln.

06.03.2015

Das Programm für heute ist der Besuch des Nationalen Zentrums für Sexualerziehung (Centro Nacional de Educación Sexual/ CENESEX), deren Direktorin ist Mariela Castro Espin, die Tochter Raul Castros und Aktivistin für die Rechte Homosexueller.

Zuerst wird über die Struktur des Institutes gesprochen.

Neben vielen Aufgaben im Bereich der Sexualerziehung, hat das Institut auch eine Beraterrolle bei der Aktualisierung der Schulbücher. Man kann über die spanische web-Seite: www.cenesex.org die neusten Informationen über das Institut abrufen.

Am Abend gibt es mit zwei Mitarbeitern der Zeitung Granma ein nettes Zusammentreffen, das gleichzeitig die Geburtstagsfeier von Thomas, einem der Mitreisenden, ist.

11.03.2015

Nachmittags sind wir zu Besuch in einem Reha-Zentrum in Cardenas. Unser ca. 2-stündiger Besuch beginnt mit einer Vorstellung des Zentrums. Eine frühestmögliche Behandlung ab dem Säuglingsalter bis zum 18. Lebensjahr von Kindern mit z.B. Down-Syndrom, nach Risiko-Schwangerschaften und Infektionen findet hier statt.

Täglich werden 100 bis 120 Kinder aus der ganzen Provinz ambulant mit Unterstützung der Eltern behandelt. Die Philosophie des Leiters des Zentrums lautet: »Es ist unmöglich, dass sich ein Kind ›normal‹ entwickelt, ohne die Zusammenarbeit mit den Eltern.« Mit großem Interesse stellen wir im Anschluss Fragen, die Dr. Rodriguez gerne ausführlich beantwortet.

(Fotos: Peter Knappe)


CUBA LIBRE Peter Knappe

CUBA LIBRE 3-2015