Rede von Klaus Thüsing, MdB zur Eröffnung der Ausstellung

Sehr geehrter Herr Vize-Minister, sehr geehrter Herr Vize-Präsident, sehr geehrter Herr Botschafter, sehr geehrte Damen und Herren, Companeras y Companeros!

Ich darf zu Ihnen sprechen im Namen der "Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba". Wir haben dem Botschafter der Bundesrepublik in Kuba, Herrn Freitag, zu danken dafür, daß er den Plan dieser Ausstellung so tatkräftig unterstützt hat und dürfen in diesen Dank Herrn Botschaftsrat Ohr einschließen. Wir haben auch zu danken dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik für die finanzielle Unterstützung.

Unser Dank gilt aber besonders unseren kubanischen Freunden aus dem Kulturministerium und der Galerie der Stadt Havanna. Wir haben Ihnen zu danken für das große Interesse, dass sie dem Plan, Kunst aus der Bundesrepublik in Kuba zu zeigen, entgegengebracht haben, für Ihre Bereitschaft, uns diese schöne Galerie zur Verfügung zustellen und für die Hilfe in den letzten Tagen, wobei wir die Arbeiter einschließen, die bis in die letzten Stunden hinein an der Ausstellung gearbeitet haben.

Wir hatten schon befürchtet, Ihnen heute nur ein Schild repräsentieren zu können mit der Aufforderung: Gehen Sie bitte zum Flughafen, dort können Sie die Kisten bewundern, in die Ulla Krüger die Ausstellung künstlerisch verpackt hat! Aber wir wollten Ihnen schon zeigen, was in den Kisten ist, und hier ist jetzt die Ausstellung, und hier ist die Delegation aus der Bundesrepublik: Horst-Eckhard Gross, der Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft; die Geschäftsführerin Isabella von Schönberg; das Vorstandsmitglied Ulla Krüger, die sich große Verdienste um das Zustandekommen der Ausstellung erworben hat.

Aber hier sind auch einige der Künstler, deren Bilder Sie hier sehen: Hanja Rau, Erhard Göttlicher und Thomas Jensch. Auch die jenigen, die den außergewöhnlich schönen Katalog gemacht haben, sind nach Havanna gekommen: Norbert Haun, Ottmar Hitzelberger und Andrea Kömpel.

Unser größter Dank gilt den Künstlern in der Bundesrepublik, die ihre Werke für diese Ausstellung kostenlos zur Verfügung gestellt haben. Das ist nicht selbstverständlich, aber als wir gesagt haben, wir möchten realistische Grafik aus der Bundesrepublik in Kuba zeigen, hat niemand gezögert, seine Werke zur Verfügung zu stellen – aus Sympathie zu Kuba und seinen Menschen. Natürlich möchte auch jeder Künstler, daß seine Werke im Ausland gesehen werden; er dort ein Echo findet.

Wir meinen, daß es gelungen ist, durch diese Ausstellung einen guten Überblick über die realistische Grafik der Bundesrepublik zu vermitteln; einen guten Einblick auch in die außerordentliche Vielfältigkeit der Stilmöglichkeiten, der Aussagen und Bewältigung von Realität.

Damit ist bei den Künstlern auch die politische Realität der Bundesrepublik in all ihrer Widersprüchlichkeit gemeint. Tatsächlich ist die Bundesrepublik – und das darf ich auch als Parlamentarier der sozialdemokratischen Parteisagen – als hochentwickelte kapitalistische Gesellschaft ein sehr widersprüchliches Land in einem sich verschärfenden Konflikt um die Erhaltung des Friedens und die humane Gestaltung der Demokratie, ein Konflikt um die Frage, ob die Demokratie bloß formale Staatsform sein soll oder Lebensform, bei der alle Bereiche des Lebens einschließlich der Wirtschaft - aber selbstverständlich auch Wissenschaft und Kunst - demokratisch geordnet und von den Betroffenen mitbestimmt werden sollen.

Der Kampf um die Demokratie und die Befreiung des Menschen in meinem Lande ist lang: Der. Kampf gerade der deutschen Arbeiterklasse war Vorbild und Ermutigung für die Unterdrückten anderer Länder; die Lehrer der deutschen Arbeiterklasse wie Karl Marx, Friedrich Engels oder eine große Frau wie Rosa Luxemburg haben großen Einfluß auf den Freiheitskampf anderer Völker gehabt.

Gerade in meinem Land hat der Kampf um die Demokratie aber auch schreckliche Niederlagen erlitten: die schrecklichste durch die Herrschaft der Faschisten von 1933 bis 1945. Gerade deshalb ist ernstzunehmende Kunst in der Bundesrepublik ob aufklärerisch oder bewußt agitatorisch oder auch nur darin, daß sie die aufbauenden und zerstörerischen Möglichkeiten des Menschen deutlich macht, politisch. Ulrich Krempel hat zu dieser Frage und zur historischen Einordnung der hier gezeigten Grafiken Hervorragen des im Katalog gesagt.

Ich sagte vorhin, daß keiner der Künstler – und die meisten von ihnen sind jung – gezögert hat, seine Werke für diese Ausstellung zur Verfügung zustellen: Und so ist diese Ausstellung ein Zeichen der Solidarität der Künstler mit Kuba – bei allen Widersprüchen, die die Entwicklung auch in Kuba kennzeichnet und allen Unterschieden auch ideologischer Art – ein Zeichen der Solidarität mit dem kubanischen Volk, dass sich befreien konnte durch den Sieg der Revolution von Ausbeutung und Unterdrückung, mit Kuba, das Not, Elend und Unwissenheit der Massen erfolgreich bekämpft hat.

Kuba – das gilt den fortschrittlichen Menschen auch in meinem Lande als Hoffnung gerade für die verelendeten und unterdrückten Massen der Dritten Welt. Das gilt gerade heute, wo das Volk von Nicaragua fürchten muß, daß sein Sieg über Somoza und seine Schergen zunichte gemacht wird, wo das Volk von EI Salvador vereint in der FDR gegen eine blutige Junta kämpft, wo die Völker von Honduras und Guatemala sich auflehnen gegen ihre Unterdrücker, wo Grenada offen bedroht wird und in Jamaika durch eine Politik der Destabilisierung der fortschrittliche Kurs der sozialdemokratischen PLP unter Manley gestoppt wurde.

Die Bundesrepublik ist als Folge des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges in einem militärischen Bündnis mit den Vereinigten Staaten von Amerika, das der Verteidigung der Völker Westeuropas dienen soll. Das bedeutet aber nicht, daß wir eine Politik der Vereinigten Staaten rechtfertigen oder gar unterstützen können, die sich nun unter dem Präsidenten Reagan offen gegen den Freiheitskampf der Völker Mittel- und Lateinamerikas stellt und blutige Diktaturen unterstützt.

Nach den Erfahrungen mit der mörderischen Diktatur der Nazis sind gerade die Deutschen verpflichtet, Befreiung, Fortschritt und demokratische Entwicklung in allen Ländern zu unterstützen – selbst wenn das Konflikte mit einem Verbündeten bedeutet. Deshalb muß die kubanische Revolution sich weiterentwickeln können, wenden wir uns gegen jede Bedrohung Kubas, seiner Bevölkerung und Wirtschaft.

Als Hoffnung für die Unterdrückten hat Kuba in der Bundesrepublik große Sympathien, zeigen Künstler aus der Bundesrepublik hier ihre Werke, haben sich viele fortschrittliche Menschen in meinem Lande auch bei unterschiedlichen ideologischen Standpunkten in der Freundschaftsgesellschaft zusammengeschlossen, in Solidarität zu Kuba, den Erfolgen und Hoffnungen seiner Menschen, die auch hier – wie nirgends auf der Welt – ihr Ziel schon erreicht haben.

Die Ausstellung ist ein Zeichen unserer Solidarität, ein weiterer Schritt zum gegenseitigen Verständnis, Hoffnung auf einen regen gegenseitigen Kulturaustausch zwischen der Bundesrepublik und Kuba in der Zukunft.

Viva la amistad entre Alemania Federal y Cuba!

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CUBA LIBRE 3-1981, Extraausgabe