Rede auf der Kundgebung in der Berliner Dynamo-Sporthalle 19. Juni 1972
Foto: Screenshot, Fidel Castro en la Republica Democratica Alemana, 1972 |
Lieber Genosse Honecker!
Liebe führende Genossen der DDR!
Liebe Freunde aus dem sozialistischen Berlin und der DDR!
Die Anwesenheit des Genossen Honecker, der Genossen des Politbüros, der führenden Genossen von Partei und Regierung und der Vertreter der Bürger des sozialistischen Berlins und der DDR ist für unsere Delegation eine große Ehre. Angesichts unserer Freundschaft gewinnt das eine besondere Bedeutung.
Heute nachmittag hat Genosse Honecker eine wichtige Rede zu internationalen politischen Fragen gehalten.
Wir haben uns hier versammelt, um uns nach einwöchigem Besuch in der DDR zu verabschieden. Das war eine brüderliche Begegnung zwischen den Vertretern und dem Volk des ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staates mit den Vertretern des ersten sozialistischen Staates Lateinamerikas.
Diese Begegnung hatte natürlich für uns, die Vertreter des revolutionären Kubas, eine außerordentliche Bedeutung. Sie war von besonderem Interesse.
Ich glaube, von unseren beiden Völkern hat man in letzter Zeit viel gesprochen, von euch noch mehr als von uns, denn ihr habt früher angefangen als wir.
Als wir noch nicht wir waren, da wart ihr schon ihr. Damals schon haben die Imperialisten gegen euch gekämpft.
Hier wurden wir in einer ganz großartigen Weise durch die Führung der Partei, die Regierung, die Arbeiter, die Bauern, die Studenten, das ganze Volk empfangen. Aber was uns am meisten beeindruckte, das waren nicht die offiziellen Aufmerksamkeiten. Es gab sehr viel davon, es gab ein Maximum davon, was man sich vorstellen Konnte.
Auch die Begrüßungen durch die Volksmassen waren das Maximum dessen, was man sich vorstellen konnte. Was uns jedoch am meisten beeindruckte, war das, was ihr in diesen Jahren mit eurem Volk und in eurem Volk vollbracht habt, euer revolutionäres Werk, die ideologische Arbeit mit der Bevölkerung und die schöpferische Arbeit aller Werktätigen.
Gute offizielle Empfänge zu organisieren, ist möglich, und man könnte fast sagen, es ist sogar leicht.
Begrüßungen durch die Volksmassen zu organisieren, ist nicht so einfach. Das erfordert schon eine politische Bildung, das erfordert die Entwicklung eines revolutionären Bewußtseins, das erfordert die Arbeit der Partei, die Entwicklung des marxistischen Bewußtseins, die Entwicklung des internationalistischen Bewußtseins. Aber es gibt etwas noch Schwierigeres: das ist, einer Delegation ein ganzes revolutionäres Volk und einen wahrhaft revolutionären Staat zu zeigen.
Das stellt ein wahrhaft historisches Verdienst dar. Diese drei Dinge sind es, die wir in diesen Tagen gesehen haben. Aber es bewegt uns insbesondere, wenn man an den Ausgangspunkt all dessen denkt, sich erinnert, von welchem Punkt aus ihr vor 23 Jahren angefangen habt, und zu wissen, daß ihr diesen ersten sozialistischen deutschen Staat der Arbeiter und Bauern auf den ideologischen Trümmern, die der Faschismus hinterlassen hat, erbaut habt.
Wir denken daran, daß der Kommunistischen Partei durch die Faschisten schwere Verluste zugefügt worden waren, daß mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder physisch vernichtet wurde, daß nicht mehr als die Idee blieb und der Kern, die Saat, jene Männer, die aus dem Untergrund, aus der Illegalität, aus der Emigration wiederkamen oder aber aus den Gefängnissen, aus den Konzentrationslagern.
Wir denken daran, daß das ganze Land unter den Folgen des Krieges, der von den Faschisten angezettelt worden war, gelitten hatte. Hinzu kamen noch grausame und sinnlose Verwüstungen, die von den amerikanischen und englischen Imperialisten verursacht worden waren, wie in Dresden, wo es keinerlei Rüstungsindustrie gab. Genauso geschah es in tschechoslowakischen Städten, als der Sieg über den Faschismus praktisch schon sicher war.
Unter diesen Bedingungen ist es euch gelungen, diesen Staat zu schaffen, ist es euch gelungen, eure Partei zu schaffen, und es ist euch gelungen, dieses Bewußtsein, diesen Kämpfergeist unter dem Volk der DDR zu entwickeln.
Unsere beiden Länder, Kuba und die DDR, waren Ziele der Aggressivität der amerikanischen Imperialisten; denn jene verstanden sehr wohl, daß in der DDR wie auch in Kuba politische Kämpfe von gewaltiger Bedeutung stattfanden, entscheidende ideologische Schlachten. Die Imperialisten setzten alle ihre Mittel ein, alle Mittel, die sie hatten, alle ihre Waffen, um unsere Anstrengungen zu vereiteln.
Jene Leute wetteten, daß sie unsere Politik zum Scheitern bringen würden; denn sie zählten auf ihre Vorteile und auf unsere Schwierigkeiten, denn sie wußten, daß das sozialistische Lager Kriegsschauplatz im zweiten Weltkrieg war, daß große Teile der Sowjetunion zerstört, daß Millionen ihrer Söhne in den Kämpfen gefallen waren und daß praktisch alle Hauptstädte, Städte und Fabriken der Völker, die heute das sozialistische Lager bilden, zerstört waren.
Wie wir bei anderer Gelegenheit schon hervorhoben, hatte der Imperialismus große ökonomische und industrielle Reichtümer angehäuft. Die Imperialisten hatten praktisch alles Gold in der Welt an sich gerissen, und mit diesen Mitteln hatten sie den Kampf gegen uns aufgenommen. Aber diese Mittel verwendeten sie, um Schrecken zu säen, um internationale aggressive Organisationen zu schaffen, um den kalten Krieg und das Wettrüsten voranzutreiben. Sie umzingelten das sozialistische Lager mit Militärstützpunkten. Hunderte von Militärstützpunkten und Hunderte Milliarden Dollar wurden in diese Politik investiert, um diese imperialistischen Ziele zu erreichen, um die Entwicklung des sozialistischen Lagers zu hemmen, um den Vormarsch der revolutionären Ideen zu verhindern.
Ihr wart all diese 23 Jahre hindurch Zeugen all dessen - oder wir könnten sagen noch länger -, der 27 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Und die Umstände waren wahrhaft schwer. Die Zeiten waren wahrhaft hart.
In ihrem Kampf gegen die DDR und gegen Kuba nutzten jene Leute ihren politischen und ökonomischen Einfluß, um die ökonomische Blockade durchzuführen, um eine diplomatische Isolierung durchzusetzen, um Handelsschwierigkeiten zu schaffen.
Wir denken daran, wie nicht nur der amerikanische Imperialismus die Blockade gegen Kuba durchführte. An dieser Blockade gegen Kuba nahm auch die imperialistische westdeutsche Regierung teil.
Wir denken an die Zeit, als die Frage der Beziehungen zwischen der DDR und Kuba stand. Da drohten jene Leute mit dem Abbruch der diplomatischen und Handelsbeziehungen. Aber wir gaben nicht nach. Wir haben die diplomatischen Beziehungen mit der DDR hergestellt! Wir waren das erste Land in Lateinamerika.
Sie beteiligten sich an der ökonomischen Blockade, brachen die diplomatischen Beziehungen mit uns ab und unterdrückten jeden Handel mit unserem Land. Das heißt also, der Blockade gegen Kuba schlossen sich die BRD und der größte Teil der imperialistischen und kapitalistischen Länder an.
Wir haben einen langen Kampf in den internationalen Organisationen geführt. In den Vereinten Nationen forderten wir, daß die DDR in diese Organisation aufgenommen wird. Wir kämpften darum in den Kulturorganisationen, in den wissenschaftlichen Organisationen, in den Sportorganisationen, schließlich überall dort, wo es den Imperialisten nicht gelungen war, uns hinauszuwerfen.
Ohne jede Schwankung sind wir für die Rechte der DDR eingetreten, und wir haben es nicht bereut. Wir freuen uns darüber.
Wir wissen sehr wohl, unter welchen Bedingungen ihr gekämpft habt, wieviel Subversion es gegen euch gab, wieviel Kampagnen geführt werden, wieviel Hunderte von Radiosendern gegen die DDR gerichtet sind, wieviel Fernsehstationen, wieviel Zeitungen, wieviel Bücher.
Jene Leute hatten sich vorgenommen, die Schaffung eines sozialistischen Staates unmöglich zu machen. Sie hatten sich vorgenommen, die Schaffung der DDR zu verhindern. Wir wissen, daß genau hier die Grenze zwischen Imperialismus und Sozialismus verläuft. Hunderte von imperialistischen Stützpunkten, viele der stärksten und der gefährlichsten wurden an der Grenze zur DDR errichtet. Die amerikanischen Imperialisten haben lange von einem "deutschen Wunder" geredet und bezogen sich auf die BRD. Aber wir sagen, nachdem wir dieses Land gesehen haben, unter welchen Bedingungen hier der Sozialismus aufgebaut wird: Das wahre Wunder ist hier in der DDR.
Im kalten Krieg haben die Imperialisten Milliarden von Dollars ausgegeben und in der BRD investiert. Die Imperialisten taten alles mögliche, um die Monopole, die die Verbündeten und die Pfeiler des Faschismus waren, die den Krieg betrieben und die am Krieg verdienten, wieder aufzubauen. Viele jener Monopole tragen heute noch den gleichen Namen oder haben noch die gleichen führenden Kräfte wie unter dem Faschismus. Wir wissen, wie der amerikanische Imperialismus das Bündnis mit den Faschisten gesucht hat, und wir wissen, was er unternahm, um die Kraft der BRD zu stärken, um sie in eine aggressive Speerspitze gegen das sozialistische Lager und in ein konterrevolutionäres Bollwerk zu verwandeln.
In der gleichen Weise, wie der Imperialismus diese Kampagnen durchführte, verleumdete er die DDR. Aber die DDR hat sich mit der Unterstützung des sozialistischen Lagers, mit der Unterstützung der Sowjetunion Bahn geschaffen, hat mehr und mehr die Isolierung durchbrochen. Schon mehr als 30 Staaten unterhalten diplomatische Beziehungen mit der DDR. Die Umweltschutzkonferenz war ein Fehlschlag, da man der DDR die gleichberechtigte Teilnahme verweigert hatte. Die Sowjetunion und viele andere sozialistische Länder einschließlich Kubas enthielten sich der Teilnahme.
Die Forderung nach Aufnahme der DDR in die Vereinten Nationen wird immer lauter, und wir wissen, daß auch diese Schlacht gewonnen werden wird und daß eines Tages die DDR, gemeinsam mit den anderen souveränen Staaten, gemeinsam mit der KVDR und gemeinsam mit dem vietnamesischen Volk, in den Vereinten Nationen ihren Platz haben wird. Wir wissen, daß die Wahrheit und die Erfolge der DDR sich Bahn verschaffen werden.
Wir haben in diesen Tagen eure Erfolge gesehen. Wir haben sie in der Wirtschaft, in der Landwirtschaft, in der Wissenschaft, im Bauwesen gesehen. Wir wissen voll und ganz, daß schon gegenwärtig die Industrieproduktion der DDR größer ist als die gesamte Industrieproduktion des ehemaligen deutschen Reiches. Wir haben die Erfolge in Leuna, in Halle, in Dresden, in Rostock, in Berlin gesehen. Wir haben die neuen Städte gesehen und Städte, die sich aus den Ruinen erheben.
Wir haben den menschlichen Charakter der neuen Städte gesehen, die gebaut wurden und gebaut werden, die nicht nur aus modernen Gebäuden bestehen, sondern versehen sind mit allen sozialen Einrichtungen, mit Einrichtungen für Kinder, mit Schulen, mit polytechnischen Bildungseinrichtungen, mit Erholungs- und Kultureinrichtungen, mit Krankenhäusern.
Keine kapitalistische Gesellschaft könnte so etwas errichten! Denn im Kapitalismus wird mit dem Boden, mit den Wohnungen, mit der Bildung, mit der menschlichen Gesundheit spekuliert. Unter keinen Umständen können dort solche Gemeinschaften geschaffen werden, die hier die Zukunft dieses Landes erkennen lassen.
Das Werk, das hier mit den Kindern vollbracht wird, ist wahrhaft außergewöhnlich. Wie sich diese Arbeit in. der Haltung der Kinder, in ihren Kenntnissen, in ihrer Kultur und vor allem in dem Gefühl, das sie zum Ausdruck bringen, widerspiegelt! Dieser solidarische Geist, dieses Gefühl der Solidarität mit den anderen Völkern, auch das macht den Internationalismus aus. Das ist gleichzeitig ein Zeichen der Ergebnisse der Arbeit und der Ideen des Marxismus-Leninismus.
Wenn man den egoistischen Nationalismus, den Chauvinismus fördert, dann kann man keine Solidarität unter den Menschen erwarten. Die Solidarität unter den Menschen ist untrennbar mit der Solidarität unter den Völkern verbunden. Auf gleiche Weise wie der kapitalistische Egoismus mit dem Nationalismus verbunden ist, ist er unverkennbar mit Vormachtstreben, Aggressions- und Raubkriegen verbunden.
Als wir mit den Arbeitern von Leuna sprachen, haben wir auf das hervorragende Beispiel der Entwicklung dieses Werkes und seiner Perspektiven hingewiesen, die sich auf das Erdgas und das Erdöl gründen, welches aus der Sowjetunion in Pipelines nach Leuna kommt. Wir haben dort daran erinnert, daß der Ursprung der Kriege die Sucht nach Bodenschätzen war.
Die Imperialisten versuchten, die Bodenschätze der ganzen Welt an sich zu reißen, während in diesem bedeutenden petrochemischen Kombinat im Ergebnis der Brüderlichkeit und der internationalen Zusammenarbeit die grundlegenden Rohstoffe gesichert sind.
Uns hat der kämpferische Geist des Volkes der DDR sehr beeindruckt, sein revolutionäres Bewußtsein, sein internationalistisches Bewußtsein. Das zeigt sich überall unter den Werktätigen, unter den Arbeitern, unter den Bauern, unter der Intelligenz. Aber mit großer Kraft zeigt sich das vor allem in der Jugend, und das findet auch schon bei den Kindern seinen Ausdruck. Wir haben außerdem die Ausbildung, die technische Erziehung, die Unterrichtsmittel und die Qualität der Kenntnisse, die sich die Jugend und die Kinder aneignen, gesehen, und wir haben dabei an jene drei Epochen gedacht: den Ausgangspunkt der DDR, die DDR von heute und die DDR in den nächsten 15, 20 oder 25 Jahren.
Wir haben nicht den geringsten Zweifel daran, daß der Erfolg gesichert ist. Wir haben nicht den geringsten Zweifel an eurer geistigen und moralischen Festigkeit, die ausreichend stark sein wird, um die ideologische Schlacht zu gewinnen, diesen langen und schweren Kampf, der noch vor uns liegt.
Die leitenden Genossen, die uns begleiteten, haben vom Licht und vom Schatten gesprochen. Sie sagten uns, daß nicht alles gut klappt, daß nicht alles perfekt ist. Aber diese Aspekte haben uns gar nicht so besorgt gemacht. Warum nicht? Weil wir wissen, daß es in jedem menschlichen Werk Schwierigkeiten gibt, daß es in jedem revolutionären Werk auch Schatten gibt. Aber wir dachten auch daran, daß es zu Beginn fast nur Schatten gab und nur sehr wenig Licht, während heute, nach 23 Jahren, fast überall Licht ist, so daß wirklich nur noch wenige Schattenseiten bleiben.
Die internationale revolutionäre Bewegung hat noch große wichtige Aufgaben vor sich. Gegenwärtig geht es auf dem Wege zur europäischen Sicherheit erfolgreich voran. In der Tat sind in der letzten Zeit bemerkenswerte Fortschritte erreicht worden. Zum Beispiel jene Abkommen über die Unverletzlichkeit der gegenwärtigen Grenzen, das Vierseitige Abkommen über Westberlin, die Abkommen zwischen der DDR und der BRD über verschiedene Fragen, Verträge, in denen sich jene Tatsachen durchzusetzen beginnen, daß die Deutsche Demokratische Republik eine absolute, eine souveräne internationale Realität ist, anerkannt auch von ihren schärfsten Gegnern.
In der Praxis kommen wir der europäischen Sicherheitskonferenz näher. Diese Bemühungen sind eng mit dem Frieden, dem Kampf der Welt für den Frieden verbunden.
Wir wissen alle, daß von Europa unheilvollste Kriege ausgingen: der erste und der zweite Weltkrieg. Europa beherrschte fast die ganze Welt, und auf diesem Kontinent spielten sich die großen Kriege ab.
Wir sehen diese Realitäten. Es genügt, das Ausmaß jener militärischen Kräfte, die der Imperialismus an der Grenze zur DDR angesammelt hat, zu sehen. Es genügt, jenen Konfliktherd mit eigenen Augen zu sehen, den diese Leute im Herzen der DDR geschaffen hatten, um die latente Gefahr in ihrer ganzen Größe einzuschätzen. Und wir verstehen die Notwendigkeit, auf diesem Kontinent gegen den Ausbruch eines Krieges zu kämpfen.
Wir können außerdem erkennen, warum die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Länder gezwungen wurden, große Anstrengungen zur Stärkung ihrer Verteidigungskraft zu unternehmen, um dieser Politik der Umzingelung und der Militärstützpunkte zu begegnen. Aus diesem Grunde begrüßen und unterstützen wir ohne Vorbehalte diesen Kampf auf dem Wege zur europäischen Sicherheit.
Wie Genosse Honecker sagte, hört durch Abkommen allein der Imperialismus nicht auf, Imperialismus zu sein. Sie sind weiter Imperialisten, gefährliche Imperialisten.
Die internationale revolutionäre Bewegung steht noch vor anderen großen Problemen, nämlich vor den Fragen der sogenannten dritten Welt, die sich aus einer großen Zahl von Ländern in Lateinamerika, in Afrika und in Asien zusammensetzt.
Es sind Länder, die die Mehrheit der Bevölkerung der Erde umfassen. Sie erreicht heute die Zahl von 3,5 Milliarden und wird in den nächsten 25 Jahren auf 6 Milliarden ansteigen. In diesen Ländern gibt es einen sehr großen technischen und industriellen Rückstand, eine große ökonomische Unterentwicklung, eine große materielle und soziale Armut. In jenen Ländern versucht der Imperialismus, die volle Unabhängigkeit der Völker zu verhindern. Er versucht, die Kontrolle über die Bodenschätze zu behalten, seine imperialistische Herrschaft aufrechtzuerhalten und den Kolonialismus durch den Neokolonialismus abzulösen.
Eine der Fragen, die wir uns alle stellen müssen, ist die: Wie gehen wir an die Aufgaben heran, die auf Grund der erschreckenden Bedingungen von Armut und Unterentwicklung dieses großen Teiles der Menschheit vor allen Völkern stehen? Der Imperialismus ist raffiniert wie ein Fuchs; er ist hinterlistig und er intrigiert; er ist heimtückisch wie eine Schlange.
Wir haben sehr klar die Aggression in Vietnam vor Augen, worüber auch Genosse Honecker sprach. Was uns am meisten während unseres Besuches in der DDR befriedigte, ist die Solidarität der DDR mit dem Volke Vietnams.
Das spürt man in den Losungen, in den Reden und unter den Massen, und das drückt sich in den Forderungen aus: Schluß mit der Aggression gegen Vietnam! Schluß mit dem völkermordenden Krieg in Vietnam! Für die Achtung des Rechtes der Völker Indochinas auf Selbstbestimmung!
Die Imperialisten wissen, daß sich das Kräfteverhältnis ändert. Sie wissen, daß ihre Macht schwächer wird. Sie wissen sehr wohl, wo sie nicht mehr zuschlagen können. Sie wissen zum Beispiel, daß sie militärisch in die DDR nicht mehr eindringen können, denn sie finden hier die gewaltige Kraft der Länder des Sozialismus, geführt von der Sowjetunion.
Aber sie schlagen zu in Vietnam! Sie machen Konzessionen in Europa, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Sie versuchen, die Eskalation in Vietnam weiterzuführen, die Brutalität ihrer Bombenangriffe noch zu verstärken, um dem vietnamesischen Volk ihre Bedingungen aufzuzwingen.
Wir haben Informationen aus Vietnam über die Bombenangriffe auf die Deiche erhalten.
Ich glaube, wir sollten diese Tribüne im sozialistischen Berlin, diese Begegnung mit revolutionären Kämpfern nutzen, um diese Angriffe vor der internationalen Öffentlichkeit zu verurteilen.
Während zweier Monate, vom 10. April bis zum 10. Juni 1972, haben die amerikanischen Flugzeuge 68mal 32 wichtige Teile der Deiche an den großen Flüssen und 31 Wasserbauanlagen in Nordvietnam angegriffen und bombardiert. Sie haben dabei 665 verschiedene Arten von Bomben verwendet. Hunderte von Geschossen wurden von den nordamerikanischen Kriegsschiffen abgefeuert. Am Deichsystem des Roten Flusses wurden sechs Abschnitte mit großen Bomben angegriffen. Das Deichsystem des Flusses Thai-binh wurde ebenfalls verschiedene Male bombardiert. Fünf Abschnitte an Deichen des Flusses Day, unter ihnen ein Abschnitt von hundert Meter Länge, wurden während der amerikanischen Angriffe zerstört. Der Deichabschnitt, der das Dorf Hau-fu schützt, das sich im Distrikt Yong-lan in der Provinz Ninh-binh befindet, wurde ebenfalls beschädigt.
Alle oben erwähnten Deiche wurden errichtet, um Tausende von Hektar fruchtbaren Bodens, um das Leben und Gut von Millionen Bürgern in dieser Provinz vor Überschwemmungen zu schützen.
Auch das Deichsystem am Ufer des Flusses Ma, das Hunderte von Hektar Reisfelder und das Leben und Gut Hunderter von Einwohnern schützt - und zwar in den Bezirken Huang-ho, Ha-lok, Dongsong, Din-gia und Nang-son in der Provinz Thanh-ho’a -, wurde verschiedene Male bombardiert.
Vom System der Deiche am Fluß Lam in der Provinz Nghe-an wurden die wichtigsten Abschnitte, welche die Ebenen schützen, ebenfalls durch Bomben beschädigt.
Neben der Zerstörung von Deichen an den Ufern der Flüsse haben die amerikanischen Imperialisten sieben Seedeiche der Provinzen Thai-binh, Nam-ha und Ninhbinh mit ihren Flugzeugen bombardiert oder mit Kriegsschiffen angegriffen.
Der barbarischste Akt besteht darin, daß die amerikanischen Bombenflugzeuge Bomben verwendeten, die gegen Menschen gerichtet werden. Mit diesen Angriffen wollten sie jene Menschen umbringen, die an den beschädigten Deichabschnitten arbeiteten, um sie zu reparieren. Ihre Absicht war, die Reparaturarbeiten aufzuhalten und die Zivilbevölkerung zu vernichten.
Vor kurzem, am 4. Juni 1972, warfen amerikanische Flugzeuge Bomben und schossen Raketen ab, um wiederholt Deichabschnitte an den Ufern des Flusses Ma im Kreis Dongsong zu zerstören (Provinz Thanh-ho’a), die bereits am 24. April 1972 zerstört worden waren, wobei viele Menschen getötet wurden, die an diesen Deichabschnitten arbeiteten. Am 7. Juni 1972 haben nordamerikanische Flugzeuge 12 Bomben über dem Staudamm Tan-dan (Provinz Nghe-an) abgeworfen; am 2. Juni dieses Jahres bombardierten sie erneut die Staudämme Tra-li und Li-ho in der Provinz Nam-ha. Insbesondere am 10. Juni dieses Jahres mobilisierten sie viele Flugzeuge, um den großen Staudamm Thac-ba in der Provinz Yen-bai, einen der größten Staudämme zur Regelung von Hochwasser, zu zerstören.
Wenn Sie gestatten, werde ich einiges aus einem Artikel der "Prawda", des Zentralorgans der KPdSU, vom 18. Juni dieses Jahres zitieren, in dem diese Taten verurteilt werden:
"Aber die führenden Leute des Pentagons sind offensichtlich in Eile, alle möglichen Mittel einzusetzen, um neue Waffen zu entwickeln und die Aggression in Indochina fortzusetzen. Die Generale im Pentagon sprechen offen davon, daß sie die Absicht haben, die Aggression in Vietnam fortzusetzen, und daß die Verstärkung der Bombardierungen von Nord- und Südvietnam, die Aktivierung weiterer aggressiver Handlungen zusätzliche Mittel zu den 130 Milliarden Dollar erfordert, die bereits in diesem Krieg ausgegeben wurden."
Ich zitiere weiter:
"Das Pentagon, das die barbarischen Bombenangriffe auf Vietnam befahl, erklärte öffentlich, daß die amerikanischen Piloten keine ‚zivilen Objekte‘ angreifen. Vor kurzem zum Beispiel bestritt das Pentagon kategorisch, daß nordamerikanische Bomber das Dorf Phugaloc in Nordvietnam angegriffen hätten, wobei 124 Menschen getötet oder verletzt wurden."
Jedoch der Korrespondent der Zeitung ‚New York Times‘, A. Lewis, besuchte persönlich dieses Dorf und sah, was dort geschehen war. Er widerlegte damit die Behauptungen der nordamerikanischen Militärkamarilla. Während der Aggression in Indochina haben die amerikanischen Imperialisten fast 13 Millionen Tonnen Bomben abgeworfen. Trotzdem jedoch kämpfen die Völker von Vietnam, Laos und Kambodscha weiterhin heldenhaft gegen die Aggression. Die USA haben keinerlei Chance zum Sieg.
Weiter hebt die "Prawda" in diesem Artikel hervor, daß die schnellste friedliche Regelung in Indochina und im Nahen Osten untrennbar mit der weiteren Möglichkeit der Entspannung in der Welt verbunden ist.
Das Zentralorgan der KPdSU erklärt also fest und kategorisch, daß es unerläßlich sei, eine politische Lösung der Frage in Vietnam und für die Probleme des Nahen Ostens zu finden.
Wir unterstützen voll und ganz diese Linie, diese Politik.
Liebe Freunde! Die Uhr geht weiter, und Sie werden verstehen, ich brauche das Doppelte an Zeit. Was ich hier in Spanisch sage, muß dann noch in Deutsch gesagt werden. In der Tat, wir möchten eure Geduld nicht mißbrauchen und noch weniger die der Fernsehzuschauer.
Wie mir berichtet wurde, sind viele aktive Kommunisten und hervorragende Arbeiter, darunter viele Helden der Arbeit, hierhergekommen.
Deswegen möchte ich nun, da wir bald aus der DDR abreisen, einige Gefühle zum Ausdruck bringen:
Unsere Delegation wurde von der Zuneigung, von der Wärme des Empfangs und überhaupt von dem Werk, das hier vollbracht wurde, wirklich erobert.
Wir haben unvergeßliche Tage erlebt. Wir haben wahrhaft kommunistische Tage erlebt. Wir haben das in Leuna gesehen, als wir des Heldentums der Arbeiter in den Erhebungen von 1918 und von 1921 gedachten.
Wir gedachten der großen Zahl von Arbeitern, die von der Reaktion ermordet worden waren.
Wir gedachten jener kommunistischen Kämpfer, die in den Kerkern, in den Konzentrationslagern und auf den Schlachtfeldern starben.
Wir gedachten der Opfer eures Volkes.
Wir gedachten jener bitteren Jahre, die euch durch den Imperialismus aufgezwungen wurden, durch die Reaktion und den Faschismus, der schmerzlichen Wunden, der enormen Schäden, die eurem Volke und der ganzen Welt zugefügt wurden.
Wir gedachten der ruhmreichen Kämpfe der Arbeiter der DDR. Wir gedachten der revolutionären Kämpfer.
Wir gedachten Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs.
Wir gedachten des großen Helden der deutschen Arbeiterklasse, Ernst Thälmann.
Wir gedachten jener Kämpfer, die von der Reaktion gemordet, die vom Faschismus umgebracht wurden. Die Reaktion liquidierte die Kämpfer physisch und glaubte, damit ihre Ideen ausrotten zu können. Es ist schmerzlich, daran zu denken, wie Ernst Thälmann starb.
In der Endphase des Krieges, nach unermeßlichen Leiden im Konzentrationslager, brachten ihn die Faschisten, als sie sich schon geschlagen fühlten, um. Als sie Thälmann umbrachten, griffen sie schon dem vor, was sie später mit dem kalten Krieg versuchten. Selbst noch in der Niederlage kämpften die Reaktionäre gegen die Arbeiterbewegung, gegen die Kommunisten, um sie zu vernichten, um den Vormarsch der Revolution aufzuhalten, den Sieg des Sozialismus zu verhindern.
Der Weg der Kämpfer, der Revolutionäre war lang und hart. Aber heute haben wir das sozialistische Lager und damit die Möglichkeit eines ersten sozialistischen deutschen Staates, die Möglichkeit, daß es ein sozialistisches Kuba nahe den USA gibt. Das ist eine Realität, die wir den unermeßlichen Opfern der Arbeiterklasse in aller Welt verdanken.
Um die heutigen Erfolge zu erreichen, waren die enormen Opfer erforderlich, die die Werktätigen, die Arbeiter und Bauern des Sowjetlandes nach der Oktoberrevolution brachten, als sie gegen die Intervention der Imperialisten kämpften. Millionen von sowjetischen Arbeitern und Bauern fielen in jenen Kämpfen, 20 Millionen Menschen im Krieg gegen den Faschismus. Enorme Reichtümer wurden zerstört, die unter Opfern geschaffen worden waren.
Um den heutigen Stand der Arbeiterbewegung zu erreichen, waren die Kämpfe und die Opfer der Arbeiter in Europa notwendig: der französischen Arbeiter im Jahre 1848, der deutschen Arbeiter und der Arbeiter vieler anderer europäischer Länder. Dazu waren die Opfer notwendig, die die Kommunarden von Paris brachten, die Opfer der hervorragenden Helden der Internationalen Brigaden, die Opfer von Millionen Kommunisten, die in aller Welt ihr Leben ließen. Und noch heute müssen kommunistische Kämpfer Opfer bringen, nämlich die heldenhaften vietnamesischen Kämpfer, indem sie ihre Sache verteidigen, indem sie ihr Vaterland verteidigen in einem grausamen und ungerechten Krieg, gegen eine gewaltige imperialistische Macht, die niemals ökonomische oder kulturelle Beziehungen zu jenem Gebiet hatte und die dort an die Stelle der französischen Kolonialisten trat.
Wir haben hier wahrhaft kommunistische Tage erlebt in unseren Gesprächen mit den Arbeitern der DDR, mit den Studenten, mit den Grenzsoldaten, mit den Matrosen der NVA, mit Soldaten und Offizieren der Sowjetarmee, die gemeinsam mit euren Streitkräften hier in der ersten Linie das sozialistische Lager erfolgreich verteidigen.
Wir haben wahrhaft kommunistische Tage in Begleitung des Genossen Honecker verbracht, und wir gedachten dabei jener vielen Jahre, die er unter dem Faschismus im Kerker verbringen mußte, der harten Kämpfe und der bitteren Jahre, in denen der revolutionäre Mut durch den Ausspruch von Karl Liebknecht unterstützt wurde, der sagte: Trotz alledem!
Das heißt, trotz der Schwierigkeiten, trotz der Rückschläge gilt es, ohne Ermüdung zu kämpfen, mit Überzeugung von der gerechten Sache, die wir verteidigen, überzeugt von der Kraft unserer Ideen, dieser Kraft, die sich in allen revolutionären Kämpfen und bei allen Kämpfern gezeigt hat, die gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen kämpften - von den Sklaven Roms, die sich gegen ihre Herren erhoben, bis zu den Männern, die auf den Schlachtfeldern der Kämpfe des Proletariats starben, sei es in Paris, sei es in Spanien, in Stalingrad, in Leningrad, in Odessa, vor Moskau oder in Vietnam. Diese kommunistische Tradition wird überall aufrechterhalten. Sie wurde von den kubanischen Kämpfern in den Tagen des Überfalls auf Playa Girón aufrechterhalten, diese heroische Tradition und das Gefühl der Solidarität, welches sich weder auf den Egoismus des einzelnen gründet noch auf den Egoismus der Nationen, sondern auf die Brüderlichkeit des Menschen, auf die Brüderlichkeit der Völker. Das macht unsere Sache unbesiegbar.
Darum besteht die DDR, und darum wird sie bestehen!
Darum besteht das sozialistische Kuba, und darum wird es weiter bestehen!
Darum besteht das sozialistische Lager, und darum wird es weiter bestehen!
Darum haben die ruhmreichen Ideen von Marx, Engels und Lenin gesiegt und werden siegen!
Darum werden eines Tages der Frieden, die soziale Gerechtigkeit, die wahre Freiheit, die wahre Brüderlichkeit unter allen Menschen, bei allen Völkern, in allen Nationen, auf allen Kontinenten siegen!
Das vergangene Jahrhundert hat nichts mit den Siegen der Arbeiterbewegung Vergleichbares gesehen, wie sie in diesem Jahrhundert erreicht wurden. Im vergangenen Jahrhundert gab es bittere Rückschläge und Niederlagen. Aber dies ist das Jahrhundert der Siege, des Sieges des Oktober, des Entstehens des sozialistischen Lagers, des Entstehens des ersten sozialistischen deutschen Staates, der ersten sozialistischen Revolution in Lateinamerika und der Siege der Völker in ihrem Kampf gegen den Kolonialismus und für nationale Unabhängigkeit.
Die Arbeiterbewegung, die sich von den Ideen von Marx, Engels und Lenin, von Liebknechts Ausspruch und von den schönen Worten des revolutionären Liedes in der DDR leiten ließ: "Vorwärts und nicht vergessen, die Solidarität", ist vorangekommen und wird weiter vorankommen; sie siegt und wird siegen.
Liebe Freunde!
Unsere Delegation hat hier wahrhaft kommunistische Tage erlebt, hier auf dieser Erde, die Karl Marx, Friedrich Engels und Karl Liebknecht hervorbrachte, deren Ideen heute die Ideen der revolutionären Völker in aller Welt sind, deren Ideen gemeinsam mit den genialen Ideen von Lenin, der ihr bester Fortsetzer war, heute auch auf unserer kleinen Insel im Karibischen Meer leuchten.
Es lebe die Freundschaft zwischen den Völkern der DDR und Kubas! Es lebe die Freundschaft zwischen den Parteien der DDR und Kubas!
Es lebe die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, ihr Zentralkomitee mit dem Genossen Erich Honecker!
Es lebe die DDR!
Es lebe die Sowjetunion!
Es lebe Vietnam!
Es lebe der proletarische Internationalismus!
Es leben die ewig siegreichen Ideen von Marx, Engels und Lenin!
Quelle:
Fidel Castro. Unsere Stärke liegt in der Einheit – Besuche in der DDR, der UdSSR und in Chile
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Karl Dietz Verlages Berlin