Lula

Reflexionen Fidel Castros Teil 1:

Er hat sich spontan entschlossen, als Präsident von Brasilien Kuba das zweite Mal einen Besuch abzustatten, obwohl aufgrund meines Gesundheitszustands eine Zusammenkunft mit mir nicht sicher war.

Seinen eigenen Angaben zufolge hat er früher die Insel fast jedes Jahr besucht. Ich habe ihn aus Anlass des ersten Jahrestages der Sandinistischen Revolution im Haus von Sergio Ramírez, damals Vizepräsident des Landes, kennen gelernt. Nebenbei gesagt hat letzterer mich auf gewisse Weise getäuscht. Als ich sein Buch Göttliche Strafe las, – eine ausgezeichnete Erzählung – habe ich sogar geglaubt, dass es sich um ein wirkliches Vorkommnis in Nikaragua handele, mit allen jenen rechtlichen Verwirrungen, die in den ehemaligen spanischen Kolonien ganz gewöhnlich sind; er selbst hat mir eines Tages erzählt, es sei reine Erfindung.



Dort habe ich ebenfalls Frei Betto, heute Kritiker, wenn auch nicht Feind von Lula, getroffen und Priester Ernesto Cardenal, linksgerichtetes Mitglied der sandinistischen Bewegung und jetziger Gegner von Daniel. Beide Schriftsteller gehörten zur Theologie der Befreiung, einer fortschrittlichen Strömung, in der wir immer einen großen Schritt in Richtung Einheit der Revolutionäre und der Armen gesehen haben, - über ihre Philosophie und ihren Glauben hinaus – die auf die konkreten Kampfbedingungen in Lateinamerika und in der Karibik angepasst ist.

Ich gebe jedoch zu, dass ich in Priester Ernesto Cardenal, im Gegensatz zu anderen Regierungsmitgliedern von Nikaragua, ein Ebenbild von Opferbereitschaft und Entsagung wie bei einem mittelalterlichen Mönch gesehen habe. Er war ein echter Inbegriff der Reinheit. Ich erwähne hier nicht andere, weniger konsequente, die irgendwann einmal Revolutionäre waren, sogar Mitglieder der äußersten Linken in Zentralamerika und anderen Gebieten und dann mit allem mit Waffen und Wissen aus Sucht nach Wohlstand und Geld in die Reihen des Imperiums übergelaufen sind.

Was hat das Erzählte mit Lula zu tun? Sehr viel. Er war nie ein Linksextremist und ist in den Stand eines Revolutionärs auch nicht von einem philosophischen Standpunkt ausgehend aufgestiegen, sondern ausgehend von seiner Herkunft als Arbeiter aus sehr einfachen und christlichen Verhältnissen, der hart gearbeitet hat, indem er Mehrwert für andere schuf. In den Arbeitern hat Karl Marx die Totengräber des kapitalistischen Systems gesehen: "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!", verkündete er. Er überlegt und beweist das mit einer unwiderlegbaren Logik. Er findet Gefallen daran und macht sich darüber lustig, indem er beweist, wie zynisch die verwendeten Lügen waren, die zur Anschuldigung der Kommunisten verwendet wurden. Wenn auch die Ideen von Marx damals gerecht waren, als alles vom Klassenkampf und der Entwicklung der Produktivkräfte und der Wissenschaft und Technik, welche die Grundlage zur Schaffung der notwendigen Güter zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse schaffen, abzuhängen schien, so gibt es absolut neue Faktoren, die ihm Recht geben und gleichzeitig gegen seine edlen Ziele stoßen.

Es sind neue Bedürfnisse entstanden, welche die Zielstellungen einer Gesellschaft ohne Ausbeuter und Ausgebeutete kaputtmachen können. So entsteht als neues Bedürfnis das Überleben der menschlichen Gattung. Zu Marx Zeiten konnte man vom Klimawechsel nichts ahnen. Engels und er wussten im Überfluss, dass die Sonne nach Verbrauch ihrer gesamten Energie eines Tages erlöschen würde. Wenige Jahre nach dem Manifest wurden andere Menschen geboren, die immer auf dem Gebiet der Wissenschaften und der Kenntnisse der das Universum bewegenden chemischen, physikalischen und biologischen Gesetze tief greifende Untersuchungen anstellten, die damals unbekannt waren. In wessen Händen befinden sich jene Kenntnisse? Auch wenn diese weiter entwickelt und sogar verbessert wurden, und erneut seine Theorien teilweise verneint oder ihnen widersprochen wird, so sind die neuen Kenntnisse nicht in Händen der armen Völker, die heutzutage drei Viertel der Weltbevölkerung darstellen. Sie befinden sich in Händen einer Gruppe privilegierter reicher und entwickelter kapitalistischer Mächte, die mit dem mächtigsten je vorhandenen Imperium verbündet sind, das auf der Grundlage einer globalisierten Wirtschaft erbaut wurde und von den selben Gesetzen des Kapitalismus regiert wird, die Marx gründlich beschrieben und auseinander genommen hat.

Jetzt, wo die Menschheit weiterhin kraft der den Ereignissen innewohnenden Dialektik unter diesen Realitäten leidet, müssen wir diesen Gefahren begegnen.

Wie hat sich der Revolutionsprozess in Kuba gestaltet? Über bestimmte Episoden jener Etappe wurde in den letzten Wochen in unserer Presse recht viel geschrieben. Es wird zu verschiedenen historisch bedeutsamen Daten Tribut gezollt, wenn diese Jahrestage runden Zahlen, d.h. einem Vielfachen von fünf oder zehn, entsprechen. Das ist gerecht, aber wir müssen vermeiden, dass bei der Gesamtheit so vieler von jedem Presseorgan oder Medienraum gemäß seinen Kriterien beschriebener Tatsachen wir nicht aus den Augen verlieren, sie im Zusammenhang der geschichtlichen Entwicklung unserer Revolution zu sehen, trotz der Anstrengungen der wunderbaren, uns zur Verfügung stehenden Analytiker.

Für mich bedeutet Einheit, den Kampf, die Risiken, die Opfer, die Zielstellungen, die Ideen, die Konzepte und die Strategien, die man mittels Debatte und Analyse erreicht, miteinander zu teilen. Einheit bedeutet gemeinsamer Kampf gegen die Vertreter des Annexionismus, die Landesverräter und die Korrupten, was ein Mitglied einer revolutionären Organisation absolut nicht sein kann. Auf diese Einheit, geschart um die Ideen der Unabhängigkeit und gegen das auf die Völker von Amerika vorrückende Imperium, habe ich mich immer bezogen. Vor einigen Tagen habe ich diese Idee erneut gelesen, als Granma sie am Vortag unserer Wahlen veröffentlichte und Juventud Rebelde ein handschriftliches Faksimile von mir hierüber abdruckte.

Die alte, vor der Revolution vorhandene Losung der Einheit hat mit dem Konzept nichts zu tun, denn in unserem Land gibt es heutzutage keine politischen Parteien, die nach der Macht streben. Wir müssen verhindern, dass sich die strategischen Linien in dem riesigen Meer der taktischen Kriterien auflösen und wir uns nicht vorhandene Situationen ausdenken.

In einem von den Vereinigten Staaten intervenierten Land, inmitten seines einsamen Kampfes um die Unabhängigkeit der zusammen mit dem Bruderland Puerto Rico letzten spanischen Kolonie – "die zwei Flügel desselben Vogels" – waren die nationalistischen Gefühle sehr vertieft.

Diejenigen, die wirklich den Zucker produzierten, d.h. die gerade erst befreiten Sklaven und die Bauern, viele von ihnen Kämpfer der Befreiungsarmee, die zu Prekaristen geworden waren oder überhaupt kein Land besaßen, welche zum Zuckerrohrschlagen in die von den Gesellschaften der Vereinigten Staaten oder von kubanischen Großgrundbesitzern - die die Ländereien erbten, kauften oder raubten – geschaffenen großen Latifundien lanciert wurden, waren das angebrachte Rohmaterial, um die revolutionären Ideen aufzunehmen.

Julio Antonio Mella, Gründer der Kommunistischen Partei zusammen mit Baliño – der Martí kannte und mit ihm die Partei schuf, die zur Unabhängigkeit von Kuba führte – nahm die Fahne erneut auf, fügte den Enthusiasmus hinzu, der von der Oktoberrevolution ausging, und gab für diese Sache sein eigenen Blut als junger Intellektueller, der von den revolutionären Ideen beherrscht ist. Das kommunistische Blut von Jesús Menéndez kam 18 Jahre später zu dem von Mella hinzu.

Wir, Teenager und Jugendliche, die in Privatschulen lernten, hatten nicht einmal den Namen Mella erwähnen gehört. Unsere Herkunft als Klasse oder soziale Gruppe mit höherem Einkommen als der Rest der Bevölkerung verurteilte uns als Menschen, der egoistische und ausbeuterische Teil der Gesellschaft zu sein.

Ich hatte das Privileg, über die Ideen zur Revolution zu gelangen, dem langweiligen Schicksal zu entrinnen, zu dem mich das Leben führte. Zu einem anderen Zeitpunkt habe ich das Warum erläutert. Jetzt erinnere ich mich nur im Zusammenhang von dem, was ich jetzt schreibe, daran.

Der Hass auf Batista war aufgrund der Unterdrückung und seiner Verbrechen so groß, dass niemand auf die von mir bei meiner Verteidigung vor dem Gericht in Santiago de Cuba ausgedrückten Ideen geachtet hat, wo sie sogar ein in der UdSSR gedrucktes Buch von Lenin – das aus der Buchhandlung der Sozialistischen Volkspartei in der Straße Carlos III in Havanna stammte, wo ich auf Raten kaufen konnte - in den Habseligkeiten der Kämpfer gefunden haben. "Wer Lenin nicht liest, ist ein Ignorant", habe ich ihnen inmitten des Verhörs bei den ersten Anhörungen vor den Kopf geworfen, als sie dies als Anklagebestandteil hervorbrachten. Ich stand noch gemeinsam mit den anderen Gefangenen vor Gericht, die überlebt hatten.

Man würde das von mir Behauptete nicht gut verstehen, wenn man nicht berücksichtigt, dass zu dem Zeitpunkt, als wir die Moncada-Kaserne angegriffen haben, d.h. am 26. Juli 1953, - eine Aktion, die auf den organisatorischen Anstrengungen über mehr als ein Jahr beruhte, ohne dass wir auf irgendjemand anderen als auf uns selbst zählen konnten – in der UdSSR die Politik von Stalin vorherrschte, der überraschend ein paar Monate vorher verstorben war. Er war ein ehrlicher und opferbereiter Kommunist, der später schwerwiegende Fehler beging, die ihn zu äußerst konservativen und misstrauischen Positionen führten. Wenn eine Revolution wie die unsrige damals erfolgreich gewesen wäre, dann hätte die UdSSR nicht das für Kuba getan, was später jene sowjetische Regierung machte, die schon von jenen finsteren und verschlagenen Methoden befreit und voller Enthusiasmus über die in unserem Land ausgelöste sozialistische Revolution war. Das habe ich gut begriffen, trotz der gerechten Kritik, die ich aufgrund von zur Genüge bekannten Tatsachen im gegebenen Augenblick Chruschtschow gegenüber ausübte.

Die UdSSR besaß die mächtigste Armee aller Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges, nur waren Viele durch einen "Säuberungsprozess" aus ihr entfernt bzw. in die Reserve versetzt worden. Ihr Regierungschef unterschätzte die Bedrohungen und die kriegerischen Theorien von Hitler. Direkt aus der Hauptstadt von Japan hatte ein wichtiger und anerkannter sowjetischer Geheimdienstagent das unmittelbare Bevorstehen des Angriffs für den 22. Juni 1941 mitgeteilt. Dieser kam überraschend für das Land, das nicht in Alarmbereitschaft versetzt worden war. Viele Offiziere hatten Ausgang. Selbst ohne die Kommandierenden der Einheiten mit der größten Erfahrung, welche abgesetzt worden waren, wären die Nazis vom ersten Augenblick an auf mächtige Kräfte gestoßen, wenn diese Einheiten in Alarmbereitschaft versetzt und in Kampfstellung gebracht worden wären und hätten nicht den größten Teil der Kampfflugzeuge am Boden zerstört. Die Überraschung hatte noch schlimmere Auswirkungen als die "Säuberungsaktion". Die sowjetischen Soldaten ergaben sich nicht, wenn man zu ihnen von feindlichen Panzern in der Nachhut sprach, wie es bei den anderen Armeen des kapitalistischen Europa geschah. In den kritischsten Augenblicken, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, haben die sibirischen Patrioten die Drehbänke der Waffenfabriken in Betrieb gesetzt, die Stalin vorausschauend in das tiefste sowjetische Hinterland hatte bringen lassen.

Wie mir von Führungspersönlichkeiten der UdSSR selbst erzählt wurde, als ich jenes große Land im April 1963 besuchte, hatten die revolutionären russischen Kämpfer, die im Kampf gegen die ausländische Intervention gestählt waren, - kraft welcher Truppen geschickt worden waren, um die bolschewistische Revolution zu bekämpfen, die anschließend einer Blockade ausgesetzt und isoliert wurde –Beziehungen mit den deutschen Offizieren aufgenommen, die der militaristischen preußischen Tradition angehörten und durch den Vertrag von Versailles erniedrigt worden waren, der dem Ersten Weltkrieg ein Ende setzte, und Erfahrungsaustausch mit ihnen geführt.

Die Geheimdienste der SS haben die Intrige gegen Viele eingeschleust, die in ihrer großen Mehrheit der Revolution treu waren. Ausgehend von einem Misstrauen, das krankhaft wurde, setzte Stalin in den Jahren vor dem Großen Vaterländischen Krieg 3 der 5 Marschälle, 13 der 15 Heeresbefehlshaber, 8 der 9 Admiräle, 50 der 57 Armeekorps-Generäle, 154 der 186 Divisionsgeneräle, einhundert Prozent der Kommissare für die Armee und 25 der 28 Armeekorps-Kommissare der Sowjetunion ab.

Jene schwerwiegenden Fehler haben die UdSSR eine riesige Zerstörung gekostet und über 20 Millionen Menschenleben, manche behaupten 27 Millionen.

Im Jahr 1943 wurde verspätet die letzte Frühlings-Offensive der Nazis am berühmten und verlockenden Kursker Bogen gestartet, und zwar mit 900.000 Soldaten, 2.700 Panzern und 2.000 Flugzeugen. Die sowjetische Seite, Kenner der feindlichen Psychologie, warteten in jener Falle auf den sicheren Angriff mit 1,2 Millionen Mann, 3.300 Panzern, 2 400 Flugzeugen und 20.000 Artilleriegeschützen. Unter Führung von Zhukow und Stalin selbst besiegten sie die letzte Offensive von Hitler.

Im Jahr 1945 schritten die sowjetischen Soldaten unhaltbar voran, bis sie die Kuppel des Deutschen Reichstags in Berlin einnahmen, auf der sie die rote Fahne hissten, die von dem Blut so vieler Gefallener gefärbt war.

Ich beobachte einen Moment die rote Krawatte von Lula und frage ihn: die hat dir Chávez geschenkt, nicht wahr? Er lächelt und antwortet: Jetzt werde ich ihm einige Hemden schicken, da er sich beschwert, dass die Kragen von seinen Hemden sehr hart sind und ich werde sie in Bahia besorgen, um sie ihm zu schenken.

Er bat mich darum, dass ich ihm einige der von mir aufgenommenen Fotos gebe.

Als er sagte, dass er über meinen guten Gesundheitszustand sehr beeindruckt sei, habe ich ihm geantwortet, dass ich mich dem Denken und Schreiben widme. Ich habe niemals in meinem Leben so viel nachgedacht. Ich erzählte ihm, dass ich im Anschluss an meinen Besuch in Córdoba, in Argentinien, wo ich an einem Treffen mit zahlreichen Führungspersönlichkeiten teilgenommen hatte, unter denen er sich befand, zurückkehrte und anschließend an zwei Veranstaltungen anlässlich des Jahrestages des 26. Juli teilgenommen habe. Ich war dabei, das Buch von Ramonet nachzusehen. Ich hatte ihm alle seine Fragen beantwortet. Ich hatte mir die Angelegenheit nicht allzu sehr zu Herzen genommen. Ich dachte, dass es etwas wäre, dass schnell erledigt wäre, wie die Interviews von Frei Betto und Tomás Borge. Anschließend ließ ich mich von dem Buch des französischen Schriftstellers unterjochen, dass schon kurz davor stand, ohne meine Revision veröffentlicht zu werden, wobei ein Teil der Antworten auf die Schnelle gegeben worden waren. In jenen Tagen habe ich fast überhaupt nicht geschlafen.

Als ich in der Nacht vom 26. zum 27. Juli schwer erkrankte, dachte ich, dass es das Ende sei. Während die Ärzte um mein Leben kämpften, las der Leiter des Staatsrat-Büros auf meine Forderung den Text und ich diktierte die entsprechenden Veränderungen.

Fidel Castro Ruz
22. Januar 2008


Teil 2:

Lula rief mir warmherzig seinen ersten Besuch in unserem Land im Jahr 1985 in Erinnerung, als er an einem Treffen zur Analyse der bedrückenden Auslandsschuld teilnahm, zu dem seitens Kubas aufgerufen worden war und bei dem Vertreter der verschiedenartigsten politischen, religiösen, kulturellen und sozialen Tendenzen, die aufgrund des erdrückenden Dramas besorgt waren, ihre Kriterien darlegten und debattierten.

Die Treffen fanden das gesamte Jahr über statt. Es wurden Führer der Arbeiter, Bauern, Studenten oder andere Kategorien einberufen, je nach Thematik. Er war einer von ihnen – er war schon unter uns und im Ausland aufgrund seiner direkten und mitreißenden Botschaft bekannt; er war ein junger Arbeiterführer.

Lateinamerika schuldete damals 350 Milliarden Dollar. Ich erzählte ihm, dass ich in jenem Jahr des intensiven Kampfes lange Briefe an den Präsidenten von Argentinien Raul Alfonsín gerichtet habe, um ihn davon zu überzeugen, jene Auslandsverschuldung nicht weiter zu bezahlen. Ich kannte die Position von Mexiko, das nicht von der Zahlung seiner riesigen Schuld abzubringen war, obwohl es nicht gleichgültig gegenüber dem Ergebnis des Kampfes und der besonderen politischen Situation von Brasilien war. Die argentinische Auslandsverschuldung war nach den Katastrophen der Militärregierung recht groß. Das rechtfertigte den Versuch, eine Bresche in dieser Richtung zu schlagen. Ich konnte es nicht erreichen. Wenige Jahre später betrug die Außenschuld mit ihren Zinsen 800 Milliarden; sie hatte sich verdoppelt und war schon bezahlt worden.

Lula erklärt mir den Unterschied zu jenem Jahr. Er bestätigt, dass Brasilien weder Auslandsverschuldung bei dem Währungsfonds, noch beim Pariser Club hat und über 190 Milliarden USD in seinen Reserven verfügt. Ich schlussfolgerte daraus, dass sein Land riesige Summen gezahlt hatte, um seinen Verpflichtungen gegenüber jenen Institutionen nachzukommen. Ich erläuterte ihm den kolossalen Betrug von Nixon gegenüber der Weltwirtschaft, als er 1971 einseitig die Goldwährung aufhob, welche die Banknotenausgabe begrenzte. Bis dahin hatte der Dollar ein Gleichgewicht bezüglich seines Goldwerts beibehalten. Dreißig Jahre davor besaßen die Vereinigten Staaten fast die gesamten Reserven jenes Metalls. Wenn viel Gold vorhanden war, kauften sie; wenn es knapp war, verkauften sie. Der Dollar spielte seine Rolle als Währung des internationalen Austauschs, innerhalb der jenem Land im Jahr 1944 in Bretton Woods zugestandenen Privilegien.

Die am weitesten entwickelten Mächte waren durch den Krieg zerstört. Japan, Deutschland, die UdSSR und die anderen Länder Europas verfügten kaum über jenes Metall in ihren Reserven. Die Troy Unze konnte sogar für nur 35 Dollar erworben werden; heute benötigt man 900.

Die Vereinigten Staaten – sagte ich zu ihm – haben Güter auf der ganzen Welt eingekauft, indem sie Dollarbanknoten druckten, und über solches in anderen Nationen erworbenes Eigentum üben sie souveräne Vorrechte aus. Jedoch niemand möchte, dass der Dollar weiter abgewertet wird, weil fast alle Länder Dollar anhäufen, d.h. Papiere, die seit der einseitigen Entscheidung des Präsidenten der Vereinigten Staaten ständig abgewertet werden.

Die jetzigen Geldreserven von China, Japan, dem asiatischen Südosten und Russland kumulieren drei Billionen (3.000.000.000.000) Dollar; das sind kosmische Zahlen. Wenn du die Dollarreserven von Europa und den anderen Ländern der Welt hinzuzählst, wirst du sehen, dass das einem Berg Geld entspricht, dessen Wert davon abhängt, was die Regierung eines Landes tut.

Greenspan, der über 15 Jahre Vorsitzender der US-Notenbank war, würde bei einer Situation wie der jetzigen in Panik geraten. Welche Größenordnung kann die Inflation in den Vereinigten Staaten erreichen? Wie viele neue Arbeitsplätze kann jenes Land dieses Jahr schaffen? Bis zu welchem Zeitpunkt wird seine Maschine zum Banknotendruck funktionieren, bevor seine Wirtschaft einen Kollaps erleidet, außer der Tatsache, den Krieg zur Eroberung der Naturschätze der anderen Länder zu nutzen?

Als Konsequenz der harten, im Versailler Vertrag dem 1918 besiegten deutschen Staat auferlegten Maßnahmen, bei dem eine demokratische Ordnung eingeführt wurde, ist die deutsche Mark so abgewertet worden, dass man sie in zweistelliger Tausenderhöhe benötigte, um einen Dollar zu kaufen. Solch eine Krise gab dem deutschen Nationalismus Nährboden und trug außerordentlich zu den absurden Ideen von Hitler bei. Jener suchte Schuldige. Viele der wichtigsten Talente, Wissenschaftler, Schriftsteller und Finanzexperten waren jüdischer Abstammung. Man verfolgte sie. Zu ihnen gehörte Einstein, der Autor jener Theorie, die besagt, dass die Energie der Masse multipliziert mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit entspricht., wodurch er berühmt wurde. Ebenfalls Marx, geboren in Deutschland, und viele der russischen Kommunisten waren dieser Herkunft, ob sie nun die hebräische Religion ausübten oder nicht.

Hitler hat nicht dem kapitalistischen System die Schuld an dem menschlichen Drama gegeben, sondern den Juden. Ausgehend von plumpen Vorurteilen war sein eigentliches Ziel die Gewinnung des "russischen Lebensraums" für seine überlegene germanische Rasse, deren tausendjähriges Reich er zu errichten träumte.

Mittels der Deklaration Balfour beschlossen die Briten 1917, innerhalb ihres kolonialen Imperiums in einem von Palästinenser bewohnten Gebiet den Staat Israel zu schaffen. Palästinenser, die eine andere Religion und Kultur aufweisen und die schon viele Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung auf jenen Ländereien gemeinsam mit anderen Ethnien, darunter der jüdischen, gelebt haben. Der Zionismus wurde unter den US-Bürgern, welche mit Recht die Nazis hassten und deren Finanzbörsen von Vertretern jener Bewegung kontrolliert wurden, sehr populär. Jener Staat wendet jetzt die Grundsätze der Apartheid an, besitzt ausgeklügelte Atomwaffen und kontrolliert die wichtigsten Finanzzentren der Vereinigten Staaten. Er wurde von diesem Land und seinen europäischen Verbündeten dazu verwendet, der anderen Apartheid, der von Südafrika, Atomwaffen zu liefern, um sie gegen die internationalistischen kubanischen Kämpfer zu verwenden, welche gegen die Rassisten im Süden von Angola kämpften, falls sie die Grenze von Namibia überschreiten würden.

Unmittelbar danach sprach ich mit Lula über die abenteuerliche Politik von Bush im Mittleren Osten.

Ich versprach, ihm den Artikel zu geben, der am darauf folgenden Tag, dem 16. Januar, von Granma veröffentlicht werden würde. Ich unterschrieb eigenhändig den für ihn bestimmten. Gleichermaßen übergab ich ihm vor seiner Abreise den Artikel über den Zusammenhang zwischen den Nahrungsmittel- und Erdölpreisen, verfasst von Paul Kennedy, einem der einflussreichsten Intellektuellen der Vereinigten Staaten.

Du bist Nahrungsmittelproduzent, fügte ich ihm hinzu und hast außerdem gerade wichtige Vorräte leichten Rohöls entdeckt. Brasilien besitzt 8,534 Millionen Quadratkilometer Oberfläche und verfügt über 30 Prozent der Wasserreserven der Welt. Die Erdbevölkerung benötigt immer mehr Nahrungsmittel, die ihr in großem Maße exportiert. Wenn du über Getreide- und Kernarten verfügst, die reich an Proteinen, Fetten und Kohlehydraten sind, – es können Früchte wie der Cashewnuss-Kern, die Mandel, die Pistazie sein, Wurzeln wie die Erdnuss; die Sojabohne, mit über 35% Proteinen, die Sonnenblume; oder Getreide, wie der Weizen oder der Mais – besteht die Möglichkeit, all das Fleisch und die Milch zu produzieren, die du nur willst. Ich habe weitere aus der langen Liste nicht erwähnt.

In Kuba, erklärte ich ihm weiter, hatten wir eine Kuh, die den Weltrekord der Milchproduktion aufgestellt hat, eine Mischung aus Holstein und Zebu. Sofort sagte Lula ihren Namen: "Ubre Blanca" ("Weißeuter"), rief er aus. Er erinnerte sich an ihren Namen. Ich fügte für ihn hinzu, dass sie bis zu 110 Liter Milch pro Tag erzeugt hat. Sie war wie eine Fabrik, aber man musste ihr über 40 Kilogramm Futter geben, das war das Maximum, das sie in 24 Stunden kauen und schlucken konnte, und zwar eine Mischung, bei der das Sojamehl - eine auf kubanischem Boden und unter hiesigen klimatischen Bedingungen sehr schwer zu erzeugende Hülsenfrucht - der Hauptbestandteil ist. Ihr habt jetzt zwei Dinge: sichere Versorgung mit Kraftstoffen und Nahrungsmittel-Rohstoffen und –Fertigprodukten.

Es wird schon das Ende der billigen Nahrungsmittel ausgerufen. Was werden die mehreren Dutzend Länder mit Einwohnerzahlen in Höhe von vielen dreistelligen Millionen sagen, die weder das eine noch das andere haben, sagte ich zu ihm. Das bedeutet, dass die Vereinigten Staaten eine riesige Auslands-Abhängigkeit haben, aber gleichzeitig eine Waffe. Diese bestünde darin, alle ihre Reserven an Ländereien zu nutzen, aber die Bevölkerung jenes Landes ist nicht darauf vorbereitet. Sie stellen Äthanol aus Mais her, was dazu führt, dass sie eine große Menge dieses kalorienreichen Korns aus dem Markt zurückziehen, argumentiere ich weiter ihm gegenüber.

Lula erzählt mir zu diesem Thema, dass die brasilianischen Hersteller schon jetzt die Maisernte des Jahres 2009 verkaufen. Brasilien ist nicht so vom Mais abhängig wie Mexiko oder Zentralamerika. Ich bin der Meinung, dass in den Vereinigten Staaten die Kraftstoffherstellung ausgehend vom Mais nicht rentabel ist. Das bestätigt, sagte ich zu ihm, eine Realität bezüglich des unaufhörlichen und unkontrollierten Ansteigens der Nahrungsmittelpreise, die viele Völker negativ betreffen wird.

Im Gegensatz dazu hast du ein günstiges Klima und lockere Erde; unsere ist für gewöhnlich tonhaltig und manchmal hart wie Zement. Als die sowjetischen Traktoren und die aus anderen sozialistischen Ländern kamen, gingen sie kaputt. Es mussten Sonderstähle in Europa gekauft werden, um sie hier herzustellen. In unserem Land gibt es reichlich tonartige Schwarz- oder Roterde. Wenn man sie mit Sorgfalt bearbeitet, kann sie das hergeben, was die Bauern des Escambray-Gebirges als "Zusatzverbrauch" des Eigenverbrauchs der Bauernfamilien bezeichnen. Sie erhielten vom Staat Nahrungsmittelquoten und verbrauchten außerdem ihre Erzeugnisse. Das Klima hat sich verändert in Kuba, Lula.

Zur Erzeugung von Getreide im Großmaßstab, wie es die Bedürfnisse unserer Bevölkerung von fast 12 Millionen Menschen erfordern, sind unsere Ländereien nicht in der Lage, und die Kosten für Maschinen und Kraftstoffe, die das Land importiert, würden bei den jetzigen Preisen sehr hoch sein.

Unsere Presse schrieb über Erdölerzeugung in Matanzas, die Verminderung der Kosten und andere positive Aspekte. Aber niemand erwähnt, dass wir seinen Preis in Devisenwährung mit den ausländischen Gesellschaftern teilen müssen, die in die notwendigen Hightech-Maschinen und –Technologien investieren. Andererseits sind die erforderlichen Arbeitskräfte zur intensiven Anwendung in der Getreideerzeugung nicht vorhanden, wie es die Vietnamesen und Chinesen tun, die den Reis Pflanze für Pflanze anbauen und manchmal zwei und sogar bis drei Ernten erreichen. Das entspricht der Lage und der historischen Tradition der Ländereien und ihrer Bewohner. Sie haben nicht vorher die Mechanisierung im großen Maßstab mit modernen Erntemaschinen durchlaufen. In Kuba haben die Zuckerrohrschläger und Arbeiter der Kaffeeplantagen in den Bergen seit langem die ländlichen Gebiete verlassen, wie es logisch war. Viele der Bauarbeiter, von denen einige dieser Herkunft sind, haben später die Brigaden verlassen und sind zu Selbstständigen geworden. Die Bevölkerung weiß, was es kostet, eine Wohnung instand zu setzen. Die Materialkosten, plus die erhöhten Kosten für die auf diesem Wege geleistete Dienstleitung. Es ist möglich, ersteres zu lösen, das zweite ist nicht so zu lösen, - wie einige glauben – indem man Pesos ohne Rückhalt in Devisenwährung in Umlauf bringt. Diese Devisen werden nicht mehr Dollar sein, sondern Euro oder Yuan, die immer teurer sein werden, wenn es uns allen zusammen gelingt, die Weltwirtschaft und den Frieden zu retten.

Währenddessen sind wir dabei, Nahrungsmittel und Kraftstoffreserven zu schaffen und wir müssen das fortsetzen. Für den Fall eines direkten militärischen Angriffs, würde sich Zahl der manuellen Arbeitskräfte vervielfachen.

In der kurzen Zeit meines Treffens mit Lula, zweieinhalb Stunden, hätte ich gern in wenigen Minuten die fast 28 vergangenen Jahre zusammenfassen wollen, - 28 Jahre nicht von dem Zeitpunkt ausgehend, als er das erste Mal Kuba besuchte, sondern seitdem ich ihn in Nikaragua kennen lernte. Jetzt ist er Regierungsoberhaupt eines riesigen Landes, dessen Schicksal jedoch von vielen Aspekten abhängt, die allen diesen Planeten bewohnenden Völkern gemein sind.

Ich bat ihn um Genehmigung, frei und gleichzeitig bedacht über unsere Unterhaltung sprechen zu dürfen.

Wenn er vor mir steht, lächelnd und freundschaftlich, und ich ihn stolz über sein Land sprechen höre, von den Dingen, die er tut und vorhat, dann denke ich an seinen politischen Instinkt. Ich hatte gerade in aller Eile einen hundertseitigen Bericht über Brasilien und die Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Ländern nachgesehen. Er ist der Mann, den ich in der sandinistischen Hauptstadt Managua kennen lernte und der so sehr mit unserer Revolution verbunden ist. Ich habe zu ihm weder über etwas gesprochen, dass eine Einmischung in den politischen Prozess von Brasilien bedeuten würde, noch hätte ich das getan. Aber er selbst sagte unter anderem bei seinen ersten Worten: Erinnerst du dich, Fidel, als wir auf dem Sao Paulo Forum miteinander gesprochen haben, und du mir gesagt hast, dass die Einheit der lateinamerikanischen Linken notwendig sei, um unseren Fortschritt abzusichern? Ja, wir kommen schon in dieser Richtung voran.

Sofort sprach er zu mir mit Stolz davon, was Brasilien heutzutage ist und über seine großen Möglichkeiten, wenn man den Fortschritt in Wissenschaft, Technologie, Maschinenbauindustrie, Energetik und anderen Bereichen, zusammen mit seinem enormen Landwirtschaftspotential berücksichtigt. Natürlich schloss er das erhöhte Niveau der internationalen Beziehungen von Brasilien mit ein, das er mit Enthusiasmus in Einzelheiten aufführt und die er mit Kuba zu entwickeln bereit ist. Er sprach mit Nachdruck von dem sozialen Werk der Arbeiterpartei, das jetzt von allen linken brasilianischen Parteien unterstützt wird, die weit davon entfernt sind, eine parlamentarische Mehrheit zu haben.

Ohne Zweifel gehörte das zu den Dingen, die wir vor Jahren bei unserer Unterhaltung analysiert haben. Schon damals verging die Zeit rasend schnell, aber jetzt muss jedes Jahr mit zehn multipliziert werden, bei einem schwer zu verfolgenden Tempo.

Ich wollte auch hierüber zu ihm sprechen und von vielen andren Dingen. Es ist schwer zu sagen, wer von Beiden mehr Bedürfnis hatte, Ideen zu übermitteln. Ich meinerseits nahm an, dass er am folgenden Tag abfliegen würde, und nicht zeitig in jener Nacht, gemäß dem vor unserem Treffen vereinbarten Flugplan. Es war ungefähr siebzehn Uhr. Es entstand eine Art Wettbewerb bezüglich der zur Verfügung stehenden Zeit. Lula, der schlau und schnell ist, hielt sich schadlos, als er mit der Presse zusammentraf und verschmitzt und immer lächelnd - wie auf den Fotos zu sehen ist – zu den Journalisten sagte, dass er nur eine halbe Stunde gesprochen habe und Fidel zwei. Natürlich habe ich - mein höheres Dienstalter nutzend – mehr Zeit verwendet als er. Davon ist noch die Zeit für die gemeinsamen Fotos abzuziehen, da ich eine Kamera ausgeborgt habe und zum Reporter wurde; er hat dasselbe getan.

Ich habe hier 103 Seiten Agenturmeldungen vorliegen, die davon berichten, was Lula zur Presse gesagt hat, von den Fotos, die die Presse von ihm aufgenommen hat und über die Sicherheit, die er über den guten Gesundheitszustand von Fidel übermittelt hat. Da blieb wirklich kein Platz mehr in den Nachrichten für die am 16. Januar veröffentlichte Reflexion, die ich am Vortag seines Besuchs fertig gestellt hatte. Er nahm den gesamten Raum ein, was seinem riesigen Gebiet im Vergleich zur winzigen Oberfläche von Kuba gleichkommt.

Ich sagte zu meinem Gesprächspartner, wie groß meine Genugtuung über seinen Beschluss sei, Kuba zu besuchen, obwohl er nicht die Sicherheit eines Treffens mit mir hatte. Sobald ich es erfuhr, beschloss ich alles Notwendige an Übungen, Rehabilitierung und Wiederherstellung der Fähigkeiten zu opfern, um ihn zu empfangen und mich ausführlich mit ihm zu unterhalten.

Zu jenem Augenblick kannte ich nicht die Dringlichkeit seiner Abreise, obwohl ich wusste, dass er am selben Tag abfliegen würde. Offensichtlich zwang ihn der Gesundheitszustand des Vizepräsidenten von Brasilien, der durch seine eigenen Erklärungen bekannt wurde, abzufliegen, um praktisch im Morgengrauen des folgenden Tages in Brasilia anzukommen, im Hochfrühling. Ein weiterer langer geschäftiger Arbeitstag für unseren Freund.

Es fiel ein starker und anhaltender Platzregen an seiner Residenz, während Lula auf die Fotos und zweierlei Zusatzmaterial mit meinen Bemerkungen wartete. Unter dem Regen fuhr er zum Flughafen am diesen Abend . Wenn er sehen würde, was auf der ersten Seite der Zeitung Granma stand: "2007, das regenreichstes Jahr seit über hundert Jahren", dann würde dies zu seinem Verständnis bezüglich dessen, was ich über den Klimawechsel gesagt habe, beitragen.

Nun gut: Die Zuckerrohrernte in Kuba hat bereits begonnen, und die so genannte Trockenperiode. Der Zuckerertrag bleibt unter neun Prozent. Wie viel wird es kosten, Zucker zu erzeugen, um ihn für zehn Cent das Pfund zu exportieren, wo der Kaufwert eines Cent fast fünfzig Mal geringer ist, als vor dem Sieg der Revolution am 1. Januar 1959? Es ist ein großer Verdienst, die Produktionskosten für diese und andere Produkte zu senken, um unseren Verpflichtungen nachzukommen, unseren Bedarf zu decken, Reserven zu schaffen und andere Produktlinien zu entwickeln; aber deshalb können wir nicht im Geringsten glauben, dass die Lösungen unserer Probleme einfach und gleich zur Hand sind.

Unter anderen Themen sprachen wir über den Amtsantritt des neuen Präsidenten von Guatemala, Álvaro Colom. Ich habe ihm erzählt, dass ich den Akt in allen seinen Einzelheiten gesehen habe und die sozialen Verpflichtungen des gerade erst gewählten Präsidenten. Lula kommentierte, dass das, was heute in Lateinamerika zu beobachten ist, 1990 seinen Anfang hatte, als wir beschlossen, das Sao Paulo Forum zu schaffen: "Wir haben hier bei einem Gespräch eine Entscheidung getroffen. Ich hatte die Wahlen verloren und du bist zu mir nach Hause zum Mittagessen gekommen, nach Sao Bernardo."

Mein Gespräch mit Lula hatte kaum angefangen und ich habe noch viele Dinge zu sagen und Ideen darzulegen, die vielleicht einen gewissen Nutzen haben.

Fidel Castro Ruz
23. Januar 2008


Teil 3:

Das Auseinanderfallen der Sowjetunion war für die Kubanische Revolution ein vernichtender Schlag. Wir empfanden es so, als ob die Sonne nicht mehr aufgehen würde. Es ging dabei nicht nur um den gesamten Abbruch der Lieferungen von Kraftstoff, Materialien und Lebensmitteln. Wir verloren die Märkte und Preise, die wir im zähen Ringen um unsere Souveränität, Integration und Prinzipien erkämpft hatten. Von Hass erfüllt haben die USA und die Verräter schon ihre Messer geschliffen, mit denen sie den Revolutionären einen Dolchstoß zu versetzen gedachten, um sich die Reichtümer unseres Landes zurückzuholen.

Das Brutto-Inland-Produkt begann in progressiver Weise bis auf 35% zu sinken. Welches Land hätte einem so fürchterlichen Schlag widerstehen können? Wir haben nicht unser Leben verteidigt sondern unsere Rechte.

Viele linke Parteien und Organisationen ließen sich vom Zusammenbruch der UdSSR entmutigen, die 70 Jahre lang unter titanischen Anstrengungen den Sozialismus aufgebaut hatte.

Die Kritiken der reaktionären Kräfte waren auf allen Tribünen und in allen Medien grausam. Wir haben uns dem Chor der Apologeten des Kapitalismus, die aus dem gefallenen Baum Brennholz machten, nicht angeschlossen. In Kuba wurde keine Statue der Schöpfer und Bannerträger des Marxismus demoliert. Keine Schule oder Fabrik hat ihren Namen geändert. Wir entschlossen uns, festen Schrittes und unbeirrt weiter vorwärts zu gehen. Genau das haben wir uns unter diesen so hypothetischen und unglaublichen Umständen vorgenommen.

In unserem Land gab es auch keinen Personenkult, er war auf eigene Initiative hin seit den ersten Tagen des Sieges geradezu verboten.

In der Geschichte der Völker haben subjektive Faktoren den Ausgang von Ereignissen voranbringen oder zurückwerfen können, unabhängig von den Verdiensten der Führer.

Ich habe mit Lula über Che gesprochen, wobei ich eine kurze Zusammenfassung seiner Geschichte gemacht habe. Er hatte mit Carlos Rafael Rodríguez über das System der Selbstfinanzierung oder die Methode der Haushaltsplanung diskutiert. Wir haben diese Themen damals nicht viel Bedeutung beigemessen. Wir waren mit dem Kampf gegen die nordamerikanische Blockade, gegen die Aggressionspläne und mit der nuklearen Oktoberkrise 1962 beschäftigt. Das war eine wahre Überlebensfrage.

Che studierte die Haushaltsplanung der großen nordamerikanischen Unternehmen, deren Verwalter, und nicht die Eigentümer, die in Kuba gelebt hatten. Er hat die imperialistische Handlungsweise und das, was in unserer Gesellschaft geschah, ganz klar herausgearbeitet und damit seine marxistischen Konzeptionen bereichert und ist zu der Schlussfolgerung gekommen, dass man in Kuba nicht die gleichen Methoden anwenden konnte, wenn man den Sozialismus aufbauen wollte. Dabei handelte es sich nicht um eine Auseinandersetzung mit gegenseitigen Beleidigungen, sondern um einen ehrlichen Meinungsaustausch, der in einer kleinen Zeitschrift publiziert wurde und in keinster Weise die Absicht verfolgte, Unruhen oder Spaltungen zwischen uns zu schaffen.

Was später in der UdSSR passierte, wäre für Che nicht überraschend gewesen. Während er wichtige Ämter oder Funktionen ausübte, ging er immer bedachtsam und respektvoll zu Werke.

Seine Sprache nahm dann harte Züge an, wenn er mit der schrecklichen, vom Imperialismus aufgezwungenen menschlichen Realität zusammenstieß, die er in der ehemaligen belgischen Kolonie des Kongo erlebte.

Er, der selbstlose, gebildete und tiefgründige Mann, starb in Bolivien zusammen mit einer Hand voll kubanischer Männer und Kämpfer aus anderen lateinamerikanischen Ländern, die für die Befreiung Unseres Amerika kämpften. Er hat die Welt von heute nicht mehr kennen gelernt, in der es Probleme gibt, die damals unbekannt waren.

Du hast ihn nicht gekannt, sagte ich zu Lula. Er war in allem systematisch, in der freiwilligen Arbeit, im Studium und in seiner Haltung: bescheiden und uneigennützig, er war ein Vorbild in den Produktionszentren sowie in einer Kampfhandlung.

Ich denke, beim Aufbau des Sozialismus ist es so, je mehr die Privilegierten bekommen, desto weniger bekommen die am meisten Bedürftigen.

Ich wiederholte gegenüber Lula, dass die Jahre im fortgeschrittenen Alter in Riesenschritten vergehen, um ein mehrfaches schneller. Beinahe kann ich das von jedem Tag behaupten. Ständig werden neue Nachrichten über Ereignisse veröffentlicht, die wir in unserem Treffen am 15. Januar schon vorausgesehen haben.

Mit ausführlichen wirtschaftlichen Argumenten erklärte ich ihm, dass 1959 zum Zeitpunkt des Sieges der Revolution die Vereinigten Staaten für einen großen Teil unserer Zuckerproduktion einen Präferenzpreis von 5 Cent pro Pfund bezahlten. Der Zucker ging fast ein Jahrhundert lang auf den traditionellen Markt jenes Landes. Auch in kritischen Zeiten waren wir so dicht vor der Küste stets ein sicherer Lieferant. Als wir unser Gesetz über die Agrarreform verkündeten, entschied Eisenhower, was zu tun war. Zu jener Zeit waren seine Zuckerfabriken noch nicht verstaatlicht worden –das wäre zu früh gewesen- auch das gerade erst im Mai 1959 verabschiedete Agrargesetz hatte noch keine Anwendung auf seine großen Latifundien gefunden. Aber im Vorgriff auf jene Entscheidung wurde unsere Zuckerquote im Dezember 1960 gestrichen und als Bestrafung später an andere Produzenten und andere Regionen der Welt umverteilt. Unser Land wurde blockiert und isoliert.

Das Schlimmste waren die fehlenden Skrupel und die Methoden, mit denen die USA versuchten, der Welt ihre Herrschaft aufzuzwingen. Sie schleppten Viren in unser Land ein und vernichteten die besten Zuckerrohrpflanzen, sie haben den Kaffee, die Kartoffeln und die Schweine mit Viren befallen. Die Barbados-4362 war eine unserer besten Zuckerrohrsorten. Sie wurde früh reif, hatte einen Zuckerertrag bis zu 13 oder 14 % und erreichte 200 Tonnen Rohrgewicht pro Hektar in 15 Monaten. Die Yankees vernichteten die besten Sorten mit Plagen. Noch schwerwiegender war das Einschleppen des Virus des hämorrhagischen Dengue-Fiebers, an dem 344 000 Menschen erkrankten. 101 Kinder starben. Ob sie noch andere Viren eingeführt haben, wissen wir nicht, oder sie haben es aus Angst zur unmittelbaren Nachbarschaft zu Kuba nicht getan.

Als wir aus diesen Gründen die zugesagten Zuckerlieferungen in die UdSSR nicht erfüllen konnten, haben die sowjetischen Genossen deshalb nie die vereinbarten Warenlieferungen an uns unterbrochen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich mit ihnen um jeden Cent des Zuckerpreises handelte. Ich lernte in der Praxis kennen, was ich bis dahin nur aus der Theorie kannte, den ungleichen Austausch. Sie garantierten uns einen Preis, der über dem damals herrschenden Weltmarktpreis lag. Die Verträge wurden über fünf Jahre geschlossen. Wenn wir zu Beginn des Jahrfünfts x Tonnen Zucker schickten, um die Waren zu bezahlen, war der Wert ihrer Produkte am Ende des Jahrfünfts 20 Prozent höher im Vergleich zum internationalen Preis. In den Verhandlungen waren sie immer großzügig. Einmal stieg der Preis auf dem Weltmarkt vorübergehend auf 19 Cent, wir haben diesen Preis haben wollen, und sie haben das akzeptiert. Das hat später als Grundlage für die Anwendung des sozialistischen Prinzips gedient, dass die wirtschaftlich höher entwickelten Länder die weniger entwickelten beim Aufbau des Sozialismus unterstützen sollten.

Als mich Lula fragte, wie hoch die Kaufkraft dieser 5 Cent war, so erklärte ich ihm, dass man damals mit einer Tonne Zucker sieben Tonnen Erdöl kaufen konnte; heute, bei einem Preis von 100 Dollar für vergleichbares Öl bekommt man nur ein Barrel. Den Zucker, den wir zu den gegenwärtigen Preisen exportieren, würde nur reichen, um Kraftstoff für 20 Tage zu importieren. Man müsste dafür etwa vier Milliarden Dollar im Jahr aufbringen.

Die USA subventionieren ihre Landwirtschaft jedes Jahr mit mehreren Milliarden. Warum lassen sie nicht euer Äthanol, das ihr produziert, frei auf ihren Markt? Sie subventionieren in brutaler Weise und verhindern so mögliche jährliche Einkommen für Brasilien in Milliardenhöhe. Das gleiche tun andere reiche Länder mit ihrer Zucker-, Ölfrucht- und Getreideproduktion, um Äthanol zu erzeugen.

Lula analysierte Zahlen der landwirtschaftlichen Produktion in Brasilien, die von großem Interesse sind. Er teilte mir mit, dass er von der brasilianischen Presse eine Studie anfertigen ließ, die aufzeigt, dass bis 2015 die Sojaproduktion in der Welt um 2 % pro Jahr anwachsen wird, das heißt, dass dann 189 Millionen Tonnen Soja mehr als heute produziert werden. Um den Bedarf in der Welt zu befriedigen, müsste die Sojaproduktion in Brasilien jährlich in einem Tempo von 7 % steigen.

Wo liegt das Problem? Viele Länder haben schon keine Anbauflächen mehr. Indien, zum Beispiel, hat kein Stück Land mehr frei. China hat sehr wenig Fläche dafür, und die Vereinigten Staaten können auch keine zusätzlichen Produktionsflächen für Soja nutzen.

Ich fügte seiner Erläuterung hinzu, dass viele lateinamerikanische Länder Millionen von Bürgern haben, die Kaffee, Kakao, Gemüse, Obst, Rohmaterial und Waren zu Hungerlöhnen und Billigpreisen produzieren, um die US-Gesellschaft zu versorgen, die nicht mehr sparsam lebt und mehr verbraucht als sie produziert.

Lula erklärte, dass sie in Ghana ein Forschungsbüro der EMBRAPA - das brasilianische Unternehmen zur landwirtschaftlichen Forschung - eingerichtet haben und setzt hinzu, dass sie im Februar auch ein solches Büro in Caracas eröffnen werden.

"Vor 30 Jahren, Fidel, betrachtete man solche Regionen wie Brasilia, Mato Grosso und Goiás als einen Teil von Brasilien, der nichts besaß, er war einer afrikanischen Savanne gleich. In 30 Jahren wurden diese Regionen zum größten Getreideproduzenten ganz Brasiliens. Und ich meine, Afrika hat Gebiete, die den unseren sehr ähnlich sind. Deshalb haben wir das Forschungsbüro in Ghana angesiedelt. Auch mit Angola wollen wir eine Gesellschaft gründen."

"Brasilien", sagte er zu mir, "hat eine privilegierte Lage. Wir haben 850 Millionen Hektar Land, davon gehören 360 Millionen dem Amazonasgebiet an. 400 Millionen sind gutes Ackerland. Das Zuckerrohr nimmt nur 1 % ein".

Brasilien, kommentierte ich, ist außerdem der größte Kaffeeexporteur der Welt. Brasilien bekommt heute für eine Tonne dieses Produktes noch den gleichen Preis wie im Jahr 1959, etwa 2.500 heutige Dollar. Wenn man für eine Tasse in den USA 10 Cent bezahlte, kostet heute eine Tasse duftender Espresso im italienischen Stil fünf Dollar oder mehr. Das ist das BIP in den Vereinigten Staaten.

In Afrika kann man nicht tun, was Brasilien tut.

Ein großer Teil Afrikas ist von Wüsten oder tropischen und subtropischen Gebieten bedeckt, wo es schwierig ist, Soja oder Getreide anzubauen. Nur in der Mittelmeerregion im Norden – wo einige hundert Millimeter Niederschlag pro Jahr fallen - oder dort, wo man das Wasser des Nilflusses zum beregnen nutzen kann, auf den Hochplateaus und im Süden, die sich die Apartheid angeeignet hatte, wird reichlich Getreide produziert.

Von den Fischen aus Afrikas kalten Gewässern, speziell an der Westküste, ernähren sich die entwickelten Länder, die mit ihren Schleppnetzen große und kleine Exemplare jener Arten abfischen, die vom Plankton der Strömungen leben, die vom Südpol kommen.

Afrika hat eine viermal so große Oberfläche wie Brasilien (30,27 Millionen Quadratkilometer) und 4,3 mal mehr Einwohner (911 Millionen), ist aber weit davon entfernt, so eine übermäßige Lebensmittelproduktion wie Brasilien zu haben. Und die Infrastruktur muss erst noch aufgebaut werden.

Viren und Bakterien, die Kartoffeln, Zitrusfrüchte, Bananen, Tomaten und Rinder im Allgemeinen befallen, die Schweine- und Hühnerpest, der Rinderwahnsinn und andere Krankheiten, die das Vieh in aller Welt befallen, sind in Afrika reichlich vorhanden.

Ich sprach mit Lula über unsere "Schlacht der Ideen”. Ständig gehen neue Nachrichten ein, die die Notwendigkeit dieses Kampfers herausfordern. Die schlimmsten Presseorgane der ideologischen Feinde widmen sich weltweit der Verbreitung von Meinungen einiger "Würmchen” (Landesgegner), die in unserem heroischen und großzügigen Land das Wort "Sozialismus" nicht einmal mehr hören wollen. Am 20. Januar, fünf Tage nach dem Besuch, veröffentlichte eines dieser Organe die Meinung eines Jugendlichen, der dank der Revolution ein gutes Bildungsniveau, Gesundheit und Arbeit hat:

"Ich will von keinerlei Sozialismus wissen" und begründete seinen Zorn damit, dass "viele Leute für ein Paar Dollars ihre Seele verkauften. Und das Neue, das in diesem Land kommen wird, was immer es auch sei, dem sollte man einen anderen Namen geben", sagte er. Das sei ein Wolf, aber als Großmutter verkleidet.

Der Journalist, der diese Äußerungen verbreitet, stellt freudig fest: "Die offizielle Propaganda ruft die Kubaner zu den Wahlurnen und zitiert dabei vielmehr das Wort Revolution als das Wort Sozialismus. Kuba ist keine Luftblase mehr wie noch bis zum Ende der 80er Jahre. Der Blickwinkel der Insel nimmt immer globalere Züge an, und das Land, besonders die Hauptstadt, ist im Begriff einer beschleunigten Entwicklung in Richtung Moderne. Eine der Auswirkungen ist, dass die Nähte des vor Jahrzehnten importierten Sozialismus allmählich aufplatzen".

Hier spricht der imperiale Kapitalismus auf vulgäre Art den individuellen Egoismus an, der vor 240 Jahren von Adam Smith als Ursache für den Reichtum der Nationen vorausgesagt wurde, das heißt, alles in die Macht des Marktes zu legen. Das würde Reichtum ohne Ende in einer idyllischen Welt bedeuten.

Ich denke an Afrika und seine fast eine Milliarde Menschen, die Opfer der Prinzipien dieser Politik sind. Die Krankheiten, die mit Fluggeschwindigkeit daher kommen und sich im Tempo des Aids verbreiten, und andere alte und neue Krankheiten beeinträchtigen die Bevölkerung und ihre landwirtschaftlichen Kulturen, ohne das eine der alten Kolonialmächte wirklich fähig wäre, ihnen Ärzte und Wissenschaftler zu schicken.

Über diese Themen habe ich mit Lula gesprochen.

Fidel Castro Ruz
26. Januar 2008


Teil 4

Ich will die Geduld der Leser nicht missbrauchen, noch die außergewöhnliche Gelegenheit, die mir Lula bei unserer Begegnung zum Gedankenaustausch bot. Daher versichere ich, dass dieser der vierte und letzte Teil über seinen Besuch sein wird.

Als ich mit ihm über Venezuela sprach, sagte er: "Wir beabsichtigen, mit Präsident Chávez zu kooperieren. Ich habe mit ihm die Absprache getroffen. Zweimal pro Jahr werde ich nach Caracas reisen und er wird zweimal nach Brasilien kommen, um zwischen uns keine Unstimmigkeiten aufkommen zu lassen und, sollte es sie geben, diese auf der Stelle zu klären. Venezuela braucht kein Geld", sagte er, "denn das Land hat viele Ressourcen; doch es braucht Zeit und Infrastruktur."

Ich sagte ihm, dass mich seine Einstellung zu diesem Land sehr freue, denn wir sind diesem Brudervolk sehr dankbar für die unterzeichneten Abkommen, die uns eine normale Versorgung mit Brenn- und Kraftstoff gewährleisten.

Ich kann nicht vergessen, dass unmittelbar nach dem Staatsstreich im April 2002 die Parole der Angreifer auf die Staatsgewalt in Bezug auf unser Land lautete "nicht einen Tropfen Erdöl mehr für Kuba". Wir wurden zu einem zusätzlichen Beweggrund für die Absichten des Imperialismus, die Wirtschaft Venezuelas zum Bersten zu bringen, obwohl sie das de facto bereits vorhatten, seit Chávez seinen Amtseid als Präsident über der sterbenden Verfassung der IV. Republik geleistet hatte, die später dann auf rechtmäßige und demokratische Weise zur V. Republik wurde.

Als der Erdölpreis in die Höhe schnellte und sich reale Kaufschwierigkeiten einstellten, hat Chávez die Lieferungen nicht nur fortgesetzt, sondern sie sogar noch erhöht. Seit den ALBA-Verträgen (ALBA – Bolivarianische Alternative für Lateinamerika), unterzeichnet in Havanna am 14. Dezember 2004, wird diese Versorgung zu ehrenhaften und für beide Seiten nutzbringenden Bedingungen fortgesetzt. Dort (in Venezuela) sind annähernd 40 000 selbstlose kubanische Spezialisten, mehrheitlich Ärzte, im Einsatz und tragen mit ihrem Wissen, besonders jedoch als Vorbilder eines praktizierten Internationalismus zur Ausbildung der Venezolaner bei, die an ihre Stelle treten werden.

Ich erklärte ihm, dass Kuba zu allen Ländern Lateinamerikas und der Karibik, ob links oder rechts ausgerichtet, freundschaftliche Beziehungen unterhält. Diese Linie vertreten wir seit geraumer Zeit, und wir werden sie nicht ändern; eine jegliche Handlung zugunsten des Friedens zwischen den Völkern sind wir bereit zu unterstützen. Es ist dieses ein Terrain voller Dornen und Unebenheiten, doch wir werden es nicht verlassen.

Erneut bringt Lula seine Achtung und tiefe Herzlichkeit zum Ausdruck, die er für Kuba uns seine Führungspersönlichkeiten empfindet. Im gleichen Atemzug fügte er hinzu, dass ihn die Geschehnisse in Lateinamerika mit Stolz erfüllen und bekräftigte erneut, wie wir hier in Havanna entschieden, das Sao Paulo Forum zu gründen und die gesamte Linke Lateinamerikas zu vereinen und wie diese Linke nun im Begriff ist, in nahezu allen Ländern die Macht zu übernehmen.

Bei dieser Gelegenheit erinnerte ich ihn daran, dass uns Martí gelehrt hat, alle Herrlichkeiten dieser Welt finden in einem Maiskorn Platz. Dazu Lula: Ich sage allen, dass Sie bei unseren Gesprächen nie einen Rat erteilt haben, der mit der Gesetzlichkeit in Konflikt geraten könnte. Stets haben Sie mich gebeten, mir nicht zu viele Feinde gleichzeitig zuzuziehen. Und das macht es möglich, dass die Dinge funktionieren.

Fast unmittelbar darauf äußerte er, Brasilien, dieses große und ressourcenreiche Land, müsse Ecuador, Bolivien, Uruguay und Paraguay unterstützen.

Jetzt sind wir in Zentralamerika gewesen. Noch nie hatte ein brasilianischer Präsident mit Kooperationsprojekten (im Gepäck) ein Land dieser Region besucht.

Ich fragte ihn: Lula, weißt du noch, was ich dir bei dem vertraulichen und ungezwungenen Essen sagte, das du für unsere Delegation am Folgetag deiner Amtsübernahme im Januar 2003 gabst? Keines der Kinder der großen Mehrheit der Armen, die dir ihre Stimme gaben, wird jemals eine leitende Position der großen staatlichen Unternehmen Brasiliens bekleiden; das Universitätsstudium ist hier zu teuer!

Dazu erklärt Lula: Wir sind dabei, 214 technische und Berufsschulen einzurichten; ebenso 13 neue Universitäten des Bundes und 48 Universitätsnebenstellen.

Ich frage ihn: Das muss nicht bezahlt werden, nicht wahr? Umgehend antwortet er: Wir haben ein Programm geschaffen und in seinem Rahmen bereits 460.000 junge Menschen aus den Randgebieten, Arme, aus Volksschulen hier eingegliedert, damit sie ein Universitätsstudium absolvieren können. Die Rechte hat mich beschuldigt, eine Herabsetzung des Ausbildungsniveaus zu beabsichtigen. Zwei Jahre später wurden 14 Studiengänge inspiziert mit dem Ergebnis, die Besten waren die Armen aus der Peripherie. Wir sind bei der Schaffung eines weiteren Programms mit 18 Schülern im Durchschnitt. Damit wird erreicht werden, dass 250.000 junge Menschen ein Hochschulstudium aufnehmen können.

Die Handelsbeziehungen Brasiliens zu Lateinamerika übersteigen, wie er mir sagte, ihrem Umfang nach die Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten.

Ich erklärte ihm Folgendes: Wollen wir zwischen beiden Ländern enge Beziehungen unterhalten, und das nicht nur als Freunde, sondern auch als Partner in bedeutenden Bereichen, dann muss ich die Meinung der Führungspersönlichkeiten Brasiliens kennen, denn wir würden in strategischen Bereichen assoziiert sein, und wir haben es uns zur Regel gemacht, unseren wirtschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Wir sprachen über andere wichtige Probleme; über Fragen, in denen wir übereinstimmen und jenen, bei denen es nicht der Fall ist, doch alles mit größtmöglichem Taktgefühl.

Ich nannte ihm diverse Regionen, einschließlich die Karibik, und die Formen der Zusammenarbeit, die wir mit ihnen praktizieren.

Lula meinte, Brasilien müsse eine aktivere Politik der Zusammenarbeit mit den ärmeren Ländern betreiben. Es kommen ihm neue Verantwortlichkeiten zu; es ist das reichste Land der gesamten Region.

Logischerweise sprach ich den Klimawandel an und die geringe Beachtung, die viele Führungen der Industrieländer der Welt diesem Thema schenken.

Bei unserem Gespräch am Nachmittag des 15. Januar konnte ich nicht Bezug auf den nur drei Tage später von Stephen Leahy in Toronto verfassten Artikel nehmen. Dieser bringt Auszüge aus dem neuen Buch von Lester Brown Mobilmachung zur Rettung der Zivilisation.

"Die Krise ist äußerst ernst und drängt und erfordert von den Nationen ein Mobilisieren ähnlich dem während des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) durchgeführten", so der Autor Lester Brown, Präsident des Studienzentrums Institut für Weltpolitik mit Sitz in Washington.

"Der Klimawandel wird viel schneller eintreten als von den Wissenschaftlern vorgesehen und unser Planet wird einen unvermeidlichen Temperaturanstieg von mindestens zwei Grad verzeichnen, der uns unweigerlich in die Gefahrenzone bringt", äußerte Brown zu IPS.

"Keiner der Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen in den Vereinigten Staaten" – stattfinden werden sie am ersten Dienstag im November – "spricht die Dringlichkeit des Themas Klimawandel an."

"Der Treibhauseffekt, für die Erderwärmung zu einem guten Teil verantwortlich, ist bis 2020 um 80 Prozent zu reduzieren."

Dieses ist ein viel höheres Ziel als das von der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe über den Klimawandel (IPCC) gesetzte, das 2007 gemeinsam mit dem US-amerikanischen Exvizepräsidenten Al Gore, der eine Verminderung von 25 bis 40 Prozent gegenüber dem Emissionsstand von 1990 empfahl, den Nobel-Friedenspreis erhielt, heißt es in der Meldung. Brown zufolge entsprechen die von der IPCC benutzten Angaben nicht dem heutigen Stand, denn es sind seitdem zwei Jahre vergangen. Jüngere Studien zeigen an, dass der Klimawandel in beschleunigtem Tempo erfolgt, sagte er.

Obwohl er damit rechnet, dass die IPCC ihre Empfehlung im nächsten Bericht modifizieren wird, führt er aus, dass dieser erst in fünf oder sechs Jahren bekannt werden wird. "Viel zu spät, wir müssen bereits jetzt handeln", versicherte Brown.

Browns Plan B 3.0 empfiehlt Maßnahmen zum Erzielen der 80 Prozent Emissionsreduzierung, die sich nachdrücklich stützen auf eine effiziente Nutzung der Energie, auf die erneuerbaren Energiequellen und die Ausdehnung des Baum"schildes" unseres Planeten.

"Mit 1,5 Millionen neuen Zwei-Megawatt-Windturbinen kann die Windenergie 40 Prozent des Weltbedarfs decken. Obwohl es sich um eine scheinbar hohe Anzahl handelt, so werden doch alljährlich in der Welt 65 Millionen Autos produziert.

Eine effizientere Beleuchtung kann den Stromverbrauch der Welt um 12 Prozent senken.

In den Vereinigten Staaten fallen auf Geschäfts- und Wohngebäude 40 Prozent der Kohlenstoffemissionen. Der nächste Schritt muss darauf gerichtet sein, den Strom für Heizung, Kühlung und Beleuchtung der Wohnungen auf umweltfreundliche Weise zu erzeugen.

Der Einsatz von Biobrennstoffen, erzeugt auf der Basis von Getreide wie Reis und Soja produziert werden, treiben die Preise dieser Nahrungsmittel in die Höhe und können für die Armen dieser Welt zu einem schrecklichen Nahrungsmangel führen.

Das zahlenmäßige Wachstum der Weltbevölkerung um 70 Millionen pro Jahr erfolgt konzentriert in Nationen, in denen sich die Wasserreserven erschöpfen und die Brunnen austrocknen, die Waldflächen kleiner werden, die Böden degradieren und das Weideland zur Wüste wird.

Jahr für Jahr steigt die Anzahl der ‚nicht lebensfähigen Staaten‘, die eine ‚Frühwarnung für den Zusammenbruch einer Zivilisation‘ darstellen", kommentierte Brown.

"Ebenfalls auf die Problemliste gehört der Preisanstieg des Erdöls. Die reichen Länder werden alles Erdöl haben, das sie brauchen, während die armen ihren Verbrauch reduzieren müssen.

Bevölkerungszunahme und Armut erfordern eine besondere Beachtung seitens der entwickelten Welt.

Die Zeit ist die Ressource, an der es uns am meisten mangelt", schloss der angesehene Wissenschaftler.

Die Gefahr, in der die Menschheit schwebt, kann nicht klarer ausgedrückt werden.

Doch diese ist nicht die einzige Meldung, die nach meinem Treffen mit Lula veröffentlicht wurde. Vor erst zwei Tagen brachte The New York Times, die vor dem Kongress gehaltene Bush-Rede verurteilend und zerfetzend, in ihrem Leitartikel diesen Gedanken in einer Zeile zum Ausdruck: "Der zivilisierten Welt stehen entsetzliche Gefahren bevor."

China, ein Land, dessen Fläche das 87-fache unserer Insel beträgt und in dem 84 mal mehr Menschen leben als in Kuba, wurde von einer ungewohnten Kältewelle heimgesucht, von der Shanghai, das am stärksten entwickelte Gebiet, sowie der übrige südliche und zentrale Teil dieses großen Landes betroffen wurden. Die Behörden rufen den Notstand aus, den die internationalen westlichen Agenturmeldungen – von AFP, AP, EFE, DPA, ANSA und anderen – mitteilen: "Aufgrund der starken Schneefälle mussten Wärmekraftwerke geschlossen und die Kohlevorräte, die wichtigste Energiequelle des Landes, auf die Hälfte vermindert werden, was eine schwerwiegende Energiekrise verursacht hat.

… im am härtesten geschädigten Gebiet haben sieben Prozent der Gesamtenergieerzeugung ihren Betrieb eingestellt, hob der Energieausschuss hervor.

... 90 Kraftwerke, die zusätzliche 10 Prozent Strom aus Wärmekraft erzeugen, könnten in den nächsten Tagen schließen, wenn die Situation nicht besser wird…

Die Behörden weisen darauf hin, dass die Kohlevorräte sich auf die Hälfte verringert haben…

Das größte Problem ist das Verkehrswesen. Wang Zheming, Experte des Staatlichen Sicherheitsausschusses unterstrich, dass die Hälfte der Züge dem Kohletransport dient, weshalb das Lahmliegen des Netzes viele Probleme verursacht hat.

Wang erinnerte daran, dass der Kohletransport in diesen Tagen mit der Personenbeförderung wetteifert, weil aufgrund der Feiertage in kaum einem Monat 180 Millionen Menschen sich in Zügen fortbewegen.

Für China ist die Verwendung einer anderen Energiequelle schwierig. Ideal wäre Erdgas, aber die Vorkommen sind noch unzureichend, kommentierte der Experte."

Es muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass das Gebiet des Yangtse und andere zentrale und südliche Teile des Landes in den letzten Monaten die schlimmste Dürreperiode innerhalb eines halben Jahrhunderts erlitten haben, was die Stromerzeugung mittels Wasserkraft beeinträchtigt hat.

Nach Verlautbarungen des Chinesischen Meteorologieverbands "wird es in den nächsten drei Tagen weiterhin starke Schneefälle geben".

"Das gesamte Land hat sich in Bewegung gesetzt, um dem Notstand zu begegnen. In der Stadt Nanking wurden 250.000 Menschen zur Schneeräumung auf den Straßen eingesetzt."

Jene Agenturmeldungen sprechen von "460.000 Soldaten der Befreiungsarmee des Volkes, die in die chinesischen Provinzen geschickt wurden, um jenen Millionen Menschen unter freiem Himmel Hilfe zukommen zu lassen, welche von der härtesten Kältewelle der letzten Zeit betroffen sind, und von einer Million Beamten der Behörden als Unterstützung zur Wiederherstellung des Verkehrs und der Dienstleistungen.

Das Gesundheitsministerium hat 15.000 Ärzte zur Betreuung der Geschädigten geschickt.

Ministerpräsident Wen Jiabao sprach in Kanton zu einer großen Menge Reisender, deren Züge nicht verkehren konnten.

Man schätzt die Betroffenen auf über 80 Millionen. Die Schäden in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelproduktion werden noch untersucht."

BBC Mundo äußert: "Die Regierung von China hat mitgeteilt, dass eine schwerwiegende Dürreperiode dazu geführt hat, dass der Wasserstand in einem Teil des größten Flusses des Landes, dem Yangtse, auf den niedrigsten Wert gefallen ist, seitdem vor 142 Jahren begonnen wurde, Register zu führen.

In der Hafenstadt Hankou, in Landesmitte, fielen Anfang Januar die Wasserstände auf 13,98m, etwas, was seit 1866 nicht geschehen war, zitierte sie örtliche Medien."

Die Kältewelle näherte sich Vietnam mit ungewohnt niedrigen Temperaturen.

Solche Nachrichten vermitteln eine Idee, was der Klimawechsel bedeuten kann, der den Wissenschaftlern solche Sorgen macht. Bei beiden von mir genannten Beispielen handelt es sich um revolutionäre Länder, die perfekt organisiert sind, über eine große wirtschaftliche und menschliche Kraft verfügen und wo alle Mittel sofort in den Dienst des Volkes gestellt werden. Es geht hier nicht um hungrige, sich selbst überlassene Menschenmassen. Andererseits berichtet eine Reuters-Agenturmeldung vom 29. Januar, dass "‘Frankreich vorhat, seine Politik bezüglich des Biokraftstoffverbrauchs zu verändern, und zwar aufgrund der Zweifel über die Auswirkungen der so genannten ‘grünen Kraftstoffe’ auf die Umwelt’, teilte am Dienstag die Staatssekretärin für Umwelt mit.

"Frankreich ist zu einem der größten Hersteller von Biokraftstoffen in Europa geworden, nachdem es eine zweideutige Politik eingeführt hat, welche die Zielstellungen der Europäischen Union, die Biokraftstoffe mit Standardkraftstoffen zu mischen, um zwei Jahre vorverlegte.

Zur Erreichung seiner Zielstellungen bei den Kraftstoffmischungen… legte Frankreich ein System von Quotenanteilen fest, wo diese aus den niedrigen Steuern Vorteile schöpfen, um sie gegenüber den hergebrachten Kraftstoffen wettbewerbsfähig zu machen.

Diese Politik ermunterte viele Gesellschaften, in der Branche zu investieren, indem sie Äthanol- und Biodiesel-Anlagen im ganzen Land bauten."

Alles von mir eben Dargelegte stellt eine Gesamtheit sich gerade neu ereignender Elemente dar, die - obwohl konzeptuell vorgesehen – unter solchen Umständen sicherlich von Brasilien, das im Augenblick glücklicherweise nicht von großen klimatischen Katastrophen heimgesucht wird, wichtige Schritte in seiner Handels- und Investitionspolitik fordern werden. Sein Gewicht in der internationalen Arena wird unmittelbar wachsen.

Es ist offensichtlich, dass eine wachsende Anzahl von Faktoren die Situation des Planeten erschwert. Man kann mehrere anführen:

1. Wachsender Verbrauch des Erdöls, eines nicht erneuerbaren und umweltverschmutzenden Produkts, und zwar aufgrund der Verschwendung der Konsumgesellschaften;

2. Mangel an Nahrungsmitteln aus verschiedenen Gründen, darunter das exponentielle Wachstum der Weltbevölkerung und der Tierbestände, welche die Körner und Getreidearten direkt zu Proteinen mit ständig wachsender Nachfrage werden lassen;

3. Raubbau der Meere und Vergiftung seiner Artenvielfalt durch chemische Industrieabfälle, die mit dem Leben unvereinbar sind;

4. Die schauerliche Idee, die Nahrungsmittel in Kraftstoffe für Muße und Luxus zu verwandeln;

5. Die Unfähigkeit des herrschenden Wirtschaftssystems zur rationellen und effizienten Anwendung von Wissenschaft und Technik bei der Bekämpfung von Plagen und Krankheiten, welche das menschliche Leben angreifen und das der Tiere und Pflanzen, auf das es sich stützt. Die Biotechnologie verändert die Gene und die transnationalen Unternehmen erzeugen und verwenden ihre Produkte, wobei sie die Gewinne durch Werbung maximieren, ohne weder die Sicherheit für die Verbraucher, noch den Zugang derjenigen, die es am meisten benötigen, zu garantieren. Zu diesen Produkten gehören die brandneuen Nanotechnik-Moleküle – der Begriff ist relativ neu – die sich auf dieselbe Art und Weise zügellos den Weg bahnen.

6. Die Notwendigkeit von rationellen Plänen bezüglich Familienplanung und Wachstum der Gesellschaft als Ganzes, frei von Hegemonie- und Machtabsichten;

7. Ein fast vollkommener Bildungsmangel bei lebenswichtigen Themen, selbst in den Nationen mit höherem Niveau der Schulausbildung;

8. Die realen Risiken, die von den Massenvernichtungswaffen in Händen von Verantwortungslosen ausgehen, was die schon zitierte New York Times, eines der einflussreichsten Presseorgane der Vereinigten Staaten, als haarsträubende Gefahren bezeichnete.

Gibt es Mittel gegen diese Gefahren? Ja: sie zu kennen und auf sich zu nehmen. Wie? Das wären rein theoretische Antworten. Die Leser sollen sie sich selbst geben, besonders die jüngeren unter den Männer und Frauen, wie man in letzter Zeit immer beide Geschlechter aufführt, um nicht diskriminierend gegenüber den Frauen zu erscheinen. Wartet nicht darauf, erst Staatschef zu werden.

Hatte ich nun Gesprächsthemen mit Lula, oder nicht? Es war unmöglich, ihm alles zu erzählen. Auf diesem Wege ist es einfacher, die Nachrichten für ihn zu kommentieren, die anschließend eintrafen.

Ich habe ihn daran erinnert, dass ich dabei bin, mich von den beiden Unfällen zu erholen: von dem in Villa Clara und von der Krankheit, die mich nach meiner letzten Reise nach Argentinien heimgesucht hat.

Fast zum Schluss sagte er zu mir: "Sie sind eingeladen, dieses Jahr nach Brasilien zu fahren". Danke, habe ich ihm geantwortet, zumindest in Gedanken werde ich dort sein.

Zuletzt sagte er zu mir: Ich werde den Genossen und Freunden, die Sie in Brasilien haben, sagen, dass es Ihnen sehr gut geht.

Wir sind gemeinsam bis zum Ausgang gegangen. Das Treffen hat sich wirklich gelohnt.

Fidel Castro Ruz
Havanna, 31. Januar 2008

Quelle: Das deutschsprachige Fidel Castro Archiv