Eine BRD-Kunstausstellung in Havanna und eine kleine Anfrage der CDU/CSU.
"Bonn finanziert DKP-Ausstellung in Kuba." Mit dieser Überschrift leitete die :"Kölnische Rundschau" am 3. September einen Artikel zur Eröffnung einer Ausstellung in Havanna ein. Seit Anfang September besichtigen kubanische Besucher jedoch nicht wie zu vermuten wäre Materialien der DKP, sondern Grafiken zeitgenössischer bundesdeutscher Realisten. Diese Kunstausstellung ist, so der Botschafter der Bundesrepublik, Armin Freitag, bei seiner Eröffnungsansprache, ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Kontakte zwischen beiden Staaten.
Der Kölnischen Rundschau geht es jedoch nicht um Kunst, geschweige denn Kultur, sondern darum, daß diese Ausstellung in Zusammenarbeit von Auswärtigem Amt der Bundesrepublik und der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba entstanden ist. Und diese Freundschaftsgesellschaft ist ja, wie der Leser von Verfassungsschutzberichten weiß, der "Verfassungsfeindlichkeit" verdächtig.
Vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet haben die Kontakte zwischen der BRD und Kuba in den letzten Jahren zugenommen, seit 1975 gibt es diplomatische Beziehungen. Da zwischen beiden Staaten jedoch kein Kulturabkommen existiert, sind den Beziehungen in diesem Bereich Schranken gesetzt, Schranken, die u.a. durch diese Ausstellung überwunden werden sollten.
Aufgrund der fehlenden institutionellen Beziehungen ging das Auswärtige Amt auf das Angebot der Freundschaftsgesellschaft ein, eine Kunstausstellung in Kuba zu organisieren, da die Freundschaftsgesellschaft über gute Kontakte zu den offiziellen kubanischen Stellen verfügt. Die Festlegung auf realistische Druckgrafiken und die namentliche Auswahl der Künstler erfolgte in Übereinstimmung zwischen Freundschaftsgesellschaft und Auswärtigem Amt. Das Resultat dieser Auswahl ist jetzt in den Ausstellungsräumen des kubanischen Kultusministeriums in Havanna zu besichtigen 100 Grafiken von 32 Künstlern eine breite Palette realistischen Kunstschaffens in der Bundesrepublik.
Breit gestreut sind die Themenbereiche und die weltanschaulichen Standpunkte der einzelnen Künstler. Wie Klaus Thüsing (SPD/MdB) in seiner Eröffnungsansprache als Vertreter der Freundschaftsgesellschaft ausführte, haben sie alle ihre Werke "aus Sympathie zu Kuba und seinen Menschen" kostenlos zur Verfügung gestellt.
Um das Spektrum der Künstler anzudeuten, seien nur einige Namen genannt: A. Paul Weber, HAP Grieshaber, Gerhardt Bettermann, Gertrude Degenhardt. Gerhardt Göttlicher, Thomas Jensch und Hanja Rau waren selbst zur Eröffnungsfeier nach Kuba gekommen. Diese Bandbreite ist, so der Botschafter der Bundesrepublik in Kuba, in seinem Geleitwort des Katalogs "ein weites Spektrum von Sichtweisen deutscher Wirklichkeit ..., denn Kunst ist ja nie die Abbildung von Wirklichkeit, sondern selbst bei kompromißlosen Realisten deren Interpretation".
Wie diese "deutsche Wirklichkeit" aussieht, benannte Klaus Thüsing: "Tatsächlich ist die Bundesrepublik und das darf ich auch als Parlamentarier der Sozialdemokratischen Partei sagen als hoch entwickelte kapitalistische Gesellschaft ein sehr widersprüchliches Land, konfliktreich, aber auch dynamisch. Ein Land, in einem sich verschärfenden Konflikt um die Erhaltung des Friedens und die humane Gestaltung der Demokratie, ein Konflikt um die Frage, ob die Demokratie bloß formale Staatsform sein soll oder Lebensform ..."
Für ihn und damit auch für die Freundschaftsgesellschaft, ist die Ausstellung ein "weiterer Schritt zum gegenseitigen Verständnis, Hoffnung auf einen regen gegenseitigen Kulturaustausch zwischen der Bundesrepublik und Kuba in der Zukunft."
Dieser Meinung schloß sich auch der bundesdeutsche Botschafter an, der in der Kultur "eine der tragenden Säulen deutscher Außenpolitik" sieht. "Sie kann", führt er in seinem Geleitwort aus, "ein vorurteilsfreies Aufeinander zugehen von Menschen ermöglichen,die in unterschiedlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen leben."
Sieht man allein diese Äußerungen des diplomatischen Vertreters der Bundesrepublik, man könnte in der augenblicklichen Situation der Verschlechterung des internationalen Klimas einen Silberstreif am Horizont sehen, der die Finsternis um sich greifender Kalter-Kriegs-Propaganda erhellt. Aber leider muß man diese Ausstellung nun auch im Hinblick auf die Reaktionen sehen, die sie bis jetzt in der BRD ausgelöst hat, und diese Reaktionen beschränken sich nicht auf den Artikel einer Zeitung. Auf der Pressekonferenz der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba am 10. September in Bonn lag eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag auf dem Tisch, in der nach der finanziellen und ideellen Unterstützung der "kommunistisch beeinflußten Hilfstruppe" durch das Auswärtige Amt gefragt wird. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Carl-Dieter Spranger, versteigt sich in diesem Zusammenhang zu der Frage:"In jedem Fall wüßten wir gern, ob wir nächstens auch damit einer entsprechenden Förderung des rechtsextremistischen 'Deutschen Kulturwerks europäischen Geistes oder ähnlichen Einrichtungen zu rechnen haben." Das Niveau der Anwürfe ,vergleichbar mit dem des "Kölner-Rundschau"-Artikels, legt die Vermutung nahe, daß das kein sprachlicher Fauxpas, sondern politische Standortbestimmung ist.
Daß Klaus Thüsing auf der Pressekonferenz auf die wirkliche Intention und Bedeutung der Kunstaußtellung hinwies und daß er sich darüber wunderte, warum es für einige Leute unbegreiflich ist, daß Kommunisten in:Freundschaftsgesellschaften mit sozialistischen Ländern mitarbeiten, wird wahrscheinlich weder die CDU/CSU noch ihre Presse von den Anwürfen abbringen, hoffentlich aber dazu beitragen, daß die Bundesregierung sich nicht von ihren eigenen Ansätzen zur Völkerverständigung abbringen läßt.
Botschafter Armin Freitag sieht in der Ausstellung einen Beitrag,der "den Zugang zur deutschen Wirklichkeit" eröffnen hilft. Es bleibt zu hoffen, daß man demnächst nicht die CDU/CSU-Anfrage in Glas gerahmt nach Havanna schicken muß als weiteren realistischen Einblick in bundesdeutsche Wirklichkeit.
Bernhard Groll
Deutsche Volkszeitung, 17.9.1981
CUBA LIBRE 3-1981, Extraausgabe