Unterwegs sehen wir in der Ferne
den Schornstein, der eine schwarzgraue
Rauchsäule ausstößt, welche
anzeigt, dass gerade Strom erzeugt
wird. Weiter hinten zeigen die
220.000-Volt-Leitungen an, dass wir
uns in der Nähe des Heizkraftwerks
„10 de Octubre“ befinden. Im Inneren
ist es schwierig, jemanden zu sehen,
der innehält, denn jeder ist auf
seine eigene Sache konzentriert. Die
Luft – obwohl küstennah – hat einen
starken, unangenehmen Geruch.
Aus Gewohnheit nehmen die Arbeiter
ihn kaum wahr, aber auf Dauer
fordern die Dämpfe ihren Tribut in
der Lunge.
Diejenigen, die seit Jahren dabei
sind, sagen, dass es sechs Blöcke
gab – 1, 2 und 3 – die schnell anliefen
und schnell synchronisiert wurden
und jeweils 64 Megawatt (MW)
leisteten; aber die Zeit, der Mangel
an Mitteln zu ihrer Wartung und
die Umwelt haben sie in Schrott verwandelt.
Block 4 wurde vor einigen
Monaten aus dem technischen Ruhestand
geholt, da die Mittel für eine
so notwendige Reparatur fehlten.
Derzeit erzeugt das thermoelektrische
Kraftwerk, das für seine strategische
Lage zum Lastausgleich bekannt
ist, nur noch in den Blöcken 5
und 6 Strom.
Aber glauben Sie nicht, dass die
produzierenden Blöcke mit modernster
Technik ausgestattet sind.
Wenn man um sie herumgeht, die
Treppen hinauf- und hinuntersteigt,
sich die Rohre, die den Dampf aus
den Kesseln transportieren, genau
ansieht, die Flicken, die Korrosion,
wird ihre Instabilität im nationalen
Stromsystem verständlich.
Es ist auch wichtig zu wissen, dass
es vor 1959 kein nationales Elektrizitätssystem
gab. Kuba erzeugte nur
397 Megawatt (397 000 Kilowatt)
verteilt auf isolierte, nicht miteinander
verbundene Systeme – typisch
für ein unterentwickeltes Land. Die
Elektrizität erreichte kaum 56 % der
Bevölkerung, die damals auf 6,5 Millionen
Einwohner geschätzt wurde.
Auf dem kubanischen Land, in den
Bergen, in den verschlungenen Gegenden
des Landesinnern, war das
noch Zukunftsmusik und Fiktion.
Im Wärmekraftwerk von Nuevitas
versteht man die „Sturheit“ derjenigen,
die all die Eisenmassen zum
Laufen bringen, die viel Zeit mit Reparaturen
verbracht haben, die es
schaffen, ein wenig Strom mit Maschinen
zu erzeugen, die schon viel
zu lange in Betrieb sind und die weiterhin
Megawatt um Megawatt für
das Stromnetz aufbringen müssen.
Wesentlich für die Bemühungen
um mehr Stromerzeugung ist
die Instandhaltung von Pumpstationen
und Wasserleitungen für die
Industrie, die eine stabile Zufuhr
von mehr als 300 Kubikmetern pro
Stunde dieses für den Prozess wichtigen
Rohstoffs gewährleisten. Die
Importsubstitution durch Verbindungen
mit der nationalen Industrie
und Militärunternehmen war ebenfalls
sehr wichtig, was einen besseren
Fluss von Ersatzteilen, erhebliche
Einsparungen und eine geringere
Abhängigkeit von Importen ermöglicht
hat.
Für Außenstehende, die die Vorgänge
nur vom Hörensagen oder
vom Lesen her kennen, mag es einfach
erscheinen, einen Block in einem
elektroenergetischen System
ein- und auszuschalten. Aber es ist
nicht so, als müsste man lediglich
eine Taste drücken, sondern es handelt
sich um sehr komplexe Vorgänge
und Parameter, die nicht verletzt
werden dürfen. Die Stabilität
des Blocks hängt in hohem Maße davon
ab, dass man die Sache richtig
macht. Auch die Wartung ist nicht
billig und einfach: Die Runderneuerung,
wie sie seit langem für die neuen
Blöcke fällig ist, bewegt sich in einer
Größenordnung von 130 Millionen
Dollar, und der Bau eines neuen
Blocks kostet etwa zwei oder drei
Millionen pro Megawatt.
Deshalb streifen sich fast alle dort
ihre Arbeitskleidung über und gehen in die Werkstätten, um zu innovieren,
zu kreieren. Sie werden
schmierig und sind Teil der erfinderischen
Bewegung, die das am Leben
erhält, was man auch als das
Schlachtpferd des Nationalen Elektrizitätssystems
kennt.
Ohne den Erfindungsreichtum
dieser hartnäckigen Menschen, die
darauf setzten, unter sehr ungünstigen
Bedingungen Strom zu erzeugen,
hätte Kuba mehr als 100 Millionen
Dollar für den Kauf von Teilen
und Komponenten zahlen müssen,
die für die Stromerzeugung in diesem
Kraftwerk unerlässlich sind.
In der mechanischen Werkstatt ist
einer der Arbeiter sehr konzentriert
bei der Sache, denn er weiß, dass seine
Arbeit dem Land Tausende von
Dollar einspart: Er holt ein Reduzierstück
heraus, das in den hydraulischen
Regler eingesetzt wird und
die Wassermenge reguliert, die in
den Kessel gelangt.
Einige dieser Teile wurden gekauft,
aber das letzte wurde während
des Wartungsprozesses eingebaut
und wird jetzt wieder herausgeholt,
um es im Handumdrehen
als Ersatz zu haben, falls ein solches
Teil in Zukunft kaputt geht. Dasselbe
geschieht mit den Turbinenrotoren,
bei denen es sich um vergleichbare
Geräte handelt.
Dieser Erfindungsreichtum ist unverzichtbar,
um all die Teile zu reparieren,
die gebraucht werden. In den
Werkstätten des Heizkraftwerks
Nuevitas wird alles hergestellt:
Laufbuchsen, Ritzel, Pumpenreparaturen,
Buchsen, Dinge, die beim
Import Tausende von Dollar kosten
würden und praktisch identisch ausfallen
wie die Originalteile.
Ein weiteres wichtiges Personal in
dieser Fabrik sind die Elektriker, die
in ihrer Werkstatt Motorpumpen,
Ventilatoren, Kompressoren und
das Belüftungssystem der Motoren
wiederherstellen, die aufgrund der
Umgebung, in der sie arbeiten, sehr
stark beansprucht werden; so bleiben
sie wie neu und schützen so die
Lebensdauer mehrerer Maschinen.
Auch junge Menschen übernehmen
beim Heizkraftwerk Nuevitas
große Verantwortung. Sie arbeiten
hier aus Engagement für die Menschen
und die Revolution. Es sind
Menschen, die ihre Arbeit lieben“.
Das passiert, wenn alle oder fast
alle des Kollektivs für die gleiche Sache
kämpfen, um diese mehr als 50
Jahre alte Eisenmasse voranzubringen
und Strom zu erzeugen. An einem
Ort mit 337 eingetragenen Erfindern
unter 680 Arbeitern, ist es
verständlich, dass sie stur sind: Sturköpfe,
die sich nicht beirren lassen
und ständig nach Lösungen suchen.
So wird in Kuba Strom erzeugt, im
ständigen Kampf gegen den Mangel
und erfinderisch. Diese Zeilen werden
weder den gerade ausgefallenen
Strom wieder zurückbringen, noch
den Herd zum Kochen oder einen
Ventilator zum Laufen bringen, um
nur einige der Verzweiflungen zu
nennen, in die uns die Stromausfälle
stürzen und die auch die Wirtschaft,
unsere Berufstätigkeit und sogar die
Stabilität des Landes beeinträchtigen.
Aber es hilft, wenn man weiß,
wie viel diese hartnäckigen Menschen
tun, um mehr schlecht als
recht die notwendigen Megawatts
zu erzeugen.
Übersetzung: Tobias Kriele