17. Mai – ein Datum, das das Leben der Bauern Kubas veränderte
Dass der kubanische Kleinbauernverband (ANAP) seinen 55. Jahrestag an einem 17. Mai begeht, ist kein Zufall. Die Gründung der ANAP ist nur eines von drei Ereignissen, die an einem 17. Mai stattfanden und das Leben der Bauern Kubas entscheidend prägten.
Der erste historische 17. Mai in der Geschichte Kubas war der des Jahres 1946. An jenem Tag wurde Niceto Pérez García ermordet. Er bearbeitete eine kleine Fläche Ackerlandes in El Vínculo in der Provinz Guantanamo, das sich in Staatsbesitz befand. Das Land reichte gerade aus, um ihn, seine Frau und seine fünf Kinder zu ernähren. Aber der Großgrundbesitzer Lino Mancebo Rosell wollte sich Nicetos Land und das anderer Bauern aneignen und es war ihm bereits gelungen, einige Bauern zu vertreiben. Niceto Pérez wollte sich aber von den Drohungen Mancebos nicht einschüchtern lassen und setzte ihnen zusammen mit anderen Bauern, die mit ihm dem Bauernverband von El Vínculo angehörten, Widerstand entgegen. Auch als der Großgrundbesitzer mit zwei Beamten der gefürchteten Landpolizei erschien, war Nicetos Antwort: "Wenn ihr mir mein Land wegnehmen wollt, müsst ihr mich erst umbringen." Am 17. Mai 1946, als Niceto und einer seiner minderjährigen Söhne gerade beim Unkrautjäten waren, stand plötzlich Lino Mancebo in Begleitung zweier Landpolizisten vor ihm und schoss ihm indie Brust. Kurze Zeit später starb Niceto. Sein Tod führtedazu, dass die Kämpfe der Bauern zur Verteidigung ihres Grund und Bodens im ganzen Land zunahmen. Niceto Pérez hätte es sich damals sicher nicht träumen lassen, dass sein Kampf für die Rechte der Bauern nicht vergessen würde und das Datum seines Todestags ausgewählt werden sollte, um die endgültige Befreiung der kubanischen Bauern zu besiegeln.
13 Jahre später, am 17. Mai 1959, unterschrieb der Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz in La Plata das erste Gesetz zur Agrarreform, das dem Großgrundbesitz in Kuba ein Ende machte. Damals erhielten über hunderttausend Familien das Land, das sie bearbeiteten. Den ersten Eigentumstitel für die Bäuerin Engracia Blet in Baracoa in der Provinz Guatanamo unterschrieb der Revolutionsführer selbst.
Die Zeiten der Zwangsvertreibungen, Demütigungen und Drohungen waren ein für allemal vorbei.
An diesem 17. Mai 1959 wurde nicht nur Niceto Pérez gedacht sondern auch der Tausenden kubanischer Bauern, die der Revolution alles gaben, was sie hatten, manchmal sogar ihr Leben.
Zwei Jahre später, am 17. Mai 1961, wurde der Nationale Kleinbauernverband ANAP gegründet. Er vertritt die Interessen seiner über 378.000 Mitglieder und deren Familien.
In der Allgemeinen Verordnung der ANAP heißt es, dass sie "durch den Willen und die Entscheidung der kubanischen Bauern die Massenorganisation der Genossenschaftsmitglieder,Bauern und ihrer Familien ist". Ihre wirtschaftlichen und sozialen Interessen sind auf die harmonischen Entwicklung der Landwirtschaft beim Aufbau des Sozialismus und die Erfüllung der Ziele der Agrarpolitik der Revolution ausgerichtet.
Die Kleinbauern Kubas haben nie vergessen, was sie der Revolution verdanken.
In Übereinstimmung mit der Aktualisierung des Wirtschaftsmodells konzentrieren sich die Anstrengungen der ANAP darauf, die Importe von Lebensmitteln drastisch zu reduzieren. Die in ihr vertretenen Kleinbauern und die Bauern, die in Kooperativen arbeiten, bewirtschaften 40 % des kultivierbaren Landes und liefern etwa 70 % der Knollenfrüchte und des Gemüses. Damit immer mehr Nahrungsmittel produziert werden können und immer weniger eingeführt werden müssen, verstärkt die Organisation jetzt ihre Struktur. Während der Verband bis jetzt nur auf Kreisebene tätig war, bildet er jetzt Delegationen an der Basis, um dort direkt vor Ort wirken zu können.
In den letzten Jahren hat sich die Mitgliederzahl der ANAP dadurch erhöht, dass 160.000 Personen Land zur Bestellung übergeben wurde. Ein Problem ist allerdings der Exodus der Jugend in die Städte. Der Verband hat nur 30.000 jugendliche Mitglieder, was einen Anteil von 7,8 % ausmacht.
Aber auch der eifrigste Bauer beackert sein Land nicht 24 Stunden am Tag. Deshalb sieht die ANAP als eine ihrer Aufgaben auch, die Traditionen und die Kultur der Landbevölkerung Kubas zu erhalten und zu entwickeln. In allen ländlichen Gemeinden Kubas gibt es Changüies und Parrandas, Feste, die von den wichtigsten Kulturinstitutionen des Landes unterstützt werden.
Die Verbreitung der Kultur der ländlichen Gebiete Kubas findet sogar jede Woche im Fernsehen zur besten Sendezeit statt. Jeden Sonntag von 19.00 bis 20.00 Uhr läuft über Cubavisión der "Guateque de Cuba". Hier werden unter Federführung der ANAP Musikgruppen und Repentisten vorgestellt, die sich verschiedene Arten von Wettbewerben liefern. Da dieser "Guateque" jeweils an einem anderen Ort stattfindet, haben alle Gemeinden die Möglichkeit, irgendwann einmal ihr Können zu zeigen, das aber immer Fernsehansprüchen genügen muss. Besonders beliebt bei der kubanischen Landbevölkerung scheinen die Mariachis zu sein. Eigentlich aus Mexiko stammend, scheint es in Kuba keine ländliche Gemeinde zu geben, die nicht ihre mit auserlesenen Kostümen und breiten Hüten ausgestattete Mariachi Gruppe hat. Ansonsten aber ist der Guateque durch und durch kubanisch und zum 55. Jahrestag der ANAP gab es natürlich eine besondere Sendung.
Die eigentliche Feier zum 55. Jahrestag des kubanischen Kleinbauernverbandes fand jedoch in Santiago statt, das als beste Provinz ausgezeichnet wurde. In der zentralen Ansprache sagte der Vorsitzende der ANAP, Rafael Santiesteban Pozo, der auch Mitglied des Staatsrats ist, dass es heute 3.321 Basisorganisationen der ANAP gebe und 11.859 Mitglieder neu hinzugekommen seien. Er hob besonders die Arbeit der Jugendlichen und die der Brigaden des Frauenverbandes innerhalb der ANAP hervor.
Die große Herausforderung für die in der ANAP vertretenen Kleinbauern besteht jetzt darin, zum einen soviel zu produzieren, dass die Preise fallen und die Bevölkerung weniger für Nahrungsmittel ausgeben muss, und zum anderen zu erreichen, dass immer weniger eingeführt werden muss.
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Renate Fausten
Granma Internacional, Juni 2016