Dokumentiert: Auszug aus

Propagandisten des Krieges - Hintermänner der Contra:
"Internationale Gesellschaft für Menschenrechte"

Arbeitskreis Nicaragua, Edition Nahua, 1987



Gründung und Entwicklung der GfM/IGfM


(In diesem Abschnitt tauchen wiederholt Personen bzw. Organisationen und Gruppen auf, die nicht jedem ein Begriff sind. Wenn sie nicht im Text erklärt sind, kommen sie entweder schon beim Teil über den NTS vor oder im Nachfolgenden Kapitel "Kuratoriumsmitglieder und Verbindungen zu konservativen und rechtsextremen Gruppen")

Im Frühjahr 1972 wurde die Gesellschaft für Menschenrechte" in Frankfurt in einem Haus des Corpshausvereins de Palaio-Alsatia e.V. von folgenden 13 Leuten gegründet (1):
Iwan Agrusow, von Beginn bis heute Geschäftsführer, NTS
Leonid Müller, von Beginn bis heute Schatzmeister, NTS
Wolfgang Stein, von Beginn bis 1973 Vorsitzender, 1973 ausgetreten
Alexandra Stein
Reinhard Gnauck, von 1981 bis heute Vorsitzender
Wladimir Flerow, 1978 Vorstandsbeisitzer
Justus Bühlow, Vorsitzender der Deutsch-rußländischen Gesellschaft
Helma Bühlow
Gleb Rahr, NTS
Michael Goratschek, heute Possev-Verlag/NTS-Büro
George Hadjigeorgidi
Gertrud Hadjigeorgidi.

Im August 1972 ließ sich die Gesellschaft als Verein eintragen.Über die Vorgeschichte der GfM und ihrer Gründer veröffentlichte die antifaschistische Wochenzeitung "Die Tat" am 12.3.76 unter dem Titel "Mit Faschisten für die Menschenrechte einen bis heute unwidersprochen Kommentar der sowjetischen Nachrichtenagentur "NOWOSTI" von B. Antonow, der sinngemäß lautet:

Am 2.4.1970 geht C. Gerstenmaier in das Huas 15/24 in der Wassiljewska-Straίe in Moskau. In der Wohnung Nr. 5 zeigt sie dem Wohnungsinhaber, dem Künstler Titow, ein Kärtchen vom Mikel Bordo, Führer einer großen antisowjetischen Organisation aus London. Dann gibt C. Gerstenmaier Titow eine Broschüre "Samisdat", Geld und eine Flasche Whisky und sagt ihm, daß er Bordos Rundfunksendungen immer Freitags hören kann.

Dann macht sich C. Gerstenmaier mit der Frau Titows, Jelena Stroijewa, sowie einem gewissen Wolpin und Bukowski bekannt. Ihre Gesprächspartner erklären, sie könnten die Sowjetmacht in 5-6 Jahren stürzen. Vom Westen wollen sie Geld, viel Geld. C. Gerstenmaier nimmt viel antisowjetisches Material mit, das für den Emigrantenverlag Possev bestimmt war. Zollbeamte entdecken alles und C. Gerstenmaier machte ausführliche Erklärungen, unter welchen Umständen sie das Material erhielt.

Seit dieser Zeit sind 5-6 Jahre vergangen und die Sowjetmacht ist noch immer nicht gestürzt. Titow verließ die UdSSR und lebt in Frankreich, Wolpin verließ ebenfalls die UdSSR, C. Gerstenmaier hat ihre Anhänger im Kampf um die Menschenrechte verloren und wandte sich an die Leute vom NTS. Sie wurde Vorsitzende der GfM in Ffm. Hier finden sich die Mitarbeiter des NTS zusammen. Die NTS will den bewaffneten Kampf gg. Die Sowjetunion führen. Obwohl C. Gerstenmaier behauptet, sie könne Faschisten nicht ausstehen, sind alle ihre Kollegen dort ehemalige Handlanger der Nazis.

Iwan Agrusow diente während des 2. Weltkrieges in der Hitlergendarmerie. An ihn erinnern sich die Bewohner der von den Nazis okkupierten Stadt Pskow mit Schrecken. Nach dem Krieg wurde Agrusow in der Agentenschule in Bad Wiessee (*) ausgebildet, um subversive Arbeit in der UdSSR zu leisten. Als er jedoch erfuhr, daί er dort als Krimineller gesucht wird, setzte ihn der CIA im sogenannten "geschlossenen Sektor" der NTS ein. Die Mitarbeiter dieses Sektors arbeiten mit Touristen und Geschäftsleuten zusammen, die in die UdSSR fahren. Sie erfüllen dann verschiedene Aufgaben während ihres Aufenthaltes.

Wladimir Poremski, ebenfalls in der GfM tätig, unternahm bereits vor dem Krieg in Frankreich im Auftrag des Nazigeheimdienstes Diversionsakte gegen das republikanische Spanien. Er sprengte auf einem Flughafen Flugzeuge in die Luft, die die Republikaner in den USA gekauft hatten. Im 2. Weltkrieg arbeitete er im Hitlerministerium für die besetzten Ostgebiete als Leiter für die Umerziehung sowjetischer Kriegsgefangener. "Er leistete sehr gute Arbeit und ist politisch absolut zuverlässig" schrieb das Ministerium.

Georgie Tragubow, Mitglied der GfM, wurde 1947 in Berlin von der sowjetischen Militärverwaltung verhaftet. Er hatte im Kriegsministerium der Nazis gearbeitet und unterrichtete in Agenten- und Diversionskursen. Er bildete Spione und Diversanten für den Einsatz im sowjetischen Hinterland aus. Dort führten sie Anschläge gegen Partei- und Staatsfunktionäre aus. Das Gericht verurteilte ihn zu 25 Jahren Haft. Aus humanitären Gründen wurde er vorzeitig entlassen und der BRD übergeben. Hier fing er in der NTS an.

Alexander Artemow alias Saizew, alias Pelzer stellte sich 1941 den deutschen Faschisten zur Verfügung. Er arbeitete als Dozent au Propagandistenlehrgängen in Bustrau und Dobendorf und war persönlicher Mitarbeiter des SS-Legion-Generals Wlassow. Jetzt ist er bei C. Gerstenmaier.

Michail Slawinski, auch Mitarbeiter der GfM. In faschistischen Flugblättern, die unter die russischen Kriegsgefangenen verteilt wurden, sang er Lobeshymnen auf Hitler und bezeichnete das russische Volk als Nation 2. Klasse.

Lew Rar arbeitet ebenfalls in der Frankfurter Gesellschaft mit. Er kollaborierte ebenfalls mit den Nazis als Mitglied des Rates des NTS. Rar ist Mitarbeiter des geschlossenen Sektors des NTS, Spezialist in Terrorfragen.

Das sind die Helfer Cornelia Gerstenmaiers in ihrem Kampf für die Menschenrechte

(*) Anmerkung: Nach der Festnahme von 4 Westagenten am 26. Mai 1953, die über ukrainischem Gebiet abgesprungen waren, meldet Radio Moskau (Zitiert nach "Deutsche Illustrierte", Nov. 53): "Diese verbrecherischen Elemente wurden unter Leitung von amerikanischen Offizieren in einer Agentenschule in Bad Wiessee ausgebildet. Den Unterricht erteilten ihnen Captain Holliday, Bill un Bob … Solche Agentenschulen unter Leitung amerikanischer Offiziere befinden sich in ganz Westdeutschland ..." Die Festgenommenen hatten die Aufgabe, sich in Kiew und Odessa festzusetzen, sich echte sowjetische Papiere zu beschaffen, sich über Sender mit dem US-Spionagezentrum in der BRD in Verbindung zu setzen und weitere Anweisungen zu empfangen." ("Neue Welt", Sept. 53)


Der unbedeutende Verein lebte von Anfang an durch seine nachweisbar einschlägigen Verbindungen mit dem NTS. Die GfM ist eine aufgrund der 1972 herrschenden Entspannungspolitik neu aufgebaute Nachfolgeorganisation des NTS – durch seriöses aber eindeutiges (und einseitiges) Auftreten sich von dem skandalumwitterten Emigrantenklüngel unterscheidend, wobei sie dessen Erfahrungen, Mittel und Beziehungen (zu den "Oppositionellen" in der UdSSR, dem CIA oder BND- und Vertriebenen-Politikern) sehr wohl und ganz offen über die zahlreichen Doppelfunktionäre auf allen wichtigen Posten nützt. Aber auch andere Mitglieder brachten die Verbindungen in die GfM ein: z.b. Cornelia Gerstenmaier, die 1973 den Vorsitz der Gesellschaft übernimmt. Sie ist die Tochter des ehemaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier (CDU), der keine Abgrenzungsschwierigkeiten nach rechts kannte, bereits 1955 Franco besuchte und unter anderem 1971 vor dem mit NPD-Mitgliedern durchsetzten "Historisch-Kulturellen Arbeitskreis" sprach (SZ, 12.2.71). Nach Julius Mader "Hitlers Spionagegeneräle sagen aus" war Eugen Gerstenmaier im Faschismus Abwehr- und SD-Spitzenagent und agierte auch unter dem Tarnnamen Albrecht Allmann. Das von ihm gleich im Sommer 1945 gegründete "Evangelische Hilfswerk" (Gerstenmaier war ev. Konsistorialrat) soll als Tarnorganisation für antisowjetische Agenten gedient haben. Nachdem Cornelia Gerstenmaier ihr außerhalb des offiziellen Kulturaustausches ermöglichtes Studienjahr in der UdSSR genutzt hatte (siehe "Tat"-Artikel), arbeitete sie 1966-69 als Redakteurin an der Zeitschrift "Ost-Probleme" in Bonn mit (FAZ 24.1.77), beteiligte sich 1970 am Aufbau des "Center for Study of Religion & Communism" in London und arbeitete dann als freie Journalistin (Munzinger Archiv). Ihre Bücher (z.B. "Die Stimme der Stummen", 1971) gab sie im rechtsradikalen CDU/CSU-nahen Seewald-Verlag heraus, dessen Chef Heinrich Seewald auch Initiator des KDK (Konzentration Demokratischer Kräfte bzw. "Korrigiert den Kurs") war (Braunzone/buntbuch). Sie gründete zusammen mit so angesehenen Herren wie Rainer Geppert (Hanns-Seidel-Stiftung), Ludek Pachmann,Hans Huyn, Gerhard Löwenthal u.a. 1973 die "Freie Gesellschaft zur Förderung der Freundschaft mit den Völkern der Tschechoslowakei" (Braunzone/buntbuch), die eng mit der Hanns-Seidel-Stiftung der CSU Zusammenarbeit und sich für die Einführung eines Volksgruppenrechtes einsetzt, das als Vorstufe einer föderalistischen Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas unter imperialistischen Vorzeichen gesehen wird. (Mitteilung Hanns-Seidel-Stiftung 42/78). Seit 1978 ist sie Chefredakteurin der deutschen Ausgabe der russischen Emigrantenzeitung "Kontinent" des Wladimir Maximow. Über ihn sagt ein Mitarbeiter des CIA-Senders Radio Liberty (in "Blätter f. dt. und internat. Politik" 8/76) Eduard Ginsburg: "Maximow, Galitsch und Karshawin sind gierig darauf, ihr Brot durch fanatische hetze zu verdienen".

Maximow arbeitete für Radio Liberty, bei dem ebenso wie bei Radio Free Europe alle leitenden Stellungen von CIA-Agenten besetzt sind. Die Münchner Sender dienen als Leitzentrum für die Emigrantenorganisationen. Diese Angaben des tschechischen Agenten Minarik wurden 1976 vom Direktor des Radio Free Europe, Richard Cook, bestätigt, der aus der Forschungsabteilung des CIA kommt.

Aber zurück zur Geschichte der GfM:

Im Dezember 1972 setzte die Frankfurter Gesellschaft ihre 1. Pressemeldung in der Frankfurter Rundschau ab, anläßlich eines 3-tägigen Hungerstreiks von 12 Mitgliedern, um Solidarität mit verfolgten Sowjetbürgern zu demonstrieren.

Es ist bei der Zusammensetzung der GfM klar, daß die "Menschenrechtsarbeit" sich so gut wie ausschließlich auf UdSSR, DDR, CSSR etc. bezieht.

1973 macht die GfM eine Unterschriften- und Spendensammlung für 3 Dissidenten (FR, 14.4.73), u.a. Wladimir Bukowskij, der nach seinem Austausch gegen den chilenischen KP-Führer Luis Corvalan 1976 Mitglied der GfM wird.

Vereinsintern gibt es in der Zwischenzeit einige Änderungen: Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Flurscheideweg wurde über eine Satzungsänderung beraten, die notwendig wurde, um als gemeinnützig (!) (steuerbefreit) anerkannt zu werden, was auch geschah. 1973 legte Wolfgang Stein wegen interner Streitigkeiten den Vorsitz nieder und trat aus der GfM aus. Daraufhin wurde Cornelia Gerstenmaier zur neuen Vorsitzenden gewählt. Sie konnte bei der Sitzung nicht selbst anwesend sein, weil sie angeblich kurz vor Ausbruch des Nahost-Krieges nach Israel reiste. Aber Agruswo als stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer und Müller (Schatzmeister) sorgen für Kontinuität.

Auf der Mitgliederversammlung im Februar 1974 – inzwischen ist die Gesellschaft auf 35 Mitglieder angewachsen – wird die Einrichtung von AG's beschlossen. Es wird u.a. vorgeschlagen, den Bund der Vertriebenen um Mittel für die Bearbeitung der Fragen der Deutschen in den "Ostblockländern" anzugehen und exil-ungarische Organisationen in der Schweiz zu Kontakten. Außerdem wird bedauert, daß Amnesty International zunehmend unter den Einfluß des sozialistischen Lagers gerät (!).

1974 ruft die GfM zu einem "Gedenktag" anläßlich der "Einrichtung russischer KZ's durch Lenin" auf (FR, 3.9.74). Merke: Keine Lüge und Entstellung ist zu unqualifiziert, um nicht durch gezielte Pressearbeit damit seinen Bekanntheitsgrad zu steigern!

Die GfM gibt alle 2 Monate eine Zeitung heraus. Anfang 1975 noch hektografiert und ausschließlich über die UdSSR, DDR etc. Schwerpunkt soll die Veröffentlichung der sogenannten "Samisdat" sein, offiziell in der UdSSR nicht veröffentlichter Untergrundschriften, Briefe etc.

Interessant ist die Quellenangabe für eine Reihe dieser Veröffentlichungen der GfM: "Possev", die NTS-Zeitung aus dem Possev-Verlag des GfM'lers Michael Gorachek, früher von dessen Vater Vladimir. Z.b. Sacharow-Erklärungen und Aufzeichnungen eines Gesprächs mit dem KGB, die lediglich durch "Possev" 1/75 und "Possev" 9/74 verifiziert werden. Im Mai 1975 wird diese Zeitung ("Dokumente") von der GfM zusammen mit "Glaube in der 2. Welt" herausgegeben. Die inhaltlichen Schwerpunkte bleiben gleich – UdSSR, Warschauer-Pakt-Staaten -, zu den Berichten und Erklärungen der "Bürgerrechtler" kommen nun noch häufiger die der "verfolgten Priester".

Im November 1977 beenden GfM und "Glaube in der 2. Welt" ihre Zusammenarbeit und geben ihre Informationen wieder getrennt heraus. Die GfM unter dem Namen "Menschenrechte-Schicksale-Dokumente", redigiert von C. Gerstenmaier, I. Agrusow und Christof Hyla.

Im Dezember 1975 erscheint über Geschichte und Machenschaften der GfM ein ausführlicher Artikel des deutsch-amerikanischen Publizisten Norman Wiener in den "Blätter für deutsche und internationale Politik" 12/75. Hier einige Auszüge:

Um das wachsende Mißtrauen in der Bundesrepublik und in der internationalen Öffentlichkeit gegen die Machenschaften des NTS zu verschleiern, gründete die NTS die äußerlich nicht mit ihm in Zusammenhang zu bringenden Organisationen "Deutsch-russische Gesellschaft", "Deutsche Gesellschaft zum Studium Rußlands und schließlich die "Gesellschaft für Menschenrechte". Deren erste Anschrift war, wie gesagt, mit der des NTS identisch. Seit 1974 hat sie ihren Sitz in Frankfurt, Bockenheimer Anlagen 12.

1973 wurden die von der "Gesellschaft für Menschenrechte" ursprünglich auf die Sowjetunion konzentrierten Angriffe vor allem auch auf die DDR ausgeweitet. Das war just zu dem Zeitpunkt, als die Tochter des ehemaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier, Cornelia Gerstenmaier, den Vorsitz der etwa 500 Mitglieder zählenden Gesellschaft übernahm.

Die Einmischungsversuche in die inneren Angelegenheiten der sozialistischen Staaten nahmen zu. Bei diesem Propagandarummel wurde die Zusammenarbeit mit anderen, extrem rechts und in Opposition zur Politik der Bundesregierung stehenden Organisationen und Emigrantenkreisen (z.B. zur Zeitschrift "Kontinent" und deren Herausgeber Maximow) gesucht und gefunden. Wie werden im weiteren noch einmal darauf zurückkommen.

Die "Gesellschaft für Menschenrechte" versucht über V-Leute und Tarnadressen direkten Kontakt mit solchen Personen zu halten, die sich z.B. um eine Übersiedlung nach der Bundesrepublik bemühen, "rechtlich verfolgt" werden usw. Sie erteilt entsprechende Instruktionen, an welche Staatsorgane der betreffenden Länder diesbezügliche Anträge zu stellen sind, mit welchen Mitteln gegebenenfalls Druck auf diese Organe ausgeübt werden kann und welche Demonstrativverhandlungen besonders öffentlich wirksam sein könnten. Es erscheint keinesfalls unlogisch, daß die "Gesellschaft" direkte Anleitung und Unterstützung bei diesen konspirativen Aktionen neben dem NTS auch von westlichen Geheimdiensten erhält. Mit ihren eigenen relativ bescheidenen finanziellen Mitteln (Mitgliederbeitrag ca. 4,- DM) könnten Aktionen Eines solchen Umfangs kaum realisiert werden.

Vor ca. einem Jahr sorgte Cornelia Gerstenmaier für Aufsehen, als sie vor dem Kulturkreis im "Bundesverband der Deutschen Industrie" (BDI) in Landshut/ Niederbayern vor 500 Mitgliedern und Gästen einen Vortrag zum Thema "Die Samisdat-Schriftsteller und die Frage der Menschenrechte in der Sowjetunion" hielt, der dem "Münchner Merkur" zu der Frage veranlaßte, ob damit den Industriellen ins Osthandelsgewissen geredet werden sollte, um ihnen möglicherweise die dringend benötigten Ostmärkte zu vermiesen!

Der Geschäftsführer der Gesellschaft, Iwan Agrusow, ist NTS-Funktionär und gehört dem sogenannten "geschlossenen Sektor" des NTS an. Die angehörigen dieses Sektors leben nach dem klassischen konspirativen System, indem sie sich hinter gefälschten Namen verbergen, untereinander mit chiffrierten Meldungen korrespondieren und getarnte persönliche Dokumente gebrauchen. Man weiß auch, daß sich dieser Sektor speziell mit Terror- und Spionageakten beschäftigt, gerichtet gegen die sozialistischen Staaten, und zu diesem Zwecke intensiven Kontakt zu in- und ausländischen Geheimdiensten pflegt.

In der "Gesellschaft für Menschenrechte" arbeiten weiterhin die NTS-Aktivisten Artjemow (Vorsitzender des Rates des NTS), Goratschek (verantwortlicher Verleger von "Possew"). Gleb Rahr (Mitglied des Redaktionskollegiums von "Possew"). Slawinski Tregubow, Kowatew u.a. mit ihnen allen ist gemeinsam, daß sie aktive Verbindungen zu westlichen Geheimdiensten besitzen und es glänzend verstehen, die "Gesellschaft für Menschenrechte" auf Geheiß ihrer Auftraggeber für Aktionen gegen die Entspannung auszunutzen.

Nicht unbedingt zu Mitgliedern, aber zu engen Vertrauten ihrer Gesellschaft zählt Cornelia Gerstenmaier eine Reihe von Dissidenten. An ihrer Spitze Maximow, Pachmann und Sacharow (letzterer gründete 1970 in der UdSSR das sogenannte "Komitee für Menschenrechte", eine Untergrundorganisation, die es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht hat, die "verfolgten und unterdrückten, regimefeindlichen Kräfte" in der Sowjetunion zu unterstützen. Zu diesem Komitee bestehen enge Verbindungen der "Gesellschaft für Menschenrechte", die vor allem ihren Niederschlag in sogenannten konzentrierten Aktionen finden.

Maximow und vor allem Pachmann nehmen aktiv an den entspannungsfeindlichen Aktionen der "Gesellschaft für Menschenrechte" teil. So trat z.B. Pachmann auf einer am 8. Mai 1975 durchgeführten provokatorischen Demonstration vor der DDR-Vertretung in Bonn als Redner auf und verlangte die Freiheit für seine "Gesinnungsgenossen" in allen sozialistischen Ländern.

Bei der Betrachtung aller dieser Machenschaften der "Gesellschaft für Menschenrechten" - unbeanstandet und teilweise gefördert von der Bundesregierung – erhebt sich, insbesondere nach Abschluß der KSZE und der Unterzeichnung ihrer Prinzipien auch durch die BRD, letztlich die Frage wie ernst es die Bundesregierung mit ihren weltweit verkündeten Entspannungsbemühungen nimmt. Gerade nach Abschluß der Sicherheitskonferenz in Helsinki und den auch von der Bundesrepublik gutgeheißenen Prinzipien und Dokumenten fällt es schwer, an derartige Bemühungen zu glauben, solange Vereinigungen wie die "Gesellschaft für Menschenrechte" ihr antikommunistisches Unwesen treiben dürfen.

Norman R. Wiener


1976 taucht die GfM mit ihrem Bemühungen um Mihajlo Mihajlov, der in Jugoslawien in Haft saß, inzwischen in den USA lebt und im Kuratorium der Gesellschaft sitzt, und mit der Bitte um Hilfe bei der Umsiedlung von "Rußlanddeutschen" in die BRD in der Presse auf (FR, 5.3./8.3./4.10.1976)

Im Januar 1977 lädt die GfM zu einer Podiumsdiskussion ein, auf der der inzwischen gegen Luis Corvalan ausgetauschte Wladimir Bukowski spricht (FR, 13.1.77). U.a. erklärt er die gesamte sowjetische Bevölkerung zu politischen Gefangenen.

Das Podium besetzen außer Cornelia Gerstenmaier, Gräfin Dönhoff (Die Zeit), Sigmar Faust und Prof. Lobkowisz (heute IGfM.Kuratorium) sowie Ex-Generalbundesanwalt Ludwig Martin (besonders kompetent in Fragen der Menschenrechte für politische Gefangene!) (Siehe unter Ehrenpräsident).

Im Dezember 1977 stellt die GfM Strafantrag wegen gefälschter Briefe mit ihrem Briefkopf, in denen behauptet wurde, die GfM würde sich mit Verletzungen der Menschenrechte in der BRD beschäftigen. Geschäftsführer Agrusow hebt hervor, daß sich die GfM vor allem mit den Bügerrechtsverletzungen in den "Ostblockländern" beschäftigt und daß die GfM die BRD sehr wohl als Rechtsstaat betrachtet.

Das Jahr 1978 fängt für die GfM nicht gut an. Sie holt sich im Januar einen Rüffel des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen, das klarstellen will, daß die Freilassung und Abschiebung von DDR-Häftlingen nicht durch die Propaganda der GfM, sondern gegen harte Devisen des Ministeriums erreicht wird (Freikaufpraxis) (FR, 27.1.78)

Wenig später spaltet sich eine Gruppe Westberliner GfM-Mitglieder ab und gründet einen eigenen Verein der parteipolitisch ungebunden sein soll.

Auf der Jahreshauptversammlung löst Prof. Hellmut Nitsche Cornelia Gerstenmaier im Vorsitz der Gesellschaft ab (FR, 1.3.78). Sie wird jetzt Chefredakteurin der russischen Exilzeitung "Kontinent", die "den Dialog zwischen jenen, die im Osten ausharren müssen, und denjenigen, die im Westen Zuflucht gefunden haben" ermöglichen soll (FAZ ,1.7.78). Hellmut Nitsche wurde am 26.8.77 aus der DDR abgeschoben und wegen seiner früheren SED-Mitgliedschaft und Vermutung über seine Rolle als Denunziant besteht Mißtrauen bei seinen GfM-Freunden. Er räumt es eifrig aus, malt Verfolgung und Haft aus. Sofort nach seiner Abschiebung in die BRD hatte er auch seine Unterstützung für das rechtsradikale Brüsewitzzentrum angekündigt, um sich der Lage der Christen in der DDR anzunehmen. (Mehr zu Nitsche siehe HTS und Kuratorium). Die Geschäftsführung der GfM bleibt weiterhin bei Agrusow ebenso wie die Kasse in den Händen des NTS'lers Leonid Müller bleibt, kontrolliert von Fr. Kowalew und M. Gorachek.

Ehrenmitglieder der Gesellschaft werden C. Gersenmaier, W. Bukowski und Mihajlo Mihajlov. Der Wirkungsraum für ihre antikommunistische Arbeit hat sich um Vietnam und Kambodscha erweitert.

Im April kündigt die GfM einen Schweige-Protestmarsch in Bonn gegen den Breschnew-Besuch an (FR, 7.4.78) Sie initiiert dafür die "Bürgeraktion für Menschenrechte", der sich folgende rechten bis rechtsradikalen Gruppen anschließen: u.a. Aktionskomitee für verfolgte Christen, Aktionskomitee Rußlanddeutsche, Berliner Arbeitsgemeinschaft 13. August, Brüsewitzzentrum, Bund der Vertriebenen, Hilfsaktion Märtyrerkirche, Paneuropa-Union, Verband der Deutschen im Ausland, Weltbund freier Letten etc. (FR, 21.4.78). Die Jungen Nationaldemokraten (NPD-Jugend) sagen, sie hätten sich mit den 400 JN'lern in Bonn beteiligt.

Im Sommer spaltet sich die Arbeitsgruppe Berlin der GfM ab. Streitpunkt ist hauptsächlich die Zusammenarbeit mit den Behörden )Gesamtdeutsches Ministerium), weil Agrusow nicht automatisch alle Übersiedlungsfälle meldet. Er will nur Haftfälle bekanntgeben, diese aber auf spektakuläre Art – hier will die AG Berlin lieber im Stillen wirken.

Ebenfalls im Sommer reist Felix Ermacora (heute Kuratorium der IGfM) in seiner Funktion als österreichischer Delegierter der UN-Menschenrechtsorganisation) nach Chile und beteuert vor der Presse extra seine Unparteilichkeit (es scheint also daran schon Zweifel zu geben) (FR, 4.7.78). Wie nicht anders zu erwarten bei einem GfM7IGfM-Nahestehenden verkündet er bei der Rückkehr, daß sich die Menschenrechtssituation in Chile "erheblich verbessert" habe, er habe in alles Einblick nehmen können (FR, 8.8.78)

Zu dieser Zeit erscheint auch eine Pressemeldung aus der DDR hier, in der sie die GfM als Spionageorganisation bezeichnet (FAZ, 29.7.78).

Auf der Jahreshauptversammlung 1979 (wie meist im Königsteiner Albert-Magnus Kolleg) wird R. Gnauck (heutiger Vorsitzender) zum Vorstandssprecher gewählt, ein "Arbeitsausschuß Deutsche in der UdSSR" gegründet (übrigens gibt es auch eine GfM-Gruppe "Freie Gewerkschaften" - aber natürlich nur für die UdSSR), es ging um Kontaktmöglichkeiten zur KSZE-Komission der US-Regierung und eine längere Diskussion über Erweiterung und Ausweitung der GfM-Arbeit, da sie ja an Größe und Gewicht zugenommen hat. Prof. Dr. Kriele (heute durch sein widerlegtes Hetzbuch über Nicaragua zu trauriger Berühmtheit gelangt), fordert, daß sich die GfM eine weitere Aufgabe in der Bekämpfung des Terrorismus stellen muß (den Bock zum Gärtner machen). Die ebenfalls auf der Jahreshauptversammlung 1979 gefaßte Aufruf zum Boykott der Olympischen Spiele in Moskau wird ein Jahr später von Wladimir Bukowski auf einer Podiumsdiskussion in Frankfurt vorgestellt (FR, 28.4.80).

Ansonsten meldet die Presse im September 1979 noch eine "Präsentation" der GfM. Präsentiert wird der Schachvize Victor Kortschoi, der sich 1976 in den Westen absetzte und u.a. von den einschlägig bekannten Schachgrößen Ludek Pachmann und Wolfgang Unzikher unterstützt wird (FR, 7.9.79).

Das folgende Jahr 1980 verläuft für die GfM pressenegativ. Sie muß ihre Behauptung über den Berliner (DDR) Anwalt Vogel in ihrer Publikation "Hilferufe von drüben" zurücknehmen, er sei ein Offizier des Staatssicherheitsdienstes (FR, 26.6.80)

Im Juli wird der 47jährige Aribert Freder, Mitglied der GfM und im bundesvorstand der "Vereinigung der Opfer des Stalinismus" unter Spionage- (für die DDR) und Mordverdacht verhaftet. Ermordet wurde Bernd Moldenhauer unter mysteriösen Umständen. Moldenhauer war in der rechtsextremen Vetriebenenszene Aktivist: Vorstandsmitglied im Studentischen Arbeitskreis Mitteldeutschland (SAM) (wie Heinzmann vom HTS /HTS ist korporatives Mitglied des SAM), Mitglied im Ostpolitischen Deutschen Studentenverband und Berliner Kontaktadresse für SAM/JES in der von diesen zusammen mit dem HTS herausgegebenen Zeitschrift "Signal", Mitglied im "Bund freier Berliner", in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus" und der GfM (Dt. Tagespost 22./23.8.80). Moldenhauer war wie Freder 1973 aus der DDR freigekauft worden. Die Behauptung des GfM-Vorstandes in Ffm., Freder wäre vor ½ Jahr ausgetreten, wird von Herbert Gericke aus der GfM-Arbeitsgruppe Westberlin dementiert: Erst nach seiner Verhaftung sein ein Ausschlußverfahren gegen Freder eingeleitet worden (FR, 25.7.80). Freder hatte auch Kontakt zu dem 53jährigen Schütt (oder Schitt), der im August 1980 in Berlin (DDR) vom Militärobergericht wegen Spionage zu lebenslanger Haft verurteilt wird und ebenfalls Mitglied der GfM war (FR, 20.8.80).

Über den Fall Freder verhängen die Westberliner Behörden eine dichte Nachrichtensperre, und ca. ein Jahr später wird Freder zu 10 Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt in einem Prozeß, wo er jede Aussage zur Sache verweigert (FR, 27.6.81).

Der nächste Skandal, in den die GfM verwickelt ist, folgt im August 1980. ZDF-Moderator Löwenthal bewirkt Sendeverbot für einen Beitrag im Magazin "Kennzeichen D" über eigenartige Begleiterscheinungen beim DDR-Häftlingsfreikauf und über die seltsamen Aktivitäten der Frankfurter GfM.
Der Spiegel vom 4.8. berichtet darüber. (..)

Im Februar 1981 findet wieder in Königstein die Jahreshautversammlung der GfM mit 134 Mitgliedern statt. Prof. Nitsche legt "aus beruflichen und zeitlichen Gründen" den Vorstandsvorsitz nieder und schlägt stattdessen den 1959 aus der DDR gekommenen Reinhard Gnauck vor, der auch gewählt wird. Die übrigen Postionen bleiben gleich (Agrusow (NTS'ler) – Geschäftsführer, Leonid Müller (NTS'ler) – Schatzmeister, Fr. Kowalek und Michael Goratchek (Possev) – Kassenprüfer). Ehrenvorsitzende werden Ludwig Martin und Andrej Sacharow. Ins Ehrenpräsidium kommen die sich um die GfM verdient gemachten Herren Hellmut Nitsche, Alexander Ginsburg, Felix Ermacora und Vladimir Skutina.

Aus der AG UdSSR berichtet Jurji Below (Verteilung von 120.000 Flugblättern, Informationsbeschaffung aus der UdSSR, Protestschreiben, Päckchen …), aus der AG DDR Dr. W. Rothenbächer (bearbeitet z.Zt. 13.000 Einzelfälle).

In der Diskussion wollen ein gewisse Herr von Glahn und der bekannte Ludek Pachmann, daß "der Kampf um Menschenrechte gleichzeitig auch ein Kampf um mehr Demokratie" sein soll und die GfM nicht nur humanitäre Arbeit leisten soll. Agrusow ist dagegen und will sich "der Propagierung politischer Ideen enthalten" (!). Ihm ist klar, daß die GfM mit ihrem "seriösen Ruf" auch ihre Bedeutung verlieren würde, und er als NTS'ler mit Geheimdienstkontakten weiß, daß für radikalere und über die Propaganda hinausgehende Destabilisierungspolitik andere zuständig sind. Diese kann man mit Informationen etc. unterstützen, aber der Charakter der GfM würde zu offensichtlich, würde sie selber praktisch-politisch oder subversiv tätig.

Bundesanwalt a.D. Martin Ludwig will schlichten und ein extra Gremium für diese Diskussion bilden. Herr Wetzel klagt über Einstellung von Löwenthals ZDF-Sendung "Hilferufe von drüben" im ZDF-Magazin, und dann beginnt die Diskussion über die Umwandlung der GfM in eine internationale Organisation (IgfM). In der Schweiz, Holland, Österreich und England z.B. wären die Voraussetzungen für Sektionsgründungen günstig. Für Pachmann ist die Situation "in der Tat reif" für die Internationalisierung; Gnauck betotn, daß nur Internationale Organisationen in der UNO Beobachterstatus bekommen können und dann werden die für die Umwandlung notwendigen Satzungsänderungen angenommen. Anschließen folgen Berichte über DDR, Afghanistan, Polen, UdSSR, Guinea, Vietnam, "Ostberlin", Kambodscha, Jugoslawien. Der Leiter der Tagungsstätte, die reaktionären Gesellschaften und Vertriebenenverbänden sehr verbunden ist, Prof. Braunstein, beendet den 1. Tagungstag mit einem Schlußwort. Am nächsten Tag folgen das Grußwort der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durch Walter Leisler-Kiep, Grüße von Kohl (als CDU-Vorsitzender) und dann Referate von z.B. Ermacora, Martin, Ginsburg und einem Herrn Fink vom Auswärtigen Amt. Löwenthal berichtet über die Auseinandersetzung um seine obscure Sendung "Hilferufe von drüben" und über die beharrliche Verweigerung einer Aussprache mit ihm darüber vom Bundesminister des Inneren, Egon Franke.

Die jetzt in IGfM umbenannte Gesellschaft ruft im August 1981 zur Sternfahrt und Mahnwache anläßlich 20-Jahre-Mauerbau auf – zusammen mit dem Brüsewitzzentrum und Löwenthal (FR, 6.8.81).

Im März 1982 feiert die IGfM ihr 10jähriges Bestehen mit einem Festvortrag von Martin Kriele in der alten Oper (Frankfurt/Main). Kriele vertritt vor der gleichzeitig als Jahreshauptversammlung dienenden Feier, daß "ein unpolitischer Pazifismus ohne den Mut zum Kampf für Menschenrechte den Frieden gefährde" (FR, 29.3.82) – da zeigt sich die Sorge wegen dem damaligen Erstarken der Friedensbewegung, und mit dem "Kampf um Menschenrechte" ist die antikommunistische Ideologie gemeint, die in der Friedensbewegung verankert werden soll.

Die Grußbotschaften der Parteien werden diesmal von Stücklen und Genscher überbracht. Die IGfM gibt an, 2.000 Mitglieder, AG's in 30 Städten, und über 20.000 "Helfer und Förderer" zu haben, in der Frankfurter zentrale aber nicht einmal 10 hauptamtliche Mitarbeiter zu beschäftigen. (Die Welt, 29.3.82). Die IGfM erhält inzwischen außer vom hessischen Kultusministerium und der Stadt Frankfurt auch öffentliche finanzielle Unterstützung von der "Stiftung zur Unterstützung der Menschenrechte" bei der EG. Gnauck berichtet, die Menschenrechtssituation habe sich "unter dem Scheinwerfer der Weltöffentlichkeit" z.B. in Chile und Südafrika verbessert, in der DDR und UdSSR, wo sie hierzulande ein Tabuthema seien (!), gäbe es Rückschläge. Deshalb legt die IGfM immer noch den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf den Osten, hat inzwischen aber auch Ausschüsse für Afrika, Lateinamerika, Persien (!), Türkei (Die Welt, 29.3.82).

Im Oktober unternimmt die IGfM eine Protestaktion vor der AEG-Zentrale in Ffm. Zu dem Thema "Handel ja – Sklavengas nein" (FR, 1.10.82). Die Tat vom 27.8.82 schreibt dazu:

Diese obskure Gesellschaft – von der noch im einzelnen die Rede sein wird – behauptet, daß "beim Bau der Gasleitung mindestens 10.000 Strafgefangene sowie mehrere zehntausende weitere Häftlinge im zwangsweisen Einsatz" seien. An den Bundeskanzler, die hieß es weiter, habe die IGfM einen offenen Brief gerichtet und "auf die moralische Fragwürdigkeit des Erdgas-Röhren-Geschäftes hingewiesen". Der Brief bleib bislang, mit Recht, unbeantwortet. "Bleibt wohl nur die Hoffnung", so IGfM, "daß Abgeordnete des Deutschen Bundestages die Initiative ergreifen und eine Resolution des Parlaments herbeiführen, in der es wenigstens die Solidarität mit den ausgebeuteten Zwangsarbeitern … zum Ausdruck zu bringen gelte."

Die Behauptungen der IGfM wurden – obwohl sie von der Sowjetunion bereits eindeutig zurückgewiesen worden sind – von CDU/CSU-Politikern, Revanchisten und Neonazis in der Bundesrepublik gierig aufgegriffen, um die Bundesregierung und die am Erdgas-Röhren-Geschäft beteiligten Firmen unter Druck zu setzen. Aber nicht nur hier, auch in Frankreich und in anderen westeuropäischen Ländern wurden die Behauptungen der IGfM, ohne deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, dazu benutzt, antisowjetische Hetzpropaganda zu betreiben, und ohne Rücksicht auf die politischen und wirtschaftlichen Folgen, die Regierungen aufgefordert, das Erdgas-Röhren-Geschäft zu annulieren.

Wer die Behauptungen der IGfM anzweifelt, wird "gerügt". So erging es z.B. den sicher nicht prosowjetischen Generalsekretär der bundesdeutschen Sektion von "Amnesty International", Helmut Frenz hatte im "Deutschlandfunk" in einem Interview festgestellt, seine Organisation besitze keine konkreten Angaben darüber, daß politische Gefangene beim Pipeline-Bau der Erdgasleitung in der Sowjetunion als Arbeitssklaven mißbraucht würden. Frenz hätte sich, schrieben daraufhin einige Revanchistenblätter, "bevor der Deutschlandfunk ihn zum Interview bat, mit Leichtigkeit bei der IGfM und ähnlichen Organisationen informieren" sollen.

Eine nähere Betrachtung jener Personen, die in der IGfM das Sagen haben, fördert zweifellos die Erkenntnis über die Seriosität ihrer jüngsten Behauptungen und darüber, was es für Kräfte sind, die der Reaganschen entspannungsfeindlichen Embargo-Politik Schützenhilfe leisten.

Seit Beginn der Tätigkeit von GfM flossen offensichtlich reichlich Mittel. Das beweisen neben den angemieteten Büroräumen die zahlreichen Publikationen, aufwendige Reisen usw. Während der KSZE-Tagung in Madrid unterhielt dort die GfM monatelang ein eigenes Büro.

Beitragszahlende Mitglieder hatte die GfM über Jahre hin kaum200, darunter über die Hälfte Jugendliche. Neuerdings behauptet die IGfM, "knapp 2.000 Mitglieder zu haben. Wie die "Frankfurter Allgemeine" vom 10.12.1981 mitteilte, wird die IGfM auch vom hessischen Kultusministerium und von der Stadt Frankfurt gefördert. Interessant dürfte es sein, zu erfahren, ob und welche Finanzmittel der militant antisowjetischen Organisation in Anbetracht der Beziehungen Agrusows zur CIA aus US-Quellen zufließen.

Allein die Zusammensetzung der Führungskräfte der IGfM sollte Anlaß sein, deren Aktivitäten und Behauptungen mit äußerster Skepsis zu beobachten. Die Unionsparteien tun dies nicht. Ohne Rücksicht auf die Gefährdung Tausender Arbeitsplätze, ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit der BRD als Geschäftspartner benutzen sie die Behauptungen aus der entspannungsfeindlichen antisowjetischen Frankfurter Giftküche der IGfM, um von Reagan gute Noten zu erhalten.

Georg Herde


An der Aktion beteiligen sich die aus der UdSSR abgeschobenen Julia Vossnessenskaja und Jurij Beolw. Letzterer kam 1980 in die BRD (Berufsangabe "Journalist – wie auch bei den meisten NTS-Funktionären) und arbeitet (wohl hauptamtlich) für die IGfM; jedenfalls erklärt er gegenüber der FAZ vom 3.3.86, daß er den Wechsel in die BRD gut verkraftet habe, weil ihn die IGfM-Arbeit von Anfang an total in Anspruch genommen hat.

Interessant an der Aktion ist, daί die beiden und IGfM-Vorsitzender Gnauck vom AEG-Vorstand zu einem einstündigen Gespräch empfangen wurden (FR, 1.10.82) (natürlich tritt der AEG-Vorstand nicht von dem einträglichen Geschäft zurück – aber vielleicht kann man ja spendenmäßig-finanziell etwas für die IGfM tun?). Normalerweise ist es bei der AEG so wenig wie bei anderen Firmen üblich, jeden Flugblattverteiler zum Vorstandsgespräch einzuladen – da müssen schon besondere Beziehungen und Interessenlagen da sein!

Im November berichtet die DDR-Nachrichtenagentur anläßlich eines Prozesses gegen den Türken Enol Sudan, wohnhaft Westberlin, Mitglied der türkischen faschistischen "Grauen Wölfe", über dessen Aussagen über Herbert Gericke. Gericke ist aktives Mitglied der IGfM und Sprecher deren AG Westberlin, außerdem aktives Mitglied der "Arbeitsgemeinschaft 13. August" und im Landesverband Westberlin von "Der Stahlhelm". Nach den DDR-Angaben hat er Exklusivverträge mit dem Springerkonzern abgeschlossen für die Berichterstattung über sensationelle Terroraktionen gegen die DDR (FR, 2.11.82)

Die nächste Jahreshauptversammlung der IGfM findet im März 1983 im Dominikanerkloster in Frankfurt statt. Dort wird sie endgültig mit einem internationalen Präsidium (repräsentiert den Dachverband) als internationale "Hilfsorganisation" konstituiert. Die deutsche Gründerorganisation ist jetzt eine der 6 nationalen Sektionen, Präsident der internationalen IGfM wird Gnauck, Vizepräsident Pivert (Frankreich), Gutzwiller (Schweiz) und Padukov (USA). Generalsekretär: Agrusow; Sitz des internationalen Präsidiums bleibt Frankfurt (FAZ, 16.3.83).

Bei den inhaltlichen Schwerpunkten fällt u.a. auf: Mitten im Terror der faschistischen Junta in der Türkei ist das Hauptproblem für die IGfM die Bedrohung der christlichen Minderheit durch Muslims in der Türkei! Und das bei Folter, Mord und Hinrichtungen durch die Junta und dem versuchten Völkermord an den Kurden!

Im Juli 1983 marschiert eine Gruppe IGfM'ler von Travemünde immer der DDR-Grenze entlang nach München, wo sie am 17. Juli eine nationalistische Kundgebung abhalten wollen. Führer der Marschierer ist Edmund Hulsz (FR, 2.7.83). Was die 17.-Juli-Feier bezweckte schildert folgender Leserbrief (FR, 15.7.83):

Friedensfreunde?

Bei der im Artikel "Friedensfreunde mit Fahnen und Flugblättern", FR vom 7.7. beschriebenen Gruppe der sogenannten "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGfM), die mit Fahnen und Flugblättern und "deutschem Gruß" an der "Ostgrenze der Bundesrepublik Deutschland" entlang zur bayrischen Landeshauptstadt marschiert, handelt es sich um alles andere als um "Friedensfreunde". Die IGfM ist vielmehr eine erzkonservative Vereinigung, deren Hauptarbeit darin besteht, den Antikommunismus anzuheizen, um die zum Frieden notwendige Entspannungspolitik zu beseitigen und den Revanchisten und Nationalisten den Weg zu ebnen (auch wenn Herr Kohl das Vorhandensein revanchistischer Bestrebungen in diesem unseren Lande bei seinem Besuch in der Sowjetunion verleugnet).

Am 17. Juni ff. in West-Berlin zeigte sich der Charakter der IGfM, die dort mit anderen Gruppierungen aus der Grauzone zwischen Konservativen und Faschisten (eigens aus der BRD in polizeigeschützten Bussen herankutschiert) Stimmungsmache durch provokative Aktionen betrieb. Neben nationalistischen Kundgebungen eingerahmt von schwarz-rot-gelben Flaggen und einem Fackelumzu in Wedding "an der Mauer" in der Atmosphäre der Bücherverbrennungen 1933 waren noch Aktionen gegen die Hausbesetzer und Ausländer in Kreuzberg sowie Besetzungen der sowjetischen Einrichtungen geplant, die zum Teil aufgrund antifaschistischen Massenwiderstands nicht durchgezogen werden konnten.
(…)
Claudia Sternberg, Kiel


IGfM-Vorstandssprecher Jörn Ziegler versucht die Vorwürfe zu widerlegen mit dem Hinweis, auch Carlo Ripa de Meana, außenpolitischer Sprecher der italienischen Sozialisten, sei im IGfM-Kuratorium, deshalb könne die IGfM nur seriös sein (Ein Argument, das nur gegen Ripa de Meana, aber nicht für die IGfM spricht) (FR; 8.8.83).

Ansonsten will die IGfM 1983 zusammen mit der "Arbeitsgemeinschaft 13. August" als "Initiative Sacharow" aktiv werden, sie empfängt 2 chilenische Gewerkschafter, die über die Entwicklung in Richtung "Rückkehr zur Demokratie" in Chile berichten, und verteilt Flugblätter gegen den Einmarsch in Afghanistan.

1984 ist für die IGfM hauptsächlich bestimmt vom bevorstehenden Honecker-Besuch in der BRD.
Der Spiegel berichtete darüber: (..)

Der genannte Edhard Göhl ist auch Mitglied der "Vereinigung der Opfer des Stalinismus", im HTS und für die IGfM zusammen mit Wulf Rothenbächer Leiter der AG DDR. Ende 1984 mischt sich die IGfM sehr zum Mißfallen des Auswärtigen Amtes massiv in die Besetzungsaffäre der 155 DDR'ler in der Prager Botschaft der BRD ein. (FR, 5.11.84). Anfang 1985 gründet die deutsche IgfM-Sektion eine neue Arbeitsgruppe in Offenbach (FR, 29.1.85). Auf der Gründungsveranstaltung traten 15 Leute (meist Aktive aus der Schüler-Union) bei. Vorsitzender der AG wird Kurt Bansemir, Stellvertreter Marc Albrecht, Kassierer Stefanie Keller. Die Ziele der AG sind neben der üblichen Information über Menschenrechtsverletzungen im "Ostblock" und DDR-Patenschaften ein symbolischer Mauerbau in Offenbach zum 13.8.85 und verstärkte Aktivitäten an den Schulen gegen die SDAJ und gegen "die politische Einseitigkeit der Lehrer". Jörn Ziegler , Vorstandssprecher der IGfM, zur Zusammenarbeit mit den Parteien: Mit den Jusos kann er sich gar nicht vorstellen ("Die sammeln ja für Waffen nach Nicaragua"), die besten Erfahrungen habe man mit der CDU, aber auch mit einigen Grünen Bundestagsabgeordneten (!) gemacht! (FR, 29.1.85)

Auf der Jahreshauptversammlung 1985 der IGfM in Königstein werden zum ersten Mal Beobachter von 6 diplomatischen Vertretungen in der BRD entsandt, darunter von den USA, Belgien, Niederlanden, Griechenland und Zimbabwe (Die Welt).

Im März 1985 bringt die FAZ einen Bericht über Eingliederungsschwierigkeiten von Emigranten aus der UdSSR. Darin wird erwähnt, daί Michael Goratcheck (Gründungsmitglied der GfM/IGfM, Leiter des "Possev"-Verlages) Kirchenältester der Frankfurter russisch-orthodoxen Gemeinde ist (FAZ, 3.385). Die Flüchtlingswelle am Ende des 2. Weltkrieges beruht für ihn aus der Angst vor der Roten Armee – aber kein Wort über die Nazi-Kollaboration vieler "Flüchtender" (gerade aus dem NTS, nicht umsonst wird Agrusow in der UdSSR al Krimineller gesucht !) und der daher rührenden berechtigten Angst vor der Roten Armee!

Auch Juij Below kommt zu Wort, er hat sich hier schnell eingelebt, weil ihn seine Arbeit für die IGfM total in Anspruch nimmt. Eine andere Spätaussiedlerin schildert ihre Erfahrungen über das großartige Warenangebot im Kapitalismus: "Am Anfang hätte ich nur heulen können, als ich das ganze Obst und Gemüse sah". Naja.

Auch Jurij Below trägt noch eine spezifische Schwierigkeit bei: "Die neue Sprache wird zum Hindernis, weil in der Sowjetunion nur wenig Fremdsprachenunterricht erteilt wird." Wer schon mal in der UdSSR war, kann darüber nur lachen, aber vielleicht sollte das ein Ansporn für die IGfM sein, qualifizierteren Sprachunterricht für ausländische Arbeitsemigranten und Asylsuchende zu fordern.

(..)

Arbeitskreis Nicaragua:
"Propagandisten des Krieges -Hintermänner der Contra:
"Internationale Gesellschaft für Menschenrechte"

Edition Nahua, 1987


siehe auch:

IGfM - Internationale Gesellschaft für Menschenrechte

Der Fall (I)GFM
Von Agenten und angeblichen Menschenrechten

Seit 1977 beschäftigt sich die "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte – IGFM" im Rahmen ihres "Kuba-Arbeitskreises" auch mit der Situation in Kuba.

Der Fall (I)GFM