Konzernmedien verschweigen das Votum der Vereinten Nationen gegen die US-Blockade
Am 29. Oktober letzten Jahres stimmten die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in ihrer Generalversammlung zum 22. Mal über die von Kuba seit 1992 Jahr für Jahr eingebrachte Resolution zur Beendigung der US-Blockade ab. Die Abstimmung in New York brachte nicht nur ein Rekordergebnis zugunsten der sozialistischen Karibikinsel, sondern wurde auch zu einem Lehrstück über Pressefreiheit.
Auch bei der Abstimmung im November 2012 war das Ergebnis eindeutig |
So deutlich war das Votum der Völkergemeinschaft nie zuvor ausgefallen. 188 Staaten verurteilten die Blockade, die Washington seit über 50 Jahren gegen Kuba aufrechterhält und forderten, »sie so schnell wie möglich zu beenden«. Nur die USA selbst und Israel stimmten dafür. Die drei von US-Zahlungen abhängigen pazifischen Zwergstaaten Marshallinseln, Mikronesien und Palau enthielten sich. Das Ergebnis zeigte, wie sehr Washingtons Politik in der Welt isoliert ist.
Washington ist isoliert
Vor der Abstimmung hatten 24 Redner, darunter der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez, in einer mehr als zweieinhalbstündigen Debatte ihre Argumente vorgetragen. Die Schärfe der meisten Redebeiträge hatte gezeigt, dass die Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten nicht bereit ist, das Verhalten der USA länger zu tolerieren. »Die USA stellen sich über die Völker der Welt«, stellte Boliviens UN-Botschafter Sacha Llorenty fest und appellierte an die Generalversammlung: »Wir müssen darauf bestehen, dass unsere Beschlüsse eingehalten werden.« Im Namen des Wirtschaftsbündnisses Mercosur kritisierte Venezuelas Vertreter Samuel Moncada die »flagrante Verletzung der UN-Charta durch die USA«. Eine deutliche Warnung sprach auch Chinas ständiger UN-Repräsentant, Wang Min, aus. Die exterritoriale Ausweitung der US-Blockade gegen Kuba auf Drittländer verletze »die Interessen und die Souveränität« dieser Staaten, erklärte der Diplomat und versicherte, dass China dies nicht hinnehmen werde.
Nur einer der 24 Redner, der Vertreter der USA, Ronald D. Godard, der die Diskussion mit versteinerter Mine verfolgt hatte, verteidigte die Blockade. Sie sei ein Instrument zur Durchsetzung der Menschenrechte in Kuba, sagte der US-Sprecher und erhielt dafür nicht einmal von Israel Applaus. Er warf der kubanischen Regierung unter anderem vor, »friedliche Oppositionelle« zu verfolgen und »die Pressefreiheit zu unterdrücken«. Die Tatsachen widerlegten seine Behauptung noch am gleichen Tag.
Lehrstück zur Pressefreiheit
In Kuba hatte die Bevölkerung alle Debattenbeiträge der UN-Generalversammlung live und in voller Länge im Fernsehen verfolgen und sich eine eigene Meinung darüber bilden können. Auch die Stellungnahme des US-Vertreters Godard und seine Angriffe auf die sozialistische Karibikinsel waren ungekürzt übertragen worden.
Lesern, Hörern und Zuschauern in den USA wurden diese Informationen dagegen weitgehend vorenthalten. Nur die Tageszeitung »Washington Post« berichtete halbwegs sachlich über die Debatte und das Abstimmungsergebnis. Den großen Fernsehketten war das Thema nicht einmal eine Meldung wert. Die privaten Medien und staatlichen US-Propagandasender in Florida und Miami verhängten sogar eine totale Zensur. »Sie haben entschieden, dass die Menschen dieser Gemeinden nicht wissen müssen, wie in der UNO über die Resolution gegen die Blockade abgestimmt wurde«, kommentierte der in Miami lebende kubanische Journalist Edmundo García in seinem alternativen Radioprogramm und gleichnamigen Blog »La Tarde se Mueve«.
Zensur durch Verschweigen
Auch in den bundesdeutschen Konzernmedien wurde der historische Erfolg Kubas in der UN-Generalversammlung unterm Strich und bestenfalls in den Meldungsspalten erwähnt. Die meisten Radio-und Fernsehsender der BRD verschwiegen das Thema ebenfalls. Das hohe Gut der Pressefreiheit reduzierte sich einmal mehr auf die Freiheit der Medienbesitzer, alleine zu entscheiden, worüber berichtet wird und worüber nicht. In den Nachbarländern zitierten dagegen der Tages-Anzeiger (Schweiz), der Standard (Österreich) und andere Blätter immerhin den kubanischen Außenminister Bruno Rodríguez mit dem Satz: »Die USA sind mit ihrer Politik gegen Kuba völlig isoliert, es fehlt jede ethische oder rechtliche Grundlage.«
Im postfranquistischen Spanien gehören die Konzerne und ihre Medien selbstredend auch nicht zu den Freunden Kubas. Während die etablierten konservativen Tageszeitungen El Pais, ABC und El Mundo die Äußerungen kubanischer Systemgegner regelmäßig auf der Titelseite bringen, fand eine Berichterstattung über die US-Niederlage in der UNO dort gar nicht erst statt. »Es scheint UN-Entscheidungen erster und zweiter Klasse zu geben «, spöttelte ein Leser der Online-Zeitung Publico. Im Gegensatz zu den Konzernblättern hatte das linksliberale Portal als eines der wenigen Medien des Landes ausführlich berichtet. Umfassende Informationen boten unter anderem auch der lateinamerikanische Fernsehsender TeleSur, das russische Internetportal Russia Today (RT), der Iranische Sender und Online-Dienst HispanTV und die chinesische Nachrichtenagentur Hsinhua.
Kubas Erfolg heruntergespielt
Doch nicht nur die Medien, auch die offizielle Politik in der »freien Welt« hielt die von 188 Staaten erhobene Forderung zur Beendigung der Blockade nicht einmal für erwähnenswert.
Karikaktur: juventudrebelde.cu |
In Deutschland begrüßte lediglich die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Heike Hänsel, das Abstimmungsergebnis. Sie forderte zugleich die Europäische Kommission, den EU-Ministerrat und die Bundesregierung auf, den Online-Bezahldienst PayPal mit Sanktionen zu belegen. Grundlage dafür seien die Bestimmungen der »EU Blocking Regulation«, mit der eine Ausdehnung der US-Blockade gegen Kuba auf Europa verhindert werden soll. PayPal, die europäische Tochter eines US-Unternehmens, hatte wiederholt Guthaben von Nutzern in Deutschland eingefroren, um diese zum Abbruch ihrer Geschäftsbeziehungen mit Kuba zu zwingen.
Die Bundestagsabgeordnete Hänsel wurde nach ihrem Vorstoß allerdings selbst Opfer der Medienblockade gegenüber Kuba, die auch in Deutschland nach der von Eduardo Galeano beschriebenen Methode verfährt. Der uruguayische Journalist und Schriftsteller wirft den großen Medien vor, jeden Mangel in Kuba unter einer extrem vergrößernden Lupe, die Erfolge dagegen verkleinert, lächerlich oder gar nicht darzustellen.
Das Muster der Mainstream-Medien ist immer gleich. Es versucht, das sozialistische Modell in Kuba durch Verbreitung von Desinformationen zu dämonisieren und die aggressive Politik der US-Regierung zu legitimieren. Eine objektive Information über die UN-Generalversammlung am 29. Oktober 2013 passt – Pressefreiheit hin und her – nicht in dieses Schema. In den Konzernmedien gehören die US-Blockade gegen Kuba, die Cuban Five, Obamas Killerdrohnen und das US-Folterlager Guantánamo zu den am meisten heruntergespielten oder ganz unterdrückten Themen.
Volker Hermsdorf
CUBA LIBRE 1-2014