Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.

Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen



Die Gespräche zwischen Kuba und den USA zwingen auch die Medien des Mainstreams dazu, über einige Auswirkungen der US-Blockade gegen Kuba zu informieren. Doch wer hoffte, dass die Berichterstattung nun fairer wird, sieht sich getäuscht. So werden Probleme beim Internetzugang ausschließlich dem Kontrollbedürfnis der Regierung angelastet. Über das Verbot der USA, die dicht vor der Küste verlaufenden Unterwasserkabel zu nutzen, wird nicht informiert. Ein im Bayerischen Rundfunk und der TAZ veröffentlichter Beitrag belegt – als Beispiel für viele andere –, dass die gezielte Desinformation über Kuba weiter geht.


Der Fall:
Yoani-Werbung in TAZ und BR


Ausgerechnet im CSU-dominierten Bayerischen Rundfunk (BR), dem der Vorsitzende des dortigen Journalistenverbandes, Michael Busch, erst im Januar 2015 bescheinigte, »von einer Staatsferne … weit entfernt« zu sein, beklagte TAZ-Redakteur Sebastian Erb am 24. Mai das »Meinungsmonopol des Castro-Regimes« in Kuba. Sein Bekenntnis zur Pressefreiheit, das auch im BR gern gesehen wird, solange es sich auf Kuba bezieht, war Hintergrund eines Berichts über das von der Systemgegnerin Yoani Sánchez publizierte Online-Portal »14ymedio«. Dessen einjähriges Bestehen war vor allem von dem US-Regierungssender »Radio und TV Martí« und dem vom US-Dienst NED finanzierten, in Madrid erscheinenden Propagandaportal »Diario de Cuba« publizistisch gefeiert worden. In der Bundesrepublik nahm niemand davon Kenntnis. Erb, der seinen BR-Beitrag drei Tage zuvor bereits in der TAZ veröffentlicht hatte, versuchte das zu ändern. Das Engagement des Bayerischen Staatssenders BR verwundert ebenso wenig wie das der TAZ, denn das Blatt war neben der Organisation »Reporter ohne Grenzen« (ROG) Hauptsponsor der Auftritte von Yoani Sánchez in der Bundesrepublik, während ihrer Welttournee im Jahr 2013.

In TAZ und BR erfahren Leser und Hörer, dass ROG Kuba auf einer Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 169 von 180 Ländern führt. Nicht berichtet wird aber darüber, dass die Organisation ROG unter anderem mit Geldern des US-Dienstes NED aufgebaut und auch mit Spendengeldern exilkubanischer Contragruppen finanziert wurde. Auch die Tatsache, dass der einstige ROG-Gründer Robert Ménard das Pamphlet »Vive Le Pen!« verfasste, in Frankreich bei Wahlen für dessen neofaschistischen »Front National« antrat und mittlerweile als Bürgermeister der Stadt Béziers ethnische Statistiken erstellen lässt, von denen sich sogar Le Pens Tochter distanziert, ist BR und TAZ nicht einmal einen Nebensatz wert.

Dafür wird Sánchez Partner und Redaktionsleiter Reinaldo Escobar – ohne kritische Nachfrage – mit dem Satz zitiert: »Wir hängen weder von irgendeiner Regierung ab noch von Geldern einer anderen ausländischen Organisation.« Erb, so lies die TAZ ihre Leser im April wissen, »recherchierte zwei Wochen in Kuba«. Ein paar Klicks im Internet hätten seine dort erworbenen Kenntnisse noch erweitern können. Dann wüsste er zum Beispiel,

- dass Wikileaks zahlreiche Depeschen der US-Interessenvertretung in Havanna (SINA) veröffentlicht hat, die jahrelange enge Kontakte von Sánchez und Escobar zu den US-Agenten der SINA belegen.

- dass allein das durch zahlreiche Geldpreise zusammengekommene unversteuerte Vermögen der »unabhängigen« Bloggerin sich auf knapp eine halbe Million US-Dollar beläuft.

- dass Sánchez Blog »Generation Y« von »Freunden in aller Welt« täglich in 17 Sprachen aktualisiert wird. Jeder Blogger weiß, welcher personelle und finanzielle Aufwand dazu nötig ist.
- dass Sánchez enge Kontakte zu ultrarechten Aktivisten, wie den exilkubanischen Contragruppen in Miami oder den Rechtsauslegern der spanischen Volkspartei (PP) José María Aznar und Esperanza Aguirre pflegt.

- dass Sánchez seit November 2012 bei der »Interamerikanischen Pressegesellschaft« (SIP), dem Unternehmerverbands der privaten Medienbesitzer, für ein vierstelliges Monatsgehalt als »Vizepräsidentin der SIP-Kommission für Presse- und Informationsfreiheit in Kuba« tätig ist. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Vorbereitung des «kubanischen Marktes« auf das Geschäft mit privaten Medien.

All dies enthalten BR und TAZ ihren Hörern und Lesern vor. Statt sauberer Recherchen und belegter Informationen bieten sie dem Publikum Yoani-Werbung und Desinformation über Kuba. Der alte journalistische Grundsatz »Man soll sie hören, alle beide « wird für die sozialistische Karibikinsel noch immer regelmäßig außer Kraft gesetzt.

CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 3-2015