Abschlußveranstaltung des Kongresses »Pädagogik ’90«

Auszüge aus der Rede auf der Abschlußveranstaltung des Kongresses »Pädagogik ’90« im Theater »Karl Marx« am 9. Februar 1990

Wie ich erfahren habe, wurden auf diesem Kongreß viele Studien vorgestellt. Ich habe gehört, daß diese Studien von hoher Qualität gewesen seien, sowohl die der kubanischen Teilnehmer, als auch die unserer Gäste. Ich werde Euch nicht Ausländer nennen (Beifall), nachdem Ihr eine Erklärung verabschiedet habt, die in ihrem ersten Punkt die Notwendigkeit betont, sich zusammenzuschließen und zu einer Integration zu kommen. Wir müssen endlich beginnen, uns anders zu nennen, vielleicht Lateinamerikaner, oder so ähnlich. Damit sollte man vielleicht die Sprachwissenschaftler beauftragen, nicht wahr? Wer sind die Spezialisten in dieser Materie, damit sie uns sagen, wie wir uns nennen können? (Lachen) Denn die Spanier sagen Hispanoamerikaner, andere sagen Lateinamerikaner, und wieder andere behaupten, daß keine dieser Bezeichnungen zutreffend ist. Aber gut, wir können uns auch Brüder nennen, meint Ihr nicht auch? (Beifall)

Man sagt, daß unsere brüderlichen Gäste sehr gute Studien vorgelegt haben, man hat mir auch gesagt, daß die Teilnehmer sehr qualifiziert seien, außerordentlich qualifiziert. Ihr seht, wenn wir die Erfahrung aller, die Intelligenz aller vereinen, können wir - glaube ich - sehr viel erreichen, daran besteht kein Zweifel. Und wenn wir es.auf diesem Gebiet schaffen, dann werden wir es auch auf anderen Gebieten schaffen. (Beifall)

Man könnte fast sagen, daß es keine Integration ohne Bildung geben kann, denn was man ausbeutet, ist unsere Unwissenheit. Sie nutzen unseren Mangel an Wissen aus, nicht nur den Mangel an Grundwissen, sondern auch den Mangel an technischen und wissenschaftlichen Kenntnissen. Die wissenschaftlich-technische Entwicklung der Industrieländer, die uns ausbeuten, ist eines der Instrumente zur Ausplünderung, wenn natürlich auch nicht das einzige. Wie viele geistige Kapazitäten haben sie unseren Völkern, unserer Hemisphäre gestohlen! Zehntausende! Hunderttausende! Und ich wüßte kein gemeineres Verbrechen, als den Völkern ihre geistigen Kapazitäten zu stehlen, oft gar die brillantesten Köpfe, wenn zum Glück auch nicht alle. Sie nehmen sich nicht nur die Rohstoffe, das Geld, die Devisen, sondern sie nehmen sich auch die Intelligenz. Und sie bezahlen dafür absolut nichts, auch wenn das Land sehr viel Geld in die Ausbildung dieser Kapazitäten investiert hat.

Deshalb ist Euer Vorschlag, der Zusammenschluß aller Kräfte, um uns gegenseitig zu unterstützen, um uns gegenseitig zu helfen, uns gegenseitig etwas beizubringen, um alle voneinander lernen zu können, für die Zukunft unserer Völker lebensnotwendig.

Die Erklärung, die-hier verabschiedet wurde, scheint mir eine wirkliche Perle zu sein, an erster Stelle ist sie gut formuliert – was ..könnte man von Lehrern anders erwarte-n, sie ist ausgezeichnet formuliert, sie ist ausdrucksstark und beeindruckend. (Beifall)

Lassen wir das, was sich auf die Anerkennung unseres Landes bezieht, einmal beiseite, daran denke ich nicht, ich denke an die Grundideen, die in dieser Erklärung zum Ausdruck kommen, an die Gültigkeit, dessen, was in ihr ohne Extremismus und ohne Übertreibung zum Ausdruck kommt, das Gefühl, das darin deutlich wird, an die Beredtheit, die sich darin äußert, die Fragen, die sie aufwirft.

Es muß kein ganzes Buch sein, .einige Absätze genügen, einige Grundfragen, die das Wesentliche ausdrücken, was wir tun müssen, :wenn wir weiterbestehen wollen, wenn wir in Zukunft überleben wollen, wenn wir mit gleichen Rechten, in völliger Unabhängigkeit und in völliger Freiheit, Bestandteil dieser Welt sein wollen; denn die Unwissenheit führt zur Sklaverei, und wird uns immer tiefer in die Sklaverei führen, ohne Bildung können wir diesen langen Weg gar nicht erst antreten.

Ich kann Euch sagen, daß wir damals auch mit der Bildung angefangen haben. Wenn wir heute fast 40.000 ärzte haben, ausgehend von 3.000, die damals geblieben waren, wenn wir heute jährlich ca. 4.000 Absolventen haben, so deshalb, weil wir von Anfang an der Bildung große Aufmerksamkeit geschenkt haben; wenn wir heute Hunderttausende von Hochschulkadern haben, so deshalb, weil wir mit der Beseitigung des Analphabetentums begonnen haben, und Schulen und Lehrer selbst in den letzten Winkel des Landes gebracht haben. (Beifall)

Wenn wir heute Tausende von Wissenschaftlern haben, wenn es in unserem Land eine Art wissenschaftliche Explosion gibt, - vor ein paar Tagen erst, sind wir im Kongreßzentrum mit Vertretern der wissenschaftlichen Institutionen zusammengekommen -, dann deshalb, weil wir zuerst damit begonnen haben, das Analphabetentum zu beseitigen.

Wenn wir heute fast 300.000 Professoren und Lehrer aller Niveaus haben, dann deshalb, weil wir mit der Beseitigung des Analphabetentums begonnen haben.

Als die Revolution siegte, verfügten nur 55.% der Kinder über Schulbildung, was für ein Problem! Das Problem des Fernbleibens von der Schule, des Nichterreichens des Klassenziels und viele andere Probleme, was für ein Kampf! Doch die Erfolge ließen uns alle Anstrengungen vergessen.

Es war ein langer Weg, um das zu erreichen, was wir heute erreicht haben, die Hoffnungen, die wir heute haben, das Privileg, daß überall, in jedem landwirtschaftlichen Betrieb Dutzende und Aberdutzende von Hochschulabsolventen arbeiten. Anfangs hatte der Mann, der dort die Stelle des Kapitalisten einnahm, nur den Abschluß der 6. Klasse.

Wenn man sich-die Bauwirtschaft ansieht und dort viele Ingenieure auf den Baustellen antrifft, die die Baubrigaden leiten, dann deshalb, weil wir so begonnen haben.

Ich kann Euch verraten, daß wir besonders im Bereich der Medizin, im Bereich der Wissenschaft, beträchtliche Fortschritte gemacht haben, und zwar so beträchtliche Fortschritte, daß es nicht mehr lange dauert, und wir werden auch dort einen Goldmedaillengewinner haben. (Beifall)

In der Wissenschaft eröffnen sich für unser Land große Perspektiven. Wie gut, daß wir Dinge haben, die nicht einmal die großen transnationalen Konzerne der Vereinigten Staaten besitzen a. (Beifall), daß wir Geräte besitzen, die sie nicht besitzen, und daß wir bei einer Reihe von Dingen in diesem Bereich an der Spitze liegen, daß wir über Medikamente verfügen, die sie zwar auch haben, " unsere aber von besserer Qualität sind! (Beifall) Ich wüßte nicht, welches Medikament sie in Zukunft herstellen könnten, daß wir in unserer pharmazeutischen Industrie wicht auch herstellen könnten. (Beifall)

Ich frage mich auch, ob sie in der Lage sein werden, uns in bezug auf die Qualität und ausreichende Quantität. dieser Erzeugnisse Konkurrenz zu machen, denn viele basieren auf Rohstoffen, die wir hier in unbegrenzten Mengen zur Verfügung haben; das sind nicht nur ein oder zwei Produkte, sondern schon eine ganze Reihe von Produkten, und jeden Tag kommen neue hinzu.

So testen wir z. B. bereits unseren Impfstoff gegen die Hepatitis B, und wenn wir unseren Impfstoff gegen Gelbsucht mit dem des transnationalen Konzerns vergleichen, der als einziger sonst den Impfstoff noch-herstellt, dann glaube ich in aller Bescheidenheit sagen zu können - denn durch Unbescheidenheit würden wir nichts gewinnen -, daß der unsere sehr viel besser ist. (Beifall)

Das Mittel zur Neubildung der Epidermis stellt außer uns auch noch ein transnationaler Konzern her, und es gibt Laboratorien im Ausland, die Vergleiche angestellt haben, und. unser Mittel zur Neubildung der Epidermis ist um einiges effektiver als das des Konzerns.

Wir haben bereits einen Impfstoff gegen Hirnhautentzündung, den noch keiner dieser transnationalen Konzerne hat; wir arbeiten in vielen Bereichen und an vielen Dingen, aber ich werde nicht vom Thema Bildung abkommen und mich noch weiter über die Medizin ausbreiten, ich führe die Medizin hier nur als Beispiel an, denn das ist der einzige Weg, um uns wirklich unabhängig zu machen.

Verfügen sie etwa über das Medikament Interferon? Wir jedenfalls haben dieses Medikament von hoher Qualität. Schon werden sie nervös.

Erst kürzlich haben sie den Preis für Albumin in die Höhe getrieben und es für 80 Dollar verkauft, wir dagegen haben das Eiweiß weiterhin für einen vernünftigen Preis verkauft, für einen über die Hälfte niedrigeren Preis, und der transnationale Konzern mußte den Preis für Albumin schnellstens wieder senken. (Beifall)

In letzter Zeit sind leider in einigen Ländern eine Reihe von Epidemien ausgebrochen, mit denen wir schon unsere Erfahrungen gemacht hatten, wie zum Beispiel das hämorrhagische Denguefieber. In Ekuador brach diese Epidemie vor kurzem aus, daraufhin wandte sich die Regierung von Ekuador an Kuba, und wir haben ihr all unsere Information und alle Erfahrungen zur Verfügung gestellt, die wir gemacht haben, als wir vor Jahren unter einer furchtbaren Epidemie dieser Art litten, über deren Ursprung wir noch immer unsere Zweifel haben.

Jetzt ist sie auch in Venezuela ausgebrochen, in Kolumbien, sie hat sich erneut in eine Bedrohung für eine Reihe von Ländern unseres Amerika verwandelt. Unsere Ärzte haben sofort alle Information darüber weitergegeben, was wir seit dem Ausbruch der Epidemie unternommen haben, wie wir die Krankheit behandelt haben, denn uns konnte damals keiner diese Erfahrung vermitteln, wie wir sie zu behandeln haben und welche Medikamente verabreicht werden müssen, welche Risiken bestehen, was man nicht tun darf, wie man die Moskitos, die Überträger dieser Krankheit sind, bekämpft, denn es sind Moskitos, die es in jedem Haushalt gibt, deshalb ist es nicht leicht, sie zu bekämpfen, man muß praktisch einen nach dem anderen fangen. (Lachen)

Wir haben eine Organisation gegründet, um das Auftreten dieser Moskitos, die nicht nur das hämorrhagische Denguefieber und andere Denguefieberarten, sondern auch Gelbfieber und andere Krankheiten übertragen, auf Null zu halten, oder fast auf Null. Und jetzt steht all die von uns gesammelte Erfahrung den lateinamerikanischen Brüdern zur Verfügung.

Wir wissen, wie man diese Krankheit bekämpft, und wir wissen auch, welche Medikamente verabreicht werden müssen und welche Wirkung z. B. das Interferon ausübt.

Damals, als die Epidemie in der Stadt ausbrach, fand gerade ein großes Sommerferienlager statt, es wurde natürlich sofort die naheliegende Überlegungen angestellt: Abbruch der Ferienlager und ähnliches. Ich sagte: "Wo sind die Kinder sicherer: dort am Meer, wo wir über eine Kapazität für 20.000 Kinder verfügen, oder bei sich zu Hause?" Ich meinte: "Sie sind zweifellos dort besser aufgehoben." So wurden also die Ferien für Zehntausende von Kindern, die in dieses Ferienlager in der Hauptstadt fuhren, nicht abgebrochen. Es ist sehr viel leichter, eine kleine Zone daraufhin zu überwachen, daß es dort keine Moskitos gibt.

Die Kinder kamen aus verschiedenen Vierteln der Stadt und aus den Provinzen. Wenn sie nun vor ihrer Ankunft im Lager schon vom Virus angesteckt worden waren, was sollte man dann tun? Man konnte eine sofortige Diagnose und sofortige Anwendung der modernsten Techniken für sie garantieren. Wir setzten Interferon, das wir damals gerade-erst zu produzieren begonnen hatten, ein. Es wirkt gegen Viren, und nicht ein einziges der Kinder, bei denen die Krankheit ausbrach, wurde ernsthaft krank.

Hier bewies sich die Wirksamkeit bestimmter Medikamente.

In einer Situation wie dieser können wir Lateinamerikaner uns gegenseitig helfen. Es gibt viele Dinge, bei denen wir uns gegenseitig helfen können. Denn wir werden langsam immer unabhängiger vom Imperium, das über alles das Monopol haben will, und ganz besonders über die neuen Technologien und Erkenntnisse.

Die Unabhängigkeit ist keine Fahne, oder eine Hymne, oder ein Wappen; die Unabhängigkeit ist keine Frage von Symbolen, die Unabhängigkeit ist abhängig von der Entwicklung, die Unabhängigkeit ist abhängig von der Technologie, von der Wissenschaft in der Welt von heute. Wie könnten wir das ohne Bildung erreichen? Wie könnten wir uns ohne Bildung der Konkurrenz stellen? Wie könnten wir ohne Bildung die neuen Maschinen bedienen wo sich doch heute alles auf der Grundlage von Elektronik und Computertechnik entwickelt? Wie können wir im Zeitalter der Technologie frei sein, wenn wir Analphabeten bleiben, wenn wir nicht mit der Bildung beginnen?

Ich sage dies alles, weil mir bewußt ist, welche Rolle Ihr in der Gesellschaft spielt, welche Rolle Ihr in der Gesellschaft spielen müßt und welche Rolle Ihr in dieser Hemisphäre spielen müßt.

Deshalb habe ich mir den Absatz der Erklärung gut gemerkt Ihr selbst habt es dort gesagt -, in dem es heißt: "Wir stecken sehr viel Geld in Waffen, die nicht geeignet sind, die Mißstände zu beseitigen, die uns unzufrieden und hoffnungslos machen".

Das liegt klar auf der Hand. Wo müssen wir diese Mittel in erster Linie investieren? Natürlich, in die Bildung. Und ich würde sagen, nicht nur in die Bildung, auch in das Gesundheitswesen, in viele andere Dinge, aber es müßte mit der Bildung beginnen. Wenn wir wirklich Entwicklung wollen, wenn wir wirklich ein anderes Leben haben wollen, wenn wir wirklich einen Platz auf dieser Welt einnehmen wollen, dann müssen wir auf diesem Gebiet arbeiten, dafür müssen wir ein Bewußtsein schaffen.

Welche Politik verfolgen unsere Ausplünderer und ihre Institutionen? Das erste, was sie abschaffen, ist die Bildung: Wenn sieden Ländern mit Hilfe des Internationalen Währungsfond ihre Austeritätspolitik aufzwingen, dann sind die Schulen das erste, was sie schließen, die ersten Gelder, die dann gekürzt werden, sind die für das Bildungswesen, und danach trifft es das Gesundheitswesen und die Sozialversorgung.

Deshalb sage ich, daß die Erzieher von heute im wahrsten Sinne des Wortes die Avantgarde der Befreiung unserer Völker bilden und bilden müssen, um unabhängig werden zu können, sie müssen die Avantgarde der Integration unserer Völker bilden, mehr als die Soldaten.

Dieser Kampf kann sehr viel schwieriger sein, es ist ein schwieriger Kampf, der sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, dafür muß natürlich ein Bewußtsein geschaffen werden. Aber ich will hier nicht auf ideologische Probleme eingehen. Es gibt Dinge, die wir alle sehr klar sehen, ganz gleich, ob wir Katholiken oder Protestanten sind, ob wir Moslems oder Hindus, Animisten, Christen, Marxisten, Sozialisten oder nicht Sozialisten sind, und das ist, daß wir nichts sind. Das heißt, wenn wir weiter ausgeplündert werden, erwartet uns eine dunkle Zukunft, die Zukunft von Sklaven, die Zukunft von Abhängigen, die Zukunft von Unterdrückten, die Zukunft von Ausgeplünderten.

Ihr habt es in Eurer Erklärung selbst gesagt - deshalb finde ich sie so gut -: Wenn sich Europa zusammenschließt, warum sollten wir uns dann nicht auch zusammenschließen? Das ist eine wesentliche Erkenntnis.

Die amerikanische Verfassung, oder die "Erklärung der Grundrechte" wurde so berühmt, weil sie eine Reihe offensichtlicher Wahrheiten enthielt - wie sie es nennen -, aber das waren Wahrheiten, die offensichtlich nur für sie selbst galten, ‚nicht jedoch für die anderen, denn trotz dieser offensichtlichen Wahrheit, daß jeder Mensch mit den gleichen Rechten geboren wird, und so weiter, und so fort, hielten sie die Sklaverei noch fast ein ganzes Jahrhundert lang aufrecht, gab es Zehntausende von Sklaven. Keines dieser Rechte galt offensichtlich für die Sklaven oder für die Frauen, wie einige von Euch hier richtig bemerkt haben.

Wenn sich die Europäer zusammenschließen, warum dann nicht - auch die Lateinamerikaner? Das ist eine ganz einfache Angelegenheit, die den Massen nur bewußt gemacht werden muß, das sind ganz klare Dinge, ganz einfache Dinge. Und dabei haben sich die Europäer jahrhundertelang gegenseitig bekriegt.

Ich möchte, daß Ihr mir sagt, ob in Europa ein Kongreß wie dieser abgehalten werden könnte. Ein Deutscher erbittet das Wort, und niemand versteht ihn (Lachen und Beifall), ein Schwede erbittet das Wort, und niemand versteht ihn, oder ein Engländer – denn nicht alle Welt spricht Englisch, obwohl uns keine andere Wahl blieb, als Englisch zu lehren, und wir haben sogar ziemlich viel Englisch gelehrt, denn wenn uns die Kolonialisten schon ihre Sprache aufgedrängt haben, sollten wir wenigstens irgendeinen Nutzen daraus ziehen, und sei es auch nur als Kommunikationsmittel, für Fachbücher z. B., die sowieso alle in Englisch geschrieben sind, niemand denkt daran, sie ins Spanische oder Portugiesische zu übersetzen. Sie denken sicher: Wozu sollten wir diesen Leuten Fachbücher in die Hände geben? -, wenn ein Franzose das Wort erbittet, es spricht auch nicht jeder Französisch, oder Italienisch oder Spanisch oder Holländisch. Ich weiß nicht einmal, wie Holländisch klingt, ob.es dem Deutschen ähnelt oder nicht.

Sie können keine solche Zusammenkunft wie die unsere veranstalten, dazu brauchten sie an die 700 Dolmetscher, oder alle müßten diesen kleinen Apparat mit Strippe im Ohr haben, und sie würden mit der Strippe spielen, wie das viele gewöhnlich tun. (Lachen und Beifall) Sie können die Feinheiten nicht erfassen, sie können sich nicht verstehen, und doch schließen sie sich zusammen. Und uns verbietet man sogar, zusammenzukommen.

Ich möchte mich mit niemandem anlegen, das wäre unhöflich meinerseits, wenn ich jemanden hier in dieser brüderlichen Hemisphäre kritisieren würde. Aber, zum: Kuckuck, wir kommen nur zusammen, wenn uns Washington zusammenruft. Wenn Washington mit dem kleinen Finger winkt - das konnte man bei anderen Gelegenheiten feststellen -, setzt sich sofort alle Welt nach dort in Bewegung, wenn Washington sagt: "Nein!", dann passiert auch nichts. Die politischen Führungskräfte-Europas kommen fast jeden Monat zusammen, in Afrika kommen sie mindestens zweimal im Jahr zusammen, und wir nicht einmal diese zwei Male, um die Wahrheit zu sagen, nicht ein einziges Mal im Jahrhundert. Das ist die Realität, nicht ein einziges Mal aus eigener Initiative.

Das letzte Mal traten wir zusammen, als das Torrijos-Carter-Abkommen unterzeichnet wurde. Man rief, und alle Welt erschien, sogar Pinochet wie Eingeweihte verlauten ließen, zog er eigens einen supereleganten zivilen Anzug an als er dorthin fuhr (Lachen) -, nicht ein einziger fehlte. Und jetzt fand in Mittelamerika diese Parodie statt, aber gut, ich habe versprochen, über niemanden schlecht zu reden, außer über unsere Nachbarn im Norden (Lachen), die schließen wir selbstverständlich von jedem Wohlwollen, jedem Anstand, von jeder Rücksichtnahme aus. Aber ich will bei dem bleiben, was Ihr in Eurer Erklärung zum Ausdruck gebracht haben.

Es liegt klar auf der Hand, daß wir für unsere Einheit kämpfen müssen. Ich glaube, Aktivitäten wie diese helfen dabei. Deshalb freue ich mich sehr über Eure Idee, eine lateinamerikanische Vereinigung für Pädagogen zu gründen. Das scheint mir eine sehr gute Idee zu sein, diese Entscheidung ist wichtig. Ich glaube, es wurde auch über die Gründung einer lateinamerikanischen Hochschule für Pädagogik gesprochen. Es war davon die Rede, daß sie so ähnlich wie die Filmschule werden soll. Natürlich ist die Filmschule wichtig, und sie ist auch ein Mittel zur Befreiung, denn sie erdrücken uns und die lateinamerikanischen Filme werden in ihren multinationalen Sendern nicht gezeigt, sie aber schicken uns all ihren Mist in Konserven frei Haus, und wir sind gezwungen, ihn zu sehen. In Lateinamerika und bei den großen Fernsehsendern ist das einzige, was im allgemeinen funktioniert die Werbung und der Mist in Konserven. Es gibt auch ein paar gute Dinge, das leugne ich nicht, aber Schmutz gibt es in Unmengen, leider kenne ich die Statistiken nicht. (Lachen)

Und Ihr seid erbost, weil das, was Ihr morgens lehrt, schon mittags, abends oder nachts durch all die Streifen voller Gewalt, Pornographie und Kriegshetze zunichte gemacht wird. Ein Lehrer bekommt das mehr als jeder andere zu spüren.

Ihr könnt euch selbst ausrechnen, ob uns das in Zorn bringt oder nicht. Hier haben sie noch keinen Fernsehsender, und so wollen sie uns ihren Mist mit Gewalt aufzwingen: Welch ein Respekt gegen über den Rechten der anderen Länder und Völker, der Kultur anderer Völker! Das ist es, was sie uns aufdrängen wollen: Gift, all ihrer Schadstoffe.

Es war sehr traurig, in einem Buch, das bestimmte Probleme behandelt, lesen zu müssen, daß bei einer Umfrage unter Kindern der Grundschule herauskam, daß sie Mickey Maus oder was weiß ich wie er heißt, und den anderen, den Superman sehr viel besser kannten, als die Befreier ihres Vaterlandes. Von den Befreiern ihres Landes hatten - glaube ich - 20 % der Kinder schon einmal gehört, und Superman und die anderen Figuren kannten 90 %. Welche Art der Indoktrinierung, Gift einzuflößen, die Leute.zu täuschen, die Ehre, den Stolz und die Geschichte der Völker zu zerstören! Das ist die Realität, mit der wir ständig konfrontiert werden.

Die Idee, eine Pädagogische Hochschule zu gründen, scheint mir wichtiger als die Filmschule, sehr viel wichtiger sogar, denn das ist ein sehr viel sensibleres Gebiet. (Beifall) Ihr müßt das selbst entscheiden, oder in nicht allzuferner Zukunft könnte das die Vereinigung entscheiden, wenn sie erst einmal gegründet und organisiert ist, sie könnte unter anderem eine Institution dieser Art fördern. Das einzige, was wir dabei anbieten können, ist unsere bereitwillige Mitarbeit. Aber ich stelle mir vor, daß jegliche Institution dieser Art größer sein müßte, als die Filmschule. Ich weiß, wie groß die Filmschule ist, und ich kenne auch die Pläne für ihre Erweiterung, das Gebäude war vorher ein Schulgebäude, das den Erfordernissen der Institution angepaßt wurde. Vielleicht stellt sich eines Tages heraus, daß von den 16 Hochschulen, die Fernández hat oder haben wird, eine übrig ist, und wir können sie umgestalten. Sogar das könnten wir tun! Und wir würden es wirklich gern tun.

Das ist es, was ich Euch zu diesem Thema sagen kann. Ich weiß, daß das eines der Themen wäre, das hier diskutiert wurde, und mir scheint das eine gute Idee zu sein, denn es ist eine Idee, die zur Integration beiträgt, aber all das könnte außerdem zu einem Forschungszentrum werden, für das die besten Talente Lateinamerikas auf diesem Gebiet einen Beitrag leisten können.

Wir können dabei mitarbeiten, andere Regierungen können mitarbeiten. Ich bin sicher, daß es mehr als einen Regierenden gibt, der gern an einer Institution dieser Art mitarbeiten möchte, um die lateinamerikanische Pädagogik weiterzuentwickeln, um unsere Pädagogik zu vertiefen. Sie würde sich in mehr verwandeln als in ein Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung - denn das ist es wohl, woran Ihr gedacht habt -, sie könnte zu einem wirklichen Forschungszentrum für Pädagogik werden, und das wäre für alle von aller größter Nützlichkeit.

Selbstverständlich müssen wir versuchen, die jeweiligen Regierungen zur Mitarbeit zu gewinnen, aber wir dürfen nicht abwarten bis wir deren Unterstützung bekommen, um mit der Arbeit zu beginnen. Wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen bis die Regierungen das Bewußtsein erlangen, daß wir uns solchen Dingen widmen sollten. Wir können an der Idee, eine Vereinigung zu gründen – wie Ihr beschlossen habt – weiterarbeiten. Wenn die Vereinigung erst einmal ins Leben gerufen worden ist, dann ist es auch einfacher, Unterstützung für die andere Idee, das Institut, zu finden. Und es ist möglich, eine Institution dieser Art kann man gründen, man kann sie ganz schnell gründen. Sie wäre dann eine legitime Tochter dieses Kongresses. Mir jedenfalls hat die Idee gefallen, und wenn Ihr Euch entscheiden solltet, sie in die Tat umzusetzen, könnt Ihr auf die Unterstützung unseres Landes zählen.

Ich verstehe, daß die Zeiten momentan für alle schwierig sind, auch für uns. Noch immer wissen wir nicht, welche Folgen gewisse Prozesse, die in der Welt stattfinden, auf ökonomischem Gebiet für unser Land haben werden, was wir wissen ist, daß die imperialistische Arroganz, die Überheblichkeit und die Selbstherrlichkeit zugenommen haben. Das hat sich erst kürzlich durch all das, was sie in Panama angerichtet haben eindeutig bewiesen. Sie schreckten vor nichts zurück und haben Tausende von Lateinamerikanern, unsere Brüder, umgebracht. Dazu hat niemand das Recht! Stellt euch vor, wenn sich jede Nation das Recht herausnehmen könnte, in einer anderen anderen Nation Ordnung zu schaffen, dann hätten wir uns schon lange das Recht nehmen müssen, in den Vereinigten Staaten Ordnung zu schaffen! (Anhaltender Beifall)

Die Vereinigten Staaten wollen in der ganzen Welt bestimmen, aber sie wollen nicht, daß man ihnen etwas vorschreibt. Und das ist schon seit Bolivars Zeiten so. Ich wiederhole noch einmal den Satz, den Ihr in Eure Erklärung aufgenommen habt – ich glaube, Fernández hat ihn in seiner Rede auch erwähnt,: "... die Vereinigten Staaten scheinen von der göttlichen Vorsehung dazu auserwählt, Amerika im Namen der Freiheit ins Elend zu stürzen". (Beifall)

Bereits 1828, vor mehr als 160 Jahren also, hat Bolivar gesagt; und einige Jahrzehnte später, sagte Marti am am Vorabend seines Todes dasselbe, nämlich daß alles, was er getan habe und noch tun wolle, in der Absicht geschähe, dadurch, daß Kuba unabhängig würde, zu verhindern, daß die sich Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiten und mit zusätzlicher Kraft über die Völker Amerikas herfallen können. (Beifall) Das ist kein wörtliches Zitat,sondern es ist nur sinngemäß: Kuba muß unabhängig werden, bevor sie sich seiner bemächtigen und dann versuchen können, sich mit seiner Hilfe den Rest Amerikas anzueignen oder über die Völker Amerikas herzufallen.

Es war nicht Karl Marx und auch nicht Friedrich Engels oder Lenin, sondern es war Bolivar, der das gesagt hat.Und sie sind fähig, ihn als Kommunisten zu bezeichnen. (Beifall)

Und es war Martí, der das fast mit seinem eigenen Blut schrieb, denn der Zufall wollte, daß er es am Tage vor seinem Tode und ich glaube, auch das hat Fernández in seiner Rede zitiert. Jetzt können sie Marti beschuldigen, Marxist-Leninist gewesen zu sein, Kommunist gewesen zu sein und außerdem ein Umstürzler und Terrorist. Er könnte als Terrorist klassifiziert werden, denn, stellt Euch vor; er begann den zweiten Unabhängigkeitskrieg! Und ebenso Juárez, denn er sagte: "Der Respekt vor dem Recht der anderen ist der Schlüssel zum Frieden". (Beifall)

Welche der großen Persönlichkeiten unserer verteidigte nicht den Gedanken der Einheit unserer Länder! Welche der großen Persönlichkeiten unserer Geschichte sah nicht schon lange vorher die Probleme auf uns zukommen, die wir heute haben! Martí hat sehr oft davon gesprochen, er, der das Monstrum - wie er es zurückhaltend nannte (Lachen) - so gut kannte, weil er in seinem Innern gelebt hatte.

Welche Weitsicht diese Männer hatten! Sie wiesen auf die Notwendigkeit der Einheit hin. Sie alle sagten voraus, uns heute geschieht. Jawohl, sie sahen es kommen! Und wir haben zumindest zum Teil selbst Schuld daran, wenn wir das nicht erkennen, wenn wir uns dessen nicht bewußt sind, wenn wir nicht darum kämpfen, das zu überwinden. Aber all die Erscheinungen, unter denen wir heute leiden, die haben sie schon vor langer Zeit vorausgehen.

Hier wurde auch Sandino erwähnt, in einem Satz, den, Bigott hinzufügte, ich glaube, er verglich ihn mit El Cid Campeador – das stand nicht hier im Dokument, du hast es beim Lesen einfach hinzugefügt, ein ausgezeichneter Satz (Beifall) -, wie er dort in Nikaragua gegen die US-Invasoren kämpfte.

Und Mexiko den größten Teil seines Territoriums haben die US-Invasoren an sich gerissen, sie nahmen alles in Besitz, und wenn man sie jetzt lassen würde, würden sie den Rest auch noch an sich bringen. Ich hoffe, daß man es nicht zulassen wird, die Mexikaner werden das nicht zulassen. (Beifall) Ihr wißt, daß ich dem mexikanischen Volk und seiner Geschichte gegenüber tiefe Sympathie und große Bewunderung empfinde. Wir sind in vielerlei Hinsicht brüderlich verbunden, unter anderem auch, weil wir einen gemeinsamen Nachbarn haben, ‚dieser Nachbar macht uns zu Brüdern, diese Piraten, Seeräuber, Eroberer. Leute, das ist ein Land, das schon längst hätte aufgeräumt werden müssen! (Lachen)

Ich werde hier nicht alles wiederholen, was bereits über die Auslandsverschuldung gesagt worden ist, das ganze Jahr 1985 haben wir damit verbracht, Tagungen anzuregen, eine große Schlacht zu schlagen und deutlich zu machen, was aufgrund der Auslandsverschuldung geschehen würde und welche Ausplünderung sie bedeutet. Es gibt nicht nur die Auslandsverschuldung, sondern hinzu kommt noch der ungleiche Tausch: Uns werden ihre Waren immer teurer verkauft, und sie zahlen immer weniger für unsere Produkte, - sie plündern uns auf alle schon bekannte und noch unbekannte Art und Weise aus, setzen Dumpingpreise ein, Zollmaßnahmen, nutzen alles nur Erdenkliche aus. Ich werde darauf nicht näher eingehen, ich glaube, Ihr habt genug darüber gesprochen, Ihr habt hier einstimmig zum Ausdruck gebracht, welche Konsequenzen die Ausplünderung und die Auslandsverschuldung für den Bereich, in dem Ihr arbeitet, mit sich bringen.

Wir haben Martí erwähnt, Bolivar und Juárez. Was haben sie sich nicht alles in bezug auf unser Schicksal erträumt, was haben sie nicht alles gesagt und wie viele Illusionen müssen sie gehegt haben!

Was symbolisiert nach meiner Ansicht unsere unglaubliche Situation? Gestern habe ich es durch den Mund eines Dichters erfahren, eines bekannten lateinamerikanischen Dichters: Er befand sich zu Besuch in einer Großstadt eines wichtigen lateinamerikanischen Landes. Ich weiß nicht, ob er eine Limonade oder einen Kaffee an einem bestimmten Ort trank, auf der Straße, unter einem Dach, das offen war. Er berichtet, daß er sich dort zwei Stunden mit einem Freund aufhielt. Er zählte und sagt, daß sie in diesen 11/2 Stunden einhundertfünfzigmal angebettelt wurden, einhundertfünfzigmal, von einhundertfünfzig verschiedenen Personen! Das sagt alles! Wir wissen, daß es so ist. Es ist unbestreitbar, daß dieser Dichter einen. noblen und großzügigen Eindruck macht, er muß damit alle, die dort vorbeikamen, angezogen haben. (Lachen)

Wir wissen um die Situation, die dort herrscht, wissen, daß es heutzutage genügend Elend gibt, damit sich so etwas ereignet. Wie weit wir doch von den Träumen, die die Schmiede der Unabhängigkeit unserer Völker hegten, entfernt sind!

Selbstverständlich haben unsere Nachbarn, die uns ausplündern, die die Hauptverantwortlichen, das Bollwerk des weltweiten Systems der Ausplünderung sind, auch ihre Bettler. Es gibt Gegenden in New York, wo unser Dichter, wenn er dort hinkäme, mindestens achtzigmal um Almosen gebeten würde. Auch dort würde er bei all dem Reichtum auf Hunderttausende von Menschen stoßen, die auf der Straße schlafen und sich mit Zeitungen zudecken.

Ich habe gehört, damit Ihr seht, was a ein Modell von Gesellschaft – besser gesagt Un-Gesellschaft – das ist, daß während der letzten Kältewelle Hunderte dieser alten Leute, die auf der Straße hausten, erfroren sind. Und man erzählt, man bestätigt, man sagt und man weiß, daß dann, wenn eine große Kältewelle angesagt wird, viele dieser verlassenen Menschen etwas anstellen, um ins Gefängnis gesteckt zu werden, um sich so vor Kälte schützen zu können und eine Mahlzeit zu bekommen, etwas Warmes, das man ihnen dort gibt. Das ist tatsächlich so, das ist verbürgt.

Natürlich haben sie sehr viel weniger Bettler als wir in Lateinamerika; aber sie können eben auch auf märchenhafte Ressourcen zurückgreifen, die sie im Laufe der Geschichte aus unseren Völkern, aus den Völkern der Dritten Welt herausgeholt haben; und diese Überflußgesellschaft, diese Konsumgesellschaft wollen sie uns aufzwingen.

Oft schon habe ich mich gefragt, warum diese Gegensätze existieren, wenn ich diese Realitäten in vielen Ländern Lateinamerkas sehe, barfüßige Kinder, die um Almosen betteln, Feuer schlucken oder Autoscheiben putzen, und Bettler, die um ein Almosen bitten und dann eine Zeitschrift oder eine Titelseite mit einem blitzenden Luxuswagen sehe, gedruckt auf besem Papier, eine Blondine auf dem Beifahrersitz – denn es ist fast immer eine Blondine -, raffiniert, von Kopf bis Fuß zurechtgemacht, die wirbt: "Kaufen Sie ein Oldsmobile!", oder diesen Sportwagen oder besser jenen. Ich will keine Werbung für eine bestimmte Automarke machen, sie können sie ohnehin nicht verkaufen, wieviel Werbung ich auch machen würde, denn sie werden immer schlechter und immer teurer, deshalb entscheiden sich viele Leute dafür, ein japanisches Auto zu kaufen, so daß ich keine Angst habe, in dieser Anekdote eine dieser Marken zu nennen.

Einmal haben sie mich schon ausgebeutet, denn zu Beginn der Revolution gab es unter den Autos, die die Batista-Clique zurückgelassen hatte, auch ein paar Oldsmobiles, und ich erinnere mich, daß ich in den ersten Jahren der Revolution solch ein Oldsmobile benutzte. Und eines Tages sehe ich einige Anzeigen, Reklame von General Motor in den Vereinigten Staaten, die lauteten: "Castro fährt Oldsmobile!", und nie haben sie mir auch nur einen einzigen elenden Cent dafür bezahlt. (Lachen und Beifall)

Aber unser Bettler sieht das. Was macht ein Bettler mit so einer Reklame? Er stellt sich vor, daß die einzige Möglichkeit, eine Romanze zu haben, darin besteht, ein Oldsmobil zu kaufen - denn die Kapitalisten verbinden das alles miteinander, den Sex und die Träume der Leute. Was macht ein Bettler mit einer solchen Zeitschrift oder mit einer solchen Anzeige auf der Titelseite? Und was machen die Zehntausende und Aberzehntausende, die Hunderttausende und die Millionen von Menschen, die nie in ihrem Leben ein solches Fahrzeug kaufen können? Zum Glück brauchen sie kein Auto, um eine Partnerin zu finden - ob blond oder dunkelhaarig, was weiß ich -, zum Glück! Denn dieser menschliche Faktor ist in unserer Hemisphäre reichlich vorhanden, sehr reichlich und von besserer Qualität. (Lachen und Beifall)

Das ist die traurige Wahrheit: Menschen, die nicht einmal Schuhe besitzen, die keine Nahrung haben, die kein Geld haben, um einen Arzt bezahlen zu können, die keine Wohnung haben, die oft in Elendsvierteln leben müssen, die oft die Mehrheit der Bevölkerung dieser Städte bilden, werden: von dieser Art Propaganda aufgehetzt. Und glücklicherweise hat nicht jeder von ihnen ein Auto, denn wenn das Öl bald versiegt und außerdem der Sauerstoff in der Luft knapp wird, wenn sich unsere Atmosphäre durch den Mißbrauch den sie mit allen diesen Brennstoffen betrieben haben, verändert, was soll dann aus der Welt werden, wenn jeder Lateinamerikaner ein Auto besäße - das habe ich mich schon öfter gefragt -, wenn außerdem jeder Chinese.ein Auto besäße, und jeder Bürger Indiens. Das sind die Realitäten!

Und sie lobpreisen dieses Gesellschaftsmodell, das unpraktikabel ist und das einfach kein Modell für die Gesellschaft unserer Länder sein kann. All das ist ein großer Wahnsinn, der mit Hilfe eines Systems der Stärke und der Überlegenheit, der technologischen, wissenschaftlichen und finanziellen Dominanz und der Massenmedien gerade den Ländern aufgezwungen wird, aus denen die Reichtümer stammen, mit deren Hilfe sie sich entwickelt haben und mit denen sie Bedingungen auf der Welt geschaffen haben, die es. den anderen sehr schwer machen, sich ebenfalls zu entwickeln.

Als sie sich entwickelten, gab es noch nicht diese Großmächte, die es heute gibt, die alles monopolisieren, die alles beherrschen. Wie schwierig ist der Weg für alle kleinen Völker der Dritten Welt!

Was sollen sie produzieren, Fernseher? Wem Konkurrenz machen, den Japanern? Und außerdem, werden sie über die Milliarden von Dollars verfügen, um diese Erzeugnisse auf Kredit zu verkaufen? Was sollen sie herstellen, Kühlschränke, Autos, Flugzeuge?

Und welches Schicksal wird die balkanisierten Länder unseres Amerika ereilen? Welchen Platz werden sie im 21. Jahrhundert einnehmen? Welchen Platz wird man ihnen einräumen, welche Rollen werden sie spielen, wenn sie sich nicht zusammenschließen, wenn sie sich nicht integrieren, in einer Welt, in der es ein vereintes, integriertes Europa gibt, Japan eine Großmacht, die Vereinigten Staaten, eine große Industriemacht? Welcher Platz wird für uns bleiben? Das fragen wir uns.

Wirklich, unsere Befreier hatten eine gewaltige Aufgabe zu bewältigen, wie Sucre, Bolivar, O’Higgins und San Martin, wie alle, die Ihr erwähnt habt, wie Juarez, Morelos und Hidalgo, doch sage ich, daß wir heute eine sehr viel schwierigere Aufgabe vor uns haben; man fühlt fast Neid angesichts der Hindernisse, die unsere Vorfahren vor sich hatten, um für das Schicksal unserer Völker zu kämpfen. Die Aufgabe heute ist sehr viel schwieriger und sehr viel komplexer. Das müssen wir wissen, das muß uns bewußt werden.

Es ist nicht meine Absicht, mich in das politische Thema zu vertiefen - es gibt eine Politik, die die Wissenschaft der wahren Politik ist, nicht die des Politikastertums -, aber es stimuliert mich tatsächlich, zu sehen, mit welcher. Weitsicht und mit welchem Mut Ihr diese Erklärung verfaßt habt, und ich glaube, daß sie großen Widerhall finden wird. Wir müssen sie in Umlauf bringen, so gut wir können, - und wenn wir es per Schreibmaschine tun müßten. Wir müssen sie verbreiten, denn diejenigen, die gegen unseren Fortschritt sind, besitzen, wie ich bereits sagte, auch das Monopol über die Massenmedien, sie und diejenigen, die so denken wie sie, handeln gemeinsam in ihrem Interesse. Deshalb ist es so wichtig, daß die Dozenten, die Lehrer so denken, daß sie diese Weitsicht besitzen.

Wir erwähnten hier unter uns auch die Bedeutung, die die Lehrenden haben, die im allgemeinen aus den unteren Bevölkerungsschichten stammen, die Opfer bringen mußte, um studieren zu können, um Lehrer zu werden, um Lehrer werden zu können, auch wenn das nicht die vielen Menschen ausschließt, die es leichter hatten, die mehr finanzielle Mittel hatten, um sich zu Lehrern ausbilden zu lassen, die aber trotzdem in der Lage waren, dieses Bewußtsein zu erlangen, denn diese noble Arbeit lehrt viele Dinge, erzieht.

Bei dieser Arbeit leidet man, ebenso wie bei der Arbeit des Arztes; aber die Ärzte sind in diesen Gesellschaften dem Geld gegenüber etwas empfänglicher. Es gibt viele, es gibt Tausende, Zahntausende von ausgezeichneten Professoren und Lehrern, die ein bescheidenes Einkommen haben, der Bereich der Medizin ist etwas anfälliger für die Versuchungen des Reichtums, denn einige von ihnen können sogar Millionäre werden.

Es ist sehr wichtig, daß die Lehrkräfte in Lateinamerika einen großen, wirklichen Weitblick besitzen.

Jemand äußerte den Gedanken, daß man das Datum für den nächsten Pädagogik-Kongreß festlegen müßte. Ich erinnere mich an den ersten Kongreß, denn die Idee, das Treffen zu wiederholen, war das Ergebnis der hervorragenden Zusammenkunft, die im Jahre 1986 stattfand, die so hilfreich, so nützlich für alle war, daß wir die Frage aufwarfen: Warum wiederholen wir das nicht? Man hatte geplant, sie 1989 durchzuführen, ich weiß nicht, warum es ein Jahr länger gedauert hat.

Uns schein dieser Kongreß könnte alle drei Jahre einberufen werden, jawohl, alle drei Jahre! (Beifall) Ich schlage vor, nicht vier jhare zu warten, in vier Jahren passiert vieles. Der nächste Pädagogikkongreß könnte 1993 stattfinden, es würde dann »Pädagogik '93, Kongreß der Erzieher für eine bessere Welt« heißen, nicht wahr?

Wenn die Welt je solche Art von Kongressen gebraucht hat, denke ich, daß sie heute notwendiger denn je sind. Heute braucht man sie mehr denn je! (Beifall) Denn die Welt, die man für uns organisiert, scheint mir keinerlei Verbesserung für uns, für die Länder der Dritten Welt, zu bedeuten, die Welt, die sie für uns organisieren, bietet den Völkern der Dritten Welt nur das Schlechteste.

Hier wurden schon alle möglichen Zahlen genannt, es wurde über die Probleme der Gesundheit gesprochen, es wurde das Problem der Kinder, die jedes Jahr in unserer Hemisphäre sterben, erwähnt, als Beispiel wurden Angeben der UNICEF genannt – und das hat sie mitgeteilt, das hat sie öffentlich gesagt -, daß in Lateinamerika und der Karibik jährlich 800.000 Kinder sterben, die gerettet werden könnten. Millionen Kinder kommen gar nicht erst in die Klassenräume, in denen Ihr unterrichtet. In 10 Jahren, die ein Lehrer arbeitet, kommen in Lateinamerika 10 Millionen Kinder, die dort eigentlich hinkommen müßten, nicht in die Schulräume. Und das liegt nicht daran, daß es keine Schulen für sie gibt, sondern daran, daß sie starben. Diese Zahl ist beeindruckend.

Uns hat man das mit Statistiken belegt. Man hat uns noch mehr gesagt, ich werde Euch ein Beispiel dafür geben, wie sie es sagten: "Wenn diese Länder die statistischen Ziffern der Kindersterblichkeit hätten, die Kuba aufweist, würden jährlich 800.000 Kinder gerettet werden". Nun gut, das wären die, die wir retten könnten. Aber wie leben die Kinder, die nicht starben? Wie werden sie ernährt? Welche geistige Entwicklung konnten sie erreichen, wo doch wissenschaftlich bewiesen ist, daß ohne ausreichende Ernährung auch die Intelligenz, die geistigen Fähigkeiten unterentwickelt bleiben? Warum spricht man nur von denen, die starben? Was erwartet die Kinder, die nicht gestorben sind? Wie viele von ihnen wurden 5 Jahre alt? Welches war die Lebensperspektive? Wie lebten sie, und vor allem, wie werden sie in Zukunft leben?

Genauso sterben in den restlichen Ländern der Dritten Welt 14 Millionen - das ist die bekannte Ziffer, die ziemlich manipuliert ist -, das sind ca. 40.000 täglich, 260.000 in der Woche. Das ist die Realität. Von diesen schrecklichen Wahrheiten reden die Imperialisten nicht, wenn sie ihre Heucheleien über die Menschenrechte hervorstammeln, und jedes Jahr versuchen sie von neuem, uns auf die Anklagebank zu zerren. Warum? Ganz einfach, wegen der Revolution; weil sie sich nicht mit der Revolution abfinden können, - weil sie sich nicht ‚damit abfinden können, daß Gerechtigkeit herrscht, weil sie sich nicht damit abfinden können, daß es Widerstand gegen sie gibt, weil sie sich nicht damit abfinden können, daß Kuba ein Vorbild ist.

Durch einfache statistische Berechnungen könnten wir belegen, daß die Revolution allein mit den Programmen im Gesundheitswesen 300.000 Kindern das Leben gerettet hat (Beifall), 300.000 Kindern, die ohne die Revolution gestorben wären, und diese Kinder leben nicht nur, sondern sie haben eine Schulbildung genossen, Erziehung und Nahrung sowie Möglichkeiten aller Art erhalten. Und wir haben mit den Programmen im Gesundheitswesen nicht nur unserem eigenen Land geholfen, es gibt mehr ‚als 1.000 kubanische Ärzte, die in Dutzenden von Ländern der ganzen Welt arbeiten, und wir bilden neue Ärzte aus, damit sie in den Ländern der Dritten Welt arbeiten können. Davon sprechen die Imperialisten nicht, und es sterben jährlich 14 Millionen Menschen auf der Welt! Es ist eine Schande, es ist verabscheuungswürdig. Es ruft Abscheu hervor, daß in dieser Welt, an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, diese Kinder sterben müssen. Aber es sind nicht die Kinder Europas, die sterben, die der Vereinigten Staaten, Englands, Frankreichs oder Japans, nein, es sterben die Kinder in Lateinamerika, in Asien und in Afrika. Vierzehn Millionen! Das entspricht dem Abwurf von 120 Bomben wie über Hiroshima und Nagasaki, und ich glaube, es sind Kinder im Alter von 1 bis 5 Jahren. Das sind die Realitäten, die sie uns aufgezwungen haben.

Deshalb sage ich, daß unsere Aufgabe schwierig ist, daß unsere Aufgabe kompliziert ist; aber ich denke – und ich bin sicher, daß ihr ebenso denkt -, daß wir in der Lage sein werden, sie zu erfüllen, wir müssen sie einfach erfüllen, und die heutige Zusammenkunft, die Anstrengungen, die Ihr unternommen habt, und die Erklärung bilden einen wichtigen Bestandteil dieses Kampfes.

Ich will heute nicht noch auf weitere Probleme eingehen, ich will Eure Geduld nicht länger auf die Probe stellen. Wir bedanken uns bei Euch, daß Ihr uns die Ehre erwiesen habt, an diesem Treffen teilzunehmen, wir bedanken uns für die Worte, die Ihr an uns gerichtet habt, für die vortrefflichen Worte, die Ihr heute an unsere Arbeiter, an unser Volk gerichtet habt, und wir erwarten Euch wieder, ganz gleich, welche Hindernisse auftreten mögen, denn wir sind Optimisten. Und nicht nur wir sollten Optimisten sein, sondern wir sollten auch unser Volk lehren, optimistisch zu sein, wie groß auch immer die Hindernisse sein mögen. Wir sehen uns 1992 wieder. (Beifall)

Es gibt einen Satz, den wir am Ende einer Rede benutzen, bei der Verabschiedung, der unser Vertrauen in die Zukunft und ganz besonders die Entschlossenheit, alles, was wir in diesen Jahren erreicht haben, zu verteidigen, Die Entschlossenheit, die Errungenschaften, die wir erreicht haben, zu verteidigen. Diesen Satz hat bereits Fernández sehr mutig verwendet, als er dieses Treffen eröffnete. Ich weiß, daß hier ein weites Spektrum von Personen anwesend ist, daß nicht alle dieselbe Ideologie vertreten, aber wir haben die Pflicht, diesen Satz auch vor Euch zu benutzen, als Ausdruck unserer Gemütsverfassung, als Ausdruck unserer Kampfbereitschaft und um Euch zu versichern, daß Ihr weiterhin auf unser Land zählen könnt, daß Ihr weiterhin mit uns rechnen könnt, und daß wir Euch nicht enttäuschen werden.

Sozialismus oder Tod!
Vaterland oder Tod!
Venceremos!

(Stürmischer Beifall)


Quelle: Verlag José Martí