Empfang der Mannschaft des Handelsschiffes »Hermann«

Rede anläßlich des offiziellen Empfangs der Mannschaft des Handelsschiffes »Hermann« am »Maine«-Denkmal in Havanna am 1. Februar 1990.

Genossinnen und Genossen,

Ich werde versuchen, ganz ruhig zu bleiben, denn Ruhe ist das, was angesichts der Vorfälle not tut; Ruhe, denn wir dürfen uns nicht von blinder Wut leiten lassen, wir dürfen uns nicht von unserer Empörung beeinflussen lassen, wir dürfen keinen Augenblick unser ruhig Blut verlieren, denn eines der Charakteristika unseres Volkes und unserer Revolution war immer, daß wir stets ruhig Blut bewahrt haben.

Ruhig Blut bewahrten auch die Mannschaftsmitglieder mitten in diesem Angriff, und ruhig Blut müssen auch wir bewahren, um unsere Handlungen unter Kontrolle zu halten, denn denkt daran, die Yankees haben noch immer einige ihrer Sachen hier in der Nähe stationiert, und wir wollen natürlich nicht, daß sich unser Volk von der Wut fortreißen läßt, obwohl Ihr selbstverständlich in tiefstem Herzen die bodenlose Empörung empfindet, die diese verabscheuungswürdigen Vorfälle verdienen. (Beifall und Rufe: "Deshalb sind wir hierher gekommen, damit Du sagst, was richtig ist, Comandante!" und "Es lebe Fidel!").

Ich glaube, Ihr seid schon ziemlich genau über die Vorfälle informiert, vielleicht fehlen Euch einige Details, um diese Episode in ihrer ganzen Bedeutung zu erfassen, wie uns die Nachricht erreicht hat z. B., welche Maßnahmen wir getroffen haben usw.

Gelegentlich kommen und gehen Schiffe unter panamaischer Flagge, die von privaten Firmen unter Vertrag genommen wurden, in die Häfen unseres Landes, manchmal haben sie eine kubanische Mannschaft, und in bestimmten Augenblicken wurden sie auch in normalen Zeiten routinemäßig von der Küstenwacht der Yankees unter dem Vorwand, daß sie unter panamaischer Flagge liefen, inspiziert, da ihnen dieses Land die Erlaubnis gegeben hatte, alle unter ihrer Flagge laufenden Schiffe zu durchsuchen.

Aber Ihr seht, was für eine merkwürdige Sache: Jetzt berufen sie sich darauf, die Erlaubnis der Verteidigungstruppen zu haben, aber diese Verteidigungstruppen wurden von ihnen gerade aufgelöst. (Rufe: "Nieder mit dem Imperialismus!") Sie behaupten also, sie hätten vor Jahren ein Abkommen mit den Verteidigungstruppen abgeschlossen, und dabei haben sie den Kommandeur dieser Verteidigungstruppen auf völlig willkürliche und illegale Weise in die Vereinigten Staaten entführt. Diese "angebliche" Erlaubnis, Schiffe zu inspizieren, um zu sehen, ob sie Drogen an Bord führen, steht in absolutem Widerspruch zu der Begründung, die sie angeführt haben, um den Einmarsch in Panama zu rechtfertigen, so wie auch die willkürliche und illegale Entführung des Kommandeurs der Verteidigungstruppen, um-ihn in den Vereinigten Staaten vor Gericht zu stellen. Selbst die Rechtsanwälte sagen, daß er ein Kriegsgefangener ist und sie infolgedessen kein Recht haben, ihn dort vor Gericht zu stellen.

Unter diesem Vorwand haben sie - ich wiederhole das nochmals - in der Vergangenheit zu - sagen wir mal - normalen Zeiten einige Schiffe unter panamaischer Flagge, die von privaten Organisationen unter Vertrag genommen worden waren, durchsucht, obwohl die Schiffe zum Teil eine kubanische Mannschaft hatten.

Aber seht einmal, in was für einem Moment und unter welchen - Umständen das jetzt passiert ist:

Dieses Schiff gehört einem privaten Unternehmen, aber es wurde nicht von einem privaten Unternehmen;gechartert, sondern von einem kubanischen Unternehmen, von einem Unternehmen des kubanischen Staates. Mit einem Wort, das Schiff ist an Kuba verchartert, Kuba ist für das Schiff verantwortlich; außerdem führt es eine ausschließlich kubanische Mannschaft. Und dieser Vorfall ereignet sich nach dem ungeheuerlichen Verbrechen an Panama, nach einer Reihe von Provokationen, die dort gegen unser Land organisiert wurden: Sie hielten unseren Botschafter dort fest, umstellten unsere Botschaft, schürten den psychologischen Krieg und unternahmen gezielt jede Art von Provokationen; diese ist nicht die erste, das machten sie laufend während der ganzen letzten Wochen seit der feigen Invasion in Panama. Sie bedrohen uns in einem Moment, in dem neue Bedingungen bestehen, in einem Moment, in dem die Verteidigungstruppen nicht existieren, in dem Panama nicht mehr existiert, da Panama ein besetztes Land ist. In solch einem Moment können sie sich nicht auf eine vermeintliche Genehmigung berufen, die ihnen das Recht gibt, die.»Hermann« zu durchsuchen. Das Schiff fuhr unter panamaischer Flagge, aber es war an den kubanischen Staat verchartert, unterlag der Verantwortung des kubanischen Staates und die Mannschaft war ausschließlich kubanisch. In einem außergewöhnlichen Moment, in, einem Moment der Bedrohung - ich wiederhole das -, in dem das Land, in dessen Namen sie zu handeln vorgeben, nicht mehr existiert, in dem die Truppe, mit der sie die Abmachung trafen, nicht mehr besteht, in dem der Chef, der diese Abmachung unterzeichnet hatte, in die Vereinigten Staaten entführt wurde, auf welche legale Basis können sie sich in einem solchen Moment bei dieser Unverschämtheit, bei dieser Hinterlistigkeit berufen?

Sie wußten außerdem, daß das Schiff aus einem kubanischen Hafen kam, denn es war am 25. in Moa ausgelaufen. Es fuhr nördlich Kubas durch die Zone des Yucatan-Kanals und näherte sich Tampico.

Es war nicht nötig, dieses Schiff zu durchsuchen. Es war nicht nur in jeder Hinsicht illegal und willkürlich, es war auch absolut unnötig, es handelte sich einfach um eine Provokation. Der Mannschaft zu sagen, daß sie stoppen sollte, um das Schiff zu inspizieren, um es zu durchsuchen, um zu sehen, ob Drogen an Bord seien – das muß es gewesen sein, was sie am meisten in Wut brachte -, war eine Beleidigung, eine Unverschämtheit, ein die Seeleute empörender und beleidigender Schurkenstreich.

Man kann so deutlich erkennen, welche Absichten sie hatten. Sie wollten uns provozieren, um zu sehen, wie wohl die Stimmung der Kubaner sei, denn sie glauben, daß die anderen, jedesmal wenn sie irgendwo ein Verbrechen begehen, Angst bekommen. Sie können sich nicht vorstellen, daß ihre Verbrechen den Mut unseres Volkes vervielfachen, daß sie seine Tapferkeit und seine Entschlossenheit vervielfachen. Und deshalb sagte ich, daß sich in dem Maße, in dem sich all diese Eigenschaften vervielfachen, auch unser ruhiges Blut vervielfachen muß, denn im Angesicht solch aggressiver Handlungen muß man die Strategie und die Taktik verfolgen, die unserer Art zu antworten entspricht. Wir wissen sehr gut, wie wir jeder einzelnen dieser feindlichen Handlungen begegnen müssen - natürlich können wir das nicht öffentlich diskutieren -, wir wissen welche Strategie wir verfolgen müssen, wissen, was getan werden und muß, wo es getan werden muß und wie es getan werden muß.

Nicht einen einzigen Moment werden wir uns so verhalten, wie sie es vielleicht erwarten, wie sie es erhoffen oder wie es ihnen gelegen käme; wir müssen unseren Mut einsetzen, aber neben unserem Mut müssen wir auch unsere Intelligenz benutzen. Wir haben das schon oft gesagt: Die Intelligenz muß mit Mut gekoppelt werden. Das ist es, was zum Sieg führt.

Dieses Mal wollten sie uns vielleicht - wie ich schon sagte – nur auf die Probe stellen, um zu sehen, wie weit sie gehen können Wenn sie uns auf die Probe stellen wollten, dann ist ihnen das schlecht bekommen. Wie ein altes Sprichwort sagt: "Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich die Finger". (Beifall) Später werde ich ‚auf den Sinn dieses Sprichwortes noch zurückkommen, aber zunächst will ich Euch noch einige Einzelheiten über den Zwischenfall mitteilen und erläutern, wie wir vorgingen, und diese Einzelheiten beweisen außerdem, auf welche Art und Weise die Männer der Mannschaft gehandelt haben, nämlich sehr bewußt und sehr überlegt, da war kein Platz für einen Fehler, für nichts.

Wir erfuhren erst spät abends, fast schon zu nächtlicher Stunde daß das Schiff die ganze Zeit über belästigt worden war, denn – wie einer der Männer hier erzählte - wurden sie zunächst durch ein Flugzeug belästigt - das war am 29. - und danach, am 30., durch die Küstenwacht.

Sie selbst haben das hier mit einfachen Worten erklärt, der Genosse aus der Parteigruppe, er erzählte es sogar wie einen Scherz, mit Humor. Das Schiff wurde am 30. ab 8.00 Uhr morgens ernsthaft belästigt. In diesem Moment konnten sie sich aber nicht direkt mit uns verständigen, sie informierten uns via Mexiko über alles, was den Tag über vorgefallen war, daß sie belästigt worden waren und welche Entscheidung sie getroffen hatten. Die Leitung des Ministeriums bestätigte ihnen, daß die Position, die sie eingenommen hatten, richtig war, daß ihre Entscheidung richtig sei und vom Ministerium voll unterstützt würde.

Am 31. nach Mitternacht verständigt das State-Department der Regierung der Vereinigten Staaten den Leiter unserer Interessenvertretung in Washington in einer Art Ultimatum, daß das Schiff um 4.00 Uhr morgens auf jeden Fall geentert werden würde und benutzt denselben Vorwand, nämlich, daß wegen des Verdachts auf Drogen, überprüft werden solle, ob sich Drogen an Bord befänden.

Als ich von dieser Bedrohung für das Leben kubanischer Seeleute erfuhr, rief ich - um keine Zeit zu verlieren - über die telefonische Direktleitung den Leiter unserer Interessenvertretung, den Genossen Arbezú, an. Hier habe ich eine Zusammenfassung dessen, was ich wörtlich sagte; da ich einige Anweisungen wiederholt habe, werde ich nicht jedes einzelne Wort verlesen, sondern nur die wesentlichsten.

In bezug auf das Ultimatum - und hier benutzte ich einige starke Worte, in dieser ganzen Situation sind eine ganze Menge starker Worte benutzt worden, genau wie im Krieg; nun gut, ich möchte sie hier aus Respekt vor dem Publikum nicht gern wiederholen. (Rufe, die ihn auffordern, sie doch zu sagen und Beifall) Ich weiß, daß Ihr einverstanden sein würdet, aber bedenkt bitte, daß viele Familien im ganzen Land jetzt vor dem Radio oder dem Fernseher sitzen. (Rufe) Ich werde Andeutungen machen, Ihr werdet sie ganz bestimmt verstehen (Lachen), aber ich nehme Rücksicht auf die Familien, das Zuhause ... Ich verstehe, daß es manchmal unumgänglich ist, sie zu sagen, wer wüßte nicht, wie oft es dazu Anlaß gibt; "wenn die Sachen brenzlich werden, ist ein starkes Wort das einzig im Wörterbuch zutreffende. (Lachen) Im Wörterbuch gibt es dann kein besseres Wort als ein starkes! (Lachen und Beifall)

Das ist ein alter Hut. Im Krieg in der Sierra Maestra mußten wir ständig starke Worte anwenden, und wir hatten uns so an sie gewöhnt, daß ich auf der berühmten Veranstaltung in Ciudad Libertad, als ich wahrscheinlich mit irgendetwas nicht einverstanden war, leise sagte: "Verdammt!", "Verdammt!" (Lachen) Nun gut, ich. mußte mich selbst umerziehen, um mit solchen Worten nicht bei öffentlichen Gelegenheiten herauszuplatzen; aber bei all dem haben wir - wie es richtig ist - immer Rücksicht gegenüber Müttern, Vätern, Kindern, und überhaupt gegenüber allen bewahrt, und denkt bitte nicht, daß ich mich zum Verteidiger Nr. 1 dieser unter bestimmten Umständen so wichtigen Worte mache, auch wenn sie diesmal von den Mannschaftsmitgliedern der »Hermann« reichlich benutzt worden sind.

Ich sage also dem Genossen Arbezú, dem man dieses Ultimatum kurz nach 24.00 Uhr mitgeteilt hatte: "Du mußt diesen H...söhnen sagen ..." - und ich füge hinzu - "Ich versuche, sie mit Anstand zu behandeln." (Lachen) Natürlich, denn sie können diese ‘Nachricht ja mithören, nicht wahr? "Du rufst sie an, ich glaube, sie geben an, den Verdacht zu haben, daß Drogen an Bord sind. Man muß ihnen sagen, daß dies ein zynischer und inakzeptabler Vorwand ist, ihnen sagen, daß dieses Argument zynisch und inakzeptabel ist; daß das Schiff seine Fahrt fortsetzen wird und daß es sich nur von mexikanischen Behörden in mexikanischen Gewässern durchsuchen lassen wird, das kann sowohl in den Hoheitsgewässern als auch innerhalb der 200-Meilen-Zone geschehen." "Die Mannschaft wird nur den mexikanischen Behörden in mexikanischen Gewässern eine Durchsuchung gestatten." D.h., es wird eine Lösung vorgeschlagen: Sie glauben, daß das Schiff eine bestimmte Ladung führt? Nun gut, folgen Sie ihm, und wenn es mexikanische Gewässer erreicht, können es die Mexikaner mit dem Einverständnis " Kubas durchsuchen, aber in mexikanischen Gewässern. Wenn es die Mexikaner sind, sind wir bereit, ihnen die Erlaubnis zu erteilen, das Schiff gründlich zu durchsuchen, denn zu ihnen haben wir freundschaftliche und respektvolle Beziehungen, wir haben jedoch ‚keinerlei Grund, das diesen Banditen zu gestatten. (Rufe und Beifall)

Ich gebe dem Leiter unserer Interessenvertretung weitere Anweisungen: "Wenn sie dir sagen, daß das Schiff unter panamaischer Flagge läuft, dann sagst Du ihnen, daß es zwar die Flagge Panamas ist, daß aber diese Männer mit Mumm in den Knochen, die sich auf dem Schiff befinden, Kubaner sind! (Beifall) Sag ihnen, daß die Mannschaft eine Untersuchung verweigert, es sei eine Frage der Ehre, weil sie kein Vertrauen in diese verdammte Marine und die amerikanischen Behörden hat, denn die sind fähig, jedwede Lüge zu erfinden, jede Art von Paketen auf dem Schiff plazieren, welche Geschichte auch immer zu erfinden. Die Mannschaft mißtraut ihnen, und es ist eine Frage der Ehre, daß sie sich nicht durchsuchen läßt. Sag ihnen, daß sie für das Leben jedes einzelnen Seemanns auf diesem Schiff verantwortlich sind, was auch immer den Leuten auf diesem Schiff zustößt, sie sind dafür verantwortlich, das sollen sie wissen und im Protokoll festhalten, damit es später keine Verdrehungen gibt."

"Sobald das Schiff mexikanische Hoheitsgewässer erreicht, unterstellt es sich der mexikanischen Gerichtsbarkeit, den mexikanischen Behörden, stimmt es einer Untersuchung zu, was immer die mexikanischen Behörden verlangen, aber es ist eine Frage der Ehre, daß es sich nicht von der amerikanischen Küstenwacht in internationalen Gewässern durchsuchen läßt, das ist einfach eine Frage der Ehre, und außerdem gibt es keinerlei Grund, das zu tun. Die Mannschaft mißtraut ihnen, weil sie degeneriert, unmoralisch und zynisch sind. Und wir weisen ihr Argument zurück, sag ihnen, daß die kubanische Regierung mit dem Schiff Verbindung aufgenommen und ihm Anweisungen gegeben hat, daß wir miteinander in Verbindung stehen. Sag ihnen, daß die Schiffsmannschaft sich mit uns beraten hat und daß die Regierung Kubas die Haltung der Mannschaft dieses Schiffes unterstützt."

"Ruf den, der dir Bescheid gegeben hat, jetzt gleich an; ruf 10 Leute an, wenn es sein muß, weck diese H...söhne auf. (Beifall) Du siehst selbst, ich rufe dich mitten in der Nacht an, es ist fast 2.00 Uhr morgens, warne sie, sag ihnen, daß es eine Frage der Ehre ist, daß sich die Leute des Schiffes nicht durchsuchen lassen und daß alles, was der Mannschaft.des Schiffes zustößt, in die Verantwortung der Vereinigten Staaten fällt. Sag ihnen, daß sich das Schiff nur in mexikanischen Hoheitsgewässern und nur den Behörden Mexikos unterstellt, daß sie sich, wenn sie wollen, mit den Behörden in Mexiko in Verbindung setzen sollen, weil das Schiff die Anweisung hat, sich den Behörden Mexikos zur Verfügung zu stellen, damit diese alles überprüfen oder eine Durchsuchung durchführen können.

Ihr seht selbst, daß es eine klare und einfache Lösung dieses Problems gab, wenn es wirklich einen Zweifel gegeben haben sollte, dann war er unbegründet, dann war es eine Lüge; aber gut, falls es etwas geben sollte, bitte schön, das ist die Lösung. Wir schlagen ihnen eine Lösung vor.

"Sag es ihnen genau so, sag ihnen, daß ihr Argument mit dem Rauschgift nach unserer Ansicht eine Provokation ist, es ist eine Provokation, es ist ein zynisches Argument, ein Argument von H...söhnen. Sag ihnen das, auch wenn sie dich dafür morgen dort rausschmeißen." füge ich hinzu. (Beifall)

Sie wissen also Bescheid, wir haben eine Antwort, wir bieten ihnen eine Antwort und eine Lösung, unsere Argumentation ist klar, logisch, gerecht und unwiderlegbar, wir warnen sie außerdem, daß einer Durchsuchung nicht stattgegeben wird.

Wie Ihr seht, hat die Mannschaft selbst diese Entscheidung getroffen, das ist sehr interessant. Sie sind schon seit dem Morgen in diese Schlacht verwickelt, und erst viele Stunden später erfährt man in Kuba, was dort los ist.

Sofort nachdem 1 ich min t dem Genossen Arbezú gesprochen habe, rufe ich in Mexiko bei unserem Botschafter an, um Ihn über die Ereignisse zu informieren und ihm Anweisungen zu geben, was zu tun sei.

Ich sage ihm: "Ich werde langsam sprechen.", denn die Verbindung war sehr schlecht.
" "Es gibt da ein Schiff unter panamaischer Flagge, aber mit kubanischer Mannschaft, das eine Ladung von Moa nach Tampico bringt. Es hat nur sehr wenig an Bord, ich glaube einige Tonnen Chrom, Rohstoffe für Untersuchungszwecke, für Forschungszwecke oder ähnliches, darin besteht, soviel ich weiß, die Ladung." Wie Ihr seht, haben wir den Yankees keinerlei Erklärung abgegeben nicht eine einzige, nicht einmal eine Information darüber, was das Schiff geladen hat, denn wir hatten keinerlei Anlaß, es ihnen zu eröffnen, den Mexikanern dagegen haben wir alle Einzelheiten mitgeteilt. (Beifall)

"Aber heute, seit 8.00 Uhr morgens, wird es von einem nordamerikanischen Schiff behindert - heute heißt seit 8.00 Uhr morgens am gestrigen Dienstag" - es ist bereits im Morgengrauen am Mittwoch, als ich den Anruf tätige -, "und sie haben es belästigt" und hier benutzte ich ein Schimpfwort, "sie haben sogar Wasserstrahlen auf das Schiff gerichtet und einige Schüsse abgegeben."

"Der Vorwand für all das ist, daß das Schiff Drogen geladen haben könnte. Das Schiff hat nicht gestoppt, sondern seine Fahrt fortgesetzt. Und die Yankees haben soeben Arbezú angerufen, ich weiß nicht genau wann, es muß so gegen 24.00 Uhr gewesen sein und haben gesagt, daß sie das Schiff gegen 4.00 Uhr morgens entern werden."

"Das Schiff nähert sich schon Tampico. Es befand sich in 200 Meilen Entfernung, aber ich glaube heute, am 31. - also am Mittwoch -, so gegen 8.00 Uhr morgens, wird es in mexikanische Hoheitsgewässer gelangen. Das Schiff macht 12 Knoten in der Stunde."

"Wir haben den Yankees mitgeteilt, daß die Mannschaft kubanisch ist und daß sich die Seeleute, aus einer Frage der Ehre heraus, nicht in internationalen Gewässern von Vertretern einer amerikanischen Behörde durchsuchen lassen werden und sie darüber hinaus amerikanischen Behörden, die zu jeder Gemeinheit, und dazu, uns jede Art von Paketen unterzuschieben, fähig sind, nicht trauen."

"Wir haben ihnen gesagt, daß sich das Schiff einzig und allein von mexikanischen Behörden und in mexikanischen Gewässern durchsuchen lassen wird, in mexikanischen Hoheits- oder Territorialgewässern, ganz gleich wo. Es wird sich von den mexikanischen Behörden durchsuchen lassen, ganz gleich, ob in diesen oder jenen Gewässern, es wird sich den mexikanischen Behörden zur Verfügung stellen, damit diese eine Überprüfung, Untersuchung, Durchsuchung oder was auch immer durchführen können"
" "Es ist die »Hermann«. Sie läuft unter panamaischer Flagge. Sie kommt aus Moa. Sie transportiert 10 Tonnen Chrom-Proben, die sie im Hafen von Moa geladen hat, von wo sie am 25. Januar um 10.00 Uhr morgens ausgelaufen ist. Sie wird in Tampico erneut Ladung aufnehmen. Das ist das Hauptziel der Reise."

"Die Schiffsdaten lauten wie folgt: Kiellänge: 79,8 Meter, Schiffsbreite: 13 Meter, Farbe: grau, Gesamtgewicht: 2 300 Tonnen. Es ist ein kleines Schiff. Wir schätzen, daß es heute, am 31. Januar, gegen 9.00 Uhr Tampico erreichen wird."

"Sie sagen, daß das Schiff unter panamaischer Flagge läuft und daß sie im Recht sind. Wir haben ihnen gesagt, daß die Flagge zwar panamaisch sei, aber die Männer mit Mumm in den Knochen, die auf dem Schiff sind, die seien Kubaner, damit sie uns nicht länger -belästigen." Hier habe ich ein Synonym verwendet."

"Ich habe soeben mit Arbezú gesprochen und ihm gesagt, daß das Schiff seine Fahrt nicht stoppen wird, daß die Mannschaft aus einer Frage der Ehre heraus keine Durchsuchung des Schiffes zulassen wird, daß man es eher versenken müßte, daß man die Yankees für das Leben der Mannschaft und für allen Schaden, den sie ihr zufügen könnten, zur Verantwortung ziehen wird. Ich habe vor ungefähr einer Stunde mit ihm gesprochen und ihm gesagt, daß er dort ruhig alle, wer immer sie auch seien, aufwecken und ihnen sagen solle, daß das Schiff seine Fahrt nicht stoppen wird, denn sie "hatten gesagt, daß sie es um 4.00-Uhr morgens entern würden."

"Die Mannschaftsmitglieder sind fest entschlossen, sich nicht von den Yankees demütigen zu lassen, und sie sind völlig im Recht, das ist nicht nur eine Frage der Ehre, sondern auch eine Frage der Praxis, denn die Yankees sind schreckliche H...söhne und könnten dem Schiff sogar etwas anhängen. Die Leute sind zu Recht mißtrauisch."

"Aber sie sind bereit, sich den mexikanischen Behörden zu unterstellen; der Konsul,von Veracruz soll sich nach Tampico begeben."

Ich hatte ihn gefragt, wo unser Konsul seinen Sitz hätte, und er sagte mir: in Veracruz. Ich fragte ihn, wie schnell er nach Tampico kommen könne, und er antwortete: in drei Stunden, und ich bat ihn, den Konsul schnellstens anzurufen und ihn zu bitten, sich sofort nach Tampico zu begeben.

"Außerdem muß irgendjemand dort informiert werden, jemand vom Militär, am besten aus der Marine oder irgendeine andere mexikanische Behörde, damit das Schiff in Empfang genommen wird, damit das Schiff auf hoher.See oder im Hafen oder sonstwo in Empfang genommen wird, damit sie das Schiff durchsuchen. Wir stehen den mexikanischen Behörden zur Verfügung. Es kommt uns sogar gelegen, wenn die mexikanischen Behörden auf unsere Bitte hin das Schiff durchsuchen und seine Ladung überprüfen. Wir werden nur nicht erlauben, daß die Yankees das Schiff durchsuchen, - dazu müßten sie Gewalt anwenden, müßten sie das Schiff versenken. Ich weiß nicht, wie sie die Sache regeln werden, aber unsere Mannschaft ist entschlossen, die Fahrt fortzusetzen."

"Was wir den Yankees gesagt haben; ist, daß wir uns den mexikanischen Behörden unterstellen werden. Aber wir müssen den mexikanischen Behörden zu verstehen geben, daß wir ihnen sogar dankbar wären, wenn sie eine Durchsuchung unseres Schiffes durchführen und die Rechtmäßigkeit und die Situation des Schiffes überprüfen würden; aber wir wissen nicht, ob das Schiff bis nach Mexiko kommt, ob die Yankees es nicht um 4.00 Uhr morgens versenken werden." Das ist gegen 3.00 Uhr, und wir wissen einfach nicht, ob das Schiff bis nach Mexiko kommen wird."

"Es gehört der Firma Guamar Shipping Company S. A. Aber das wird man dort schon erklären. Es arbeitet für ein kubanisches Unternehmen, an das es verchartert ist."

"Ich dachte, daß du das alles unbedingt wissen müßtest. Ruf jemanden in der mexikanischen Regierung an, überleg dir, wen du anrufen könntest, welche Behörde man im Morgengrauen wecken könnte, damit sie sich dieser Sache annimmt. Sag den Mexikanern, daß wir es wirklich gern sehen würden, wenn sie unser Schiff inspizieren würden." Später sage ich: "Das Schiff wird seine Fahrt fortsetzen, daran besteht kein Zweifel, die Mannschaft ist entschlossen. Stell dir vor, sie befanden sich schon lange bevor sie uns benachrichtigen konnten in dieser Schlacht." (Beifall)

Jawohl, ich sagte, daß die Mannschaft sich bereits seit Stunden in dieser Schlacht befand, ohne daß wir davon wußten.

"Es wäre gut, wenn sich unser Konsul oder jemand von uns schnell dorthin begäbe."

Ich nannte ihm noch einige weitere Einzelheiten, fragte ihn sogar, mit wem er zu sprechen gedenke. Er sagte mir, daß er den Vizekanzler werde stören müssen. Schließlich sprach er mit dessen dritten Stellvertreter im Ministerium. Ihr versteht sicher, wie unangenehm es ist, eine Behörde um diese Zeit am Morgen anzurufen, selbst wenn die Angelegenheit wirklich sehr dringend ist, weil das Leben der Seeleute auf dem Spiel steht.

Ihr seht selbst, unter welchen Bedingungen die Yankees diesen Angriff unternehmen. Stellt Euch vor! D.h., sie hatten wirklich nicht die geringste Rechtfertigung, da wir eine einfache Lösung des Problems vorschlugen.

Wie die heutigen Telexinformationen vermelden, wurde die Entscheidung, das Schiff anzugreifen, nach dreimaliger gemeinsamer Sitzung von Beamten des State-Departments, des Verteidigungsministeriums und des ‚Nationalen Sicherheitsrates getroffen. Diese Entscheidung muß mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten abgesprochen worden sein, sie muß mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten abgesprochen worden sein! Und es muß der Präsident gewesen sein, der die Entscheidung fällte, denn die Beamten dieser drei Institutionen können ‚keine Entscheidung einer solchen Größenordnung treffen , wie es die Entscheidung ist, ein Handelsschiff in internationalen Gewässern zu beschießen und zu versuchen, es zu versenken. Sie könnten dabei die gesamte Mannschaft dieses Schiffes umbringen. Das ist ein schwerwiegender aggressiver Akt, eine schwere Provokation.

Ihr seht selbst, welch ein Grad von Arroganz, welch ein Überlegenheitsgefühl das Imperium uns gegenüber demonstriert. Es ist gut, daß wir uns darüber Gedanken machen, denn aus all dem müssen wir täglich unsere Schlußfolgerungen ziehen, für den Fall, daß einige noch immer daran zweifeln, daß einige noch immer nicht von dem. überzeugt sind, was wir vorausgesagt haben, welche Art von Welt im Begriff ist, sich herauszubilden, welche Art von Frieden die Völker der Dritten Welt erwartet und welchen Kampf wir führen müssen. Den wird niemand an unserer Stelle führen, und wir wollen dies auch gar nicht, aber wir müssen eine Vorstellung von der Größenordnung der Probleme und der Bedeutung der Probleme haben, die auf uns zukommen.

Ihr seht, was für eine Schamlosigkeit. Dieses Schiff führt einige Mineralproben an Bord, Rohstoffe für Ferrochrom. Möglicherweise sind es Proben für spätere Exporte, denn 10 Tonnen sind eine geringe Menge, oder für eine Laboranalyse, für einige Untersuchungen. All dies sind Dinge, die mit der Entwicklung unserer Ökonomie zusammenhängen. Aber außerdem lagern da noch 1.500 Tonnen Waren, die unser Land benötigt, die dort in Tampico darauf warten, abgeholt zu werden, und die hier vielleicht dringend gebraucht werden. Ich habe keine Liste der Waren hier, aber sicher handelt es sich um Artikel, die wichtig sind, um unsere gegenwärtigen Probleme zu bewältigen.

Es waren 11 Männer - hier wurden 12 genannt, weil anfangs gesagt wurde, daß es 12 seien, aber später stellte sich heraus, daß es in Wirklichkeit nur 11 waren, 11 ehrliche Seeleute, 11 ehrliche Arbeiter (Beifall), es handelte sich nicht um 11 Millionäre, die in der Karibik herumfahren, sondern um 11 Arbeiter, die mit ihrem Schiff unterwegs waren, um die ökonomischen Probleme des Landes lösen zu helfen, um Waren zu laden, die das Land und das Volk benötigen, und die will man so einfach beleidigen, will man entern.

Wer könnte diesen Leuten der Küstenwacht, bei den Ungeheuerlichkeiten, die sie ständig anstellen, trauen, wer könnte den Yankees, so verlogen und zynisch wie sie sind, trauen? Sie hängen dem Schiff wer-weiß-was an. Es handelte sich schon nicht mehr nur um eine Frage der Ehre. Die Mannschaft handelte in erster Linie aus ihrem Ehrgefühl heraus, aber sie hatte außerdem das Recht, sich gegen jegliche Unverschämtheit des Imperialismus ihnen gegenüber zu verteidigen.

Und diese ehrlichen Arbeiter beschießen sie, mitten im Frieden in internationalen Gewässern, nicht etwa in nordamerikanischen Gewässern, mit Kanonen, mit Maschinengewehren. Man greift sie mit Waffen aller Kaliber an. Das ist etwas, was hier noch nicht gesagt worden ist, nämlich, daß sich der Angriff über eine Stunde und 45 Minuten hinzog. Denkt nur nicht, daß das nur fünf oder zehn Minuten dauerte. Sie haben das Schiff eine Stunde und 45 Minuten lang unter Beschuß genommen.

Und das erfolgte nachts, ich weiß nicht, ob sich das auf die dortige oder die hiesige Uhrzeit bezieht, 4.35 Uhr dort oder hier? (Man antwortet ihm: "Im Morgengrauen") Es war nachts, vor dem Morgengrauen, es hatte noch nicht einmal getagt, und da beginnen sie mit all ihren Waffen zu schießen, mitten in der Nacht. Stellt Euch den Mut dieser Männer vor, wo doch allein schon dazu Mut gehört, nachts zur See zu fahren. Wenn man im Morgengrauen ein Schiff navigiert, müssen besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, wenn z. B. ein Mann über Bord geht, kann er ums Leben kommen, denn es kann sehr schwierig sein, ihn wieder aufzufischen, man muß mit Umsicht handeln.

Es war im Morgengrauen, nachdem sie fast 24 Stunden lang belästigt worden waren - Zeit genug, um jemanden nervös zu machen, der keine Nerven aus Stahl hat -, nachdem man um 8.00 Uhr morgens damit angefangen hatte und 12, 16, 20 Stunden vergingen, in denen man ihnen die Hölle heiß machte, sie bedrohte, unter Beschuß nahm; und diese 11 einfachen Arbeiter lassen sich nicht erschüttern, lassen sich nicht nervös machen, halten ihre Entscheidung aufrecht! (Beifall) Sie halten allen Schüssen stand, den Schüssen vor den Bug, auf das Steuerrad, auf den Maschinenraum, ‚auf die Mannschaftskajüten, auf die Kapitänskajüte, auf die Kommandobrücke.

Sie standen eine Stunde und 45 Minuten unter Beschuß, und diese Männer hatten nicht eine einzige Waffe, um sich zu verteidigen, und sie fuhren trotzdem weiter, sie setzten ihre Fahrt fort, stoppten nicht; sie führten einen moralischen Krieg gegen den Gegner, einen Krieg mit Worten, sie antworteten ihm, wie sie ihm antworten mußten.

Diese Männer haben sich dem Imperium ohne Waffen entgegengestellt, sie haben sich der Flotte mit bloßen Händen entgegengestellt, denn das Schiff der Küstenwacht stand für den mächtigen Marineverband und die gewaltige Flotte der Yankees, das war kein Schiff irgendeines kleinen Landes der Karibik, es war ein Schiff, das die Macht der Vereinigten Staaten verkörperte, das von den Vereinigten Staaten damit beauftragt worden war, unser Schiff zu versenken, auch wenn dabei das Leben der Mannschaftsmitglieder geopfert würde.

Die Haltung dieser Männer ist wahrhaft erstaunlich, ist wahrhaft außergewöhnlich. Man muß sich nur in ihre Lage versetzen, die Entfernung von ihrem Land, das Fehlen von Waffen. Sie setzen sich gegen das Imperium zur Wehr, sie setzen sich zur Wehr gegen die Anordnung des Chefs dieses Imperiums, der ganz bequem vom Schreibtisch aus die Anweisung erteilt hatte, zu schießen, zu schießen und zu morden. Nun gut, vielleicht haben sie ihn geweckt, und vielleicht hat er sich die Mühe gemacht, per Telefon mit denjenigen zu sprechen, die die Entscheidung, das Schiff zu beschießen und zu versenken, mit ihm berieten. Was für eine schändliche Angelegenheit, wie feige, wie wenig rühmlich, wie typisch für das Imperium. Dieses Imperium müssen wir kennenlernen, mit jedem Tag müssen wir es besser kennenlernen.

Diese Männer haben eine außerordentliche Leistung, eine außerordentliche Heldentat vollbracht. Wir haben Filme von Kämpfenden gesehen, wie Leute eine Schlacht führen, wie Leute Heldentaten vollbringen, aber noch nie etwas so Außergewöhnliches wie in diesem Film, im Morgengrauen, mit diesen Männern, die dem Feuer der Küstenwacht eine Stunde und 45 Minuten lang standhalten, die nicht zögern und ihre Fahrt selbst dann fortsetzen, als das Schiff jeden Moment in Flammen aufgehen kann, als sie schon keine Rettungsboote mehr haben, als sie schon keine Möglichkeit mehr haben, sich zu retten, es sei denn, sie ergeben sich, selbst dann noch setzen sie ihre Fahrt fort und ziehen es vor, an der Küste zu zerschellen, oder gegen einen Bohrturm zu laufen und in Flammen aufzugehen und wie auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen, als in die Hände der Imperialisten zu fallen. (Beifall)

Ihr seht, in welche Situation diese Männer gebracht wurden, in welche Gefahr auch die Interessen Mexikos gebracht wurden, welche ökologischen Konsequenzen, welche Konsequenzen für die mexikanische Wirtschaft dieser Konflikt, der die Ausgeburt der Selbstherrlichkeit und der Arroganz des Imperialismus ist, hätte heraufbeschwören können.

Meiner Meinung nach war es eine außergewöhnliche Leistung, die diese Männer einfach so vollbracht haben. Ich kann mir vorstellen, daß sich viele Leute fragen, wie ein Held aussieht. Hier habt Ihr sie, sie sind über Nacht zu Helden geworden, einfache Männer aus dem Volk. (Beifall)

Aber worin besteht die größte Bedeutung dieser Leistung, dieser Heldentat? Sie besteht darin, daß es sich nicht um eine individuelle Leistung, um ein individuelles Heldentum handelt, sondern um Leistungen .und Heldentaten des Volkes, denn sie handelten dort stellvertretend für das Volk. In diesem Kampf, in diesen schwierigen-Momenten repräsentierten sie das Volk, symbolisierten sie das Volk, die Würde des Volkes, die Ehre des Volkes. (Beifall) Hier bestätigte sich wieder einmal unsere Feststellung, "daß es im Volk viele Camilos gibt", was nichts anderes bedeutet, als daß es in unserem Volk viele Helden gibt, große Helden, unzählige potentielle Helden. Um uns dieser Schlacht zu stellen, brauchen wir Hunderte von Helden, Tausende von Helden, Zehntausende von Helden, Hunderttausende von Helden, Millionen von Helden, und 11 einfache Männer aus dem Volk haben bewiesen, daß es hier Millionen von Männern und Frauen gibt, die aus dem Holz von Helden geschnitzt sind. (Beifall) Denn ich bin sicher, daß jeder einzelne von Euch ebenso gehandelt hätte, jeder einzelne der Männer und Frauen in unseren Revolutionären Streitkräften, jeder einzelne in unserer Freiwilligen Milizen, jeder einzelne aus unserem Volk, jeder von uns, die wir alle auf die Verteidigung des Landes vorbereitet sind, hätte genau das gleiche getan.

Man kann kaum ermessen, wie wertvoll diese Botschaft, die diese Männer den Imperialisten geschickt haben, ist! Das ist nicht zu ‚ermessen! (Beifall) Den Yankees wurde eine unvergleichliche Lehre erteilt; denn was gaben diese Männer dort, die nicht eine Waffe hatten und deshalb zur Machete griffen, zur Axt, zum Küchenmesser oder gar zum Schraubenzieher, die die Fahrt des Schiffes nicht stoppten, den Yankees damit zu verstehen? Sie geben ihnen in aller Eindeutigkeit zu verstehen: Irrt Euch ja nicht, stellt Euch vor, was hier geschieht, wenn Ihr Euch den Tausenden von Kanonen und Panzern stellen müsst - um nur eine der Möglichkeiten anzuführen -, den Mündungen von Tausenden von Gewehren, Maschinenpistolen und Waffen aller Art und Kaliber!

Wir haben hier das nötige Blei. Wir werden ja sehen, ob sie vor unserem Blei ebensowenig Respekt haben, wie vor unseren Männern, wie vor diesen Seeleuten. (Beifall) Wir werden ja sehen! Scheinbar haben sie doch ein wenig Respekt vor dem Blei, denn sie legen sofort ihre kugelsicheren Westen an, setzen ihre Helme und all das auf. Doch von den Aggressoren gegen unser Vaterland wird nichts übrigbleiben, nicht einmal Staub, wenn sie sich dem Volk stellen müssen, diesem Volk, nicht nur einer Gruppe unbewaffneter Männer, sondern dem bewaffneten und vorbereiteten Volk, einem Volk,das über alle Waffen verfügt, die wir haben und die wir darüber hinaus noch herstellen werden, damit niemandem seine Granaten, seine Minen fehlen. (Beifall)

Wenn jemand wissen möchte, wie ein Held aussieht, hier habt Ihr echte Helden des Volkes, einfach, bescheiden, die - wie sie selbst gesagt haben - mehr Angst davor hatten, hier vor Euch allen zu sprechen, als vor den Kugeln der Imperialisten. (Rufe und revolutionäre Parolen)

Die imperialistische Provokation endete mit der Blamage des Jahrhunderts. Ich denke, daß man in der ganzen Welt über die Yankees gelacht hat, daß man in den Ländern der Dritten Welt von einem Ohr zum anderen gelacht hat, weil die Yankees das Schiff weder aufhalten noch versenken konnten. .

Ihr Manöver wurde vollständig entlarvt, weil wir es waren, das möchte ich klarstellen, denn es ist von einem Telex die Rede, in dem stehen soll, daß die Yankees die mexikanischen Behörden um Unterstützung gebeten hätten - die Papiere hier beweisen die Wahrheit, außerdem haben sie die Gespräche sicher aufgezeichnet, denn diese H...söhne zeichnen in dieser Hemisphäre die Gespräche von allem und jedem auf, man kann nicht offen sprechen, wir müssen nach anderen Kommunikationsmöglichkeiten suchen, aber wenn es eilig ist, und sie ein Schiff um 4.00 Uhr angreifen wollen, muß man klar und unverschlüsselt sprechen -, wir waren diejenigen, die die mexikanischen Behörden um Unterstützung gebeten haben und dem Botschafter dreimal sagten: "Ersuche sie darum, einen Beweis zu erbringen, damit wir die Intrige dieser Typen vereiteln können". Und das haben sie getan, sie haben das Schiff stundenlang bis in den letzten Winkel durchsucht - das haben mir die Genossen heute Nachmittag, als ich bei ihrer Ankunft einige Minuten mit ihnen sprach, bestätigt -, alle mexikanischen Behörden: die Einwanderungsbehörde, der Zoll, die Marine, die für den Kampf gegen Drogen verantwortliche Behörde. Sie brachten die berühmten. "Hunde mit, damit sie alles beschnüffeln, um zu sehen, ob Drogen an Bord sind. Weder Drogen, noch Urin, noch Scheiße, noch sonst irgendwelchen Mist haben sie auf dem Schiff gefunden! (Rufe und Beifall) Ich bin sicher, wenn die Hunde auf dem Schiff der nordamerikanischen Küstenwacht geschnüffelt hätten, hätten sie alle drei Dinge gefunden. (Lachen)

Sie konnten also nichts beweisen, sie konnten niemanden betrügen, niemanden täuschen. Einmal mehr machten sie aller Welt deutlich, wie gemein, wie unverschämt, wie schamlos, wie zynisch sie sind, sie haben die Empfindungen unseres Volkes zutiefst verletzt, und dadurch seinen Zorn und seine Stärke vervielfacht, und genau so wird es bei allem sein, was sie noch anstellen werden, bis eines Tages die Stunde Null kommt, bis eines Tages die Stunde der - Wahrheit kommt, und die kann kommen, je nach dem, wie die Ereignisse verlaufen, je nach dem, wie sich die imperialistische Arroganz entwickelt.

Aber ich könnte auch sagen, daß das bereits das erste Scharmützel war, und das habe ich den Genossen sogar gesagt: Das ist das erste Scharmützel, denn es ist wahr, daß eine Gruppe von Seeleuten bereits bei einer anderen Gelegenheit eine ebenso beispielhafte Haltung gezeigt hat, damals während des Staatsstreichs in Chile, als ein aus Valparaiso kommendes Schiff mit Kanonen beschossen wurde und ebenfalls weiterfuhr - wir alle erinnern uns daran, aber das waren andere Umstände, andere Zeiten, und es handelte sich um ein lateinamerikanisches Land und nicht um das mächtigste Imperium der Erde -, für uns war das ein Anlaß, stolz zu sein, wie sich die Kubaner damals in dieser Situation verhielten, aber heute sind es ganz andere Umstände, völlig verschieden, all das hat derart symbolischen Charakter, daß ich wirklich nicht glaube, daß diese Episode von irgendetwas übertroffen werden kann.

Wir haben das Privileg, diese Genossen hier bei uns zu haben, wir haben sie eigens deshalb holen lassen, damit das Volk ihnen, nach diesen schweren Stunden und den Prüfungen, die ihnen auferlegt waren, die Ehre erweisen kann, denn sie alle könnten jetzt tot sein, das wollten wenigsten die Yankees. Das Schiff könnte versenkt sein und sie könnten tot sein, aber die Yankees haben es nicht geschafft, und danach, in mexikanischen Hoheitsgewässern, haben sie es nicht mehr gewagt, ihr Schurkenstück zu Ende zu bringen. Sie müßten sich dafür schämen und diese Lektion gelernt haben, deshalb ist die Handlung dieser Männer von so großer Bedeutung, in einem so besonderen Augenblick, in diesem für uns und die Welt so wichtigen Moment, in dem gezeigt werden muß, was ein Revolutionär vermag, in dem gezeigt werden muß, was ein Kommunist vermag. (Beifall)

Einige von ihnen sind Mitglieder der Partei, die anderen in der Jugendorganisation, und zwei sind nirgendwo Mitglied. Hier bestätigt sich wieder, was ich bereits auf dem Arbeiterkongreß gesagt habe, nämlich, daß es sehr wohl Delegierte geben kann, die nicht in der Partei oder der Jugendorganisation sind, die aber trotzdem Kommunisten sind (Beifall), und daß eine kommunistische Partei nichts ist, ohne eine kommunistische Arbeiterklasse, daß eine kommunistische Partei nichts ist, ohne ein kommunistisches Volk. (Beifall)

Wenn man eine Bürgschaft benötigt, um in die Partei einzutreten, dann sähe ich gern, wenn wir alle hier für die beiden, die noch nicht Parteimitglieder sind, die Bürgschaft übernehmen würden. (Anhaltender Beifall)

Ich möchte vorschlagen, daß wir alle die Bürgschaft für sie übernehmen, und nicht nur für die beiden, sondern auch für diejenigen, die Mitglieder der Jugendorganisation sind, damit sie Mitglieder unserer glorreichen Kommunistischen Partei werden können (Beifall und Rufe: "Fidel, Fidel, Fidel!"), denn sie haben sich wie Kommunisten verhalten, sie sind hochrangige Kommunisten.

Wir waren stolz auf sie, als der Sekretär der Parteizelle des Schiffes hier sprach, wie er sprach, mit einer solchen Bescheidenheit. (Beifall) Er brachte die Verachtung eines Kommunisten gegenüber der Arroganz der Yankees zum Ausdruck. (Rufe: "Es lebe die Kommunistische Partei Kubas!") So muß unsere Partei sein und so muß jedes einzelne Mitglied unserer Jugendorganisation sein, und so sind sie auch! Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. (Beifall) Das ist der Geist unserer kommunistischen Jugend, unserer Arbeiter, unseres Volkes.

Wir werden dem Staatsrat vorschlagen, diesen Männern für ihren Mut die höchste Auszeichnung, die ein Kämpfer erhalten kann, zu verleihen. (Beifall) Sie haben dem ersten Scharmützel standgehalten, und das ist moralisch gleichzusetzen mit einer gewaltigen Schlacht und einem gewaltigen Sieg.

Ich erinnere mich, einmal eine Episode der antiken Geschichte, die sich in Rom zutrug, gelesen zu haben, ich weiß nicht, ob sie der Wahrheit entsprach oder nicht, aber sie wird als geschichtlich verbürgt dargestellt. Sie spielte in der Zeit, als die Römer ihr Imperium noch nicht errichtet hatten, sie zeichneten sich durch ihren Mut aus und wurden belagert. Man sagt, daß es den Belagerern der Stadt gelang, zwei Gefangene zu machen, die sie vor ihren Anführer führten, der ihnen androhte, sie zu foltern, der ihnen androhte, sie zu verbrennen. Es gab da einen Scheiterhaufen, und um ihre Verachtung gegenüber den Drohungen zu zeigen, hielten die Römer ihre Hände in die Flammen. (Beifall)

Ganz gleich, ob die Geschichte wahr ist oder nicht, sie ist auf jeden Fall von tiefgehender Bedeutung. Als mich die Genossen gestern morgen über den Verlauf der Ereignisse von dem Moment an, in dem das Schiff angegriffen wurde, informierten, erinnerte ich mich an diese Legende. Glauben sie etwa, daß uns ihre Drohungen einschüchtern können? Das beispielhafte Heldentum dieser einfachen Arbeiter ist die beste Antwort, die sie dem Imperialismus im Namen unseres Volkes geben konnten! (Beifall)

Der Zufall wollte es, daß wir uns heute hier, auf diesem Platz versammeln, nicht weit von der Höhle der Imperialisten entfernt, damit sie uns sehen und hören können. Aber hier befinden sich außerdem auch die Reste dessen, was einst das Symbol der nordamerikanischen Herrschaft war, die Reste des berühmten »Maine«-Denkmals.

Ich würde nicht sagen, daß die Seeleute, die auf der »Maine« starben, kein Denkmal verdient hätten, daß sie nicht verdient hätten, daß ihnen jemand aus Mitleid ein Denkmal setzt, daß jemand, der ehrenwert ist, ihnen ein Denkmal setzt, denn sie waren Opfer der Arglistigkeit des Imperialismus. Die historischen Forschungen und alle Indizien beweisen, daß es sehr auffällig und merkwürdig war, daß alle Offiziere auf einem Fest waren. Die einfachen Seeleute auf diesem Panzerschiff wurden grausam geopfert, als das Imperium kurz davor stand, seinen ersten imperialistischen Krieg zu entfesseln. Alle Indizien deuten darauf hin, daß die Imperialisten selbst das Schiff, auf dem sich kein einziger Offizier befand, in die Luft sprengten, denn - welch großartiger Zufall - die befanden sich alle auf einem Fest. Das war der Vorwand für den Krieg, der Vorwand für die Intervention in Kuba, für die Besetzung der Philippinen, Puerto Ricos und anderer spanischer Besitzungen. Das war genau so wie der berühmte und von ihnen eingefädelte Vorfall im Golf von Tonkin, der sich in jüngerer Zeit ereignete.

Ich meine, daß man demnach zwar von Opfern sprechen kann, denn sie waren Opfer, aber Opfer des Imperialismus. Aus bloßer Scheinheiligkeit errichteten sie ihnen ein Denkmal, das später zum Symbol der imperialistischen Herrschaft über unser Vaterland wurde.

Aber dann kam der Tag, an dem die Revolution siegte. Es mußten Jahrzehnte vergehen, aber wir siegten! (Rufe: "Es lebe die Revolution!") Und seit 1878 - als unser erster Unabhängigkeitskrieg, der 1868 begonnen hatte, endete, und der dank Baraguá glorreich ausging - sind Jahrzehnte um Jahrzehnte vergangen, fast hätten sie unser Volk zu Staub gemacht, aber wie bereits einer der Genossen, die vor mir sprachen, sagte - dieses Volk hat schon immer gewußt, wie man aus der Asche wieder aufersteht, den Kampf fortsetzt und schließlich den Sieg davonträgt. (Beifall)

Unser heutiger Kampf ist der gleiche wie 1868 und 1895, wie der der Moncada-Kaserne, der der Yacht »Granma«, der der internationalistischen Missionen. Aber heute sind wir keine Asche, wir sind keine Asche! Heute haben wir mehr Kraft denn je, um uns zu verteidigen, mehr Ideen denn je, um uns zu verteidigen, mehr Kämpfer denn je, um uns zu verteidigen (Beifall), und wir besitzen die Fähigkeit, diejenigen, die die Ungeheuerlichkeit, das, unbeschreibliche historische Verbrechen begehen sollten, unser Vaterland anzugreifen, mit dieser Haltung, mit diesem Beispiel, mit diesem gestählten Charakter früher oder später in Staub und Asche zu verwandeln.

Wenn man einer Sache:sicher sein kann, dann der, daß sich dieser raubgierige Adler, der das Imperium symbolisiert, nie wieder auf diesen Säulen niederlassen wird, die zum Denkmal für das wurden, was das Imperium für unser Land bedeutet hat, und für das, was ihm früher oder später in seiner Gier, die Welt zu versklaven, widerfahren wird.

Sozialismus oder Tod!
Vaterland oder Tod!
Venceremos!

(Stürmischer Beifall)


Quelle: Verlag José Martí