OSPAAAL:
50 Jahre, drei Kontinente, ein gemeinsames Ziel
Sie kamen von so weit auseinander liegenden Ländern wie Angola, Puerto Rico, Vietnam, Syrien, Nicaragua oder Indonesien, um in Havanna den Tag zu feiern, an dem vor genau 50 Jahren die Solidaritätsorganisation der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas (OSPAAAL) ins Leben gerufen wurde. Sie kamen aber auch, um sich an jenes historische Ereignis zu erinnern, bei dem vor 50 Jahren zum ersten Mal die Geschicke der drei Kontinente Afrika, Asien und Lateinamerika unter dem Prinzip der Solidarität und des Internationalismus miteinander vereint wurden.
VON OSPAA ZU OSPAAAL
Es war die Zeit, in der viele Länder Afrikas und Asiens im Begriff waren, sich vom Kolonialismus zu befreien und die Befreiungsbewegungen sich untereinander solidarisch unterstützten. Als im Februar 1963 in Tansania die Dritte Solidaritätskonfererenz der Afroasiatischen Völker (OSPAA) stattfand, machte der in Afrika und im mittleren Osten angesehene Kämpfer für die Unabhängigkeit Marokkos El Mehid Ben Barka den Vorschlag, in Kuba eine Konferenz der drei Kontinente abzuhalten. Damit wollte er die Bewegungen, die in Afrika, Asien und Lateinamerika gegen die Kolonisierung und gegen den Imperialismus kämpften, miteinander vereinen. Bei der Vierten OSPAA Konferenz in Ghana 1965 wurde dann definitiv beschlossen, die erste Solidaritätskonferenz der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas im darauffolgenden Jahr in Havanna abzuhalten. Als Präsident des Vorbereitungskomitees für diese Erste Trikontinentale Konferenz besuchte Ben Barka im gleichen Jahr Kuba, wo er unter anderem mit dem Comandante en Jefe Fidel Castro zusammentraf. Er war sich der transzendentalen Bedeutung dieses Ereignisses bewusst und sagte: "Das Treffen der antiimperialistischen Organisationen in Havanna ist ein historisches Ereignis, weil es in einer Aktion der gemeinsamen Übereinkunft und Solidarität die zwei zeitgenössischen Strömungen der Weltrevolution vereint, nämlich die sozialistische Oktoberrevolution und den nationalen Befreiungskampf in den Ländern der Dritten Welt, weil dieses Treffen hier in Kuba ist, wo beide Revolutionen stattfinden, und weil es Lateinamerika als Bühne hat, das Zentrum des Kampfes gegen den Neokolonialismus, dem neuen Gesicht des Kolonialismus ..."
Einen Monat nach seinem Kubabesuch, als die Vorbereitung für die Konferenz in vollem Gange waren, wurde El Mehdi Ben Barka mitten in Paris entführt, brutal gefoltert und schließlich ermordet. Die Urheber dieses Verbrechens waren schnell beweiskräftig und zweifelsfrei ermittelt, aber die Tat ist bis heute ungesühnt. Ben Barka war das Opfer einer Verschwörung zwischen dem Innenministerium Marokkos, dem israelischen Mossad und der CIA in Komplizenschaft mit französischen Geheimdiensten.
Die Entführung und Ermordung Ben Barkas war ein schwerer Schlag für alle Befreiungsbewegungen und sie beeinträchtigte auch die Vorbereitungen der Trikontinentalen Konferenz, die mit diesem Akt der Gewalt sabotiert werden sollte.
Aber das schreckliche Attentat an diesem antiimperialistischen Führer, dessen Leichnam nach Rabat gebracht wurde, wo man ihn in Säure auflöste, damit man ihn nicht mehr finden konnte, vermochte die Konferenz nicht zu verhindern. Auch die Drohungen gegen das Leben anderer revolutionärer Führer, die dauerhafte Überwachung derer, die sich anschickten, nach Havanna zu reisen, und die Repressionen gegen sie, die hysterische Reaktion der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die unzähligen Hindernisse, die der Imperialismus und die kolonialen Metropolis in den Weg legten, schafften es nicht zu verhindern, dass die Erste Trikontentale Konferenz im Januar 1966 in Havanna stattfand.
AUS OSPAA WIRD OSPAAAL
Comandante en Jefe Fidel Castro hielt am 15. Januar 1966 die Schlussansprache der Ersten Trikontinentalen Konferenz |
Hunderte von Führern revolutionärer, politischer und sozialer Organisationen kamen nach Havanna, um vom 3. bis zum 15. Januar an der historischen Ersten Trikontinentalen Konferenz teilzunehmen. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. Salvador Allende aus Chile, Amilcar Cabral von den Kapverdischen Inseln, Luis Augusto Turcios Lima aus Guatemala, Nguyen Van Tien aus Vietnam und Rodney Arismendi aus Uruguay.
Die Konferenz hatte die Kämpfe zur nationalen Befreiung und die Konsolidierung der Unabhängigkeit und nationalen Souveränität, das Recht auf Selbstbestimmung der Völker, die Unterstützung der gerechten Sache Kubas gegen den US-Imperialismus, den Kampf gegen Apartheid und rassische Segregation und für Abrüstung und Weltfrieden auf der Tagesordnung.
Im Rahmen des Treffens konstituierte sich die Solidaritätsorganisation der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.
"Dies ist ein großer Sieg der revolutionären Bewegung gewesen. Noch nie zuvor gab es ein Treffen solcher Breite und solcher Größe, bei dem die revolutionären Vertretungen der 82 Völker zusammenkamen, um Probleme gemeinsamen Interesses zu diskutieren", sagte der Comandante en Jefe Fidel Castro bei der Abschlussveranstaltung.
Was auch heute noch jeder sofort mit OSPAAAL in Verbindung bringt, ist die Botschaft, die Ernesto Che Guevara über diese Organisation an die Völker der Welt richtete. Che verfasste seine Botschaft an die Tricontentale schon im Jahr 1966 und befand sich, als sie bekannt wurde, bereits in Bolivien, ohne dass die Welt davon Kenntnis hatte.
"Jede unserer Handlungen ist ein Kriegsschrei gegen den Imperialismus und ein Aufruf an die Einheit der Völker gegen den großen Feind der Menschheit: die Vereinigten Staaten von Nordamerika."
Che bezog sich damals vor allem auf Vietnam und die Dominikanische Republik, wo US-Invasionen stattfanden, aber auch auf Länder wie Guatemala, Kolumbien, Venezuela und Bolivien, wo sich ebenfalls die berüchtigten "Green Berets" befanden, um die Befreiungsbewegungen, wo immer sie entstanden, zu unterdrücken. Seine Botschaft fasste das angestrebte Ziel zusammen (...) Zerstörung des Imperialismus durch die Beseitigung seines stärksten Bollwerks: der imperialistischen Herrschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Als Taktik, um dieses Ziel zu erreichen, sei die allmähliche Befreiung der Völker, eines nach dem anderen oder gruppenweise, anzustreben, um dadurch den Feind zu einem schwierigen Kampf außerhalb seines Territoriums zu veranlassen, wenn die abhängigen Gebiete, die ihm zur Versorgung und Unterstützung dienten, für ihn nicht mehr verfügbar seien.
Die Botschaft hat auch heute nichts an Aktualität verloren, sogar jene Länder, in denen der US-Imperialismus besonders aktiv ist, sind teilweise die gleichen geblieben, andere sind hinzugekommen.
Am 16. April 1967 machte OSPAAAL diese Botschaft des Che in einer Sonderausgabe bekannt, in der gleichzeitig die Herausgabe der auf der Konferenz in Havanna beschlossenen Zeitschrift Tricontinental angekündigt wurde, die bis heute existiert.
Auch unsere Zeitung Granma Internacional geht auf diese erste Solidaritätskonferenz der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zurück. Während der ganzen Konferenz veröffentlichte nämlich die kurz zuvor gegründete Kommunistische Partei Kubas täglich eine spanische, eine englische und eine französische Ausgabe, was bei den Delegierten allseits auf großen Zuspruch stieß. Aus diesem Grund beschloss man, jede Woche eine Zeitung in diesen drei Sprachen herauszugeben, die die herausragenden Berichte und Reportagen der Tagesezeitung Granma enthalten sollte. Später kamen noch Ausgaben in portugiesischer, deutscher und italienischer Sprache hinzu.
OSPAAAL HEUTE
Am 15. Januar 2016 kamen im Saal der Solidarität im Hotel Habana Libre, demselben Ort, an dem vor 50 Jahren die Erste Trikontinentale Konferenz stattgefunden hatte, die Delegierten aus den drei Kontinenten zusammen, um dieses Ereignisses zu gedenken. Auch wenn sich inzwischen einiges geändert hat, sind die Ideale der Freiheit, des Antikolonialismus und des Antiimperialismus die gleichen geblieben.
In den Jahren seines Bestehens hat sich OSPAAAL immer für die Befreiung Puerto Ricos und die Freilassung von Oscar López Rivera eingesetzt, der, weil er für die Unabhängigkeit seines Landes kämpft, seit über 34 Jahren in den USA eingekerkert ist.
Sie hat sich für Argentiniens Forderung nach Souveränität über die Malvinen ausgesprochen, sich mit den revolutionären Bewegungen Mittelamerikas und ihrem Kampf gegen die grausamen Militärdiktaturen solidarisiert und für das Ende von ALCA gekämpft.
Die Vorsitzende von OSPAAAL, Lourdes Cervantes, hob in ihrer Ansprache noch einmal die Rolle Ben Barkas hervor, der fünf Jahrzehnte lang bei allen Erfolgen und Niederlagen präsent gewesen sei, "beim heroischen Sieg Vietnams gegen den Imperialismus, bei der Ausrottung der Apartheid und der Unabhängigkeit Namibias, bei der moralischen Stärkung des palästinensischen Volkes, das von der zionistischen Aggression nicht auf die Knie gezwungen wird, und beim Strom der lateinamerikanischen Emanzipation, der einen definitiven Aufschwung beim Sieg des unvergesslichen Präsidenten Hugo Chávez hatte".
Der kubanische Präsident Raúl Castro übermittelte den Teilnehmern des Treffens ein Schreiben, das vom Leiter der Abteilung für Internationale Beziehungen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas, José Ramón Balaguer, verlesen wurde. Darin heißt es: "Fünfzig Jahre sind vergangen, seit die Teilnehmer an der ersten Tricontinentalen Konferenz der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas übereingekommen waren, OSPAAAL zu schaffen. Zu diesem bedeutenden Anlass möchte ich meine Glückwünsche und die ständige Verpflichtung zugunsten der Einheit und Solidarität der progessiven Kräfte der Dritten Welt, die bei dieser Konferenz zusammenkommen, übermitteln. Eine feste Umarmung! Raúl Castro Ruz"
Für die Zukunft sieht die OSPAAAL Generalsekretärin Lourdes Cervantes eine Aufgabe verstärkt darin, Puerto Rico bei seinen Bestrebungen zur Unabhängigkeit, die Westsahara bei ihrem Kampf um Selbstbestimmung und Palästina bei der Gründung seines unabhängigen Staates zu unterstützen.
Lateinamerika und die Karibik mit der Bolivarischen Revolution Venezuelas an vorderster Front werden Priorität bei den zukünftigen Aktivitäten der OSPAAAL haben.
Auch in der Zukunft sieht die Organisation in der Stärkung der Einheit, Solidarität und des Internationalismus zwischen den drei Kontinenten ihre wichtigste Aufgabe.
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Renate Fausten
Granma Internacional, Februar 2016