Rede von Fidel Castro bei der Ankunft der sterblichen Überreste von Ernesto Che Guevara und weiterer compañeros am Mausoleum in Santa Clara, Cuba, 17. Oktober 1997
Foto: Estudios Revolución |
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Werte Hinterbliebene, werte Angehörige der Compañeros!
Sehr geehrte Gäste!
Liebe Einwohner von Villa Clara!
Liebe Landsleute!
Tief bewegt durchleben wir gemeinsam einen einmaligen Augenblick. Wir sind nicht gekommen, um uns von Che und seinen heroischen compañeros zu verabschieden.
Wir sind gekommen, um sie zu begrüßen, sie zu begrüßen als Avantgarde unbesiegbarer Kämpfer, die nicht nur Kubaner sind, sondern Lateinamerikaner, die gekommen sind, um an unserer Seite zu kämpfen und neue Kapitel der Geschichte und des Glanzes zu schreiben.
Ches Rolle als Streiter für die Revolution wächst täglich und unaufhörlich, und er wirkt als Vorbild in vielfacher Weise. Er ist ein moralischer Gigant.
Wie könnte er sich je für uns in ein Denkmal verwandeln? Wie könnte er je auf diesem Platz begraben sein?
Wie könnte er lediglich auf unserer geliebten, aber kleinen Insel verehrt werden? Nur in der Welt, von der er geträumt hat, für die er gelebt hat und für die er gekämpft hat, gibt es einen entsprechenden Platz für ihn.
Seine Person wird noch bedeutsamer werden, je mehr Ungerechtigkeit, je mehr Ausbeutung, je mehr Ungleichheit, je mehr Arbeitslosigkeit, je mehr Armut, Hunger und Not in der Gesellschaft herrschen werden.
Die Werte, für die er kämpfte, werden noch kostbarer, je mehr das Streben des Imperialismus nach Vorherrschaft und Macht anwächst, zum Nachteil der Rechte, insbesondere der unterentwickelten und armen Völker, die Jahrhunderte lang Kolonien und Sklaven des Westens gewesen sind.
Sein tiefes humanistisches Streben wird um so stärker im Kontrast stehen zu wachsendem Mißbrauch, Egoismus, Entfremdung und Diskriminierung der Indios, der ethnischen Minderheiten, der Frauen und der Einwanderer, je mehr Kinder millionenfach Opfer des Sextourismus oder der erzwungenen Kinderarbeit werden, je mehr Ignoranz, Umweltbelastung, Unsicherheit und Schutzlosigkeit es geben wird.
Je korrupter, demagogischer und heuchlerischer Politiker auf dieser Welt sind, desto herausragender wird sein klarer, revolutionärer und konsequenter Charakter hervortreten.
Seine Tapferkeit und revolutionäre Integrität wird noch mehr bewundert werden, je mehr Feiglinge, Opportunisten und Verräter auf der Bildfläche erscheinen; sein unbeugsamer Wille wird noch offensichtlicher, je mehr skrupellose Menschen auftreten. Sein Ehrgefühl und seine Würde werden noch mehr hervortreten, je mehr Leute ihre Integrität verlieren. Noch mehr wird sein Glaube an die Menschheit im Gegensatz zu den anwachsenden Skeptikern beeindrucken. Noch mehr wird sich sein Optimismus gegenüber den Pessimisten verdeutlichen. Noch mehr wird seine Kühnheit sichtbar gegenüber der wachsenden Zahl von Unschlüssigen; noch mehr seine Strenge, sein Wissensdrang und seine Arbeitsmoral im Vergleich zu den Ausbeutern, die durch Luxus und Müßiggang die Produkte der Arbeit anderer verschwenden.
Che war ein echter Kommunist und ist heute ein Vorbild für jeden Revolutionär und Kommunisten.
Che war ein Lehrer und Leitbild für Männer von seinesgleichen. Konsequent in seinen Handlungen, hat er immer das getan, was er sagte, und nie aufgehört von sich selbst mehr zu verlangen als von den anderen.
Immer wenn ein Freiwilliger für eine schwierige Aufgabe gebraucht wurde, meldete er sich als erster, sowohl im Krieg als auch im Frieden. Seine großen Ideale hat er immer der Bereitschaft geopfert, sein Leben zu verlieren. Für ihn schien nichts unerreichbar, und er war fähig, das Unmögliche möglich zu machen.
Die Invasion von der Sierra Maestra über weite und ungeschützte Täler und die Einnahme der Stadt Santa Clara mit nur wenigen Männern zeugen davon, zu welchen heroischen Taten er fähig war.
Seine Pläne, die Revolution aus ihrem Ursprungsland in andere Länder Südamerikas zu tragen, waren trotz der enormen Schwierigkeiten nicht unmöglich. Wenn sie gelungen wären, wäre die Welt vielleicht heute anders. Vietnam hat gezeigt, daß man gegen die Kriegmaschinerie des Imperialismus kämpfen und siegen konnte. Die Sandinisten haben gegen eine der mächtigsten Marionetten der Vereinigten Staaten gesiegt. Die salvadorianischen Revolutionäre hätten beinahe den Sieg erreicht.In Afrika wurde die Apartheid besiegt, obwohl sie über Atomwaffen verfügte. China ist heute, Dank des aufopferungsvollen Kampfes seiner Bauern und Arbeiter, eines der Länder mit den weitreichendsten Perspektiven in der Welt. Hongkong, größter Drogenumschlagplatz der Welt, mußte nach 150 Jahren Besatzung wieder seinem Mutterland zurückgegeben werden.
Nicht jede Epoche und Etappen des Kampfes erfordert dieselbe Strategie und Taktik. Aber nichts kann den Verlauf der Geschichte aufhalten. Ihre objektiven Gesetze sind ewig gültig. Che hat sich auf diese Gesetze berufen und hatte einen absoluten Glauben an die Menschheit. Oft haben die Kämpfer und Revolutionäre der Menschheit nicht das Privileg, ihre Träume sofort Realität werden zu lassen. Aber früher oder später haben sie gesiegt.
Ein Kämpfer kann sterben, aber seine Ideen nicht. Was suchte ein Mann der Regierung der Vereinigten Staaten dort, wo Che verwundet und gefangen war? Warum dachten sie, daß sie seinen Ruf töten können, wenn sie ihn als Kämpfer töten? Jetzt ist er nicht mehr in La Higuera. Doch er ist überall, überall dort, wo es eine gerechte Sache zu verteidigen gilt. Diejenigen, die daran interessiert waren, ihn zu vernichten und vergessen zu machen, waren dazu nicht in der Lage. Sie hatten nicht verstanden, daß er schon zum unauslöschbaren Kämpfer der Geschichte und — mit seinem leuchtenden, weitsichtigen Blick — zum Symbol für Tausende Arme dieser Welt geworden war. Alle, die von ihm wußten, alle ehrlichen Leute in der ganzen Welt — Kinder, Jugendliche, Alte, Männer und Frauen — bewunderten ihn unabhängig von ihrer sozialen Herkunft.
Che kämpft und gewinnt jetzt noch mehr Schlachten als je zuvor. Danke Che, für deine Taten, für dein Leben und für dein Vorbild!
Danke, daß du heute zur Verstärkung unseres schwierigsten Kampfes, um die Rettung deiner Ideen, gekommen bist; zur Rettung der Revolution, des Vaterlands und der Errungenschaften des Sozialismus, die ein Teil der großen Träume sind, die du hattest! Um diese Heldentat zu vollbringen, um die imperialistischen Pläne gegen Kuba zu vernichten, um der Blockade standzuhalten, um den Sieg zu erlangen, zählen wir auf dich.
Wie du siehst, dieses Land, das auch dein Land ist, dieses Volk, das dein Volk ist, diese Revolution, die auch deine Revolution ist, hißt immer noch mit Stolz und Ehre die Flagge des Sozialismus.
Willkommen compañeros! Heroische Kämpfer! Die Schützengräben des Ideen und der Gerechtigkeit, die ihr zusammen mit unserem Volk verteidigen werdet, wird der Feind niemals erobern! Und zusammen werden wir weiter für eine bessere Welt kämpfen!
Wir kämpfen weiter bis zum Sieg! - Hasta la victoria siempre!
Fidel Castro Ruz
17. Oktober 1997, Santa Clara
Quelle: Das deutschsprachige Fidel Castro Archiv