Rede des Kommandanten Fidel Castro Ruz, Premierminister der Revolutionsregierung und Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas, zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei. Freitag, 23. August 1968 - Im Jahr des Heroischen Guerrillero.
Wie angekündigt, wollen wir heute die Situation in der Tschechoslowakei analysieren. Wir werden dabei von den revolutionären Positionen ausgehen und von der internationalen Politik, die unsere Revolution und unsere Partei vertreten haben.
Einige der Dinge, die wir hier vortragen wollen, werden bisweilen in Widerspruch zu den Gefühlen vieler stehen; in anderen Fällen werden sie in Widerspruch zu unseren eigenen Interessen stehen und in noch anderen werden sie schwerwiegende Gefahren für unser eigenes Land darstellen.
Dies ist jedoch ein für die revolutionäre Bewegung in der ganzen Welt außerordentlich wichtiger Augenblick. Es ist unsere Pflicht, die Tatsachen objektiv zu analysieren und die Meinung unserer politischen Leitung wiederzugeben, eine Meinung, die sich auf die Mitglieder unseres Zentralkomitees stützt, auf die Führer unserer Massenorganisationen und auf die Mitglieder unserer Regierung; wir sind sicher, daß diese Meinung tief in der Tradition und in den Gefühlen unseres Volkes wurzelt.
Es scheint uns zunächst notwendig, eine kurze Analyse unserer Position gegenüber den Vorfällen zu geben, die sich gerade in der Tschechoslowakei abgespielt haben.
Unser Volk ist über diese Vorfälle sehr weitgehend informiert, obwohl unsere Partei niemals eine, sagen wir, offizielle Erklärung abgegeben hat; das liegt unter anderem daran, daß die Ereignisse im Flusse waren und daß wir gezwungen sind, alles was täglich in der Welt vorgeht, zu analysieren, daß wir also den in jenem Land ablaufenden politischen Prozeß beobachteten.
Etwa zu Beginn dieses Jahres setzte in der Tschechoslowakei eine Reihe von Veränderungen ein. Zunächst war vom Rücktritt Novotnys vom Amt des Parteisekretärs die Rede; dann trat Novotny tatsächlich zurück, obwohl er weiterhin Präsident der Republik blieb. Später desertierte ein hoher Offizier und ging in die Vereinigten Staaten. Schließlich wurde die Forderung nach dem Rücktritt Novotnys auch vom Amt des Präsidenten der Republik laut. Eine Reihe von Ereignissen folgte dann aufeinander.
Es setzte das ein, was man dort einen "Demokratisierungsprozeß" nannte. Die imperialistische Presse erfand ein anderes Wort: "Liberalisierung". Fernerhin wurde eine Klassifizierung in "Progressisten" und "Konservative" eingeführt: "Progressisten" wurden die Anhänger einer Reihe von politischen Reformen genannt und "Konservative" die Anhänger der früheren Richtung.
Wir sind verpflichtet, unsere Meinung über beide zu äußern: über die Konservativen und über die Liberalen... Diese ganze Angelegenheit erinnert uns ein bißchen an die alte Geschichte Kubas, an jene Einteilung in Konservative und Liberale, an eine Einteilung, die in den politischen Prozessen der sozialistischen Revolutionen nicht vorgesehen war.
Diese Einteilung löste eine Reihe von Folgen in der ganzen Welt aus. An einigen Stellen begann man mit den sogenannten Liberalen oder Anhängern der Demokratisierung zu sympathisieren. Wir unsererseits beobachteten die Ereignisse.
So brachte zum Beispiel am 24. April 1968 die "Rude Pravo", das Parteiorgan der tschechoslowakischen Kommunisten, unter dem Titel "Die positive Reaktion der nordamerikanischen Presse auf die Vorfälle in der Tschechoslowakei" folgenden Beitrag:
"Rude Pravo, das Organ der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, hebt heute hervor, daß in den Vereinigten Staaten viel von einer intelligenteren Außenpolitik erhofft wird - wie sie der neuen Orientierung Prags entspricht."
Uns scheint hier, daß diesem Blatt Beharrungsvermögen fehlt; aus dem Artikel geht aber recht fröhlich hervor, wie die Reaktion der nordamerikanischen Presse gegenüber den Ereignissen in der Tschechoslowakei aussah: die Reaktion der nordamerikanischen Presse, der kapitalistischen Presse, der imperialistischen Presse war eine außerordentlich günstige Reaktion gegenüber den Ereignissen in der Tschechoslowakei. Alles aber, was nun das Lob, die Unterstützung und den lebhaften Beifall der imperialistischen Presse findet, ruft natürlich sofort Mißtrauen bei uns wach.
Am 2. Mai 1968 lesen wir: "Die Tschechoslowakei wiederholt den Vereinigten Staaten die Bitte um Herausgabe des tschechischen Goldes. - Die tschechische Regierung überreichte heute der Botschaft der Vereinigten Staaten eine Note, die das nordamerikanische Verhalten als wenig seriös bezeichnet und darauf besteht, daß Washington schnell eine Vorleistung auf die 18.433 Kilo Gold gibt, das von den Nazis in der Tschechoslowakei gestohlen und von den Vereinigten Staaten konfisziert wurde, als Garantie für die endgültige Abwicklung der Angelegenheiten zwischen beiden Ländern."
Am 11. Juni 1968 heißt es:
"Mögliche Anleihe der Tschechoslowakei bei den Vereinigten Staaten. - Wie aus informierten Kreisen verlautet, sprach der Vizepräsident der Nationalbank in New York heute im Laufe eines Gespräches mit tschechoslowakischen Bankleuten die Möglichkeit einer Anleihe der Tschechoslowakei bei den Vereinigten Staaten an. Der Vizepräsident der amerikanischen Bank, Miroslava Kriz, wies darauf hin, daß auch Polen und Jugoslawien erhebliche Anleihen von nordamerikanischen Banken erhalten haben, ohne deswegen die sozialistischen Prinzipien ihrer Gesellschaften aufzugeben."
Hier wird also zugunsten dieser Anleihe mit dem Argument gearbeitet, daß ein anderes Land, Polen - nur als Beispiel -, daß ein Land, das seine Truppen in die Tschechoslowakei sandte, umfangreiche Kredite von nordamerikanischen Banken erhalten hätte. Eine merkwürdige Angelegenheit im übrigen.
Am 18. Juni 1968 heißt es:
"Eine deutsche Zeitschrift berichtet, daß die Tschechoslowakei einen Kredit bei der Bundesrepublik Deutschland erbeten habe. - Um die Beziehung zur Sowjetunion nicht noch weiter zu verschlechtern, zog es die Bundesregierung jedoch vor, nicht direkt mit der Tschechoslowakei zusammenzuarbeiten; das Kabinett billigte den Vorschlag von Wirtschaftsminister Schiller, eine Anleihe Prags bei der Weltbank zu garantieren."
Der "Spiegel" schreibt, daß die Tschechoslowakei als Gegenleistung eine Erweiterung der Handelsmission der Bundesrepublik in Prag zusagte und auf die Möglichkeit der Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu Beginn des kommenden Jahres anspielte."
27. Juni: "Wirtschaftskonferenz zwischen Vertretern der Tschechoslowakei und Westdeutschlands. - Heute begann eine zweitägige tschechoslowakisch-deutsche Konferenz über die gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme. Diese Konferenz wurde von der Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn und dem Institut für Internationale Politik und Wirtschaft in Frag veranstaltet. Die tschechische Gruppe wird vom Direktor des genannten Prager Institutes, Dr. Antonin Anejdarek, geleitet, die deutsche vom Präsidenten der genannten Gesellschaft in Bonn, Herrn Botschafter von Walther, bis Ende letzten Jahres deutscher Botschafter in Moskau. Von Walther hob hervor, daß die westdeutschen Teilnehmer die Erfordernisse und Möglichkeiten der tschechoslowakischen Wirtschaft kennenlernen wollen. Er ließ durchblicken, daß Westdeutschland bereit sei, die Wirtschaftsbeziehungen zur Tschechoslowakei erheblich zu erweitern. Dr. Anejdarek seinerseits wies darauf hin, daß die Konferenz zur Klärung der Möglichkeiten diene und konkret zur zukünftigen Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern beitragen solle", usw., usw.
Sie alle erinnern sich, daß aufgrund der Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik die Bundesrepublik Deutschland drastisch alle Beziehungen zu uns abbrach und daß diese Situation sich bis heute nicht änderte.
Wir wissen, wie all diese Regierungen handeln und vor allem, wie die Bundesrepublik Deutschland als Haupthelfer des US-Imperialismus vorgeht. Wir sehen hier eine Reihe von Dingen, unter denen besonders der Beginn der "Flitterwochen" in den Beziehungen zwischen den "Liberalen" und dem Imperialismus auffällt.
Ich habe mich hier einfach auf eine Reihe von zu verschiedenen Zeitpunkten vorgefallenen wirtschaftlichen Ereignissen bezogen, weil sich im Zusammenhang mit diesem Prozeß eine ganze Reihe von politischen Vorfällen vollzog. In der Tschechoslowakei brach eine wahre Liberalisierungswut aus: Es wurden verschiedene Überlegungen über die Bildung von Oppositionsparteien verzeichnet, zugunsten von eindeutig antimarxistischen und antileninistischen Tendenzen; hierher gehört die These, daß die Partei die Funktion aufgeben solle, die eine Partei innerhalb jeder sozialistischen Gesellschaft ausüben muß, um sich auf eine Führerrolle und vor allem auf die geistige Lenkung zu beschränken. In einem Wort: Die Macht solle nicht länger in den Händen der kommunistischen Partei liegen. Die Forderung nach Revision einiger Grundvoraussetzungen, auf denen ein sozialistisches Regime als Übergangsregime zum Sozialismus und zum Kommunismus aufruft, wurde laut: Revision der "Diktatur des Proletariats" genannten Regierungsform, das heißt einer Regierungsform, bei der die Macht im Namen einer Klasse und gegen die alten Ausbeuterklassen ausgeübt wird, was automatisch bedeutet, daß in einem Revolutionsprozeß politische Rechte und das Recht auf Ausübung politischer Tätigkeit den früheren Ausbeutern nicht gegeben werden kann, deren Ziel ja gerade darin besteht, gegen das Wesen und den Grund des Sozialismus anzukämpfen.
Derartige Meinungen wurden laut, und es wurden Normen durchgesetzt, zu denen zum Beispiel die "Freiheit" der bürgerlichen Presse zählt. Damit ist gemeint die Freiheit zur Konterrevolution, die Freiheit der Ausbeuter und der Feinde des Sozialismus, frei gegen den Sozialismus zu reden und zu schreiben. Und sicherlich gelang es den reaktionären Elementen, sich nach und nach die wichtigsten Publikationsorgane anzueignen. Hinzu kommt eine ganze Reihe von Parolen in der Außenpolitik, die offen auf Annäherung an die Konzeptionen und Thesen des Kapitalismus, auf Annäherung an den Westen drängten.
Es ist klar, daß all dies mit einer ganzen Serie fraglos korrekter Forderungen einherging. Einige dieser Forderungen gewannen der Liberalisierungs- bzw. Demokratisierungsbewegung einige Sympathie. Auch einige europäische Parteien, die dort ihren eigenen Tragödien und ihren eigenen Widersprüchen begegneten, begannen die Liberalisierung mit Sympathie zu verfolgen. Jeder versuchte, ein bißchen für sich selbst herauszuschlagen. Es ging um die Probleme im Zusammenhang mit den unkorrekten Methoden der Regierung, mit der bürokratischen Politik, mit der Zersplitterung der Massen und schließlich mit einer ganzen Reihe von Irrtümern, für die die frühere Leitung verantwortlich gemacht wurde; man sprach von der Notwendigkeit, der Entwicklung der sozialistischen Revolution und des sozialistischen Systems in der Tschechoslowakei eine eigene Form zu geben.
So entstanden verschiedene Strömungen: Die einen rechtfertigten den Wandlungsprozeß, und die anderen verwandelten ihn m eine offen reaktionäre Politik. An dieser Stelle trennten sich die Meinungen.
Wir aber - und dies ist außerordentlich wichtig - wir aber zweifelten keinen Augenblick daran, daß das tschechoslowakische Regime sich gefährlich auf einen Wesenswandel zubewegte. In einem Wort: Das tschechoslowakische Regime bewegte sich auf den Kapitalismus zu und ging unerbittlich dem Imperialismus entgegen. Daran zweifelten wir keinen Augenblick.
Wir müssen dies näher darlegen, weil wir auch einige andere Dinge darstellen wollen, die mit diesen Vorgängen in Zusammenhang stehen.
Über das Problem waren sich nicht alle einig: Viele waren der Meinung, daß die Gefahr nicht bestand, viele betrachteten bestimmte Freiheiten des künstlerischen Ausdruckes und dergleichen mit Sympathie. Natürlich gibt es viele Leute in der Welt, die empfindlich auf dies Problem reagieren; aber im Zusammenhang mit diesem Problem wurden viele Irrtümer begangen und viele Fehlentscheidungen getroffen. Natürlich beschäftigen sich besonders die Intellektuellen mit diesen Problemen.
Sie interessierten sich aber auch für andere Fragen. Sie wurden sehr empfindlich für das Vietnamproblem und alle derartigen Dinge, obwohl gesagt werden muß, daß ein Teil des fortschrittlichen Denkens in der Welt sich mehr den allgemeinen Problemen Europas zuwendet, dem Problem der entwickelten Welt, dem Problem der entwickelten Gesellschaften, als den Problemen, für die sich ein großer Teil der Welt mehr interessiert: den Problemen derjenigen, die unter der imperialistischen Unterdrückung leben, unter der Unterdrückung durch den Neokolonialismus und der Ausbeutung durch den Kapitalismus in den unterentwickelten Gebieten dieser Welt. Für die Hunderte Millionen Menschen, die praktisch im Hunger und im Elend ohne jede Hoffnung leben, gibt es interessantere Fragen als die, ob man sich das Haar wachsen lassen solle oder nicht. Derartige Fragen mögen sehr interessant sein, aber nicht für Leute, die vor dem Problem stehen, ob sie auf Essen hoffen können oder nicht.
Und so wiesen einige auf die möglichen positiven Aspekte dieser Entwicklung hin und andere auf die negativen; einige sympathisierten mit dieser oder jener neuen Form in dieser Situation und setzten ihre Hoffnung in sie, und andere hatten keinerlei Hoffnung.
Wir aber kamen bald zu folgendem Schluß: Es besteht kein Zweifel daran, daß die politische Situation in der Tschechoslowakei zerfiel und sich in rasch absteigender Linie auf dem Rückweg zum Kapitalismus befand und unerbittlich in die Arme des Imperialismus fallen mußte.
Dies ist sehr wichtig; denn ich glaube, daß dieser Aspekt, den wir immer vorgetragen haben und weiterhin vortragen, für die Bestimmung unserer eigenen Position im Zusammenhang mit jenen Tatsachen eine bedeutsame Rolle spielt.
Natürlich nahm die imperialistische Welt mit außerordentlichem Wohlgefallen von der Situation Kenntnis, die sie mit allen Mitteln förderte, und rieb sich ohne jeden Zweifel die Hände im Gedanken an das Debakel, das auf die eine oder andere Weise für die sozialistische Welt entstehen mußte.
Die Imperialisten förderten die Lage und haben viele Male öffentlich erklärt, wie ihre Politik gegenüber den Ländern Osteuropas aussieht. Im Kongreß und in Zeitungen und Zeitschriften haben sie immer wieder davon gesprochen, daß liberale Strömungen zu fördern sind und daß bestimmte selektive Wirtschaftshilfen vorgeschlagen werden, daß schließlich alle verfügbaren Kräfte zur Schaffung von Unzufriedenheit und Opposition gegen den Sozialismus eingesetzt werden müssen.
Die Imperialisten führen eine Kampagne; aber nicht nur in der Tschechoslowakei, sondern in allen europäischen Ländern, ja sogar in der Sowjetunion versuchen sie mit allen Mitteln, für die Lebensart der entwickelten Industriegesellschaft, für den Geschmack und den Konsum der entwickelten bürgerlichen Gesellschaften zu werben. Sie tun dies mit Hilfe des Radios und mit Hilfe dessen, was sie "Kulturaustausch" nennen, und versuchen mit raffinierten Mitteln, in den Massen die Bewunderung für ihren Geschmack und für ihre Konsumgewohnheiten wachzurufen und das Verlangen danach zu wecken; denn sie wissen sehr wohl, daß die Entwicklung derartiger Gefühle dem revolutionären Geist der Massen und dem Opferwillen der Massen diametral entgegenläuft.
Die Imperialisten nutzen ausführlich ihre ganze bürgerliche Fassade, den ganzen Luxus einer Klassengesellschaft, die die Kunst und das Raffinement und den Luxus außerordentlich entwickelt hat, - aber eben dies alles kann unter gar keinen Umständen zur Aspiration der sozialistischen Gesellschaften werden oder der Völker, die versuchen, den Weg zum Kommunismus zu finden. Überall setzen sie ihre Küchengeräte, ihre Automobile, ihre Kühlschränke, ihren Flitter, ihren Luxus aller Art als Waffe ein, ebenso wie ihre Zeitschriften und ihre Propaganda.
Sie haben eine Politik, die "Osteuropapolitik" heißt und für die sie ihre finanziellen Mittel, ihren Handel usw. einsetzen.
Mit Kuba tun sie dies nicht. Gegenüber Kuba üben sie auf allen Märkten unerbittlich Verfolgung, damit wir nicht kaufen können, damit wir nicht verkaufen können, damit wir nicht das mindeste Samenkorn erwerben können, damit wir gar nichts erwerben können. Dieser Politik gegenüber Kuba gehen sie unerbittlich nach.
Warum? Warum, müssen wir fragen. Sie wissen, daß sie nicht die geringste Chance haben, mit ihren Tricks in unser Land einzudringen. Dies wissen die Imperialisten, und es ist ihnen klar, daß sie keine Möglichkeit haben, mit ihren üblichen Techniken in dies Land zu kommen und den revolutionären Geist des kubanischen Volkes zu brechen und zu verändern. Darum verfolgen sie uns in einem unerbittlichen und unablässigen Krieg und versuchen, unsere Situation unablässig zu verschlechtern. Dies war ihre Politik von Anfang an.
Es ist bekannt, daß sich zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten keinerlei Handel entwickelte, obwohl immer wieder auf Medikamente usw. hingewiesen wird; aber nicht einmal Medikamente können wir kaufen; sie haben de facto verboten, daß selbst Medikamente an unser Land geliefert werden.
Die Imperialisten haben uns gezwungen, für alles immer sehr viel mehr Geld auszugeben; ihre Blockade bringt uns in Schwierigkeiten und hindert uns, viele wesentliche Dinge zu kaufen, die uns sehr viel teurer zu stehen kommen; aber über all dieses haben wir ja schon bei anderen Gelegenheiten gesprochen.
Wir wollen hier aber jetzt als wichtige Feststellung hinstellen, daß wir der Auffassung sind, daß die Tschechoslowakei auf dem Wege zur Konterrevolution war, auf dem Wege zum Kapitalismus, auf dem Wege in die Arme des Imperialismus.
Damit ist unsere erste Position hinsichtlich der Aktion einer Gruppe sozialistischer Länder definiert. Das heißt, wir sind der Meinung, daß es unerläßlich war, um jeden Preis auf die eine oder andere Weise zu verhindern, daß dieser Prozeß sich vollzog. Ich bitte um Geduld, wir wollen die Analyse von unseren Konzepten her fortsetzen. Über die Form zu diskutieren, ist letztlich nicht das, worauf es ankommt. Das Wesentliche, das akzeptiert oder nicht akzeptiert werden kann, ist die Frage, ob das sozialistische Lager die Entwicklung einer politischen Situation gestatten konnte oder nicht, die zur Herauslösung eines sozialistischen Landes und zu seinem Übergang in die Arme des Imperialismus geführt hätte. Wir sind der Meinung, daß dies nicht gestattet werden kann und daß das sozialistische Lager ein Recht hat, derartiges auf die eine oder andere Weise zu verhindern. Hierauf kommt es nach unserer Meinung an.
Es genügt aber nicht die einfache Feststellung, daß die Tschechoslowakei sich auf dem Wege der Konterrevolution befand und angehalten werden mußte. Es genügt nicht die einfache Feststellung, daß es keine andere Alternative gab. Wir wollen die Gründe analysieren und die Faktoren, die eine derart dramatische, derart drastische und derart schmerzvolle Lösung möglich und notwendig machten. Wir wollen sehen, welche Faktoren einen Schritt notwendig machten, der ganz ohne Zweifel eine Vergewaltigung internationaler Rechtsprinzipien und Normen darstellt, die in der ganzen Welt beachtet werden, weil sie viele Male den Völkern als Schild gegen Ungerechtigkeiten dienten.
Denn es kann hier nicht die Rede davon sein, daß in der Tschechoslowakei nicht die Souveränität des tschechischen Staates vergewaltigt wurde. Dies wäre Fiktion und eine glatte Lüge. Die Vergewaltigung war im Gegenteil ganz offensichtlich.
Wir müssen also etwas über unsere Vorstellung von Souveränität, von Rechtsprinzipien und von politischen Prinzipien sagen.
Vom rechtlichen Standpunkt aus kann die Intervention nicht gerechtfertigt werden. Das ist ganz eindeutig. Nach unserer Meinung kann die Entscheidung in der Tschechoslowakei lediglich von einem politischen Standpunkt her erklärt werden und nicht von einem rechtlichen. Legale Aspekte trägt diese Entscheidung ganz eindeutig überhaupt nicht.
Welche Umstände haben zu einem derartigen Mittel geführt, zu einem Mittel, das die gesamte revolutionäre Bewegung in der Welt in eine schwierige Lage bringt, zu einem Mittel, das für ein ganzes Volk zu einer traumatischen Situation geführt hat - so wie die Situation in der Tschechoslowakei aussieht -, zu einem Mittel, welches bedeutet, daß ein ganzes Volk durch die bitteren Erfahrungen der Besetzung durch die Armeen anderer Länder, selbst wenn es sich um die Armeen von sozialistischen Ländern handelt, gehen muß; in dieser Situation sehen sich heute Millionen von Menschen vor der tragischen Entscheidung zwischen Passivität gegenüber diesen Vorgängen, die sie so sehr an frühere Ereignisse erinnern, einerseits und dem kameradschaftlichen Kampf mit den für die Yankees tätigen Spionen und Agenten andererseits, dem kameradschaftlichen Kampf mit den Feinden des Sozialismus, dem kameradschaftlichen Kampf mit den Agenten Westdeutschlands und dieser ganzen faschistischen und reaktionären Front, die die Situation nützt, um sich als Parteigänger der Souveränität, des Patriotismus und der Freiheit der Tschechoslowakei darzustellen.
Für das tschechoslowakische Volk ist diese Erfahrung bitter und tragisch. Deshalb eben genügt es nicht, einfach festzustellen, daß eine unerbittliche Notwendigkeit und - wenn man so will - eine eindeutige Verpflichtung für die sozialistischen Länder bestand, den Prozeß zu verhindern, sondern wir müssen fragen, welches die Gründe, die Faktoren und die Umstände sind, aufgrund derer es möglich wurde, daß nach 20 Jahren Kommunismus in der Tschechoslowakei eine Gruppe von Persönlichkeiten, deren Namen nicht einmal irgendwo genannt werden, sich an andere Länder des sozialistischen Lagers wenden und um Entsendung der Armeen bitten mußte, damit der Sieg der Konterrevolution in der Tschechoslowakei und der Sieg der Intrigen und Verschwörungen der imperialistischen Länder verhindert würde, die daran interessiert sind, die Tschechoslowakei aus der Gemeinschaft der sozialistischen Länder herauszulösen.
Wäre es denkbar, meine Herren, daß nach 20 Jahren Kommunismus in unserem Land, nach 20 Jahren kommunistischer Revolution, sozialistischer Revolution der Fall eintreten könnte, daß eine Gruppe ehrlicher Revolutionäre in diesem Lande, erschreckt von den Perspektiven eines Fortschrittes oder besser eines Rückschrittes in Richtung auf konterrevolutionäre Positionen und auf den Imperialismus, in die Notwendigkeit geriete, befreundete Armeen um Hilfe zu bitten, um zu verhindern, daß eine derartige Situation einträte? Was wäre dann vom kommunistischen Bewußtsein dieses Volkes übrig? Was wäre übrig vom revolutionären Bewußtsein dieses Volkes, von der Würde dieses Volkes, von der revolutionären Moral dieses Volkes? Was wäre übrig von all diesen Dingen, die für uns das Wesen der Revolution bedeuten, wenn eine solche Situation eines Tages einträte?
Aber ein solcher Fall wird in unserem Lande niemals eintreten. Zunächst einmal, weil wir überzeugt sind, daß es zu den grundlegenden Pflichten und Verantwortlichkeiten derjenigen, die eine Revolution leiten, gehört, derartige Deformationen, die zu solchen Fällen führen können, zu verhindern. Weiterhin aber auch, meine Herren, aus einer fraglos praktischen Erwägung heraus. Nicht nur aus einem elementaren moralischen Grund - wir könnten nämlich fragen, ob es wohl die Mühe lohnt, daß eine Revolution nach 20 Jahren zum Überleben auf derartige Verfahren zurückgreifen muß -, sondern auch wegen der schlichten praktischen Frage, an wen sich denn die führenden Persönlichkeiten dieses Landes wenden sollten, um die Entsendung von Armeen zu erbitten. Denn die einzigen Armeen, die wir in unserer Nachbarschaft haben, sind die der Yankees und der alliierten Gefolgsleute der US-Imperialisten, weil wir zu einsam in diesem Teil der Welt sind, als daß jemals auch nur die entfernteste Möglichkeit bestehen könnte, zur Rettung unserer Revolution um die Entsendung alliierter Armeen zu bitten. Es ist hinzuzufügen, daß ich niemanden kenne, der, auch wenn die Möglichkeit und die Notwendigkeit bestünden, diese Schmach auf sich nehmen wollte! Denn was für Kommunisten wären wir denn und was für eine kommunistische Revolution wäre die unsere, wenn wir uns nach 20 Jahren gezwungen sähen, dergleichen Dinge zu treiben?
Und immer, wenn wir an Hilfe von außen gedacht haben, haben wir an nichts anderes gedacht als an Hilfe von außen im Kampfe gegen die imperialistischen Soldaten und gegen die imperialistischen Armeen.
Ich analysiere diese Dinge hier, weil ich weiß, daß unserem Volke an der Klärung dieser Konzepte gelegen sein muß.
Derartige Dinge stehen in unserer Revolution nicht zur Debatte.
Ich glaube nicht, daß die Rechtfertigung im Rufe hochgestellter Persönlichkeiten liegen kann; denn die einzige Rechtfertigung kann allein die Tatsache in sich sein, daß die Tschechoslowakei sich auf dem Wege zur Konterrevolution befand und daß dieser Weg die gesamte sozialistische Gemeinschaft ernsthaft exponierte.
Im übrigen bedarf es hier keiner Bemäntelung. Es handelt sich allein um die politische Tatsache an sich mit allen ihren Folgen und allen ihren Implikationen.
Wir aber fragten uns, ob diese Erkenntnis allein genügt oder ob wir verpflichtet sind, aus dieser überaus bitteren Erfahrung alle politischen Konsequenzen zu ziehen.
Wie aber hat dieser Fall, fragen wir noch einmal, eintreten können? Wir müssen die Faktoren analysieren. Und für die kommunistische Bewegung entsteht die dringende Verpflichtung, die Gründe zu vertiefen, die zu einer solchen Situation führen konnten. Diese Situation ist für uns kubanische Revolutionäre unvorstellbar, diese Situation ist für uns kubanische Revolutionäre unmöglich, weil wir uns in der Notwendigkeit sehen, diese Revolution hier, 90 Meilen von den Imperialisten entfernt, durchzuführen, und weil diese Situation für uns einfach das Ende der Revolution bedeuten würde und die übelste Versklavung durch unsere haßerfüllten Feinde.
Von dieser Perspektive her können wir also nicht unsere vertiefte Analyse angehen. Wir können aber einige Tatsachen und Ideen formulieren: die bürokratischen Methoden in der Regierung des Landes, der Mangel an Kontakt zu den Massen, der für jede wahrhaft revolutionäre Bewegung wesentlich ist, das Vergessen der kommunistischen Ideale. Und was ist unter dem "Vergessen der kommunistischen Ideale" zu verstehen? Das Vergessen darum, daß die Menschen in der Klassengesellschaft, daß die Ausgebeuteten in der Klassengesellschaft, daß die Versklavten für eine Reihe von Idealen kämpfen und daß sie, wenn sie vom Sozialismus sprechen, wenn sie vom Kommunismus sprechen, nicht nur eine Gesellschaft meinen, in der die Ausbeutung faktisch verschwindet und in der das Elend als Folge dieser Ausbeutung verschwindet und in der die Unterentwicklung als Folge dieser Ausbeutung verschwindet, sondern auch all jene herrlichen Aspirationen, die das kommunistische Ideal in einer klassenlosen Gesellschaft ausmachen, in einer Gesellschaft ohne Egoismus, in einer Gesellschaft, in der der Mensch aufhört, ein elender Sklave des Elends zu sein, in der die Gesellschaft aufhört, für Gewinn zu arbeiten, und anfängt, für die Bedürfnisse zu arbeiten, und in der sich zwischen den Menschen Gerechtigkeit, Brüderlichkeit und Gleichheit einrichtet und alle jene Ideale der menschlichen Gesellschaft und der Völker, die immer auf Erreichung dieser Ziele wirkten. Diese Ziele sind möglich, wie wir bei nderen Gelegenheiten dargestellt haben und wie wir uns es gerade am 26. Juli ausführlich darstellten.
In kommenden Zeiten wird es notwendig sein, daß unser revolutionäres Volk in diesen Konzepten vertieft, was es sich unter kommunistischer Gesellschaft vorstellt. Das Ideal der kommunistischen Gesellschaft kann nicht das Ideal der industrialisierten bürgerlichen Gesellschaft sein; unter gar keinen Bedingungen kann es das Ideal der bürgerlichkapitalistischen Konsumgesellschaft werden.
Das kommunistische Ideal ist in keinem Augenblick vom Internationalismus zu trennen. Diejenigen, die in jedem beliebigen Land für den Kommunismus kämpfen, können niemals die übrige Welt vergessen und können niemals vergessen, in welchem Elend, in welcher Unterentwicklung, in welcher Armut und in welcher Ignoranz und Ausbeutung dieser Rest der Welt lebt. Sie können nicht vergessen, wieviel Elend und wieviel Armut aufgehäuft wurden. Sie können die Bedürfnisse dieser Welt in keinem Augenblick übersehen und nicht ihre Realitäten; und wir sind überzeugt, daß die Massen des Volkes nicht in einem wirklich internationalistischen Bewußtsein, in einem wirklich kommunistischen Bewußtsein erzogen werden können, wenn gestattet wird, daß diese Realitäten der Welt vergessen werden und die Gefahren, die diese Realitäten in der Begegnung mit dem Imperialismus mit sich bringen, die Gefahren des Nachlassens, die entstehen, wenn die Aufmerksamkeit der Völker sich von diesen realen Problemen abwendet, um zu versuchen, die Massen lediglich über Konsum, Aspirationen und Konsumstimuli zu mobilisieren.
Und wir können sagen - und heute müssen wir klar und offen reden -, daß wir beobachtet haben, bis zu welchem Punkt diese internationalistischen Ideale und Gefühle und diese Alarmbereitschaft, dieses Bewußtsein der Probleme der Welt in einigen sozialistischen Ländern Europas geschwunden sind oder sich nur noch sehr schwach zeigen. Wir wollen nicht sagen in allen, aber doch in einer ganzen Reihe der sozialistischen Länder Europas. Und die kubanischen Besucher und Stipendiaten sind oft unzufrieden und enttäuscht heimgekehrt und sagten uns: "Dort wird die Jugend nicht im Ideal des Kommunismus erzogen; dort wird die Jugend nicht gemäß den Prinzipien des Internationalismus erzogen; dort ist die Jugend weitgehend von allen Idealen und allen Geschmäckern der westeuropäischen Länder beeinflußt; dort wird vielerorts nur noch von Geld gesprochen, dort wird vielerorts nur noch von materialistischen Stimuli aller Art gesprochen, von Gewinnen, von Löhnen." Und ein internationalistisches Bewußtsein, ein kommunistisches Bewußtsein entwickelt sich wirklich nicht.
Und einige sagen uns besorgt: "Freiwillige Arbeit gibt es nicht; die freiwillige Arbeit wird bezahlt. Die Bezahlung der freiwilligen Arbeit ist allgemein üblich geworden; die einfache freiwillige Arbeit gilt vom marxistischen Standpunkt her gesehen geradezu als abtrünnig." Es gibt die merkwürdigsten Praktiken: Wenn ein Flugzeug besser oder schlechter aufgesetzt wird, wenn ein Mann beim Fallschirmsprung Besseres oder Schlechteres, leistet, gibt es einen Stimulus, gibt es dieses oder jenes. Viele von unseren Leuten, viele von unseren Männern waren mehr als einmal erschrocken über diese Vulgarisierung der materiellen Stimuli beziehungsweise dieser allgemeinen Materialisierung des Gewissens der Menschen.
Zu all diesem kommt das Reden für den Frieden. In den sozialistischen Ländern wurde unablässig und ausführlich für den Frieden gesprochen. Wir aber fragen uns, wohin all diese Kampagnen führen. Geben wir uns, indem wir diese Frage stellen, als Anhänger des Krieges zu verstehen? Sind wir, weil wir diese Frage stellen, Feinde des Friedens? Wir betrachten uns nicht als Feinde des Friedens; wir sind nicht Anhänger des Krieges; wir vertreten nicht die universellen Massenopfer. Ich fühle mich verpflichtet, dies zu sagen, weil die Analyse dieser Fragen unmittelbar zum Klischee führt, zu den Schemata, zu den Anklagen der Kriegsmacher, zu den Anklagen der Unruhestifter, der Unverantwortlichen, usw. usw.
Unsere Position ist: Die Gefahr, die der Imperialismus und seine Aggressivität für die Welt darstellen, steht außer Frage. Außer Frage steht die Gefahr, die für die Welt in dem furchtbaren Widerspruch liegt zwischen der Beherrschung eines weiten Teils dieser Welt durch den Imperialismus und dem Bemühen, dem Bedürfnis der Völker, sich vom imperialistischen Joch zu befreien.
Die Kriegstreiber sind die Imperialisten, die Abenteurer sind die Imperialisten. Nun sind aber diese Gefahren Realitäten, Realitäten!, und diese Realitäten werden nicht schlicht dadurch beseitigt, daß man im eigenen Hause mit übertriebenem Eifer den Frieden predigt. Geht doch und predigt den Frieden im Lager des Feindes, aber predigt ihn nicht im eigenen Lager; denn das einzige, wozu dies führt, ist die Schwächung des Kampfgeistes, die Schwächung des Willens der Völker, den Risiken, den Opfern und allen Folgen entgegenzutreten, die sich aus einer internationalen Realität ableiten. Diese internationale Realität verlangt Opfer aller Art; sie bedeutet nicht nur die Möglichkeit, sein Blut zu opfern, sondern auch Opfer materieller Art.
Und wenn die Völker wissen, daß die Realitäten der Welt, daß die Unabhängigkeit des Landes, daß die internationalen Pflichten Investitionen und Opfer für die Stärkung der Verteidigung des Landes verlangen, sind die Massen weitaus eher bereit, mit Begeisterung in dieser Richtung zu arbeiten, Opfer zu bringen und die Notwendigkeit zu erkennen, denn sie sind sich der Gefahren bewußt, als wenn die Gemüter durch eine unaufhörliche, sinnlose und unerklärliche Friedenskampagne irregeleitet und nachlässig werden. Das ist eine sehr seltsame Art, den Frieden zu verteidigen. Wir, die wir am Anfang so viel dummes Zeug aus Unwissenheit oder Naivität getrieben haben, verzichten deshalb lange hier bei uns auf Inschriften des Typs: "Es lebe der Friede", "Es lebe dieses", "Es lebe jenes". Denn am Anfang wurden die Dinge, so wie sie hier bei uns ankamen, nachgemacht, bis wir zu dem Augenblick kamen, wo wir uns fragten: Was für einen Sinn hat "Es lebe der Frieden"? Diesen Spruch wollen wir in New York anschreiben: "Es lebe der Frieden", in New York "Es lebe der Frieden", in Washington. Dort, unter den einzigen Schuldigen dafür, daß es keine Sicherheit für den Frieden gibt, unter den einzig wirklich Kriegerischen, unter den einzig Verantwortlichen für den Krieg, unter den einzigen, wo die Predigt für den Frieden ein wenig helfen könnte, die entsetzlichen Steuern zu mildern, die sie zur Finanzierung ihrer abenteuerlichen, aggressiven, kolonialen, imperialistischen, ausbeuterischen Kriege ihrer Bevölkerung auferlegen, und nicht ausgerechnet hier in unserem eigenen Lager wollen wir für den Frieden reden.
Eine Reihe für uns unverständlicher Kriterien, Ideen und Praktiken haben tatsächlich zur Schwächung des revolutionären Geistes in den sozialistischen Ländern beigetragen: Unkenntnis der Probleme der unterentwickelten Welt, Unkenntnis des noch heute bestehenden furchtbaren Elendes, Tendenz, die Handelspraktiken mit der unterentwickelten Welt beizubehalten, wie sie die kapitalistische, bürgerliche, entwickelte Welt zwar nicht in allen Ländern, aber doch in einer ganzen Reihe von ihnen aufrechterhält.
Die technische Hilfe. Meine Herren, unser Land ist, wie Sie wissen, ein Land, das Techniker dringend braucht, dringend braucht! Wenn wir aber irgend jemandem technische Hilfe gewähren, dann kommen wir nicht auf den Gedanken, jemandem dafür die Rechnung auszuschreiben; denn wir sind der Auffassung, daß das mindeste, was ein entwickeltes Land tun kann, was ein sozialistisches, ein revolutionäres Land tun kann, das mindeste, womit es helfen kann, ist, der unterentwickelten Welt Technik bereitzustellen. Wir kommen nicht auf den Gedanken, irgend jemandem eine Rechnung auszustellen für Waffen, die wir ihm gegeben haben, oder irgend jemandem eine Rechnung zu schreiben für technische Hilfe - wir erinnern uns nicht einmal daran. Denn wenn wir jemandem helfen und wenn wir ihn täglich daran erinnern, so erniedrigen wir ihn als Hilfsempfänger beständig. Ich glaube nicht, daß man zu viel von solcher Hilfe reden sollte.
So aber handeln wir. Und dabei ist dies nicht einmal eine Tugend, auf die wir stolz sein könnten. Das ist eine elementare Sache. Und an dem Tage, an dem wir Tausende oder Zehntausende von Technikern haben werden, an diesem Tage, meine Herren, wird unsere elementarste Pflicht sein, zumindest mit der technischen Hilfe all die Länder zu unterstützen, die sich nach uns befreien oder die unsere Hilfe brauchen.
Diese Ideen wurden niemals formuliert. All diese Probleme, die sehr viel mit dem kommunistischen Bewußtsein, mit dem internationalistischen Bewußtsein zu tun haben und die in der Erziehung der Massen im sozialistischen Lager nicht den ihnen gebührenden Platz haben, tragen zur Erklärung dieser schaurigen Vernachlässigung bei, aus denen sich die gegenwärtige Situation erklärt.
Wir alle wissen, daß die Führung, die die Tschechoslowakei 20 Jahre hindurch hatte, durch viele Fehler gekennzeichnet war, durch Dogmatismus, Bürokratismus und viele andere Dinge, die man nicht als Modell einer wirklich revolutionären Führung hinstellen kann.
Wenn wir hier unsere Ideen über den liberaloiden Charakter dieser vom Imperialismus so gelobten Gruppe darlegen, so will das nicht heißen, daß wir uns in irgendeiner Form mit jener Führung solidarisch erklären. Wir müssen uns auch vergegenwärtigen, daß diese Führung, mit der wir schon fast vom Anfang an in Beziehung standen, unserem Land zu guten Preisen Waffen verkaufte, die den Nazis abgenommene Kriegsbeute waren, und daß wir für diese den hitlerischen Besatzungstruppen in der Tschechoslowakei abgewonnenen Waffen lange Zeit bezahlt haben und auch heute noch bezahlen. Ich nehme hier also nicht Bezug auf die Waffen, die ein Land als Industrie- und Handelsprodukt produziert, und schon gar nicht, wenn es sich um ein Land mit begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten handelt. Wir wollen nicht sagen: Schenkt die Waffen her, die ihr in eurer Industrie als Teil des Sozialproduktes eures Volkes und als Austauschware produziert, und gebt sie einem Land mit verhältnismäßig bescheidenen Möglichkeiten. Sie aber haben uns Waffen verkauft, die den Naziarmeen gehörten, und wir mußten sie bezahlen, und wir bezahlen sie immer noch.
Dies ist eine Realität. Es ist, als wenn ein beliebiges Land, das sich vom Imperialismus befreit und die Gewehre braucht, die wir Batista abnahmen, nicht sofort von uns diese Waffen geschenkt bekäme, sondern wir stattdessen einem Land voller Elend, einem Land voller Bedürfnisse, einem unterentwickelten Land eine Rechnung ausschrieben; als ob ein Land, das sich morgen befreit und uns um Waffen bittet, von uns die Karabiner "San Cristobal" aus der Armee Batistas, die "Springfields" und all das bekäme und wenn wir dafür, wie in einer großen Handelsaktion, eine Rechnung schrieben.
Besteht etwa Zweifel daran, daß solches Verhalten aus den Mindestvorstellungen von den Pflichten eines revolutionären Landes gegenüber anderen Ländern herausfällt? In vielen Fällen verkauften sie uns Industrieanlagen völlig veralteter Technologie. Wir haben das Ergebnis der Wirtschaftsvorstellungen in vielen Handelsoperationen kennengelernt und die Verzweiflung, wenn einem irgendwelches Alteisen verkauft wird, und wir müssen sagen, daß diese Praktiken dazu führten, daß einem Land, das eine Revolution macht und sich entwickeln muß, altes Eisen veralteter Technologie verkauft wird. Ich will nicht sagen, daß es immer so war. Aber das ganze Konzept von Selbstfinanzierung, von Gewinn und Ertrag und von materiellen Stimuli, angewandt auf Außenhandelsorganisationen, führt zur Verzweiflung, wenn einem unterentwickelten Land irgendwelches alte Eisen verkauft wird. Und das wiederum bringt natürlich Unstimmigkeiten, Enttäuschungen, Mißverständnisse und Verschlechterung der Beziehungen zur unterentwickelten Welt mit sich.
Und das sind Wahrheiten. Wenn wir heute bittere Wahrheiten vortragen und uns einigen bitteren Wahrheiten fügen müssen, so wollen wir die Gelegenheit nicht als günstige Möglichkeit, sondern als Notwendigkeit nützen, uns einige Dinge zu erklären, die auf andere Weise unerklärlich bleiben würden.
Wir wären sehr ungerecht, wenn wir nicht zugeben wollten, daß unser Land, das so viele Techniker aus allen Teilen der Welt kennenlernte, auch viele tschechische Techniker kennenlernte, die gut waren und die in diesem Land loyal und begeistert gearbeitet haben. Denn ich beziehe mich nicht auf die Menschen, ich beziehe mich auf die Institutionen und vor allem auf diejenigen Institutionen, die den Menschen deformieren. Und trotz des Bestehens solcher deformierenden Institutionen haben wir viele Menschen kennengelernt, die ihnen widerstanden.
Vor der Erfahrung, die wir hier heute zu analysieren versuchen, haben wir andere Erfahrungen gemacht; ich meine damit all diejenigen Erfahrungen, die erklären, wie eine Erscheinung zur nächsten führt, die wiederum zur nächsten, usw. Es kommt dann ein Augenblick, in dem sich in einer Gesellschaft keineswegs das revolutionäre Bewußtsein, das kommunistische Bewußtsein entwickelt hat, sondern ganz im Gegenteil der Individualismus, der Egoismus, Bestrebungen ganz anderer Art, die Indifferenz der Massen, die Abkühlung der Begeisterung.
Daher kommt es, daß sich einige fragen, ob in Kuba die Begeisterung abnehmen oder wachsen wird und ob jetzt ja und später nein, oder jetzt nein und später ja. Das ist im übrigen eine Sache, die uns niemals beschäftigt hat; denn wir wissen aus Erfahrung, daß in dem Maße, in dem wir auf dem Wege der Revolution fortschreiten, die Begeisterung bewußter wird und daß diese bewußte Begeisterung wächst, statt abzunehmen; der Opferwillen des Volkes wächst, die Disziplin, die Arbeitsfähigkeit und der Arbeitswille - all dies wird größer.
Dies hat uns unsere eigene revolutionäre Erfahrung gelehrt. Und wir können uns nicht vorstellen, daß all dies abnehmen sollte. Und wir glauben, daß in dem Maße, in dem wir voranschreiten, diese Begeisterung immer größer werden wird und daß, wenn unser Land eine Phase weitergelangt sein wird und sich zu einer kommunistischen Gesellschaft entwickelt, diese Begeisterung unendlich größer sein wird, als wir sie bis jetzt jemals erfahren haben.
Die Haltung der Arbeiter hat sich verbessert. Der Arbeitswille, auch schwierigen Arbeiten gegenüber, die Bereitschaft, freiwillige Arbeiten zu übernehmen, der Verzicht auf die Bezahlung von Überstunden und von allen möglichen Sondertätigkeiten. Wir haben das gesehen. Dabei handelt es sich nicht mehr um 500 oder 1000, sondern um Hunderttausende von Menschen in diesem Land; Zehntausende von Arbeitern gehen an die Zuckerrohrernte und trennen sich von ihrer Familie; Zehntausende von jungen Menschen gehen, wohin wir sie chicken: auf die Isla de Pinos, nach Pinar del Rio, nach Camagüey, wohin auch immer, um dort unter harten Bedingungen und in schlechten Behausungen zu leben.
Und wir haben beobachtet, wie diese Bereitschaft von Jahr zu Jahr in dem Maße wuchs, in dem sich das Bewußtsein herausbildete.
Tausende von jungen Menschen, die bereit sind, als Techniker in irgendeiner Sache wohin auch immer zu gehen; Tausende von jungen Menschen, die unablässig ihre Bereitschaft erklären, zu kämpfen, wo man sie braucht. Unser beständiges Problem ist, daß alle davon träumen, daß man sie eines Tages außer Landes gehen läßt, damit sie irgendwo in der revolutionären Bewegung helfen können.
Dies bedeutet, daß das internationalistische Bewußtsein unseres Landes gewachsen ist; das kommunistische Bewußtsein unseres Landes vertiefte sich von Tag zu Tag.
Hier haben wir ein unfragliches Positivum dieser Revolution, denn diese Revolution lebt in den Realitäten der Welt. Vielleicht begünstigt uns die Tatsache, daß unser Feind allzu nahe ist; vielleicht begünstigt uns die Tatsache, daß uns keine großen Armeen beschützen; vielleicht begünstigt uns die Tatsache, daß wir wissen, daß wir hier nur von unserer Widerstandskraft abhängen, von der Bereitschaft unseres Volkes zum Kampf, zum Opfer, von der Bereitschaft unseres Volkes, das Leben zu opfern. Und weil diese Revolution lediglich aus der Anstrengung unseres Volkes entstand, weil diese Revolution von nirgendwo importiert wurde, sondern eine autochthone Revolution ist, die sich außerdem unter überaus schwierigen Bedingungen gegen einen nahen und mächtigen Feind durchsetzen mußte.
Und unser Volk hat diesen Kampfgeist, diese Bereitschaft, jede Gefahr herauszufordern, die es immer schon hatte, weiterentwickelt. Und natürlich haben all diese Faktoren zur Entwicklung unseres revolutionären Bewußtseins beigetragen.
Denn vom Standpunkt der sozialistischen Ideen, vom Standpunkt der revolutionären Ideen aus verlangen die Verhältnisse in der Tschechoslowakei nicht eine Rechtfertigung, sondern eine Erklärung.
Diese Verhältnisse und die sich daraus ergebende Notwendigkeit traten nun ein. Die Notwendigkeit, ohne andere Alternative, bestand darin, die sich anbahnende Situation zu verhindern. Aber für dieses Verhindern wird ein überaus teurer Preis bezahlt.
Und für ein Volk wie das unsere, das sich während seiner revolutionären Geschichte Jahre hindurch gegen das Problem von Interventionen durchsetzen mußte, das Jahre hindurch gegen die Politik des US-Imperialismus ankämpfen mußte, ist es nur natürlich, daß viele Leute gefühlsmäßig reagieren, wenn Armeen von außerhalb der Grenzen ins Land kommen müssen, um eine Katastrophe zu verhindern.
Und da sich bei uns ganz logisch aus anders gearteten Gründen ein Bewußtsein herausgebildet hat, das solchen Tatsachen widerspricht, kann nur die Entwicklung des politischen Bewußtseins unseres Volkes die Möglichkeit geben zu analysieren, wann so etwas als Notwendigkeit sich ergeben kann und wann es als Notwendigkeit auch dann eingeräumt werden muß, wenn es Rechte verletzt wie das Recht auf Souveränität, das in diesem Fall nach unserer Meinung den umfassenderen Interessen der revolutionären Weltbewegung und des Kampfes der Völker gegen den Imperialismus nachgeordnet werden muß; der Kampf der Völker gegen den Imperialismus ist nach unserer Meinung die grundlegende Frage, und ohne irgendwelchen Zweifel hätte die Herauslösung der Tschechoslowakei und ihr Rückfall in die Arme des Imperialismus für die Interessen der revolutionären Weltbewegung einen außerordentlich harten Schlag bedeutet.
Wir müssen lernen, diese Realitäten zu analysieren, und lernen, wann ein Interesse einem anderen Interesse nachgeordnet werden muß, damit wir nicht in romantische und idealistische Positionen verfallen, die diesen Realitäten nicht angemessen sind.
Wir waren gegen all diese liberalen, bürgerlichen Reformen in der Tschechoslowakei. Aber wir sind auch gegen die liberalen wirtschaftlichen Reformen, die in der Tschechoslowakei, aber auch in anderen Ländern des sozialistischen Lagers stattfanden.
Wir sind und bleiben der Meinung, daß wir ihnen nicht vorschreiben können, wie sie den Sozialismus aufbauen müssen; im Angesicht der Tatsachen aber müssen wir analysieren. Wir haben es mit einer ganzen Reihe von Reformen zu tun, die die merkantilen Beziehungen innerhalb der sozialistischen Gesellschaft immer stärker hervortreten ließen: die Gewinne, die Erträge und all das.
Die "Pravda" berichtet mit Bezug auf die Tschechoslowakei in einem Artikel folgendes:
"Die kommunistische Partei der Sowjetunion verbessert unablässig den Stil, die Formen und die Methoden des sozialistischen Aufbaus. In anderen sozialistischen Ländern wird ruhig, ausgehend von den sozialistischen Grundlagen des Systems, die gleiche Arbeit geleistet."
Folgender Hinweis aber ist interessant:
"Unglücklicherweise entwickelte sich die Diskussion über die Probleme der Wirtschaftsreform in der Tschechoslowakei auf anderer Basis. Einerseits wurde in dieser Diskussion eine umfassende Kritik des gesamten voraufgehenden Aufbaus der sozialistischen Wirtschaft vorgetragen; andererseits wurde vorgeschlagen, die Prinzipien der Planung durch merkantile und spontane Beziehungen zu ersetzen und dem Privatkapitalismus einen weiten Handlungsraum einzuräumen."
Bedeutet dies vielleicht, daß man in der Sowjetunion auch bestimmten Strömungen ein Ende machen will, die im Bereich der Wirtschaft den merkantilen Relationen und den spontanen Möglichkeiten in diesen Relationen immer mehr Raum geben wollen? Will man auch in der Sowjetunion die Kriterien überprüfen, mit denen der Markt und die positiven Folgen der Marktpreise verteidigt werden? Bedeutet das, daß man auch in der Sowjetunion die Notwendigkeit begriffen hat, derartigen Strömungen Einhalt zu gebieten? Denn es gibt ja mehr als einen Artikel in der imperialistischen Presse, in denen über diese Strömungen jubiliert wird, die sich auch in der Sowjetunion selbst breitgemacht haben.
Beim Lesen derartiger Erklärungen fragen wir uns, ob das nun bedeutet, daß man sich des Problems bewußt wurde.
Auf jeden Fall aber finden wir den Inhalt dieses Pravda-Artikels außerordentlich interessant.
Es gibt eine Reihe von Problemen, die uns beschäftigen. Wir sind beunruhigt, weil bis heute in keiner der Stellungnahmen der Länder, die Divisionen in die Tschechoslowakei entsandten, und in keiner der Erklärungen der Tatsachen ein Vorwurf gegen den US-Imperialismus erhoben wurde. Es wurde ausführlich von allen vorausgehenden Ereignissen gesprochen, von allen Tatsachen, von allen Abweichungen von dieser ganzen Rechtsgruppe, von dieser ganzen liberalen Gruppe; es wurde über all die Dinge gesprochen, die diese Gruppen getan haben. Die Aktivitäten der Imperialisten, die Intrige der Imperialisten sind bekannt. Wir aber sind besorgt, weil weder die kommunistische Partei noch die sowjetische Regierung noch die Regierungen der übrigen Länder, die ihre Truppen in die Tschechoslowakei entsandten, jemals den US-Imperialismus direkt anklagten und für die Vorgänge in der Tschechoslowakei verantwortlich machten.
Es wurde mehrfach vage auf den Weltimperialismus angespielt, auf die imperialistischen Kreise in der ganzen Welt und etwas konkreter auf die imperialistischen Kreise in Westdeutschland. Aber wer weiß denn nicht, daß Westdeutschland lediglich ein Helfer des US-Imperialismus in Europa ist, der aggressivste, der ausgeprägteste, ein Helfer des CIA, daß es ein Helfer des Pentagon ist und ein Helfer der imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten? Und wir müssen unsere Beunruhigung darüber ausdrücken, daß in keiner der Reden der US-Imperialismus direkt angegriffen wurde, der doch der Hauptverantwortliche für die weltweite Verschwörung gegen das sozialistische Lager ist. Wir müssen dieser Besorgnis auf jeden Fall Ausdruck verleihen.
Die Ereignisse in der Tschechoslowakei bestätigen lediglich, wie berechtigt die Positionen und Thesen waren, die unsere Revolution und unsere Partei immer vertraten: unsere Positionen in der Trikontinentalen Konferenz, unsere Positionen in der OLAS (Organización Latino - Americana de Solidaridad) und unsere Positionen im Zusammenhang mit allen internationalen Problemen.
Es gibt eine Reihe von Tatsachen, die diese Sehweise bestätigen.
So ist zum Beispiel bekannt, daß einer der Faktoren, die ein Element beständiger Schwierigkeiten in unseren Beziehungen mit vielen Ländern des sozialistischen Lagers und mit vielen kommunistischen Parteien darstellen, das jugoslawische Problem ist. Manche werden sich gefragt haben, aus welchem Motiv Kuba immer auf die Rolle des Bundes der Jugoslawischen Kommunisten in der Welt hinweist: auf ihre Rolle als Instrument des Imperialismus.
Aber gerade jetzt, mit Bezug auf die Ereignisse in der Tschechoslowakei, erwies sich der sogenannte Bund der Jugoslawischen Kommunisten als Hauptträger dieser ganzen bürgerlichen Politik, als Hauptverteidiger und wichtigster Förderer. Sie klatschten diesen ganzen liberalen Reformen mit beiden Händen Beifall, diesem ganzen Konzept, aufgrund dessen die Partei aufhörte, Instrument der revolutionären Kraft zu sein, und die Macht aufhörte, bei der Partei zu liegen, weil dieses Konzept eben dem Bund der Jugoslawischen Kommunisten sehr naheliegt. All diese politischen Kriterien, die ganz vom Marxismus abweichen, all diese wirtschaftlichen Kriterien stehen in engster Verbindung zur Ideologie des Bundes der Jugoslawischen Kommunisten.
Und unser Land war ein unablässiger Ankläger dieser Organisation.
Dennoch aber wissen Sie, wie in jüngerer Zeit viele kommunistische Parteien, und darunter die kommunistischen Parteien des Warschauer Paktes, begannen, diese Rolle und diese Natur des Bundes der Jugoslawischen Kommunisten zu vergessen.
Es begann damit, daß Jugoslawien als kommunistisches Land bezeichnet wurde; man begann, den Bund als kommunistische Partei zu bezeichnen und ihn zu Versammlungen der sozialistischen Länder, zu Versammlungen der Massenorganisationen und der kommunistischen Parteien einzuladen. Wir haben dagegen stets protestiert und waren nie damit einverstanden, sondern haben unser Mißfallen zu wiederholten Malen ausgedrückt; jetzt haben wir die Tatsachen.
Diese Organisation war einer der Hauptförderer der Abweichungen im politischen Prozeß in der Tschechoslowakei; denn sie ist Agentin der Imperialisten. Einige mögen sagen, daß ich übertreibe. Ich werde aber den Beweis mit zumindest einer Tatsache antreten.
Vor einigen Wochen wurde Tito wie ein Held in Prag empfangen. Als Folge von was? Der ideologischen Aufweichung, der politischen Schwächung im Bewußtsein der Massen.
Und wir sagten uns: Wie ist das möglich? Wie weit sind wir gekommen, wenn dieses bekannt revisionistische, durch die revolutionäre Bewegung historisch verurteilte Element, das die Rolle eines Agenten des Imperialismus übernommen hat, von einem Volk praktisch als Held empfangen werden kann? Und nun ist natürlich Tito einer derjenigen, die sich am stärksten über die Teilnahme der Länder des Warschauer Paktes in der Tschechoslowakei entsetzen.
Ich sagte, daß einige sich fragen mögen, warum wir unsererseits so hartnäckig auf unseren Feststellungen bezüglich des Bundes der Jugoslawischen Kommunisten bestanden.
Und wir wollen eine in den Beginnen unserer Revolution und unserer Beziehungen zu Jugoslawien außerordentlich wichtige Tatsache darstellen. Im Jahre 1959, als in unserem Land schon die ersten Gesetze erlassen waren, als in unserem Land bereits das Gesetz zur Agrarreform heraus war, das uns dem Imperialismus konfrontierte, als schon in den Vereinigten Staaten die ersten Verschwörungen gegen uns angezettelt wurden, geschah folgendes:
Wir hatten zu jener Zeit noch keine Beziehungen zur UdSSR noch zu anderen Ländern des sozialistischen Lagers und mußten unsere Waffen in diesem oder jenem kapitalistischen Land kaufen. Unsere ersten Waffenkäufe tätigten wir in Belgien und in Italien. Auf Druck der Imperialisten, zunächst erst einmal nicht durch Druck, sondern durch Verschwörungen des CIA, explodierte eins der Schiffe, die mit Waffenladungen aus Belgien kamen, und es gab fast 80 Tote. Später verkaufte uns die belgische Regierung auf Druck der Vereinigten Staaten keine Waffen mehr. Während die Vereinigten Staaten auf der einen Seite Söldner gegen uns ausbildeten, verfolgten sie auf der anderen Seite ihre Politik zur Blockierung unserer Waffenkäufe.
Gegenüber der italienischen Regierung übten sie bei dieser Gelegenheit den gleichen Druck aus. Wir erinnern uns, daß wir dabei waren, 16 Geschütze in Italien zu kaufen; sie hatten uns bereits 4 verkauft und die Lafetten für die anderen 12, verzichteten dann aber unter dem Druck der Imperialisten darauf, uns die 12 dazugehörigen Rohre zu verkaufen. So blieben wir praktisch auf unseren 4 kompletten Geschützen und den Lafetten für die 12 anderen sitzen, für die wir keine Rohre hatten.
In dieser Situation wandten wir uns an die jugoslawische Regierung, um über den Kauf einiger Waffen in Verhandlung zu treten und um zu sehen, ob sie uns die 12 fehlenden Rohre sowie einige Granatwerfer, Kaliber 120, und etliche andere Waffen verkauften. Hier nun haben wir den Bericht eines Genossen, der mit dieser Mission beauftragt war: den Bericht des Kommandanten José R. Fernandez Alvarez.
Hier haben wir die Darstellung in Synthese, und ich werde sie verlesen. Da heißt es:
"Als 1959 die Tyrannei endgültig in die Flucht geschlagen war, ergab sich die Notwendigkeit, militärische Ausrüstung zu kaufen. Diese Materialien wurden sofort und dringend gebraucht, um die Revolution zu verteidigen, die sich sicherlich mit den Gesetzen und Maßnahmen, die in Vorbereitung waren, den Haß ihrer natürlichen Feinde zuziehen würde, die es darauf anlegten, sie zu zerstören.
Aufgrund von Informationen, die wir erhielten, setzten wir uns mit dem jugoslawischen Botschafter Ende 1959 oder Anfang 1960 in zunächst oberflächliche Verbindung. Später suchten wir ihn in der jugoslawischen Botschaft in Begleitung des Kommandanten Raúl Castro auf. Bei dieser Gelegenheit unterrichtete der Minister der Revolutionsarmeen den Botschafter vom Interesse Kubas an dem Erwerb von Waffen und Ausrüstungen, insbesondere von leichten Infanteriewaffen, Gewehren, Maschinengewehren, Abschußrampen, Granatwerfern und Munition dafür. Insgesamt war der Botschafter sehr ausweichend, und als der Minister ihn auf die Zahlungsweise ansprach, äußerte er, daß das Problem der Waffen von dem der Zahlungsweise zu unterscheiden sei. Ohne daß diese Einzelheiten weiter besprochen wurden, teilte der Minister dem Botschafter mit, daß ich mit ihm in Kontakt bleiben würde, um mich über Preise und verfügbare Waffen zu informieren und die Verhandlungen weiterzubetreiben.
Diese Aufgabe erwies sich dann als außerordentlich schwierig, weil die Listen auf sich warten ließen, weil dauernd ausweichende Antworten gegeben wurden, weil darauf hingewiesen wurde, daß keine Waffen verfügbar seien, sondern erst hergestellt werden müßten, weil die Preise nicht eintrafen und weil, als die Listen schließlich in unsere Hände gelangten - es handelte sich insbesondere um Munition kleineren Kalibers -, die Preise, selbst gemessen am internationalen Markt, außerordentlich hoch waren.
Vor und nach diesen Verhandlungen reisten andere Genossen nach Jugoslawien, wo auch sie über Waffenkäufe Verhandlungen führten, jedoch mit den gleichen Ergebnissen, wobei nur die Schwierigkeiten, die man ihnen entgegenstellte, andere waren.
Wir können sagen, daß keine Operation vorankam, obwohl wir uns sehr bemühten und großes Interesse zeigten, weil die jugoslawischen Partner in Jugoslawien und hier in Kuba die Sache nicht möglich machten.
Als Schlußfolgerung aus dem oben Dargestellten können wir sagen, daß sich die Haltung Jugoslawiens durch einen ausgeprägten Opportunismus auszeichnete; denn es bestand auf Barzahlung in Dollar zu Schwarzmarktpreisen für die wenigen Stücke, die es anbot.
Sie gaben uns zu verstehen, daß der Gesamtbetrag die Schwierigkeiten, die sie sich durch den Waffenverkauf an uns in den Vereinigten Staaten zuziehen würden, die Operation nicht rechtfertigte, und sie machten uns Schwierigkeiten bei der Verfügbarmachung der Listen und Preise und schlugen schließlich vor, daß die Diskussion über eine private jugoslawische Handelsunternehmung geführt werden solle, damit der jugoslawische Staat nicht als Partner in Erscheinung trete. Insgesamt zeigten sie sich einerseits nicht nur wenig kooperativ, sondern vielmehr darauf bedacht, uns den Kauf nicht zu erleichtern, und auf der anderen Seite opportunistisch oder zumindest mit der Absicht, uns durch die Bedingungen, die sie stellten, von dem Projekt abzubringen."
Dies war die Haltung jenes sozialistischen, kommunistischen, revolutionären Landes, als unser Land im Angesicht der ersten Gefahren einer imperialistischen Aggression Waffen kaufen wollte. Daher kommt es, daß es hier praktisch nicht eine einzige jugoslawische Kugel gibt.
Welches aber war unsere Überraschung, als wir einige Monate später bei der Durchsicht der Archive der Regierung Batistas auf ein Dokument stießen, das ich jetzt verlesen will:
"Vom Militärattaché bei der kubanischen Regierung in Mexiko. Mexiko, D.F., 13. Dezember 1958. General Francisco Tabernilla Dolz, MMNPJEMG, Ciudad Militar, Marianao.
Lieber Freund: Anliegend sende ich Ihnen einige Fotografien, die mir vom jugoslawischen Botschafter hier überreicht wurden, der ein guter Freund von mir ist.
Als ich erfuhr, daß er Privatverhandlungen führte, habe ich ihn bei bestimmter Gelegenheit auf die Möglichkeit von Waffenkäufen angesprochen. Er ließ mich wissen, daß Jugoslawien uns in der Tat mit verschiedenen Waffentypen, die wir benötigen, beliefern kann, wie mit Gewehren Kaliber 30.06, Lafetten, usw., und er unterrichtete mich über bestimmte Bootstypen, wie sie aus den Zeichnungen hervorgehen und die uns sehr nützlich sein könnten.
Er erklärte mir, daß sie über umfangreiche Bestände an diesen Torpedobooten verfügen, die uns sehr billig kämen, weil sie mit billiger Arbeitskraft rechnen und heute nach den Engländern die besten Schiffswerften haben.
Diese Boote entwickeln eine Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern, verfügen über zwei Luftabwehrmaschinengewehre und eine Luftabwehrkanone sowie über die entsprechenden Torpedorohre. Auch die entsprechenden Torpedos sind in ausreichender Anzahl vorhanden und würden für uns sehr billig. Obwohl ich ihn darauf hinwies, daß im Augenblick die Verhandlungen über den Erwerb von Waffen jeder Art ausgesetzt seien, weil wir genügende Mengen an anderer Stelle erworben haben, sagte er mir, daß er mir auf jeden Fall die genauen Daten, Kosten, Lieferzeiten und Transportpreise bis zu unseren Häfen mitteilen wolle. Sobald ich diese Informationen erhalte, werde ich sie augenblicklich an Sie weiterleiten." - Es folgt dann ein Bericht über andere Angelegenheiten. - "Unterzeichnet: Teniente Coronel A.P. Chaumont, Militärattaché."
Diejenigen, die die Geschichte der Kaserne "Moncada" gelesen haben, wissen, daß eben dieser Chaumont der Offizier war, der nach dem Angriff auf die Kaserne "Moncada" dort Dutzende von Morden beging, der unter den dort anwesenden Offizieren der verbrecherischste war, Dutzende von Gefangenen hinrichtete, der später nach Mexiko gesandt wurde, der ein großer Freund des jugoslawischen Botschafters war und dem dieser Botschafter 18 Tage vor dem Sieg der Revolution im Dezember 1958, als hier Tausende und Abertausende von Kubanern umgebracht worden waren - wir befanden uns seit zwei Jahren im Kriege -, im Namen seiner jugoslawischen Regierung und nach Konsultation alle möglichen preiswerten Waffen, Schiffe usw. anbot.
Wie groß war nicht unsere Entrüstung und unsere Überraschung, als wir dieses Dokument, mit diesem Namen gezeichnet, in den Archiven fanden. Dies umso mehr, als sie uns in dem Augenblick, in dem wir Waffen brauchten, um uns gegen die Imperialisten zu verteidigen, alle möglichen Hindernisse in den Weg stellten und uns keine einzige Waffe verkauften, stattdessen aber, als der Krieg schon zu Ende ging, Batista Waffen anboten.
Wie sollten wir denn nicht die schlechteste Meinung, nicht die übelste Vorstellung von der Rolle dieser Partei haben, die zu einem Zeitpunkt, als nicht einmal mehr die Imperialisten - nicht einmal mehr die Yankees verkauften ihm Waffen - Batista Waffen verkauften, ihm gute und billige anboten?
Die kommunistische Bewegung hat dieser Partei mit vollem Recht lange Zeit hindurch ihren Ostrazismus entgegengesetzt. In den Zeitungsartikeln aller Parteien wird gegen diese Bewegung argumentiert. Aber später vergaßen natürlich einige Parteien diese Dinge, und die Freunde, die Gefolgsleute, die unsicheren vergaßen dies auch im Angesicht aller politischen Predigten über das ideologische Nachlassen der revolutionären Bewegung, das zu dieser so überaus schmerzlichen Situation führte.
Und wir fragen uns, ob nicht vielleicht diese bittere Erfahrung der Tschechoslowakei zur Berichtigung dieser Fehler führen muß und ob man nicht darauf verzichten muß, die Partei des Bundes der Jugoslawischen Kommunisten als kommunistische Partei zu akzeptieren, als revolutionäre Partei, und ob man nicht darauf verzichten muß, sie zu den Versammlungen der Massenorganisationen und der politischen Organisationen des sozialistischen Lagers einzuladen.
Von diesen Tatsachen her stellen sich viele interessante Dinge dar.
Es ist erklärlich, daß die Länder des Warschauer Paktes Truppen entsandten, um die imperialistische Verschwörung und die Entwicklung der Konterrevolution in der Tschechoslowakei zu verhindern. Es gab auf unserer Seite aber Meinungsverschiedenheiten, Unzufriedenheit und Protest gegen die Tatsache, daß eben diese Länder wirtschaftliche, kulturelle und politische Beziehungen und Annäherungen zu den oligarchischen Regierungen Lateinamerikas vorbereiteten, die nicht nur einfach reaktionäre und ihre Völker ausbeutende Regierungen, sondern darüber hinaus schamlose Komplizen der imperialistischen Aggressionen gegen Kuba und schamlose Komplizen der wirtschaftlichen Blockade gegen Kuba sind. Und diese Länder fühlten sich natürlich angeregt durch die Tatsache, daß unsere Freunde, unsere natürlichen Alliierten diese gemeine Rolle vergaßen, diese verräterische Rolle, die diese Regierungen gegen ein sozialistisches Land, mit der Blockade gegen ein sozialistisches Land, spielen.
Und wenn wir sehen, daß man die Notwendigkeit zum internationalistischen Geist und zur Hilfe bis hin zur Entsendung von Truppen in ein Bruderland gegen die Intrigen der Imperialisten erklärt, fragen wir uns, ob nicht vielleicht diese wirtschaftliche, politische und kulturelle Annäherungspolitik zu jenen oligarchischen Regierungen aufhört, die Komplizen der imperialistischen Blockade gegen Kuba sind.
Im Angesicht dieser Situation ist es gut, einen Blick auf die Reaktionen dieser Länder zu werfen.
Da heißt es: "Der gesamte lateinamerikanische Block und mit ihm die Nationen der Welt äußerte einstimmig seinen Unwillen über diese russische Intervention in der Tschechoslowakei. Ein Sprecher sagte, daß 'wir alle diese Intervention schmerzhaft empfinden und uns mit den Tschechen solidarisch fühlen'. 'Das politische Ergebnis dieser sowjetischen Invasion in die Tschechoslowakei wird in der Verstärkung der antisowjetischen Tendenzen in Lateinamerika liegen', sagte der Sprecher", usw.
Und dann heißt es: "Es wurde darauf hingewiesen, daß diese sowjetische Haltung, daß diese Theorie von den Einflußbereichen, die sie so sehr kritisierten, es möglich machen würde, daß die Vereinigten Staaten sich gleichfalls berechtigt glauben, in Kuba einzufallen, weil Kuba innerhalb ihres Sicherheitsbereiches liegt."
Diese Marionettenregierungen haben schon begonnen, die Theorie auszuarbeiten, daß in Kuba eingefallen werden muß, weil es in den Sicherheitsbereich fällt. Und es sind diese Länder - von denen wir nur eins ausnehmen müssen: Mexiko, weil dort die einzige Regierung ist, die nicht an den Blockadeplänen, an den Aggressionsplänen und den Maßnahmen der Imperialisten gegen Kuba teilnahm - und all diese oligarchischen Regierungen, denen enorme Aufmerksamkeit und schonende Behandlung zuteil wird und die in der UNO Ankläger und Kritiker der Sowjetunion und der Länder des sozialistischen Lagers sind. Länder, die Komplizen der Aggression gegen Kuba waren, Länder, die sich nicht schämen, über Souveränität und dergleichen zu reden, Länder, die sich nicht schämen, über Interventionen zu reden, weil sie Komplizen all der vom Imperialismus gegen die Völker begangenen Gemeinheiten waren, Komplizen der barbarischen konterrevolutionären Aktion in Santo Domingo, der Aggression gegen Kuba und gegen andere Länder, der Aggression gegen andere Länder Lateinamerikas. Diese oligarchischen Regierungen, wie die Brasiliens, Paraguays und anderer Länder, sandten nach Santo Domingo Truppen, und jetzt folgen sie der Fahne des Angriffs und der Verurteilung des sozialistischen Lagers wegen der Vorfälle in der Tschechoslowakei. Welch hervorragendes Urteilsvermögen! Wie sehr erweist sich doch die Richtigkeit der Position der kubanischen Revolution gegenüber jenen Ereignissen!
Und wir fragen uns weiter, ob diese Politik berichtigt werden wird oder ob man auf dem Wege der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Annäherung an diese Länder verharrt.
Einige dieser Länder, wie Argentinien, brachten es bis zum Beschuß eines sowjetischen Fischerbootes, bis zum Beschuß! Ich glaube, daß sie auch ein Besatzungsmitglied eines Schiffes verletzten. Danach führten sie sich dort wie die Wilden auf und erwarteten das andere Boot. Sie leisten sich mit allen wüste, ungehörige Dinge, und trotzdem wurde diese verbindliche Politik verfolgt, die nach unserer Meinung lediglich ihre Positionen als Komplizen bei den Aggressionen gegen Kuba fördert.
Wir haben hier ein überaus interessantes Telegramm vorliegen, in dem es heißt:
"Caracas, 21. August. - Venezuela beschloß, die Gespräche mit der Sowjetunion und dem kommunistischen Block über die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen als Protest gegen die Invasion in die Tschechoslowakei zu unterbrechen.
Dies kündigte der Kanzler Ignacio Iribarren Borges anläßlich einer Pressekonferenz an. In der Erklärung heißt es weiter: Auf die Berichte über die Invasion der Tschechoslowakei durch sowjetische und andere osteuropäische Truppen hin erklärt die Regierung Venezuelas, daß dieser Akt gegen die Souveränität und territoriale Integrität jenes Landes einen offenen Bruch der Prinzipien des Nichtangriffs und der freien Selbstbestimmung der Völker darstellt, wie sie in der Charta der Vereinten Nationen und im Prinzip der Nichteinmischung gemäß Resolution 2131 der Hauptversammlung niedergelegt sind und von Venezuela unabweichlich verteidigt werden.
Die Ereignisse geben der venezolanischen Regierung Anlaß zu ernsthafter Besorgnis, weil sie einen Bruch des internationalen Rechtes darstellen, die offene Anwendung von Gewalt und einen ernsten Rückschritt in dem Bemühen um friedliches Zusammenleben der Völker. Die venezolanische Regierung ist der Auffassung, daß die Invasionstruppen augenblicklich und bedingungslos abziehen müssen. Die venezolanische Regierung gibt die Gefühle des venezolanischen Volkes wider, wenn sie ihre tiefe Sympathie und Solidarität mit dem tschechoslowakischen Volk ausdrückt."
Keine dieser Erklärungen, keine dieser Haltungen, keinerlei derartige Dinge zeigte die venezolanische Regierung, als die US-Truppen in Santo Domingo landeten; keinerlei Bruch der diplomatischen Beziehungen, keinerlei Bruch der Handelsbeziehungen, der Wirtschaftsbeziehungen, nichts und gar nichts. Heute aber leistet man sich den Luxus, den Ländern des sozialistischen Lagers diese Beziehungen ins Gesicht zu werfen, die sie in Wirklichkeit erbettelt haben, diese Beziehungen, die diese Regierung erbettelt hat, die eine der reaktionärsten und dem US-Imperialismus am stärksten verhaftete ist.
Hier haben wir die Resultate einer solchen Politik in der Stunde der Tatsachen, in der Stunde der Wahrheit.
Ähnlich geht es mit den kommunistischen Parteien Europas, die in diesem Augenblicke schwankend werden. Und wir fragen uns, ob vielleicht in Zukunft die Beziehungen zu den kommunistischen Parteien nach deren prinzipieller Haltung gestaltet werden oder nach den Grad der Unsicherheit des Satellismus und Lakaismus und ob vielleicht nur diejenigen Freunde heißen, die ohne Bedingungen alles akzeptieren und unfähig sind, sich irgendeiner Sache zu widersetzen. Hier haben wir sie, die uns so oft kritisiert haben und die in der jetzigen Situation in völliger Unsicherheit schwanken.
Unsere Partei zögerte nicht, den venezolanischen Guerrilleros zu helfen, als eine rechtsgerichtete verräterische Parteiführung, die der revolutionären Linie abschwor, die Guerrilleros verließ und sich in trübe Relationen mit dem Regime einließ. In jenem Augenblick fragten wir, wer denn recht habe: jene im politischen Bereich manipulierende Gruppe, die die Kämpfer verriet, die die Toten verriet, oder diejenigen, die die Fahne der Rebellion hochhielten. Wir zählten nicht, wieviele zu der rechtsgerichteten Gruppe gehörten; wir überlegten, wer recht hätte. Wir zählten nicht, wieviele zum Zentralkomitee oder zum Politbüro gehörten; denn das Recht liegt nicht bei der großen Zahl.
Und in jenem Augenblick blieben die Revolutionäre in der Minderheit und hielten die Fahne des Guerrillakrieges hoch. Und wir blieben konsequent bei unseren Positionen von heute, als wir die Guerrilleros über die rechtsgerichtete Parteiführung in Venezuela hinweg unterstützten, als wir aus den gleichen Gründen über die Manipulationen und die Verrätereien der rechtsgerichteten Parteiführung in Guatemala hinweg die guatemaltekischen Guerrilleros unterstützten, als wir über die Manipulationen und Verrätereien der rechtsgerichteten Parteiführung in Bolivien hinweg die bolivianischen Guerrilleros unterstützten. Dennoch wurden wir als Abenteurer angeklagt, weil wir uns in die Angelegenheiten anderer Länder einmischten, weil wir uns in die Angelegenheiten anderer Parteien einmischten.
Ich frage mich angesichts der Tatsachen und der bitteren Realität, die die Länder des Warschauer Paktes veranlaßten, ihre Streitkräfte zur Niederschlagung der Konterrevolution in die Tschechoslowakei zu schicken und dort - wie sie erklären - eine Minorität gegen eine rechtsgerichtete Majorität zu unterstützen, ob. sie auch aufhören werden, in Lateinamerika diese rechtsgerichteten Parteiführungen zu fördern, die Reformisten, die Kapitulanten, die Einlenkenden, die Feinde des bewaffneten revolutionären Kampfes, die sich dem Freiheitskampf der Völker entgegenstellen.
Und angesichts dieses Beispiels, angesichts dieser bitteren Erfahrung frage ich mich, ob die Parteien jener Länder konsequent zu der in der Tschechoslowakei getroffenen Entscheidung stehen und aufhören, diese rechtsgerichteten Gruppen zu unterstützen, die die revolutionäre Bewegung in Lateinamerika verraten.
Wir glauben bestimmt nicht an eine Verbesserung der Beziehungen des sozialistischen Lagers zum Imperialismus unter den augenblicklichen Verhältnissen. Und wirklich unter gar keinen Bedingungen, solange ein solcher Imperialismus fortbesteht. Wir glauben nicht und können nicht an eine mögliche Verbesserung der Beziehungen des sozialistischen Lagers zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten glauben, solange dieses Land die Rolle des internationalen Gendarmen spielt, des Feindes der Revolution in der ganzen Welt, des Angreifers der Völker und des systematischen Opponenten gegen die Revolution in der ganzen Welt. Und noch viel weniger glauben wir an eine solche Verbesserung mitten in einer derart verbrecherischen und feigen Aggression, wie es die Aggression in Vietnam ist.
Unsere Position in dieser Beziehung ist völlig klar: Entweder ist man konsequent im Bereich der Realitäten der Welt, entweder ist man wirklich internationalistisch und unterstützt wirklich entschieden die revolutionäre Bewegung in der Welt, und dann können die Beziehungen zu der imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten nicht verbessert werden, oder aber die Beziehungen zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten verbessern sich, aber nur um den Preis des Verzichtes auf eine konsequente Unterstützung der revolutionären Bewegung in der ganzen Welt.
Dies ist unsere These, dies ist unsere Position.
Hier haben wir ein Kabel aus Washington vom 22. August: "Die sowjetische Intervention in der Tschechoslowakei erschwert jede Annäherung zwischen Ost und West, erklärte heute öffentlich Staatssekretär Dean Rusk.
Die hier geschaffene Situation könnte die Ratifizierung des Atomsperrvertrages durch den nordamerikanischen Senat kompromittieren, fügte er hinzu.
Dean Rusk gab diese Presseerklärung nach einer Kabinettsitzung im Weißen Haus ab, die dem tschechoslowakischen Problem und der Situation in Vietnam gewidmet war."
Darüber können wir uns nur freuen. Unser Volk weiß, welches die Haltung der kubanischen Delegation gegenüber diesem berühmten Atomsperrvertrag war, der eine permanente Konzession des Monopols auf nukleare Waffen für die Großmächte darstellt und des Monopols einer Energietechnik, die für die Zukunft der Menschheit wesentlich sein wird. Uns machte vor allem besorgt, daß dieser Vertrag bedeutet, daß viele Länder dieser Welt einem Monopol der Vereinigten Staaten auf diese Waffen zustimmen, die sie dann jeden Augenblick gegen jedes beliebige Volk hätten einsetzen können, wobei noch hinzukommt, daß dieses Vertragsprojekt mit einer trüben Erklärung zum Schütze der Unterzeichnerländer einherging, die mit nuklearen Waffen bedroht würden. Länder wie Vietnam, Länder wie Kuba, die Lust gehabt hätten, ihren eigenen Weg zu gehen und mit dieser Art Abmachung nicht einverstanden zu sein und noch viel weniger sie in einem Augenblick zu unterschreiben, in der die Aggression in Vietnam ihrem Höhepunkt entgegenging, wären so ohne jeden Schutz geblieben, so daß theoretisch die Imperialisten sogar das Recht hätten haben können, uns mit nuklearen Waffen anzugreifen. So kennen alle unsere Position.
Im Lichte der Tatsachen und im Angesicht eines stets auf Verschwörung gegen die sozialistischen Länder bedachten Imperialismus fragen wir uns, ob sie die idyllischen Hoffnungen auf eine Verbesserung der Beziehungen zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten weiter hegen wollen. Wir fragen uns, ob man in bereinstimmung mit den Tatsachen in der Tschechoslowakei gegenüber dem US-Imperialismus nicht eine Haltung wählen wird, die den Verzicht auf derart idyllische Hoffnungen impliziert. Und hier in unserem Kabel heißt es, daß die Annäherung schwieriger wird und daß die Gefahr bestehe, daß dieser Vertrag nicht ratifiziert wird. Nach unserer Meinung ist das Beste, was geschehen kann, daß sie ihn nicht ratifizieren.
Nun aber die nach unserer Meinung beiden wichtigsten Fragen. Bei der Erklärung der Entscheidung der Regierungen des Warschauer Paktes heißt es im letzten Absatz der TASS-Erklärung: "Die Bruderländer stellen jeder Bedrohung von außen entschlossen ihre unverbrüchliche Solidarität entgegen. Niemals wird es niemandem gestattet werden, auch nur das kleinste Stück aus der Gemeinschaft der sozialistischen Staaten zu reißen."
Und wir fragen uns: Bezieht sich diese Erklärung auch auf Vietnam? Bezieht sich diese Erklärung auch auf Korea? Bezieht sich diese Erklärung auch auf Kuba? Gelten Vietnam, Korea und Kuba als Stücke des sozialistischen Lagers, aus denen sich die Imperialisten nichts herausreißen dürfen?
Zur Konkretisierung dieser Erklärung wurden die Divisionen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei entsandt. Und wir fragen: Werden die Divisionen des Warschauer Paktes auch nach Vietnam entsandt werden, wenn die US-Imperialisten ihre Aggression gegen dieses Land verstärken und wenn das vietnamesische Volk um diese Hilfe bittet? Werden die Divisionen des Warschauer Paktes auch in die Demokratische Republik Korea entsandt, wenn die US-Imperialisten dieses Land angreifen? Werden die Divisionen des Warschauer Paktes nach Kuba entsandt, wenn die US-Imperialisten unser Land angreifen oder wenn unser Land angesichts der Bedrohung mit einem Angriff durch die US-Imperialisten darum bittet? (ANHALTENDER BEIFALL)
Wir akzeptieren die bittere Notwendigkeit zur Entsendung jener Truppen in die Tschechoslowakei, wir verurteilen nicht die sozialistischen Länder, die diese Entscheidung trafen. Aber als Revolutionäre und aufgrund unserer Prinzipien haben wir das Recht zu verlangen, daß eine konsequente Haltung im Zusammenhang mit allen Fragen, die die revolutionäre Bewegung in der ganzen Welt betreffen, angenommen wird.
Warum verheimlichen, daß sich über unserem Land große Gefahren zusammenbrauen werden. Die Anhänger einer militärisch bewaffneten Aggression gegen Kuba reiben sich vor Freude schon fast die Hände. Heute erhalten wir ein Kabel, das schon in diese Richtung treibt.
Wir müssen sagen, wie wir die Probleme sehen. Hat vielleicht das Prinzip der Souveränität, hat vielleicht das Gesetz unser Land gegen eine amerikanische Invasion geschützt? Ich glaube nichts dergleichen. Wenn nur das Gesetz, wenn nur das Prinzip der Souveränität unser Land schützen sollten, wäre diese Revolution längst vom Erdboden verschwunden. Das, was diese Revolution beschützt hat und was sie möglich machte, war das Blut der Söhne dieses Volkes, das Blut im Kampf gegen die Henkersknechte und gegen die Armeen Batistas, das Blut im Kampf gegen die Söldner und die Bereitschaft, für die Verteidigung der Revolution bis zum letzten Mann zu sterben, wie sie sich in der Oktoberkrise zeigte, die Überzeugung der Imperialisten, daß sie hier niemals eine ihrer Manipulationen oder eine Militärparade in Szene setzen können. Was diese Revolution verteidigt, ist kein abstraktes legalistisches, international anerkanntes Prinzip.
Was diese Revolution verteidigt, ist die Einheit unseres Volkes, sein revolutionäres Bewußtsein, sein Kampfgeist, seine Entschlossenheit, für die Verteidigung der Revolution und des Vaterlandes bis zum letzten Mann zu sterben!
Ich glaube, daß nicht einmal unsere Feinde daran zweifeln, aus welchem Holz dieses Volk geschnitzt ist. Die Souveränität eines Landes, eine gerechte Sache wird verteidigt vom Volk, das fähig ist, diese Sache als seine zu empfinden, von der Gerechtigkeit dieser Sache tief überzeugt ist und entschlossen, sie um jeden Preis zu verteidigen. Dies eben beschützt unsere Revolution und die Souveränität unseres Landes im Angesicht der Drohung durch die Imperialisten, der wir immer ausgesetzt waren.
Nun haben aber die Imperialisten nicht einen Augenblick abgelassen, mit der Zerstörung unseres Landes zu drohen. Diese Gefahren werden nun natürlich stärker. Und jetzt, gerade jetzt - denn die Dinge müssen im erforderlichen Augenblick gesagt werden - werden wir einmal mehr unsere Position darstellen, die Position unserer revolutionären Regierung gegenüber den Vereinigten Staaten. Und wir werden sie jetzt darstellen, wo diese Position einen sehr realen Inhalt hat und nicht lediglich deklamatorisch und theoretisch ist, und wir werden sie umso mehr darstellen, als Spekulationen über eine mögliche Verbesserung der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten aufgekommen sind.
Die Revolutionsregierung hat in keinem Augenblick das mindeste Interesse an einer Verbesserung ihrer Beziehungen zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten gezeigt und wird sie nicht zeigen; sie wird auch niemals irgendeine Zustimmung zu Diskussionen mit dieser Regierung äußern, solange diese Regierung sich zum Fahnenträger der Reaktion in der Welt macht, zum internationalen Gendarmen, zum Feind der revolutionären Bewegungen, zum Aggressor in Vietnam, in Santo Domingo, solange sie gegen revolutionäre Bewegungen interveniert. Dies war, ist und wird fraglos die Position der kubanischen Revolutionsregierung bleiben.
Niemals und unter gar keinen Bedingungen - und das wissen die Genossen unseres Zentralkomitees -, auch nicht unter den allerschwierigsten Verhältnissen wird sich dieses Land der imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten nähern! Nicht einmal dann, wenn diese Regierung uns eines Tages zur Wahl zwischen dem Fortleben der Revolution oder einer solchen Entscheidung zwingt. Denn von diesem Augenblick an, meine Herren, wurde keine Revolution fortleben.
Und wenn diese Revolution, um weiterzubestehen, eines Tages ihre Sicherheit oder ihr Überleben mit dem Preis irgendeiner Konzession an die US-Imperialisten bezahlen müßte, so würden wir vorziehen - wie es unser Zentralkomitee einmütig und wie es unser Volk vorzieht -, daß dieses Volk mit unserer Revolution untergeht, ehe es um einen solchen Preis überlebte! (ANHALTENDER BEIFALL)
Es gibt in den Vereinigten Staaten ehrliche Menschen, progressive Menschen, die sich den Blockaden, den Aggressionen und all diesen Dingen widersetzen.
Natürlich haben wir denen gegenüber, die derartige Positionen ehrlich vertreten, immer eine freundschaftliche Haltung gezeigt: gegenüber Leuten, die sich dem Vietnamkrieg entgegenstellen, gegenüber Leuten, die sich der imperialistischen Politik der Vereinigten Staaten entgegenstellen.
In Bezug auf die Regierung dieses Landes aber ist unsere Position eindeutig und unwiderrufbar: Wirtschaftliche Beziehungen und noch viel mehr diplomatische Beziehungen irgendeiner Art interessieren uns überhaupt nicht.
Seit 10 Jahren beharren sie auf ihrer verbrecherischen Blockade. Sie haben uns gelehrt, uns dagegen zu wehren, sie haben uns gelehrt, unser revolutionäres Bewußtsein zu schmieden. Sie wissen jetzt, daß es ihnen nicht leicht fallen wird, uns untergehen zu lassen, daß sie uns mit ihren Drohungen nicht einschüchtern werden und daß es ihnen nicht leicht fallen wird, uns unter irgendwelchen Bedingungen auszuhungern.
Wir haben während dieser 10 Jahre unter ungeheuren Anstrengungen gekämpft. Es ist noch nicht lange her, daß wir gerade anfingen, die Früchte dieser Anstrengungen zu ernten. Nun, wir sind bereit, 20 Jahre, das ganze Leben lang ohne irgendwelche Beziehungen zu ihnen zu bleiben, und wir können nur wiederholen: Welches die Bedingungen auch immer sein mögen! Das heißt, wir warten, daß der US-Imperialismus aufhört, der US-Imperialismus zu sein. Und wir haben genügend Geduld und genügend Fähigkeit, so lange auszuhalten, wie es erforderlich sein wird. Das ist unsere Position. Und wir glauben, daß dies die einzig mögliche revolutionäre Position ist.
Wir wissen, daß sie jetzt versuchen werden, uns einzuschüchtern. Es wird ihnen nicht gelingen. Es dürfte schwierig sein für sie, Furcht und Schrecken in dieses Land zu tragen; denn dieses Land hat gelernt, 10 Jahre lang im Angesicht dieses Feindes und im Angesicht seiner Drohungen zu leben.
Und wir sagen aufrichtig: Wir ziehen klare Verhältnisse vor, wir ziehen auch diese gefährliche Position jenen unklaren Situationen vor, die dazu führen könnten, daß unsere Bereitschaft zum Kampf sich schwächt.
Schon seit geraumer Zeit hatten wir keinen Alarm mehr und keine Spannung. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen nun haben einige Telegramme bemerkt, daß unsere Streitkräfte teilweise in Alarmzustand versetzt wurden. Ja, und zwar sofort! Unsere Streitkräfte werden sie niemals überraschen.
In unserer Kampfesphilosophie gibt es eine Reihe von elementaren Konzepten: Sie sollen uns niemals durch Überraschung kriegen! Wir ziehen eine übermäßige Aufmerksamkeit der Überraschung vor. Und immer, unter allen Bedingungen, immer waren wir bereit und hielten gegenüber einer möglichen Überraschung alle Kräfte in Alarmzustand.
Unsere Philosophie ist bekannt: Hier braucht niemals der Befehl zum Kampf gegeben zu werden, denn dieser Befehl besteht immer, immer! Er braucht nicht gegeben zu werden, er ist unnötig. In dieses Land wird niemals jemand gegen unseren Willen kommen, und es wird niemals die Notwendigkeit bestehen, den Befehl zum unnachsichtigen Kampf zu geben, wenn jemand gegen unseren Willen dieses Land betreten wollte. Der Befehl, den Kampf aufzunehmen, ist überflüssig!
Aber auch niemals wird der Befehl zur Feuereinstellung gegenüber irgendeinem Angreifer gegeben! Niemals wird irgendeine Kapitulation angenommen! Das sind drei Grundkonzepte unserer Philosophie, hier vor den Toren des US-Imperialismus.
Und unser ganzes Volk ist von dieser Philosophie durchdrungen und in Fröhlichkeit entschlossen, bis zum letzten Mann zu sterben. Auch das ist ein Teil unserer Philosophie.
Die Menschen müssen stets auf die eine oder andere Weise sterben. Die einzige traurige Art zu sterben ist die mit dem Rücken zum Feind. Und wir sind nicht Anhänger des Krieges, aber kämpfend zu sterben ist Revolutionären stets lieber als ein natürlicher Tod. Aber nicht, um den natürlichen Tod zu vermeiden, werden wir revolutionäre Kriege provozieren. Nicht immer können Revolutionäre das tun, was sie am liebsten wollen und was ihnen die größte Genugtuung bereitet: stets ihrer Pflicht vorauszueilen.
Aber schließlich weiß dies unser gesamtes Volk, niemand zweifelt daran, und diese Tatsache eben verteidigt unsere Souveränität. Sie werden jetzt beginnen, uns zu bedrohen. Wir werden in der Zukunft mehr mit ihnen zu tun haben als in vergangenen Zeiten. Wir werden unsere Arbeit und unsere Entwicklungspläne nicht aufgeben. Nicht einmal das werden sie erreichen. Unser augenblickliches Organisationsniveau wird sich durchsetzen. Wir werden diese Pläne durchführen und unsere Verteidigung verstärken und unsere Vorbereitung zum Kampf verbessern. Nun, hier fängt es schon an. Hier kommt ein Kabel aus Brasilien; in einer Zeitung, die die Oligarchien vertritt, heißt es: "Die sowjetische Einmischung in eine innere Angelegenheit der Tschechoslowakei wirft die kubanische Frage neu auf, die schon verheilt schien und nicht mehr diskutiert wurde." - So beginnt ein ausführlicher Leitartikel, der gestern im "Jornal do Brasil" erschien.
In einem Kommentar mit dem Titel "Hier und dort" heißt es wörtlich: "Seit dem Einmarsch der russischen Truppen in tschechisches Gebiet müssen verschiedene Punkte des weltweiten Kräftegleichgewichts automatisch neu abgeschätzt werden.
Es muß zugegeben werden, daß die Gegenwart Kubas einen anderen Sinn erhält angesichts des kalten und brutalen Realismus, der die Sowjetunion veranlaßte, sich nur deshalb unsicher zu fühlen, weil ein Land des kommunistischen Lagers die Diskussion über die Notwendigkeit der Freiheit gestattete. Moskaus Intoleranz zögerte nicht, alle in Mode befindlichen Schlagworte verstummen zu lassen, um stattdessen die Sprache der brutalen Gewalt zu sprechen.
Wenn die Sowjetunion durch die Tatsache, daß sie die Tschechoslowakei als Territorium unter ihrer ideologischen Rechtsprechung betrachtet, das Prinzip der Selbstbestimmung der Völker beschmutzen kann, so kann man sich nicht auf dieselbe Doktrin stützen, um zu verhindern, daß der Fall Kuba im Lichte der spezifischen Interessen der kontinentalen Einheit untersucht wird.
Und es gibt einschneidende Unterschiede zwischen beiden Fällen. Zunächst einmal brach die Tschechoslowakei nicht mit den Prinzipien des Sozialismus und setzte sich politisch nicht in Gegensatz zu dem Block, dem sie angehört. Lediglich in ihren eigenen Grenzen schaffte sie die Starrheit der erstickenden Diktatur ab und ließ sich auf eine Diskussion ein, in der das Wort Freiheit schließlich als eine Dimension galt, ohne die der Sozialismus eine Farce ist.
Die Situation Kubas ist ganz anders: Die Regierung von Havanna steht im Widerspruch zur Gesamtheit der Länder unseres Kontinentes, die sich der Demokratie und der Freiheit verschrieben haben. Aber das kommunistische Regime von Havanna ist nicht nur eine Ausnahme, sondern macht sich den Export der Subversion zur Aufgabe und finanziert Gruppen, die die demokratische Ordnung in Lateinamerika stören.
Solange die Sowjetunion imstande war, den freiheitlichen Wind, der durch die Tschechoslowakei wehte, zu dulden, hatte die Welt den Eindruck, daß die großen Nationen, die Führer der Blöcke, toleranter urteilten als der Automatismus der militärischen Interventionen. Aber das Bild änderte sich ebenso brutal wie plötzlich. Das Gewicht der sowjetischen Gewalt fiel auf den tschechischen Versuch mit der Freiheit.
In Bezug auf Kuba wandelt sich die Situation automatisch, nicht aus Gründen einer Kompensierung, sondern einfach, weil es nötig ist, die Kräfteverteilung auf globaler Ebene neu abzuschätzen. Die kubanische Frage wird neu gestellt werden, und Brasilien, das sich der Verteidigung des Prinzips der Nichtintervention anschloß, wird berücksichtigen müssen, daß der Vertrag von Rio de Janeiro juristisch das geeignete Dokument für eine Überprüfung des Problems darstellt.
Die kubanische Frage wird so seit gestern Morgen aktuell und muß ohne die wenig realistischen Nebentöne neu diskutiert werden. Die sowjetische Aggression in Europa bietet in Lateinamerika einer unausweichlichen Prüfung die Flanke", heißt es schließlich im Leitartikel des "Jornal do Brasil" vom 22. August.
Und diese Zeitung behauptet, daß sie realistisch prüft!
Es gibt, meine Herren, vom "Jornal do Brasil" von Brasilien und von den übrigen Oligarchien einen kleinen Unterschied, und der ist, daß wir kubanischen Revolutionäre die besten Divisionen Brasiliens in ein paar Stunden mit einem Tritt in den Hintern aus Kuba befördern! (BEIFALL)
Und gegen die besten Divisionen der imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten sind wir nach dem Vorbild der Vietnamesen bereit, hundert Jahre zu kämpfen, wenn es erforderlich ist. (BEIFALL)
Dies, meine Herren Imperialisten und meine Herren Oligarchen, ist der kleine Unterschied. Wir bleiben gerne bei unseren Positionen, und wir werden sie immer halten, ohne uns durch irgendeine Drohung einschüchtern zu lassen.
Patria o Muerte! Venceremos! (OVATIONEN)
Fidel Castro Ruz
23. August 1968
Quelle: Sozialforschungsstelle an der Universität Münster; Kontaktprogramm zur sozialwissenschaftlichen Forschung in Latein-Amerika / COSAL, Arbeitsunterlage 27 zur Lateinamerikaforschung, Dortmund, September 1968, deutsche Übersetzung: Jürgen Gräbener
Original: Granma – Resumen Semanal, Año 3, # 34, La Habana, 25 de agosto de 1968