Restaurierung von Habana Vieja
Die notwendig gewordene Restaurierung des historischen Kerns der kubanischen Hauptstadt,ein aufwendiges Projekt des Büros des Stadthistorikers, wird viel Zeit und noch mehr Geldkosten. Das Hauptproblem dabei ist der bereits weit fortgeschrittene Verfall der meisten Gebäude und Wohnhäuser sowie der Versorgungsnetze.Hinzu kommt, daß auf nur knapp 5 km2 mehr als100.000 Menschen leben - viele unter ihnen äußerst beengt.
Der Stadthistoriker Eusebio Leal setzt sich seit längerer Zeit dafür ein,die historischen und Kulturellen Schätze von Habana Vieja zu retten, die von der UNESCO zum Kulturerbe der Menschheit erklärt wurden. In der letzten Zeit sind über 80 Gebäude restauriert oder wieder neu aufgebaut worden.
An zwölf weiteren großen Restaurationsprojekten, darunter Hotels,Kirchen, Restaurants und Museen, wird zur Zeit gearbeitet.
Unter der Leitung des Stadthistorikers wurde das Tourismusunternehmen Habaguanex S.A. gegründet. Es beabsichtigt, den alten Stadtkern in eine touristische Attraktion zu verwandeln, die es mit Varadero aufnehmen kann. Ihre Gewinne werden, gemeinsam mit den Zuschüssen aus dem Staatshaushalt, eine schnellere Umsetzung der Restaurierungsvorhaben ermöglichen. Das ist ein anspruchsvolles, aber durchaus realisierbares Unternehmen. Es erfordert viel Zeit, Einsatz und Energien, sagte ein Vertreter dieser Firma gegenüber Granma. Der historische Stadtkern von Havanna wird von 90 Prozent aller Touristen, die über den Flugplatz José Marti einreisen, besucht. Es fehlt hier aber ein vielfältiges und interessantes Angebot für die Besucher.
"Wir sind dabei, Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert vollkommen zu restaurieren, um sie für gesellschaftliche Zwecke nutzen zu können", teilte der Präsident von Habaguanex, Miguel Martin, mit. Beispielsweise werden die alte Kirche San Francisco und der gleichnamige Platz restauriert. Die Kirche wird zu einem Konzertsaal und einem Konservatorium umgestaltet. Auch die Handelsbörse gegenüber dem Hafen wird eines Tages wieder ein großes Wirtschaftszentrum sein.
Laut Martin werden sich in einer ersten Etappe die Angebote für den internationalen und nationalen Tourismus auf die umgestalteten Bauwerke konzentrieren. Auf dieses Ziel hin wird das Fachpersonal ausgebildet. Ein200 Jahre altes Herrenhaus dient als Ausbildungsstätte für Restauratoren,die Habana Vieja wieder zu neuem Glanz verhelfen. In das ganze Projekt wurde eine Million Dollar vom kubanischen Staat, dem spanischen Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit, und der spanischen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit investiert.
In direkter Nachbarschaft der Plaza Vieja, einem der vier bedeutendsten Plätze, deren historische Schönheit wiederhergestellt werden soll, werden. zwei alte Hotels, die heute als Wohnhäuser dienen, wiederhergerichtet. Es ist vorgesehen, diese vier Plätze umgeben von Museen, Restaurants, Gasthäusern und anderen Einrichtungen zu kulturellen Treffpunkten zumachen, so daß den Touristen alles geboten werden kann, sagte Martin.
Nach Einschätzung der Geschäftsführung von Habaguanex könnten mittelfristig 500 Zimmer in alten restaurierten Hotels bereitgestellt werden. Allerdings muß man zuvor Wohnungen für die in diesen Gebäuden wohnenden Familien schaffen. Die Renovierungsarbeiten am Hotel AmbosMundos, in dem Hemingway einst wohnte, und am Hotel Santa Isabel,ehemaliger Palast des Grafen von Santovenia, haben bereits begonnen.Das erste soll sich auf das Angebot von Aktivitäten rund ums Jagen und Fischen, den Lieblingsbeschäftigungen von Hemingway, spezialisieren.Das zweite soll mitten in der Altstadt zu einem Fünfsterne-Hotel werden.Es ist bekannt, daß es für das Santa Isabel bereits Angebote von europäischen Hoteliers gibt, die es für den anspruchsvollen Tourismus vermarkten wollen. Das Hotel Ambos Mundos soll so wiederhergestellt werden,wie es in seinen prachtvollsten Zeiten ausgesehen hatte. Es soll eine Art Club der Freunde Hemingways beherbergen. Außerdem ist der Nachbaus einer Yacht "El Pilar" vorgesehen, um Angelfahrten zu organisieren.
Das Büro des Stadthistorikers kennt die politischen und sozioökonomischen Probleme dieses Stadtteiles. Es beabsichtigt, möglichst die gesamten Wohnbedingungen zu verbessern und für unerfreuliche Erscheinungen wie Taschendiebe und "falsche" Bettler keinen Raum zu lassen. Weiterhin wird angestrebt, daß die Bewohner von Havanna, die über keine Dollars verfügen, gleichfalls die neuen touristischen Attraktionen nutzen können.
Zusammen mit der Stadtverwaltung sucht man nach einem Weg, wie man 10 Prozent dieser angebotenen Leistungen für die Bevölkerung in nationaler Währung zugänglich machen kann. Es gibt keine einfache Lösung,versichert Martin. Denn wie soll zum Beispiel auf gerechte Weise 10Prozent des Angebots einer Bäckerei und Konditorei, das für den Tourismus vorgesehen ist, an die Bevölkerung verkauft werden? Eine Lösung bestände vielleicht darin, Kindergärten, Schulen und Altenheime davon profitieren zu lassen.
Bei den Restaurants scheint die Lösung einfacher zu sein. Man könnte 10Prozent der monatlichen Devisengewinne durch ein Reservierungssystem für diejenigen Kubaner abzweigen, die sich durch Bestleistungen auszeichnen. Habaguanex betreibt bereits vier Restaurants mit kubanischer, italienischer, chinesischer und arabischer Küche sowie ein Gasthaus und eine Cafeteria. Weitere Objekte werden gerade restauriert und werden in den kommenden Monaten eröffnet.
Zur Abwicklung gemeinsamer Geschäfte steht die Geschäftsführung von Habaguanex mit ausländischen Firmen in Verhandlung. Die Firma benötigt zwar Kapital zur Wiederherstellung oder zum Bau von Objekten, sie hat jedoch bei der Vermarktung von gastronomischen Einrichtungen kein Interesse an Joint Ventures mit ausländischen Partnern Diese Betriebe tragen sich selbst und erwirtschaften das investierte Kapital in wenigen Monaten.
Der Präsident der Firma versichert, daß der gesamte Ertrag dieses Jahres für Restaurierungsarbeiten und die Verbesserung des sozialen Umfeldes zur Verfügung gestellt wird.
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Rodolfo Casals
Granma Internacional, Mai 1994