Das chilenische Volk kann immer auf Kuba, auf seine selbstlose Solidarität zählen

Rede auf der Abschiedsveranstaltung mit dem chilenischen Volk im Nationalstadion von Santiago
2. Dezember 1971


Lieber Präsident!
Liebe chilenische Revolutionäre!
Liebe Chilenen!

Die Worte des Präsidenten haben uns so sehr bewegt, daß wir uns erst einmal ein wenig fassen müssen. Der Präsident hat bewegende und treffende Worte gesagt und dabei einige aktuelle Fragen analysiert. Was mich jedoch anbelangt, bin ich, obwohl ich in diesen Tagen in eurer Gegenwart war, nur ein Besucher, der sich mit diesen aktuellen Ereignissen nicht befassen sollte. Wir sollten und können über andere aktuelle Themen, die alle unsere Völker interessieren, sprechen. Wir sollten und können uns mit anderen, allen revolutionären Prozessen gemeinsamen Fragen beschäftigen. Es gibt eine unter den Chilenen sehr verbreitete Frage, die uns fast überall gestellt wurde, die den großen patriotischen Geist der Chilenen, aber auch ein wenig ihren patriotischen Stolz zeigte. Sie holen tief Luft und fragen: "Wie gefällt Ihnen unser Land? Welche Eindrücke haben Sie von unserem Land?" Selbst wenn sie wissen, wie einem das Land gefällt, oder sie die Eindrücke im voraus kennen, stellen sie diese Frage. Sie fragen auch: "Wie wurden Sie in unserem Land aufgenommen?" Sie fragen das, auch wenn sie unsere Antwort über unsere Gefühle gegenüber jenen, die dieses Land wahrhaft lieben, bereits kennen.

Ich könnte also viel von unseren Eindrücken berichten, von den majestätischen Bergen, dem Blau des Himmels, der Schönheit des Mondes, den Naturvorkommen und den beeindruckenden Landschaften.

Wir sind jedoch weder Geologen noch Naturalisten. Und vom Dichter haben wir nur soviel in uns, wie es schon das Sprichwort sagt, daß in jedem Menschen etwas von einem Dichter und einem Narren steckt. Ich glaube, auch die Chilenen werden dieses Sprichwort kennen.

Es gibt andere Fragen, die uns viel mehr interessieren, vor allem das menschliche Klima, das Volk, die Chilenen.

Wenn wir unser Leben einer Sache geweiht haben, dann sind es die Menschen, die sozialen und revolutionären Fragen. Wenn etwas unser größtes Interesse weckt, dann ist es der Kampf der Völker und Menschen, die historische Entwicklung der Menschheit, angefangen beim Menschen, der in primitiven Horden lebte, bis zum Menschen der Gegenwart. Wenn uns etwas interessiert, so ist es das lebendige Schauspiel eines Prozesses in seinen kritischen Augenblicken.

Die menschliche Gesellschaft hat sich langsam entwickelt. Manchmal stagniert diese Entwicklung, gelegentlich erleidet sie Rückschläge, aber manchmal wird sie auch beschleunigt. Das geschieht in Zeiten von Krisen und Revolutionen. Wir sind nicht als Touristen nach Chile gekommen. Wir haben Chile als Revolutionäre, Freunde und Befürworter dieses Prozesses und dieses Landes besucht.

Gestattet uns, daß wir in diesem Zusammenhang eine kleine Diskrepanz zu den Worten des Präsidenten äußern. Sie hat jedoch weder konstitutionellen noch protokollarischen Charakter, sondern ist einfach eine Frage der Auffassung. Er sagte, daß wir nicht hergekommen wären, um zu lehren oder zu lernen. Die kleine Diskrepanz besteht darin, daß wir zwar vollkommen seiner Meinung sind, nicht zum Lehren hergekommen zu sein - ich weiß auch nicht, welche Angst jene haben, die mit Flugblättern hausieren gingen, auf denen stand, daß ich euch nichts zu lehren habe und die vielleicht eine Art Komplex, eine unbewußte Angst widerspiegelten -, daß wir aber ganz offen zugeben, zum Lernen hergekommen zu sein.

Aber es braucht auch niemand zu glauben, wir seien hergekommen, um etwas von dem zu lernen, was uns einige üble Flugblätter oder "weise" Vertreter der reaktionären politischen Theorien vorgeschlagen haben. Sie meinten nämlich, daß es gut wäre, wenn wir hierherkommen, um etwas über Wahlen, Parlament, bestimmte Pressefreiheiten und anderes zu lernen. Das ist wirklich ein sehr interessantes Problem! Aber darüber wissen wir schon genug. In 50 Jahren haben wir viele dieser bürgerlich-kapitalistischen Freiheiten und ihre Einrichtungen zur Genüge kennengelernt.

Wir sagen nicht, daß sie schlecht wären. Zu ihrer Zeit war auch die Demokratie Griechenlands gut. Auch die Römische Republik mit ihren Millionen Sklaven, Gladiatorenkämpfen und ihren von Löwen verschlungenen Christen stellte in ihrer Epoche einen außerordentlichen Fortschritt dar. Gegenüber der primitiven Sklavenhaltergesellschaft war auch das Mittelalter trotz seiner feudalen Frondienste eine Weiterentwicklung. Die in der Geschichte äußerst berühmte Französische Revolution bedeutete einen Fortschritt im Vergleich zu der mittelalterlichen Gesellschaft und den absolutistischen Monarchien, welche einstmals zu Prestige gelangt waren. Sie wurden als wichtige Einrichtungen in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft angesehen. Es gab sogar die sogenannten "aufgeklärten Despoten". Auf diese Weise bestimmten das Erscheinen einer neuen Produktionsform, die Schaffung neuer Produktions- und Eigentumsverhältnisse und neuer Formen der Aneignung der Produkte das Entstehen aller dieser Überbauten, die zu einer gegebenen Zeit der menschlichen Entwicklung als gut angesehen wurden.

Wer aber glaubt, daß irgendeine Gesellschaft, irgendein soziales System und sein Überbau ewig wären, irrt, denn das wird von der Geschichte vollkommen widerlegt. Jede soziale Form wird immer von einer anderen, höheren Stufe abgelöst. Selbst die Bourgeoisie war zu ihrer Zeit, als das Proletariat noch nicht existierte, revolutionär; eine revolutionäre Klasse, die das Volk in seinem Kampf für ein neues soziales System anführte. Sie führte auch die den Feudalherren untertanen Bauern und die Handwerker. Das Proletariat existierte damals noch nicht. Die menschliche Gesellschaft entwickelte sich weiter. Die Behauptung, dieses vor zwei Jahrhunderten entstandene System habe Ewigkeitswert und sei höchster Ausdruck für den Fortschritt der Menschheit und Höhepunkt der Entwicklung, ist, vom wissenschaftlich-historischen Standpunkt aus gesehen, einfach lächerlich. Außerdem haben sich alle Gesellschaftssysteme, alle überlebten sozialen Systeme angesichts ihres Untergangs zur Wehr gesetzt. Immer haben sie sich mit großer Gewalt verteidigt.

Kein einziges soziales System hat seine Existenz aus eigenem Antrieb aufgegeben. Heute sind sie jedoch von der Geschichte zum Untergang verurteilt, sind einfach überlebt und anachronistisch. Diese Anachronismen bleiben bestehen, solange sie können. Sie bleiben bestehen, bis die Völker genügend Kraft haben, sie abzuschaffen. Die Anachronismen bleiben einfach bestehen, solange sie nicht verändert werden können. Aber die Tatsache, daß sie nicht zu einer bestimmten Zeit eines Prozesses verändert werden können, bedeutet historisch gesehen nicht, daß sie ewig bestehen bleiben. In unserem Lande, wo wir jene Form des Ausbeuterstaates, jene Instrumente, derer sich die Ausbeuter zur Unterdrückung der Ausgebeuteten bedienten, kennengelernt haben, wurden diese Einrichtungen abgeschafft. Ist das vielleicht ein Geheimnis? Sind die in Kuba vollzogenen Veränderungen vielleicht geheim?

In der Technischen Universität haben wir auf eine Frage geantwortet, daß wir keine repräsentativen Demokraten wären. Nein, wir sind keine repräsentativen Demokraten! Und viel weniger, da ihr sehr genau wißt, welche Kräfte sich auf diesem Kontinent als repräsentative Demokraten bezeichnen. Wir sagen: In unserem Lande braucht das Volk niemanden, der es repräsentiert, denn das Volk repräsentiert sich selbst.

In unserem Lande haben wir sehr tiefgehende Umwälzungen vorgenommen, die, von außen gesehen, nicht immer leicht zu verstehen waren und die durch das Prisma der Lügen und Verleumdungen, auf die sich die Reaktionäre im Verlauf der ganzen Geschichte spezialisiert haben, noch weitaus schwieriger zu verstehen sind. Denn zwischen dem Revolutionär und dem Reaktionär besteht ein großer Unterschied. Ein Revolutionär lügt nicht! Ein Revolutionär kann nicht lügen! Für einen Revolutionär sind innerste Überzeugung und tiefgehende Motivationen lebenswichtig. Die Lüge stellt eine Verletzung des Charakters und der innersten Gefühle des Menschen dar. Die Lüge ist die Waffe derjenigen, die das Recht nicht auf ihrer Seite wissen. Die Lüge ist die Waffe desjenigen, der keine Argumente hat, desjenigen, der alle anderen, besonders aber das Volk, verachtet.

Die Waffe des Revolutionärs ist die Wahrheit! Die Waffe des Revolutionärs ist das Recht! Die Waffe des Revolutionärs ist die Idee! Die Waffe des Revolutionärs ist das Denken! Die Waffe des Revolutionärs ist das Bewußtsein! Die Waffe des Revolutionärs ist die Kultur! Die Waffe des Revolutionärs unserer Tage ist die richtige Auslegung der die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft bestimmenden wissenschaftlichen Gesetze!

Wir lügen nicht und werden auch niemals lügen! Wir fürchten uns nicht davor, uns auf dem Gebiete der Ideologie einem Gegner entgegenzustellen. Letztlich wird immer die Wahrheit siegen. Die Aufgabe des Revolutionärs besteht vor allem darin, das Bewußtsein zu formen, auszurüsten, denn eine physische Bewaffnung hat ohne die dazugehörige Bewußtseinsbildung keinen Sinn.

Wir nehmen nicht einmal an, daß Probleme unseres Landes über diese Entfernung hinweg verstanden werden können. Das ist auch keine grundlegende Frage. Aber wir wollten nur sagen, daß - wenn wir zum Lernen hergekommen sind - wir nicht diese überlebten und anachronistischen Erscheinungen der Geschichte der Menschheit lernen wollen.

Uns interessiert auch nicht die Stunde, der Tag oder wie und wann die Völker sich entscheiden, die Anachronismen hinwegzufegen. Niemand wird sich in irgendeinem Teil der Welt ihrer entledigen, bevor die Bedingungen es zulassen. Niemand kann sie vorzeitig abschaffen. Mögen sie aber immer so schnell wie möglich fortgefegt werden.

Wir sind hierhergekommen, um innerhalb eines lebendigen Prozesses zu lernen. Wir sind gekommen, um zu lernen, wie sich die Gesetze der menschlichen Gesellschaft hier entwickeln. Wir wollten etwas sehr Außergewöhnliches sehen: Chile durchläuft gegenwärtig einen einzigartigen und sogar außerordentlichen Prozeß. Es ist der Prozeß einer Umgestaltung, ein revolutionärer Prozeß, in dem die Revolutionäre versuchen, die Veränderungen auf friedlichem Wege herbeizuführen. Es ist ein einzigartiger Prozeß, praktisch der erste dieser Art in der Geschichte der Menschheit. Wir sagen nicht, erstmalig in der Geschichte der gegenwärtigen Gesellschaftsformen, sondern einzigartig in der Geschichte der Menschheit.

Hier wird versucht, den revolutionären Prozeß auf legalem und konstitutionellem Wege, mit Hilfe der von der Gesellschaft oder dem reaktionären System verfaßten Gesetze, mit Hilfe der von Ausbeutern zur Erhaltung ihrer Klassenherrschaft geschaffenen Mechanismen und Formen, durchzuführen. Es ist deshalb wirklich ein einzigartiger und ungewöhnlicher Prozeß.

Wir Revolutionäre Kubas haben weder etwas Einzigartiges noch Ungewöhnliches vollbracht. Wir können vielleicht in Anspruch nehmen, die erste sozialistische Revolution in Lateinamerika durchgeführt zu haben, aber wir können uns nicht das Verdienst zuschreiben, das in einzigartiger und außergewöhnlicher Form getan zu haben.

Aber wie ist nun unsere Haltung zu diesem Prozeß? Wir haben uns mit ihm und den Menschen, die diesen Weg gehen wollen, solidarisch erklärt. Sie können mit unserem Verständnis, unserer moralischen Unterstützung, aber auch mit unserer Wißbegierde und unserem Interesse rechnen. Denn - wie wir es auch schon zu anderen Gelegenheiten sagten - nicht die Revolutionäre haben die Gewalt erfunden. Es war die Klassengesellschaft, die sie im Verlauf der Geschichte geschaffen und entwickelt hat und die ihr System immer mit Unterdrückung und Gewalt durchsetzte. In allen Epochen waren die Reaktionäre die Erfinder der Gewalt. Sie waren es, die den Völkern in allen Epochen ihre Gewalt aufzwangen.

Die Welt und wir verfolgen den chilenischen Entwicklungsprozeß unter den gegenwärtigen Bedingungen und angesichts des internationalen Kräfteverhältnisses mit großem Interesse. Für uns ist das ein außergewöhnliches Ereignis.

Manchmal wurden wir etwas akademisch gefragt, ob hier ein revolutionärer Prozeß stattfinde. Ohne zu zögern haben wir das immer bejaht. Nur wenn ein revolutionärer Prozeß beginnt oder wenn in einem Lande der Augenblick herangereift ist, wo es zu einer revolutionären Krise kommt, verschärfen sich die Kämpfe außerordentlich. Die Gesetze der Geschichte treten vollauf in Kraft.

Jeder, der drei Wochen in diesem Lande war, der die Tatsachen und die ersten Maßnahmen der Regierung der Unidad Popular gesehen und analysiert hat, kann sagen, daß diese Maßnahmen die große geschichtliche Wahrheit, der zufolge der Prozeß der Umgestaltung eine Kampfdynamik hervorbringt, bewiesen haben.

Diese Maßnahmen haben die imperialistischen Machtinteressen empfindlich getroffen; sie hatten ihren Höhepunkt in der Zurückgewinnung der wichtigsten nationalen Reichtümer und sind durch Fortschritte auf sozialem Gebiet und durch die Anwendung eines Gesetzes über die Bodenreform gekennzeichnet. Dieses Gesetz über die Bodenreform stammt nicht von der Regierung der Unidad Popular und wurde mit anderen Zielen abgefaßt: Es ist ein Gesetz über eine sehr begrenzte Bodenreform und trat nach seiner Billigung in sehr gemäßigter Form in Kraft.

Diese bereits realisierten Maßnahmen, die den Beginn eines Prozesses darstellen, haben die soziale Dynamik, den Klassenkampf ausgelöst und den Widerstand und Zorn der Ausbeuter und Reaktionäre hervorgerufen, wie es bei allen sozialen Umgestaltungsprozessen der Fall ist.

Die auf der Hand liegende Frage, die man als Betrachter dieses Prozesses stellt, ist, ob das historische Gesetz des Widerstandes und der Gewalt der Ausbeuter zum Durchbruch kommt. Denn, wie schon gesagt, es gibt in der Geschichte keinen einzigen Fall, wo die Reaktionäre, die Ausbeuter, die Privilegierten eines sozialen Systems sich friedlich den Umwälzungen ergeben hätten.

Das ist eine nach unserer Auffassung wesentliche Frage, die unser ganzes Interesse beansprucht, von der wir in diesen Tagen viel gelernt haben. Ja, meine Herren, die Sie mich baten, zum Lernen herzukommen, Ihnen sage ich: Ich habe viel gelernt! Ich habe erfahren, wie die sozialen Gesetze wirksam werden, wie der revolutionäre Prozeß vor sich geht, wie jeder Sektor reagiert und wie die verschiedenen Kräfte kämpfen. Das haben wir erlebt. Das haben wir sogar an unserem eigenen Leibe erfahren. Nicht, daß man mich mit Steinen beworfen, auf mich geschossen oder mir ein Haar gekrümmt hätte. Ich habe nicht einmal von weitem einen Stein vorbeifliegen sehen. Als Besucher, Freund und Anhänger dieses Prozesses habe ich andere, hinreichend bekannte Angriffe erfahren: Beschimpfungen und Verleumdungen. Andererseits ist uns die Verschärfung einiger Probleme nicht entgangen. Und vielleicht war unser Besuch sogar ein Ansporn für diejenigen, die der Regierung der Unidad Popular Schwierigkeiten bereiten wollten. Zu einer Zeit, da hier Hunderte von Journalisten aus aller Welt anwesend waren, um über diesen Besuch zu berichten, in einem Augenblick, da in der ganzen Welt - in allen Ländern Europas, Asiens, Afrikas und Lateinamerikas - über diesen Besuch, über dieses Treffen zwischen Chilenen und Kubanern, zwischen zwei Völkern mit völlig unterschiedlichen Entwicklungsprozessen gesprochen wird und Chile in aller Munde ist, liegt es auf der Hand, daß eine gewisse Erregung, ein gewisses Unbehagen, eine gewisse Zuspitzung hervorgerufen und bestimmte Aktionen beschleunigt werden.

Als Besucher im Namen des kubanischen Volkes habe ich außerordentliche Beweise der Zuneigung erfahren. Aber wir hatten auch Gelegenheit zu sehen, wie sich diese Erscheinungen äußerten. Es steht außer Zweifel, daß derjenige, der dieses Land besuchte, kein Benito Mussolini, kein Adolf Hitler, kein Faschist ist. (Pfui-Rufe.) Er ist auch kein Instrument der Yankee-Monopole. Dieses Land hat kein Freund der Mächtigen und Privilegierten besucht. Derjenige, der dieses Land besucht, ist ein Freund des einfachen Volkes, der Arbeiter, Bauern und Studenten! Er ist ein Freund der Völker! (Hochrufe: "Fidel!" - "Fidel!")

Als wir anläßlich der Einladung durch den Präsidenten mit den chilenischen Genossen sprachen, unsere Eindrücke austauschten und sie uns die Frage stellten, was wir sehen wollten, haben wir geantwortet: Wir möchten Minen, Salpeter, Kupfer, Eisenerz, Steinkohle, Fabriken, landwirtschaftliche Zentren, Universitäten, Massenorganisationen und die linksgerichteten Parteien kennenlernen; wir möchten mit den Revolutionären und auch mit denjenigen sprechen, die, obgleich sie nicht als Revolutionäre betrachtet werden können, aufrichtige Menschen sind. Anders konnte es nicht sein.

Und dementsprechend wurde unser Besuch dann auch organisiert. Aber warum war das so? Weil wir wissen, wo unsere Freunde sind, welcher sozialen Klasse sie angehören.

Wir wissen, daß wir unsere Freunde unter den Arbeitern und Bauern, unter den einfachen Menschen haben.

Daher der überaus herzliche Empfang in allen Orten, in allen Universitäten, auf dem Lande und in den Betrieben und sogar dort, wo die Reaktion versucht hatte, das Bewußtsein der Arbeiter zu schwächen. Überall!

Das Bewußtsein des Arbeiters, des einfachen Menschen, der mit seinem Schweiß und seinen Händen den Reichtum hervorbringt, entspricht den Gesetzen der Geschichte.

Wir hatten Gelegenheit, diese Erscheinung kennenzulernen und zu erfahren, wie sie sich trotz der von den Nachrichtenagenturen der Yankee-Monopole gegen Kuba lancierten Kampagnen der Verleumdung und Lüge durchsetzte. Was sagt das aus? Natürlich konnten wir nicht im entferntesten daran denken - und man müßte vollkommen verrückt sein, das anzunehmen -, von denjenigen, die den Interessen der Arbeiter, Bauern und der einfachen Menschen dieses Landes entgegenstehen, herzlich empfangen zu werden. Wir wußten, daß wir von den Mächtigen, den Großgrundbesitzern und Reaktionären nicht gut aufgenommen werden würden. Um es kurz zu sagen, Chilenen, wir haben auch gar nicht damit gerechnet, von den Faschisten gut empfangen zu werden.

Aber wir haben noch etwas anderes gelernt; wir haben eine weitere historische Gesetzmäßigkeit bestätigt gefunden; wir haben den Faschismus in Aktion erlebt und fanden auch ein weiteres aktuelles Prinzip bestätigt: Die verzweifelte Wut der Reaktionäre und Ausbeuter in der heutigen Welt ersinnt immer brutalere, grausamere Formen der Gewalt - eine weitere Erfahrung aus der Geschichte.

Wir alle kennen die Geschichte des Faschismus in den verschiedenen Ländern, wo diese Bewegung entstand. Wir wissen, wie er entstand und wie die Privilegierten und Ausbeuter ihre von ihnen selbst zur Aufrechterhaltung ihrer Klassenherrschaft geschaffenen Instrumente zerstört haben, sobald diese ihnen nichts mehr nützten. Die Faschisten erfinden eine Rechtsprechung, eine Verfassung und ein Parlament. Wenn ich sage, sie erfinden eine Verfassung, meine ich damit eine bürgerliche Verfassung, denn die sozialistischen Revolutionen legen ihre eigenen Verfassungen und demokratischen Formen fest.

Was machen aber die Ausbeuter, wenn ihnen ihre eigenen Einrichtungen ihre Herrschaft nicht mehr garantieren? Wie reagieren sie, wenn ihre Mechanismen, auf die sie sich zur Aufrechterhaltung ihrer Macht von jeher gestützt haben, fehlschlagen und nicht mehr funktionieren? Sie zerstören diese einfach. Nichts ist verfassungswidriger, ungesetzlicher, antiparlamentarischer, repressiver, gewalttätiger und verbrecherischer als der Faschismus. Der Faschismus liquidiert in seiner Gewalttätigkeit alles; er geht gegen die Universitäten vor, schließt und zerstört sie, greift die Intellektuellen an, unterdrückt und verfolgt sie, greift politische Parteien, Gewerkschaften, alle Massenorganisationen und kulturellen Institutionen an.

Somit gibt es nichts Gewalttätigeres, Reaktionäreres und Ungesetzlicheres als den Faschismus.

In diesem einzigartigen und ungewöhnlichen Prozeß konnten wir feststellen, wie diese historische Gesetzmäßigkeit - der zufolge die Reaktionäre und Ausbeuter in ihrer verzweifelten Wut und hauptsächlich von außen unterstützt diese politische Erscheinung, diese reaktionäre Strömung, den Faschismus, hervorbringen und entwickeln - offenbar wird.

Mit aller Offenheit sagen wir, daß wir die Möglichkeit hatten, zu lernen und den Faschismus in Aktion zu erleben. Ehrlich gesagt, wir glauben, daß es nichts geben wird, wovon wir soviel lernen können, wie von diesem Besuch.

Es heißt aber auch, daß nichts die Völker mehr lehren kann als ein revolutionärer Prozeß. Jeder revolutionäre Prozeß lehrt die Völker in einigen Monaten mehr, als sie sonst manchmal in Jahrzehnten lernen.

Dabei gibt es eine Frage: Wer lernt am meisten und am schnellsten? Wessen Bewußtsein wächst am meisten und am schnellsten?

Sind es die Ausbeuter oder die Ausgebeuteten? Wer lernt in diesem Prozeß schneller? Ist es das Volk, oder sind es die Feinde des Volkes? (Rufe: "Das Volk!") Seid ihr, die Hauptpersonen dieses Blattes der Geschichte, die euer Vaterland schreibt, vollkommen sicher, daß ihr mehr als eure Ausbeuter gelernt habt? (Rufe: "Ja!‘")

Erlaubt mir, daß ich in diesem Fall eine etwas andere Meinung habe.

Morgen werden die Nachrichtenagenturen irgendwo verbreiten: "Castro weicht von der Meinung des Volkes ab." Wir schätzen die Situation etwas anders ein. In dieser Art Dialog über wissenschaftlich-historische Fragen müssen wir sagen, daß wir nicht völlig sicher sind, ob in diesem einzigartigen Prozeß das Volk, die einfachen Menschen, die ja die überwiegende Mehrheit des Volkes ausmachen, schneller lernten als die Reaktionäre und Ausbeuter.

Aber man darf auch etwas anderes nicht übersehen: Die durch Revolutionen veränderten sozialen Systeme haben jahrelange Erfahrung. Sie sammelten Erfahrungen, Kultur, technisches Wissen, aber auch Tricks aller Art, um den revolutionären Prozessen entgegenwirken zu können. Wenn sie sich dem Volk, das diese Erfahrungen, dieses Wissen und diese Technik nicht hat, entgegenstellen, nutzen sie alle diese von anderen in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen und erworbenen Techniken aus.

Wenn ihr unsere aufrichtige Meinung hören wollt: Wir sagten bereits, daß wir nicht lügen können. Es kann sein, daß wir uns irren, eine falsche Einschätzung geben; aber niemals sagen wir etwas, was wir selbst nicht glauben. Unsere aufrichtige Meinung ist, daß die gegnerische Seite, die Reaktionäre, schneller gelernt haben als die Massen.

Mangelt es diesem Volk etwa an bestimmten Eigenschaften? Fehlen dem chilenischen Volk vielleicht Patriotismus, Charakter, Mut, Intelligenz und Standhaftigkeit? Ganz bestimmt nicht! Wir sind von den Charaktereigenschaften des chilenischen Volkes außerordentlich beeindruckt. Überall, auch bei den Bauern, erkundigten wir uns nach einer halben Stunde über ihren Bildungsstand, worauf sie uns antworteten: "Wir können weder schreiben noch lesen."

Uns hat besonders die Leidenschaftlichkeit des Charakters der Chilenen beeindruckt, ihr Mut, ihre Entschlossenheit, die wir bei den Empfängen und auf den Fahrten durch das Land beobachten konnten. Wir sahen, wie die Männer unseren Autos entgegenliefen, und oft sogar, wie sich auch Frauen mit ihren Kindern auf den Armen in die vordersten Reihen drängten, wobei sich auf ihren Gesichtern Mut und Entschlossenheit widerspiegelten.

Wir konnten im chilenischen Volk Eigenschaften beobachten, die unser Volk zu Beginn der Revolution noch nicht hatte, zum Beispiel ein höheres kulturelles Niveau und vor allem eine viel höhere politische Bildung. Denn in unserem Lande war die Situation nicht so, wie sie heute in Chile ist. Ich beziehe mich hierbei auf den Wahlsieg der marxistischen Parteien, das heißt der Kommunistischen Partei, der Sozialistischen Partei und der diese Parteien unterstützenden anderen Organisationen.

Auf dem Gebiet der politischen Bildung seid ihr von einem weitaus höheren Niveau ausgegangen als wir. Hinzu kommt, daß ihr eine 150jährige patriotische und nationale Tradition hattet. Ihr seid von einem viel höher entwickelten Patriotismus, von einer besseren Einschätzung der Probleme eures Landes, eurer Heimat ausgegangen.

Unser Land war zu sehr von der imperialistischen Ideologie durchdrungen und zu sehr von der imperialistischen Kultur, der Lebensweise und den Gewohnheiten jener in unserer unmittelbaren Nachbarschaft befindlichen Gesellschaft beeinflußt: von den Vereinigten Staaten.

Deshalb waren wir in dieser Hinsicht weitaus schwächer als ihr. Mit anderen Worten: In vielen Aspekten geht euer Volk von einem viel höheren Niveau aus, als es bei unserem Volk der Fall war.

Was die Wirtschaft anbelangt, so hat Chile beträchtlich mehr ökonomische Mittel als Kuba; es verfügt über eine höher entwickelte Wirtschaft als Kuba zu Beginn seiner Revolution. Chile verfügt über einen nationalen Reichtum, der jetzt dem Land gehört. Es besitzt einen nationalen Naturreichtum wie das Kupfer, einen Industriezweig, in dem 30.000 Arbeiter einen Wert von fast 1 Milliarde Devisen produzieren. Was die Energievorkommen anbelangt, so verfügt das Land fast über 2 Millionen Tonnen Erdöl. Hinzu kommen Wasserkraftwerke, Eisenerz- und Steinkohleproduktion, Lebensmittel- und Textilindustrie, die weitaus besser entwickelt sind als in Kuba. Das heißt, ihr geht von einem viel höheren technischen Niveau und einem viel besseren Stand der Industrie aus, als es in Kuba der Fall war. Somit sind in diesem Lande alle Bedingungen humanen und sozialen Charakters für den Fortschritt gegeben.

Aber ihr habt noch etwas, womit wir nicht konfrontiert waren: In unserem Lande hatten Oligarchen, Reaktionäre und Großgrundbesitzer nicht die Erfahrung, wie sie eure Gegner hier haben. Außerdem hatten die Oligarchen und Großgrundbesitzer unseres Landes keine Angst davor, daß es soziale Veränderungen geben könne. Sie sagten sich: Die Nordamerikaner werden sich dieser Sache annehmen. Hier kann es keine Revolution geben! Und so ruhten sie sich auf ihren Lorbeeren aus. In Chile ist es nicht so. In Chile ist es anders. Die Reaktion, die Oligarchie ist viel besser vorbereitet, als sie es in Kuba war. Sie ist weitaus besser organisiert und ausgerüstet, um vom ideologischen Standpunkt aus gesehen den Veränderungen Widerstand leisten zu können. Die Reaktion hat die Instrumente geschaffen, um auf allen Gebieten eine Schlacht gegen das Voranschreiten des Prozesses zu führen. Eine Schlacht auf ideologischem, auf politischem Gebiet und bei der Arbeit mit den Massen. Das läßt besonders aufmerken: sogar eine Schlacht auf dem Gebiet der Arbeit mit den Massen gegen diesen Prozeß. Das ist der grundlegende Unterschied. Es gibt noch andere, auf die ich mich aber nicht beziehen möchte, weil es sich um vollkommen unterschiedliche Wege handelt.

Als die Revolution in unserem Lande siegte, als der Prozeß begann — wir sehen den 1. Januar als Sieg der Revolution an, halten ihn jedoch historisch gesehen für den Beginn des Prozesses -, mußten wir uns auch einem Widerstand entgegenstellen. Glaubt nicht, daß wir keinen Widerstand hatten. Denkt nicht, daß es in Kuba keinen Widerstand der Reaktion und Oligarchie gegeben hätte. Es gab einen starken Widerstand. Unsere Gegner bedienten sich aller in ihren Händen befindlichen Mittel und Waffen, wobei sie direkt von den Imperialisten unterstützt wurden. Auf allen Gebieten führten sie einen Kampf gegen uns: auf ideologischem Gebiet, auf dem Gebiet der Arbeit mit den Massen und auf dem Gebiet der bewaffneten Auseinandersetzung.

Man kann uns natürlich vorhalten, einen bewaffneten Kampf in Kuba begonnen zu haben. Wir haben aber mit dem bewaffneten Widerstand nicht angefangen. Der bewaffnete Widerstand ist uns sehr teuer zu stehen gekommen. Der von der Reaktion inszenierte bewaffnete Widerstand hat uns viele Menschenleben gekostet. Durch diesen bewaffneten Widerstand wurde in unserem Vaterland mehr Blut vergossen und hatten wir mehr Opfer zu beklagen als während des revolutionären Krieges. Durch die Gewalttätigkeiten der Reaktion starben mehr Menschen als während der Kämpfe im revolutionären Krieg. Dieser Widerstand kostete uns Hunderte von Menschenleben und viele Millionen Dollar. Denn die Sabotageakte, die Bildung von bewaffneten Söldnerbanden in fast allen Teilen des Landes, das ständige Einschleusen von Spionen und die ständigen bewaffneten Aufstände zwangen uns zu einem jahrelangen Kampf. Die Söldnerinvasion von Playa Girón, danach die Bedrohungen durch die von den Imperialisten angestiftete Oktoberkrise.... In all diesen Jahren mußten wir ständig kämpfen.

Aber wir haben den Kampf auf allen Gebieten gewonnen. Wir haben ihn vor allem auf ideologischem Gebiet, zweitens bei der Gewinnung der Massen und drittens auch auf militärischem Gebiet gewonnen.

Unserer Meinung nach hängt das Problem der Gewaltanwendung in diesen Prozessen - einschließlich des Prozesses in Kuba - nach der Errichtung der revolutionären Macht nicht mehr von den Revolutionären ab. Es wäre völlig absurd, unverständlich und unlogisch, daß Revolutionäre, wenn sie die Möglichkeit zum Fortschritt, zur Arbeit, zur Weiterentwicklung und zum Aufbau haben, auf Gewaltanwendung zurückgreifen. Nicht die Revolutionäre sind es, die unter diesen Bedingungen Gewalt anwenden. Solltet ihr das noch nicht wissen, wird es euch das Leben selbst lehren. Das war unsere Erfahrung, als die revolutionäre Bewegung in Kuba siegte.

Es war keine leichte Aufgabe. Niemand möge das denken! Glaubt uns, es gab in unserem Lande mehr Parteien als in Chile. Bei uns war alles vertreten. Das war aber kein Grund, den Mut zu verlieren. Es gab viele Meinungsunterschiede. Aber daneben gab es auch eine vereinigende Kraft; es bestand das Ziel, sich zu vereinen, und das Bewußtsein zur Einheit und Stärke. Daran hat es niemals gefehlt.

Ihr müßt wissen, daß sich die Parteien in Kuba nicht auf Grund eines Beschlusses vereinigt haben. Niemand möge glauben, in Kuba sei ein Gesetz für die Gründung der Parteien erlassen worden. Ganz und gar nicht! In Kuba haben sich die revolutionären Kräfte nach und nach zusammengeschlossen. Dieser Prozeß hat sich über Jahre erstreckt.

Heute gibt es in unserem Lande eine einzige revolutionäre Kraft - die revolutionäre Kraft des kubanischen Volkes.

Ich weiß nicht, wieviel tausend Menschen hier versammelt sind. Ihr werdet ungefähr eine Vorstellung haben. Aber so viele Menschen, wie hier anwesend sind, kommen in Kuba in zehn Minuten zusammen, und innerhalb von zwei Stunden sind es zehnmal so viele. Innerhalb von nur zwei Stunden! Unsere Hauptstadt zählt zwei Drittel der Bevölkerung von Santiago.

In unserem Lande haben wir einen hohen Grad der Einheit, ein hohes revolutionäres Bewußtsein erreicht. Eine neue, sehr gefestigte Form des Patriotismus ist entstanden, die aus unserem Lande ein Bollwerk der Revolution und einen Schützengraben zwischen den Völkern dieses Kontinents gemacht hat, die der Imperialismus nicht einnehmen kann. Mit Erstaunen hörten wir die Worte des Präsidenten, daß in Washington oder New York eine weit verbreitete Zeitung eine Erklärung eines hohen Staatsbeamten, der zufolge "die Stunden der Volksregierung in Chile gezählt sind", veröffentlicht habe. (Pfui-Rufe)

Abgesehen von der Einmischung, der Beleidigung und der Unverschämtheit, gibt es in den USA seit Jahren keinen einzigen Staatsbeamten mehr, der so verrückt wäre zu sagen, die Stunden der kubanischen Revolution seien gezählt. (Hochrufe)

Darüber muß man sich nicht nur empören, seine Menschenwürde verletzt sehen und gegen diese Beleidigung protestieren, sondern man muß sich auch fragen, warum diese Leute das glauben und sich dessen so sicher fühlen. Welche Berechnungen haben sie angestellt? Welche Computer haben sie dabei eingeschaltet? Das soll nicht heißen, die Computer der Yankees irrten sich nicht. Wir wissen genau, daß sie sich irren. In Playa Girón haben sich die Computer des Pentagon, des CIA, der Regierung und der ganzen imperialistischen Welt geirrt. Sie haben sich tausendfach verrechnet, das heißt, auch Computer irren sich.

Man muß sich fragen, woher sie dennoch diesen Optimismus, diese Gewißheit haben, worauf sie sich stützen, was sie ermutigt. Man müßte sie einmal fragen. Sie sind die einzigen, die darauf eine Antwort geben können.

Aber vielleicht interessiert euch die Meinung eines Besuchers, der nicht als Tourist hierhergekommen ist? (Rufe: "Ja!"")

Wer einverstanden ist, hebe die Hand. (Überall werden Handzeichen gegeben.) Mit dieser Erlaubnis und dem Ergebnis dieser Volksabstimmung über Auffassungsfragen (Rufe: "Fidel! Fidel!") sage ich euch, daß die Gründe hierfür in den Schwächen des revolutionären Prozesses selbst, in den Schwächen des ideologischen Kampfes, in den Schwächen des Kampfes der Massen und in den Schwächen gegenüber dem Feind liegen. Hinzu kommt der Gegner von außen, der den inneren Gegner unterstützt und jede Öffnung, jede Schwäche auszunutzen versucht.

Die Gründe sind also Schwächen bei der Festigung der Kräfte, bei ihrer Einigung und bei ihrem Anwachsen.

Ihr macht gegenwärtig einen besonderen Prozeß durch, der jedoch hinsichtlich der Prozesse des Klassenkampfes nicht neu ist. Die Geschichte bietet zahllose Beispiele. Ihr lebt in einer Zeit, wo die Faschisten - um sie beim richtigen Namen zu nennen - versuchen, das Volk für sich zu gewinnen und die Mittelschichten auf ihre Seite zu ziehen. In allen revolutionären Prozessen kämpfen Faschisten und Revolutionäre zu einem bestimmten Zeitpunkt um die Unterstützung durch die Mittelschichten der Bevölkerung.

Hierbei sind die Revolutionäre ehrlich, sie lügen nicht, sie entfachen keinen Terror und säen keine Angst und greifen auf keine grausamen und zwielichtigen Machenschaften zurück.

Die Faschisten jedoch schrecken vor nichts zurück. Sie versuchen, sich die Gefühle der Menschen zunutze zu machen, erfinden die unglaublichsten Verleumdungen, versuchen, Angst und Unruhe in breiten Kreisen der Mittelschichten zu verbreiten, ihnen die unwahrscheinlichsten Dinge glaubhaft zu machen und überall große Furcht zu säen. Das alles geschieht mit dem Ziel, die Mittelschichten für sich zu gewinnen. Außerdem versuchen sie, die niedrigsten und niederträchtigsten Gefühle auszunutzen und mit allen Mitteln Chauvinismus, diesen engstirnigen Nationalismus, und Egoismus zu entfachen. Sie nutzen den Chauvinismus, Egoismus, die niedrigsten Gefühle und die völlig unbegründete Furcht aus und schrecken dabei vor nichts zurück.

Wir haben das beobachtet, denn manchmal haben wir auf unserer sowohl an Kilometern als auch an Tagen langen Reise - darin stimmen wir mit den Unzufriedenen überein - Zeit, etwas zu sehen. Wir kennen diese Lügen. Gegen wen sind sie gerichtet? Nehmen wir unseren Besuch als Beispiel. Wogegen richten sich alle Angriffe? Ihrer Meinung nach hätte ich dieses Land als Stummer besuchen müssen, als Stummer, der nicht einmal durch Zeichen spricht. Denn mit der Zeichensprache kann man vieles ausdrücken!

Zunächst kam die Heuchelei, als es hieß: "Er ist angekommen, er wurde empfangen. Wir hoffen, daß er sich ja nicht irrt und sich hier etwa einmischt.‘" Dann hieß es: "Fidel Castro ißt eine Empanada." An anderer Stelle hieß es: ‚"‚Fidel Castro auf einem Foto mit Mädchen in hot pants.‘"‘ Und dann die Lüge: ‚Fidel Castro in Los Andes ausgepfiffen.‘‘ Eine weitere Lüge: "Kalter Empfang in Chuquicamata."

Sie versuchten, Chauvinismus zu wecken, jegliche Haltung, jedes Wort und jede Antwort an einen Studenten als Einmischung auszulegen. So haben wir in all diesen Tagen gesehen, wie irgendein Vorwand benutzt wurde, um Argwohn, Furcht und Unwillen hervorzurufen. In diesem Kampf sind sie geschickt und fähig. Von unserem Standpunkt als Beobachter dieses Prozesses können wir sagen, daß der Faschismus in diesem Moment versucht, bei den Mittelschichten Boden zu gewinnen und das Volk auf seine Seite zu bringen. Außerdem versucht er, die Revolutionäre zu demoralisieren. An einigen Orten haben wir Revolutionäre gesehen, die einen niedergedrückten und sogar entmutigten Eindruck machten. Wenn wir nicht aufrichtig wären, nicht an die Wahrheit glaubten, würden wir uns nicht wagen, das zu sagen. Es könnte sogar so aufgefaßt werden, daß wir etwas sagen, was der Feind ausnutzen könne, um an Boden zu gewinnen. Aber das ist nicht so. Der Feind gewinnt an Boden durch Betrug, Verwirrung, indem er sich die Unwissenheit und fehlende Kenntnisse über die Probleme zunutze macht.

Wenn ihr unsere Meinung hören wollt: Der Erfolg oder Mißerfolg dieses ungewöhnlichen Prozesses wird vom ideologischen Kampf und dem Kampf der Massen, von der Geschicklichkeit, den Fähigkeiten und den Kenntnissen der Revolutionäre abhängen, wenn es darum geht, selbst stärker zu werden und die Mittelschichten zu gewinnen. Denn in unseren nur bedingt entwickelten Ländern sind diese Mittelschichten der Bevölkerung zahlenmäßig sehr stark, und sie sind häufig Lügen und Betrug gegenüber anfällig. Im ideologischen Kampf jedoch können wir nur mit der Wahrheit, mit fundierten Argumenten und im Bewußtsein, daß das Recht auf unserer Seite ist, neue Anhänger gewinnen. (Rufe: "Wir werden siegen!")

Ich hoffe, daß ihr siegt. Wir wünschen euch den Sieg. Wir glauben an euren Sieg!

Wenn uns heute etwas zutiefst beeindruckt hat, so waren es die Worte des Präsidenten, besonders als er den Willen zur Verteidigung der Sache des Volkes und die Bereitschaft des Volkes bekräftigte. Tief beeindruckt waren wir, als er sagte, daß er nach dem Willen des Volkes Präsident sei und solange seine Pflicht erfüllen werde, bis sein Mandat ablaufe oder man ihn tot aus dem Regierungspalast heraustrage. Alle, die wir ihn kennen, wissen, daß er kein Mann schöner Worte, sondern ein Mann der Tat ist! Diejenigen, die seinen Charakter kennen, wissen, daß er meint, was er sagt.

Wenn man auf diese Verteidigung der Würde bauen kann, wenn das Volk weiß, daß es dem Mann, der es heute repräsentiert, Vertrauen schenken kann, einem Manne, der mit diesen wenigen Worten seinen Entschluß zum Ausdruck bringt, den Anschlägen der äußeren Feinde und der inneren Reaktion Widerstand zu leisten - wenn das Volk darauf zählen kann und die Feinde sich dessen ebenfalls bewußt sind, gewährt das allein schon Sicherheit und Vertrauen.

Wir als Lateinamerikaner beglückwünschen den Präsidenten zu dieser mutigen und würdigen Bekräftigung.

Wir konnten die Reaktion des Volkes erleben, konnten sehen, welchen Eindruck diese Worte hinterließen.

(Aus der Menge wird ihm etwas zugerufen.) Ich würde das nicht so sagen: "Mit Recht oder Gewalt.‘ Es gibt historische Sätze, die um ihrer selbst und ihres historischen Charakters willen einen Wert haben und zu Symbolen geworden sind.

Für das Recht, für die Kraft des Rechts und für die physische Kraft und die Kraft des Volkes, die auf der Seite des Rechts stehen. (Beifall und Hochrufe: "Es lebe Kuba!")

Wenn die Führer bereit sind zu sterben, sind auch die Männer und Frauen dazu bereit.

Das Volk macht die Geschichte. Die Völker schreiben ihre eigene Geschichte. Die Massen schreiben sie. Kein Reaktionär, kein imperialistischer Feind könnte das Volk vernichten! Das beweist die jüngste Geschichte unseres Landes. Wie konnten wir Widerstand leisten und warum? Beides wurde möglich durch die Einheit unseres Volkes, durch die Stärke, die diese Einheit hervorbringt.

Wir sagen, daß bei uns innerhalb von zwei Stunden zehnmal soviele Menschen, wie hier versammelt sind, zusammenkommen. Aber wir sagen auch, daß wir in weniger als 24 Stunden 600.000 Männer kampfbereit machen können.

In unserem Land hat sich eine enge und unlösbare Einheit zwischen dem Volk und den bewaffneten Kräften herausgebildet, weshalb wir sagen, daß wir eine starke Verteidigung haben. Es gibt etwas, was die Militärs und die Kenner des Krieges und der Geschichte wissen: Im Gefecht ist der Mensch entscheidend, sind die moralischen Faktoren ausschlaggebend, ist die Moral des Menschen entscheidend.

Wer die Geschichte und die großen militärischen Heldentaten kennt, der weiß, daß es mit vereinter Kraft und einer fundierten Begründung möglich ist, jedes Hindernis zu überwinden, jede Position einzunehmen und die unglaublichsten Opfer zu bringen.

Worin besteht diese fundierte Begründung für unser Land bei seiner Verteidigung gegen äußere Gefahren? Wenn es zur Verteidigung der Heimat kommt, ist diese nicht in Millionäre und Bettler, nicht in Großgrundbesitzer mit allen Privilegien und unglückliche Bauern ohne Land und Arbeit gespalten.

Die Heimat ist nicht in Unterdrücker und Unterdrückte, in Ausbeuter und Ausgebeutete gespalten, in mit Schmuck und Reichtum überladene Damen und unglückliche Frauen, die in ein Bordell gehen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Heimat ist nicht in Privilegierte und Besitzlose gespalten.

Wenn in unserem Lande ein Bauer zu den bewaffneten Streitkräften einberufen wird, weiß er, daß er nicht die Heimat der Ausbeuter, Unterdrücker und Privilegierten, sondern die Heimat aller verteidigt; den Boden, der Brot für alle und nicht Überfluß für wenige und Hunger für viele bringt; den Boden, der nicht für einige Ehre und Macht und für andere Demütigungen bedeutet.

Wir konnten sie sehen, wir konnten sie miterleben, und wir kennen sie aus unserer eigenen Erfahrung, diese fundierten Begründungen, den Kampfgeist unseres Volkes, unserer Männer und Frauen. Sie wissen, was sie verteidigen. Sie haben ein großes Gefühl für Menschenwürde erworben. Es ist ein geeintes Volk, das hinter einer gerechten Sache steht, das seine Heimat und eine Fahne verteidigt, deren Symbol niemals so bedeutungsvoll war wie heute!

Die Völker haben hervorragende Eigenschaften. In ihnen wurden patriotische Gefühle geweckt, so daß sie selbst in der Klassengesellschaft, in der Gesellschaft von Ausbeutern und Ausgebeuteten, fähig waren, zu kämpfen und zu sterben, denn sie hatten die Symbole der Heimat, die Idee der Heimat und waren bereit, sie zu verteidigen. Obwohl sie in jener Heimat arm, gedemütigt und ausgebeutet waren, verteidigten sie diese.

Die Stärke ihrer Motivationen, ihrer Taten und ihres Heldentums erklärt sich daraus, daß die Völker eine Heimat verteidigen, die wirklich und im wahrsten Sinne des Wortes die ihre ist.

Kein Volk, keine bewaffnete Kraft sind so stark, wenn es um die Erfüllung der heiligen Mission der Verteidigung der Heimat geht, wie ein Volk, in dem es weder Ausbeuter noch Ausgebeutete gibt; wo die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft wurde. Nicht umsonst hat uns die Geschichte erst in der jüngsten Vergangenheit eine Lektion erteilt.

Im zweiten Weltkrieg, als mächtige Armeen zusammenbrachen: Was hatte der Faschismus getan, um Europa anzugreifen, um in Frankreich, Belgien, Holland und fast in der ganzen westlichen Welt einfallen zu können? Er schickte seine Fünfte Kolonne aus, begeisterte die Divisionen. Und in jener Situation entwaffnete er das Volk moralisch. Als die faschistischen Horden mit ihren Panzern und motorisierten Divisionen angriffen, durchbrachen sie die Linien und zogen größten Nutzen aus der Demoralisierung des Volkes.

Als 2 Jahre später, im Juni 1941, 4 Millionen Angehörige dieser gleichen faschistischen Armee überraschend in die Sowjetunion einfielen, trafen sie vom ersten Moment, vom ersten Tage an auf Widerstand. Ein Volk, das bereit war, zu kämpfen und zu sterben; ein Volk, das 20 Millionen Leben opferte und die außergewöhnlichste Kriegserfahrung der letzten Zeit machte.

Man soll uns nicht sagen, daß die Westmächte kämpfen gelernt hätten. Mit einer beispiellosen "Überlegenheit" landeten sie, nachdem die Naziarmee bereits vernichtet war, in der Normandie und gelangten leicht bis an die Grenze. Bei dem bekannten Gefecht in den Ardennen wurden sie von einigen Panzerdivisionen kilometerweit zurückgetrieben.

Die Faschisten schickten über 300 Divisionen gegen die Sowjetunion. Dieses Volk leistete Widerstand, es kämpfte. Wie hatten sich die Faschisten doch geirrt! Sie glaubten, es wäre ein militärischer Spaziergang. Aber jener feige und hinterlistige Angriff endete in Berlin. Und es war die Sowjetarmee, die die faschistischen Horden vernichtete!

Eine eindeutige Lehre der Geschichte. Nie zuvor gab es in der Geschichte - trotz des sprichwörtlichen Patriotismus dieser Nation - einen so heldenhaften und entschlossenen Widerstand, denn es war nicht mehr die Gesellschaftsordnung der Feudalherren, der Leibeigenen und der Zaren mit ihrer absolutistischen Herrschaft. Der sozialistische Staat leistete größeren Widerstand. Und das Außergewöhnliche ist, daß jener sozialistische Staat, dessen Bevölkerung praktisch nur aus Bauern bestand, heute zu einer solchen Industriemacht geworden und in der Lage ist, kleine Nationen, wie Vietnam und Kuba, in ihrem Widerstand gegen die große imperialistische Gefahr zu unterstützen.

Die Militärs wissen, wozu ein geeintes und kampfentschlossenes Volk, ein Volk, das weiß, wofür es kämpft, fähig ist. Diese Menschen sind es, die den Sieg bringen. Sie sind es auch, die in jedem noch so ungleichen Kräfteverhältnis bestehen. Sie sind eines jeden Heldentums fähig.

Wir erwähnten die Französische Revolution. Als die Bourgeoisie eine revolutionäre Klasse war und das Volk führte, war die gleiche historische Erscheinung zu beobachten. Zahlreiche Länder fielen in Frankreich ein, trafen jedoch auf Widerstand, und ihre Aktionen wurden zerschlagen. Der Grund hierfür ist, daß sich die Völker in den Revolutionen verbrüdern, sobald die jahrhundertelangen Ungerechtigkeiten aufhören und Kräfte hervortreten, die niemand und nichts zerschlagen kann.

Ein Geschichtsschreiber der Französischen Revolution sagte einmal, daß, wenn ein Volk die Revolution beginnt, es keine Kraft in der Welt gibt, die es aufhalten kann. Deshalb sagen wir: Unser Land ist stark und geeint. Wir sind vorangekommen und sind zufrieden.

Wenn es mir gestattet ist, möchte ich euch, den Chilenen, die ihr so wißbegierig und interessiert an Eindrücken seid, aufrichtig eine unserer Schlußfolgerungen, eine unserer Erfahrungen mitteilen, die mir aus tiefstem Herzen kommt: Wenn ich die Geschichte in Aktion sehe, wenn ich diese Kämpfe sehe, wenn ich sehe, wie weit die Reaktionäre gehen, um ein Volk moralisch zu entwaffnen, welcher und wie vieler Mittel sie sich dabei bedienen, so kann ich nur sagen, daß ich revolutionärer nach Kuba zurückkehren werde, als ich es vordem war.

Wenn wir etwas ausdrücken wollen, versuchen wir, nach Worten zu suchen, die eine Vorstellung vermitteln sollen. Die Lehren und Erfahrungen tragen dazu bei, daß ich mich nur noch fester verbunden fühle mit dem Prozeß, in dem sich unsere Heimat befindet. Sie verstärken meine Liebe zu unserer Revolution und lehren mich, die erreichten Erfolge und Fortschritte zu schätzen. Ich möchte diese Worte nicht weiter ausführen. (Aus dem Publikum wird ihm zugerufen, daß er fortfahren solle. Hochrufe: "Fidel!" - "Fidel!" - "Fidel!")

Ich danke sehr für eure Freundlichkeit und Geduld. Ihr wißt, daß ich jetzt gehen muß. (Ausrufe: "Nein!") Ihr wißt auch, daß ihr mich hier nicht braucht. (Ausrufe:"Wir brauchen Sie! Bleiben Sie!")

Ich danke euch für diese Zurufe, die jene Rufe entkräften, mittels derer versucht wurde, unseren Besuch hier zu verunglimpfen, unsere Abreise zu fordern und beinahe ein Gesetz zu erlassen, um mich rauszuschmeißen. (Pfui-Rufe.)

Gestern sprachen wir noch im Scherz davon, und bis gestern witzelten wir auch darüber - heute ist uns die Lust zum Scherzen vergangen, als wir die Nachrichten, die ich nicht kommentieren möchte, lasen. Wenn man Nachrichten über Verwundete, über Brandstiftungen liest, Dinge, die sich gerade zu der Zeit ereigneten, als wir in der kubanischen Botschaft einen Empfang hatten, an dem über 600 chilenische Persönlichkeiten teilnahmen... ;bis dahin scherzten wir noch und fragten: Was muß man tun, um chilenischer Staatsbürger zu werden? Ein Rechtsanwalt war ebenfalls anwesend. Wir fragten ihn: Wie viele Tage dauert das? Wie lange muß man hier wohnen? Wo sind die Fragebogen? Ich möchte einen ausfüllen. Über die "Zurufe", die Beschimpfungen und ähnliches konnte man Witze machen, und wir taten das auch. Ich war sogar dazu aufgelegt, einen großangelegten Scherz zu treiben.

Denn schließlich und endlich würdet ihr es einem Lateinamerikaner, der alle verfassungsmäßigen Bedingungen erfüllt, nicht verwehren, chilenischer Staatsbürger zu werden. In 10 Jahren, in 20 Jahren, ich weiß es nicht. Das war im Scherz gemeint.

Wir fühlen uns in gewissem Sinne als Söhne einer Gemeinschaft, des Teils einer Welt, der viel größer als Kuba und Chile ist, als Söhne Lateinamerikas.

Es wird die Zeit kommen, da wir alle die gleiche Staatsbürgerschaft haben, ohne deshalb auch nur ein Detail der Liebe zu unserer Heimat, zu dem Fleckchen dieses Kontinents, auf dem wir geboren wurden, zu unseren Symbolen, zu unseren Fahnen, die Bruderfahnen sein werden, zu unseren Hymnen, die Bruderhymnen sein werden, zu unseren Traditionen, die Brudertraditionen sein werden, zu unserer Kultur, die brüderlich verbunden sein wird, einzubüßen. Und wenn wir unter allen Völkern genügend stark sind, um einen würdigen Platz in der Welt einzunehmen, werden uns die Mächtigen nicht mehr beschimpfen, wird das arrogante und hochmütige Imperium uns keine Tragödien und Zusammenbrüche mehr voraussagen und uns auch sonst in keiner Form mehr bedrohen. Es ist nicht das gleiche, ein kleines Volk zu bedrohen oder einen Bund von Brudervölkern, der eine große und mächtige Gemeinschaft in der Welt von morgen sein kann.

Diese Zeit wird kommen, sobald die reaktionäre Ideologie zerschlagen, sobald der engstirnige Nationalismus und der lächerliche Chauvinismus abgeschafft wurden, Mittel, auf die die Reaktionäre und Imperialisten zurückgreifen, um Feindseligkeit und Spaltung zwischen unseren Völkern zu säen, zwischen Völkern, die die gleiche Sprache sprechen, die sich verstehen können, wie wir uns verstehen.

Damit Amerika, unser Amerika - wie Martě sagte - sich vereinigen kann, wird es notwendig sein, auch die letzte Spur dieser Reaktionäre zu beseitigen, die an schwachen Völkern interessiert sind, um sie unterdrücken und den ausländischen Monopolen ausliefern zu können. Denn schließlich ist all das nur der Ausdruck einer einzigen Philosophie: der reaktionären Philosophie, der Philosophie der Ausbeutung und Unterdrückung.

Gestattet mir, wenn es gewünscht wird, noch einige weitere Ausführungen zu machen, ohne dabei eine Verlängerung meines Besuches hier zu beantragen. (Zustimmende Rufe)

Was wollen wir zum Ausdruck bringen? Unter anderem unseren tiefempfundenen Dank gegenüber allen, mit denen wir zusammentrafen - gegenüber dem chilenischen Volk. Wir haben eingehend mit Arbeitern, Studenten, Bauern, mit der Bevölkerung, die uns an zahlreichen Orten empfing, gesprochen. Wir unterhielten uns mit Journalisten, mit Angehörigen der werktätigen Intelligenz, mit Ökonomen und Spezialisten wie denen der CEPAL. Wir haben uns mit Abgeordneten, mit Führern der Parteien der Unidad Popular und der linksgerichteten Organisationen zusammengesetzt. Mit allen … (Rufe: "Die Frauen!") Ich habe sie nicht vergessen. Wir sind mit Arbeitervertretungen zusammengetroffen, mit den chilenischen Frauen. Wir hatten eine Aussprache mit dem Kardinal von Chile. Wir haben uns mit über hundert fortschrittlichen Priestern zusammengesetzt, die einer eindrucksvollen Bewegung angehören. Wir sprachen auch mit Angehörigen der Armee, der Flotte und der Polizei. Überall herrschten eine freundschaftliche Atmosphäre und Achtung. Wir versuchten, auf alle Fragen eine Antwort zu geben.

Von diesen Zusammenkünften waren es zwei, die große Verwirrung stifteten und Anlaß zur Kritik wurden: die Aussprache mit dem Kardinal, die Zusammenkunft mit den fortschrittlichen Priestern und unser Gespräch mit den Angehörigen der Armee, der Flotte, der Luftstreitkräfte und der Polizei.

Es ist angebracht, daß wir hier offen erläutern, welches die Grundlagen dieser Gespräche waren; warum und wie sie zustande kamen.

Haben wir vielleicht Demagogie betrieben oder unseren Überzeugungen zuwidergehandelt? Wir sahen, wie einige dieser Fragen immer wieder hochgespielt wurden.

Man kann wirklich sagen: Wenn jemand mit mir in der Entgegennahme von Beschimpfungen wetteiferte, so war es der Kardinal. Wir hatten sehr viele Themen mit der christlichen Linken und den chilenischen Priestern zu behandeln, Dinge, die nicht den Opportunismus, sondern Prinzipien, die nicht das Herausholen von Vorteilen, sondern Überzeugungen zur Grundlage haben. Wir sprachen über die Zweckmäßigkeit, die Möglichkeit und die Notwendigkeit, die marxistischen Revolutionäre und die christlichen Revolutionäre im Rahmen der lateinamerikanischen Gemeinschaft zu vereinigen.

Wir haben uns eingehend mit den Priestern über diese Fragen unterhalten und über die Grundlagen dieser Überzeugung heute und in der Zukunft gesprochen. Das darf nicht verwechselt werden mit den von den Oligarchen unseres Landes hervorgerufenen Problemen, um die Kirche gegen die Revolution auszunutzen.

Wir haben uns oft auf die Geschichte des Christentums, auf jenes Christentum bezogen, das so viele Märtyrer hervorgebracht und dem Glauben so viele Opfer gebracht hat. Menschen, die fähig sind, ihr Leben ihrem Glauben zu opfern, genießen unsere höchste Achtung. Niemals werden wir jedoch Achtung denjenigen gegenüber empfinden, die - da sie eigennützige Interessen vertreten wie ihren Egoismus, ihren vollen Bauch – ihr Leben für nichts und niemanden geben wollen. Wir untersuchten die zahlreichen Berührungspunkte, die es zwischen den reinsten Auffassungen des Christentums und den Zielen des Marxismus geben kann.

Denn viele wollten die Religion zur Verteidigung der Ausbeutung, des Elends, der Privilegien ausnutzen, um das Leben des Volkes in dieser Welt in eine Hölle zu verwandeln, wobei sie vergaßen, daß das Christentum die Religion der einfachen Menschen, der Sklaven Roms war, die Religion derjenigen, die zu Zehntausenden in der Arena von Löwen verschlungen wurden, und daß dieses Christentum feste Begriffe über die menschliche Solidarität und die Nächstenliebe hat und Geiz, Habsucht und Egoismus verurteilt.

Eine Religion, die vor zweitausend Jahren die Kaufleute als Kaufleute und die Pharisäer als Pharisäer bezeichnete, die die Reichen verurteilte und verkündete, daß diese nicht ins Himmelreich kommen würden.

Eine Religion, die Fische und Brot vermehrte, genau wie ein Revolutionär unserer Tage, der dieses Ziel mit der Technik, mit seinen Armen, mit der rationellen und planmäßigen Entwicklung der Wirtschaft erreichen will.

Wenn man Gemeinsamkeiten zwischen den Zielen des Marxismus und den reinsten Geboten des Christentums sucht, wird man feststellen, wie viele Berührungspunkte es gibt, mit dem einfachen Priester, der den Hunger kennt, weil er ihn vor sich hat; der Krankheit, Tod und menschlichen Schmerz kennt; mit einigen derjenigen Priester, die in den Gruben oder unter armen Bauernfamilien arbeiten, die sich mit ihnen identifizieren und mit ihnen kämpfen; mit opferwilligen Menschen, die ihr Leben den Kranken weihen, die schlimmste Schmerzen aushalten müssen.

Alle Gemeinsamkeiten zeigen, daß eine strategische Allianz zwischen revolutionären Marxisten und revolutionären Christen wirklich möglich ist. Diejenigen, die kein Interesse daran haben, daß es zu solch einem Bündnis kommt, sind die Imperialisten und natürlich auch andere Reaktionäre.

Auch mit den Militärs - und wenn wir Militärs sagen, meinen wir alle Waffengattungen - haben wir uns ausführlich unterhalten. Aber diese Gespräche kamen absolut spontan zustande. Niemand hatte sie geplant.

Sie waren Ergebnis der offiziellen Betreuung, der außergewöhnlichen Aufmerksamkeiten, die wir durch den Präsidenten, die Minister und die Behörden der Regierung erfuhren. Überall, auf allen Flughäfen, waren die Männer in Uniform und ihre Vertreter anwesend. Und spontan kam es dann zu Gesprächen: bei den Empfängen, bei den Zusammenkünften mit den staatlichen Stellen. Die Männer in den Uniformen Chiles und die Vertreter unserer Delegation haben deutlich erkannt, daß es sehr viele Fragen gibt, über die gesprochen werden könnte. Zunächst hat unser Land große Erfahrungen gesammelt. Wir kubanischen Revolutionäre machten in verschiedenen Phasen des Kampfes einzigartige Erfahrungen. Anfangs als irreguläre Kämpfer, später bei der Entwicklung bestimmter Konzeptionen und Taktiken des Kampfes. Wir kubanischen Revolutionäre sahen uns gezwungen, während unseres gesamten revolutionären Krieges unter sehr ungleichen Bedingungen zu kämpfen.

Wir haben die verschiedensten Phasen durchgemacht: große Widerwärtigkeiten, Erfolge, äußerst schwierige Momente, Siege und den Endsieg.

Danach sammelten wir neue Erfahrungen: als in allen Provinzen unseres Landes Söldnerbanden einfielen und wir jahrelang gegen sie ankämpfen mußten. Sie waren mit den besten Waffen der Vereinigten Staaten, mit modernster Funktechnik ausgerüstet.

Dann kamen die Erfahrungen von Girón und der Oktoberkrise, während derer unser Land äußerst spannungsgeladene und gefährliche Momente erlebte. Damals waren wir buchstäblich von einer Vielzahl von Nukleargeschossen bedroht.

Wir sammelten Erfahrungen, als wir unsere Kampfeinheiten aufstellten, um einer realen und großen Gefahr entgegenzuwirken. Wir mußten starke bewaffnete Streitkräfte entwickeln, Schulen aufbauen, den Gebrauch neuer Waffen, neuer Techniken erlernen. Wir lernten aus der Erfahrung des letzten Krieges, aus seinen Berichten und Dokumenten.

Vom technischen und fachlichen Standpunkt aus gesehen gab es viele Fragen, die Gegenstand von Gesprächen sein könnten. Hinzukommen das Interesse an der Erfahrung und am Prozeß in Kuba, die natürliche Neugier im Hinblick auf die historischen Ereignisse, die sich in unseren Ländern abspielen, und Fragen menschlicher Art, die Leistungsfähigkeit, Traditionen, Geschichte, Gegenwart und Zukunft eines jeden Landes zum Inhalt haben. Welches wird morgen das Schicksal unserer Völker sein angesichts der ständig wachsenden Kluft in der Technologie, angesichts der entwickelten Nationen und derjenigen, die zurückgeblieben sind? Welches sind die zukünftigen Auffassungen über Waffen und neue Waffensysteme?

Kurz gesagt, sowohl vom fachlichen als auch vom menschlichen Standpunkt aus gesehen gab es Themen dieser Art - die sich auch auf das zukünftige Schicksal unserer Völker bezogen -, über die gesprochen wurde.

Dank dieser Gespräche hatten wir Gelegenheit, viele wertvolle Menschen mit großem Talent, Charakter und Tatkraft kennenzulernen und auf Fragen bezüglich unserer Traditionen einzugehen. Beide Seiten haben viel voneinander gelernt.

War das vielleicht ein Fehler? War das vielleicht eine Verschwörung? War das vielleicht ein Verbrechen? Gab es Gründe dafür, daß sich jemand hätte beleidigt fühlen können? Warum sollten wir - da wir uns doch mit den Priestern, dem Kardinal und den Spezialisten der CEPAL unterhielten - uns nicht auch mit den Männern in Uniform unterhalten? Warum waren diese Gespräche so gefürchtet? Wer wird dadurch beleidigt?

Wir haben sogar im Kriege Gespräche geführt. Im Kampf diskutierten wir mit dem Gegner, analysierten wir, wer recht hatte und wer nicht. Wir haben sogar mit Männern diskutiert, die uns im Kampf gegenüberstanden. Warum sollten wir da nicht mit Männern sprechen, die uns Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Achtung entgegenbrachten?

Wir möchten ihnen heute unseren Dank für diese erwiesenen Aufmerksamkeiten aussprechen.

Der Zufall wollte es, daß der heutige Tag, der 2. Dezember, mit dem XV. Jahrestag der Landung der "Granma" an den sumpfigen Küsten Kubas zusammenfällt. Wir waren damals 82 Mann auf diesem Schiff.

Das Kräfteverhältnis zwischen der Armee Batistas und uns war 1000 zu 1. Insgesamt hatte er in den verschiedenen Waffengattungen 80.000 Mann. Einige Tage später machte das Mißgeschick, in das wir geraten waren, unsere Situation noch weitaus schwieriger. Als wir uns wiederfanden, waren wir nur noch sieben bewaffnete Männer. Nun war das Kräfteverhältnis mindestens 10.000 zu 1. Damals verloren wir den Mut nicht. Vielleicht hilft euch das, zu verstehen, warum wir keine Furcht davor haben, aufzuzeigen, welches die Schwächen der Revolutionäre oder eines Prozesses in einem gegebenen Moment sein können. 10.000 zu 1! Und trotzdem verloren unsere Männer den Mut nicht. Sie setzten ihre Aktionen fort, machten sehr kritische Augenblicke durch und kämpften immer in einem völlig ungleichen Kräfteverhältnis.

Sogar als der Krieg zu Ende ging, war das Kräfteverhältnis noch immer größer als 20 zu 1. Von diesen Tatsachen war unser Prozeß gekennzeichnet.

Diese Ausführungen, liebe chilenische Revolutionäre, mache ich im Gedenken an diesen Jahrestag, denn es ist für uns eine Pflicht, uns dieses Tages zu erinnern, um zu der Schlußfolgerung zu gelangen, daß ein bewaffnetes Volk, mit einer Lehre, mit einer Idee - ein Volk, das zur Verteidigung seiner Sache entschlossen ist – niemals vernichtet werden kann.

Wir sagen das, damit es in den revolutionären Reihen niemals zur Entmutigung kommt, damit die Moral nicht einen Augenblick nachläßt, ganz gleich, welche Aktion der Feind startet, ganz gleich, welche Teilerfolge er dabei erringt. Es muß immer heißen: Vorwärts!

Revolutionäre stützen sich auf tiefgehende Motivationen, auf große Ideen. Sie schüren keine Furcht, obwohl sie natürlich das Schicksal der zerschlagenen Revolutionen kennen. Ich möchte hierfür zwei Beispiele anführen: den Sklavenaufstand in Rom, die Revolution Spartakus’, die von den Oligarchen zerschlagen wurde und das Leben Hunderttausender Männer kostete, die entlang der nach Rom führenden Straßen gekreuzigt wurden, und die grausam im Blut erstickte Revolution der Pariser Kommunarden.

Ich kann auch einige Beispiele aus jüngster Zeit anführen. Wenn ein revolutionärer Prozeß ausbricht, taucht der Faschismus mit allen seinen Tricks und Machenschaften, mit allen seinen Kampftechniken, seiner Heuchelei, seinen angsteinflößenden Taktiken, mit seinen Lügen und seinen niederträchtigen und skrupellosen Methoden auf. Man darf keine Furcht haben, sondern es geht darum, mit Argumenten und Überzeugung zu kämpfen und dabei das Recht und die Wahrheit auf seiner Seite zu wissen. Man muß ohne Furcht vor den Folgen einer Niederlage kämpfen und wissen, wie teuer die Völker die Niederlagen zu stehen kommen. Wir müssen für das Ideal, für die gerechte Sache kämpfen, in dem Bewußtsein, daß das Recht und die objektiven Gesetze der Geschichte auf unserer Seite sind, daß uns die Zukunft gehört. Wir müssen mit den Massen, mit dem Volk voranschreiten und im Voranschreiten wachsen.

Was ich heute hier - dank der Geduld und Rücksichtnahme eurerseits - sage, was wir über die Taktiken, über die Einheit und über die Möglichkeiten der Teilnahme aller an diesem großen Marsch für das Amerika von morgen sagten, das habe ich nicht erfunden, als ich nach Chile kam; das sind keine aus dem Augenblick heraus geborenen Gedanken, denn hier haben wir das Dokument, das vor zehn Jahren verkündet wurde und "Zweite Deklaration von Havanna" heißt. Wir halten es für angebracht, einige Abschnitte daraus zu verlesen, die das Konzept der revolutionären Strategie seit damals zusammenfassen. Und vielleicht können diese Abschnitte auch für euch von Nutzen sein.

Wenn wir uns jetzt von euch verabschieden: Was können wir euch geben? Auch wenn nur einige Gedanken, einige Auffassungen von Nutzen sein könnten, wenn wir der uns von euch entgegengebrachten Liebe wenigstens geistig entsprochen haben, würden wir uns glücklich schätzen.

Die Abschnitte aus der Deklaration lauten:

"Der Imperialismus greift, indem er die großen Filmmonopole, seine Nachrichtenzentralen, seine reaktionären Zeitschriften, Bücher und Zeitungen ausnutzt, auf die spitzfindigsten Lügen zurück, um Spaltung zu säen und den Unwissenden Furcht und Aberglauben vor den revolutionären Ideen einzuflößen, Ideen, die nur die Interessen der mächtigen Ausbeuter und ihre jahrhundertealten Privilegien schädigen können und sollen ...

Das Spaltertum, ein Ergebnis der Vielzahl von Vorurteilen, falschen Ideen und Lügen, das Sektierertum, der Dogmatismus, die fehlende Breite bei der Analyse der Rolle, die jeder sozialen Schicht, ihren Parteien, Organisationen und Führern zukommt, erschweren die unerläßliche Aktionseinheit zwischen den demokratischen und fortschrittlichen Kräften unserer Völker. Es sind Wachstumsschwierigkeiten, Kinderkrankheiten der revolutionären Bewegung, die überwunden werden müssen. Im antiimperialistischen und antifeudalen Kampf ist es möglich, die große Mehrheit des Volkes für die Ziele der Befreiung zu vereinigen. Diese Ziele führen zur Vereinigung der Kräfte der Arbeiterklasse, der Bauern, der werktätigen Intelligenz, des Kleinbürgertums und der fortschrittlichsten Schichten der nationalen Bourgeoisie. Diese Sektoren umfassen die große Mehrheit der Bevölkerung und scharen starke gesellschaftliche Kräfte um sich, die fähig sind, die imperialistische Herrschaft und die feudale Reaktion hinwegzufegen. In dieser breiten Bewegung können und müssen, angefangen vom ältesten marxistischen Kämpfer bis zum aufrichtigen Katholiken, der nichts mit den US-Monopolen und den Feudalherren zu tun hat, alle gemeinsam kämpfen.

Diese Bewegung könnte die fortschrittlichsten Kreise der bewaffneten Streitkräfte, die ebenfalls durch die US-Militärmissionen, durch den Verrat der nationalen Interessen von seiten der feudalen Oligarchen und durch die Verletzung der nationalen Souveränität, durch die Diktate Washingtons gedemütigt werden, mit sich reiben

Diese Gedanken wurden vor zehn Jahren geäußert und unterscheiden sich nicht im geringsten von den heutigen Ideen.

Unsere Revolution ist konsequent in ihren Positionen. Sie war nicht dogmatisch, sie schreitet voran. In einem gegebenen Moment kann sie einige höhere Phasen und Entwicklungen erreichen, wird aber immer eine Linie, ein Prinzip, einen Weg verfolgen. Sie ist gekennzeichnet durch ihr Vertrauen in das Volk, durch ihr Vertrauen in die Massen, durch ihr Vertrauen auf die Ideen, durch ihre Siegesgewißheit, durch ihre Festigkeit und Unbeugsamkeit, durch Breite und Wachstum einerseits und Prinzipienfestigkeit andererseits.

Wir haben mit vielen Chilenen gesprochen und breite Diskussionen geführt. Die einzigen, mit denen wir niemals gesprochen haben und niemals sprechen werden, sind Ausbeuter, Reaktionäre, Oligarchen und Faschisten.

Mit Faschisten haben wir niemals diskutiert und werden wir auch niemals diskutieren!

Was alle anderen Chilenen anbetrifft, so hatten wir die große Ehre, sie kennengelernt, mit ihnen Eindrücke ausgetauscht und gesprochen zu haben.

Lieber Genosse Salvador Allende! Bald werden wir dieses schöne und wunderbare Land verlassen. Bald werden wir uns von diesem gastfreundlichen, hervorragenden und herzlichen Volk verabschieden. Mit uns nehmen wir die unauslöschliche Erinnerung an diesen Besuch, an die uns gegenüber zum Ausdruck gebrachte Liebe, an die Aufmerksamkeiten und die Ehre, die unserer Delegation als Vertreterin des kubanischen Volkes und der kubanischen Revolution zuteil wurden.

Es verbleibt uns nur noch zu sagen, lieber Präsident, daß Sie und das chilenische Volk immer auf Kuba, auf seine selbstlose und bedingungslose Solidarität, auf das, was diese Fahne und diese Heimat bedeuten, zählen können. Nicht die Heimat der Ausbeuter, sondern die Heimat der freien Menschen! Die Heimat, in der eine Revolution zu Gleichheit und Gerechtigkeit geführt hat. Die Heimat, in der der Mensch wieder zum Menschen wurde und Menschenwürde genießt.

Diejenigen, die die Rechtmäßigkeit dieser Revolution bestreiten wollen, die ihre Kraft sehen, sollen doch einmal sagen, wie wir, wenn wir kein bewußtes und geeintes Volk hätten - kein Volk, das Würde und Freiheit kennt -, dem mächtigen US-Imperium kulturell, politisch und militärisch hätten widerstehen können.

Unsere Heimat existiert. Sie ist gefestigter und stärker denn je. Unsere Fahne existiert, eine Fahne, die die Würde Kubas und die Nation im weitesten Sinne, die den Patriotismus der Söhne Kubas,’der Söhne Amerikas im solidarischen Sinne symbolisiert.

So eng verbunden, wie heute hier diese Symbole, sind auch unsere Völker, unsere Ideen, unsere Sache, unser Recht.

Und da heute der 2. Dezember ist, gestattet mir, meine Ausführungen so zu beenden, wie wir das in Kuba tun:
Vaterland oder Tod!
Wir werden siegen!

(Hochrufe: "Fidel!" - "Fidel!")

Quelle:
Fidel Castro. Unsere Stärke liegt in der Einheit – Besuche in der DDR, der UdSSR und in Chile
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Karl Dietz Verlages Berlin