Noch kein Licht am Ende des Tunnels
Doch wenn es darum geht, die Revolution zu verteidigen, sind alle zur Stelle.
Von Renate Fausten
>Für Einer von 600.000 am 1. Mai in Havanna Foto: Cubahora
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Jemand muss mal eine wissenschaftliche Arbeit darüber schreiben, welchen tiefgreifenden Schaden diese Situation des andauernden Hasses und der immer größer werdenden Belagerung, der wir ausgesetzt sind, uns zugefügt hat.
Im neuen Jahr hat sich bis jetzt noch nicht das ersehnte Licht am Ende des Tunnels gezeigt. Die energetische Situation hat sich weiter zugespitzt. Ich kann nur für die Hauptstadt sprechen, an die Lage in den Provinzen wage ich gar nicht zu denken. Wenn früher nachmittags oder abends nur im Falle eines Notfalls der Strom abgeschaltet wurde, so haben wir den Notfall jetzt jeden Tag und seit letzter Woche kann er auch bis 23 oder 24 Uhr dauern. Inzwischen hat man die Hauptstadt auch anstelle der vier in fünf Blöcke aufgeteilt, wohl um eine gerechtere Verteilung zu erreichen. Der revolutionäre Spirit und die Geduld der Bewohner Havannas stoßen bei vielen aber schnell an ihre Grenzen. Wenn laut Programmierung der für 19 Uhr angekündigte Strom z. B. in Block vier um 19:10 Uhr noch nicht da ist, laufen schon die Beschwerdekanäle heiß – und das sind nicht nur höfliche Anfragen, was denn jetzt schon wieder los sei. Manche Dinge sind natürlich auch ärgerlich. Wenn eine Frau, die die ganze Woche gearbeitet hat, die Waschmaschine so früh anstellt, dass bis zum geplanten Stromausfall um 10 Uhr die Wäsche fertig ist, das Elektrizitätswerk den Strom aber schon um Viertel vor neun Uhr abstellt, hat sich der eng getaktete Tagesplan erledigt, besonders, wenn man auch noch die Nummer 115 der Schlange ist, die einen zu den lang ersehnten Medikamenten gegen Diabetes und hohem Blutdruck verhilft, die endlich wieder in der Apotheke eingetroffen sind. Davon geht natürlich die Welt nicht unter, aber es nervt und da muss man halt durch.
92 neue Solarparks sind zeitnah geplant oder schon in Betrieb. Das größte Kraftwerk erfährt eine wirkliche Generalüberholung, die viel Zeit und viel Geld und viel internationale Unterstützung erfahren hat. Wenn dies geschafft ist, wäre das wirklich eine große Erleichterung, denn dieses Mal ist es kein Stückwerk, womit man schnell ein Problem lösen will, das dann aber kurze Zeit später um so schlimmer wieder auftritt. Dieses Mal ist es praktisch ein neues Kraftwerk und auch die Wartungspläne sind geklärt. Wenn dann auch noch das Werk Renté, das letztes Jahr völlig abgebrannt ist, mit eigenen Mitteln wiederhergestellt worden ist, vielleicht wird dann der Sommer doch nicht so schlimm. Bei der Wiederherstellung der beiden Blöcke des Kraftwerks Céspedes und dem thermoelektrischen Kraftwerk von Cienfuegos ist laut dem Minister für Energie und Bergbau positiv festzustellen, dass die ganze Welt zusammengearbeitet hat, um die Logistik zu gewährleisten: „Flugzeuge, Schiffe, ausländische Unternehmen, die ihre Produktion eingestellt haben, um uns zu helfen... Einer unserer Werksleiter ging in ein Land, das ein Schlüsselteil herstellte. Er bekam dort ein Stipendium in den Werkstätten großer Unternehmen, die ihre Produktion stoppten, um angesichts der kubanischen Situation zu mobilisieren, und sie arbeiteten an Samstagen, Sonntagen, sie arbeiteten an den Tagen am Jahresende, um rechtzeitig fertig zu werden, und sie wurden pünktlich fertig – sogar Tage vor dem Zeitplan.“ Dabei sagt er wohlweislich nicht, wer die Wohltäter sind, die so
solidarisch gegenüber Kuba auftreten, denn es könnte sie in größere Schwierigkeiten bringen.
Für Einer von 600.000 am 1. Mai in Havanna
Foto: Cubahora
Normalerweise sind aber alle Geschäfte, die mit Kuba zu tun haben, mit enormen Problemen verbunden. Alle Dinge, die außerhalb Kubas passieren, erfordern eine ungeheure Logistik.
„Um eine Vorstellung davon zu bekommen: Einer der Aufträge umfasst 8.000 Container, 2.200.000 Paneele, Tausende von Tonnen Stahl, Millionen und Abermillionen von Schrauben, Tausende von Kilometern an Kabeln, Glasfaserkabeln, elektrischen Leitungen... all das wird transportiert.
Es gab eine Verzögerung bei den Ankünften, weil die für Kuba bestimmten Container zu einem bestimmten Zeitpunkt verschwunden waren. Das heißt, es gab keine Möglichkeit, Container zu erwerben, um die Waren einzuführen. Wir mussten gehen und Container kaufen. Und nachdem wir diese Lösung gefunden hatten, gab es keine Schiffe mehr, die kubanische Häfen anlaufen konnten, und wir mussten Schiffe mieten und leasen und unsere eigenen Schiffe haben, um diesen Investitionsprozess nicht zu stoppen.
Dann zwangen sie uns, die Schiffe über andere Häfen zu schicken und die Waren in anderen Häfen zu entladen. Das hat die Ankunft der Ressourcen in Kuba weiter verzögert“, erläuterte der Minister die Lage. Wie man sehen kann, wird nichts ausgelassen, um den Kubanern das Leben zu erschweren.
Auf jeden Fall kann man sagen, dass alles getan wird, um die energetische Situation zu verbessern, die besonders im Sommer nicht nur unangenehm, sondern auch gesundheitsgefährdend ist, wenn bei Stromausfall abends kein Ventilator angestellt werden kann und alle Moskitos freie Flugbahn haben.
Ein weiteres mit Treibstoffmangel verbundenes Problem ist die Müllabfuhr, die offensichtlich auch nur beschränkte Zuteilungen erhält und bezirksmäßig die Müllberge abarbeitet. Und es gibt sie auch wieder die Leute, die in Mülltonnen nach Brauchbarem wühlen und dann das, was sie nicht wollen, einfach neben den Müllcontainer werfen. Dann sind die schon angenehmer, die laut „Ich kaufe leere Plastikflaschen“ rufend durch die Gegend laufen. Sie scheinen oft ihre festen Kunden zu haben, die ihnen dann 1,5 Literflaschen in Säcken herausbringen oder sie arbeiten die Cafeterias und Kneipen der Umgebung ab. Vielleicht bringen sie sie zur Recyclingstelle und bekommen ein paar Pesos dafür. Vielleicht landen sie aber auch in La Cuevita, eine Art Markt, wo es alles gibt, was man brauchen kann, unter anderem aus Plastikflaschen hergestellte Gebrauchsgegenstände oder was auch immer man mit Plastikflaschen sonst noch anstellen kann.
5Aber immer noch hat Kuba in den schwierigsten Momenten seiner Geschichte das Unmögliche geschafft. Selbst diejenigen, die 1960 noch Kinder waren, erinnern sich an das sowjetische Schiff Andrej Vishinsky, das sich dem Hafen von Casilda, in der Nähe der historischen kubanischen Stadt Trinidad, näherte. Es war ein mit Erdöl voll geladener Tanker, der eine Reise von mehr als 10.000 Kilometern hinter sich hatte. Damals hatte Kuba keinen Centavo mehr in der Staatskasse. Es konnte seinen Zucker nicht mehr an die USA verkaufen und diese verboten der Insel auch den Kauf von Treibstoff. Von daher ist die Idee der US-Regierungen – kein Tropfen Öl für Kuba – nichts Neues. Sie haben es schon damals nicht geschafft, Kuba kleinzukriegen, aber sie haben nie aufgegeben es zu versuchen. Als die Blockade nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in den 1990er Jahren ihren Höhepunkt erreichte, haben sie das Land von allen Lieferungen abgeschnitten, Treibstoff eingeschlossen, und viele hielten nun das Ende für gekommen. Aber das Land hat auch damals nicht aufgegeben und dann kam das zweite Wunder: Die Hilfe aus dem Land Bolivars. Es kam zu einem einzigartigen Austausch: medizinische Dienstleistungen gegen Erdöl.
Und auch jetzt, in einer Zeit, in der die USA jeden Tanker überwachen, in der sie alles versuchen, um diese mit Einschüchterungen und Erpressungen von ihrer Destination abzubringen, gelingt es den Tankern, mit vielen Zick-Zack-Kurven in Kuba anzulegen. Die Fahrt jedes Tankers nach Kuba gestaltet sich zu einer „Top Secret Aktion“. Es ist alles unendlich schwierig. Wir brauchen wieder ein Wunder, aber das nächste müssen wir mit unseren eigenen Anstrengungen schaffen und diese Anstrengungen werden wiederum gigantisch sein müssen.
Natürlich brauchen wir dabei Verbündete, mit denen wir gemeinsam gegen die internationalen Sanktionen vorgehen, sie umgehen können. Es scheint, als ob die Zentralbank Kubas und die Novikombank Russlands einen strategischen Schritt hin zu einer finanziellen Souveränität gegangen sind. Sie haben einen Mechanismus eingerichtet, der direkte Transaktionen in Rubel ermöglicht, um so die Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren und sich besser vor einseitigen Sanktionen schützen zu können. Diese Initiative ist auch im Rahmen des Status zu sehen, den Kuba seit dem 1. Januar 2025 innerhalb der BRICS einnimmt und in der strategischen Unterstützung Chinas, Venezuelas, Vietnams und Mexikos.
Kuba hat ebenfalls Beobachterstatus in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) und entsprechend enge wirtschaftliche Beziehungen zu deren Mitgliedsländern, wobei die Möglichkeit von Transaktionen in Rubel dort ebenfalls zum Vorteil gereicht, die Position des Landes in der neuen globalen Finanzarchitektur festigt und zu seiner souveränen wirtschaftlichen Entwicklung beiträgt.
Leider zeigen sich die durchaus positiven Aussichten nicht sofort und den Alltag zu bewältigen, bleibt weiterhin für die meisten schwierig.
In Kuba gibt es nach elf Wochen Unterricht etwas, das sich receso escolar nennt – also eine Woche „Pause“ von der Schule. Und da möchten die Eltern ihren Kindern natürlich gern einmal etwas Besonderes bieten – wie etwa einen Besuch im Jalisco Park, der Generationen von Kindern beglückt hat. Dabei merken sie aber sehr schnell, dass der Familienetat nicht ausreicht, um ihren Kindern viele Glücksmomente bescheren zu können, was sowohl für Kinder als auch für Eltern eine frustrierende Erfahrung ist. Auch wenn man alles zum Essen und Trinken mitnimmt, und die Kinder einen wunderschönen Tag auf den Hüpfburgen und Karussells erleben, steht die Mutter daneben, leidet still vor sich hin und rechnet nach, ob das Geld reicht. Der Eintritt ist zwar frei und nur die über 13jährigen bezahlen 50 Pesos. So erzählte ein Vater der Zeitschrift Bohemia, dass er – nachdem ihn seine Zwillinge sechs Monate genervt hatten – schließlich mit ihnen in besagten Park gegangen sei. 7360 Pesos habe er ausgegeben und sich die Frage gestellt : Wenn alle off iziellen Stellen des Landes so viel von der Stärkung des sozialistischen Staatsunternehmens sprechen, um die Kosten zu senken, ist es schon schmerzlich zu sehen, dass die Realität anders aussieht. (Zur Erinnerung: ein staatlicher Angestellter verdient ca. 5000 Pesos.) Das Problem ist, dass diese Art Parks lange Zeit nicht gewartet wurden, weil ganz einfach kein Geld dafür da war. Dann hat man viel Geld investiert und leider auch die Preise erhöht. Zum Teil wurden sie jetzt an private Akteure vermietet, die sie aus den Ruinen haben auferstehen lassen, die aber dafür auch oft Preise verlangen, die das Budget des normalen Kubaners übersteigen.
Ich will mich hier nicht über alle Vergnügungsparks in Havanna auslassen. Bei den spektakulären, wie Finca de los Monos und Quinta de Los Molinos, stellt sich die Situation ähnlich dar. Auch in Deutschland können sich nicht alle Familien Phantasialand und ähnliche Parks leisten. Ärgerlich ist nur, dass die rechtschaffenen Arbeiter, die sich in ihrem Beruf aufopfern, Probleme haben, ihren Kindern einen schönen Tag zu bieten, während manche, die windige Geschäfte machen, sich alles leisten können. Das Problem muss gelöst werden, denn diese Unterschiede gab es eben in der Sonderperiode nicht, als alle auf den Geräten im Jalisco Park ihren Spaß hatten. In Havanna gibt es 937 Parks. 427 davon sind Kinderspielplätze, von denen aktuell 130 in Betrieb sind, was zeigt, dass man sich wirklich anstrengt, mit Reparaturen und Wartung nachzukommen. Bei uns ganz in der Nähe gibt es einen solchen Park. Vor einigen Wochen noch trafen sich dort die Leute, die keinem geregelten Tagesablauf nachgingen. Jetzt wurde der Ort an ein Mipyme (KMU) vermietet und es entstand ein wunderschöner Kinderspielplatz, Hüpfburgen, Schaukeln und elektrische Attraktionen. Der Eintritt ist frei. Alle Geräte, die nicht elektrisch oder mit Benzin betrieben werden, sind ebenfalls gratis. Die Einnahmen bekommt der Besitzer wohl hauptsächlich durch einen Kiosk, der auf dem Gelände steht. Dort bietet er alles Mögliche an, aber keinen Alkohol. Der Spielplatz spielt leise Musik, Kinderlieder oder Trova, aber kein Reggaetton. Kurz gesagt: Er ist ein Schmuckstück, das sich wunderbar in die Gemeinde eingegliedert hat, neben einer Tagesstätte, in der alte Leute zu einem symbolischen Preis essen können, wobei das hervorragende Brot von einem weiteren Mipyme, einer exklusiven Bäckerei, gespendet wird. Das ist wie im Bilderbuch, so hätte man gern die neuen wirtschaftlichen Akteure in die Gemeinden eingegliedert. Und das entspricht auch genau der Idee, die die Revolution verfolgt, dass alle den Stadtteil schöner machen, dass die alten alleinstehenden Leute und diejenigen, die aus dem Netz gefallen sind, nicht allein gelassen werden. Und es funktioniert nicht nur in den sogenannten barrios en transformación (Viertel in Umwandlung), die besonders gehegt und gepflegt werden. Aber man braucht eben einen engagierten Delegierten, einen rührigen CDR-Vorsitzenden. Dann werden schon die meisten mitgerissen, denn das Gefühl der Verantwortlichkeit, der Solidarität ist zwar nicht mehr so ausgeprägt wie früher, aber immer noch vorhanden – und ansteckend.
Für Neben allen anderen Problemen gibt es auch noch eines mit dem Müll. Es fehlen Treibstoff und geeignete Fahrzeuge. Foto: Vicente Brito/Escambray
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Aber wie man es auch dreht und wendet, letztlich hängt alles daran, dass die Wirtschaft in Schwung kommt, dass die Menschen, mit dem, was sie mit redlicher Arbeit verdienen, über die Runden kommen können. Mit fallenden Touristenzahlen, fehlenden Devisen und den zuvor schon erwähnten Hindernissen, ist das leicht gesagt, aber man lässt sich schon etwas einfallen.
Als der Held der Republik Kuba, Ramón Labañino, Mitte Januar dieses Jahres in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der Nationalen Vereinigung der Ökonomen und Buchhalter Kubas (ANEC) die Netzwerkgruppe der Ökonomen auf der digitalen Plattform WhatsApp ins Leben rief, hat er bestimmt nicht geahnt, wie breit, tief und bereichernd die Debatten sein würden, die sich bis heute daraus ergeben. Ziel sollte es sein, „Ideen und konkrete Maßnahmen beizusteuern, die wir aus dem Bereich der Wirtschaft entwickeln können, um sie den zuständigen Gremien der Führung des Landes vorzulegen und so unseren bescheidenen Beitrag zu diesem Kampf zur Verteidigung unseres Sozialismus zu leisten. Alle Kriterien sind willkommen“.
Die Debatte reicht von Themen wie die Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die Beschaffung von Devisen, den Wechselkurs, die Energiekrise, die Ausbeutung und Nutzung des Bodens, die Preise und ihre Kontrolle bis hin zur Rolle und Autonomie des sozialistischen Staatsunternehmens und die nichtstaatlicher Unternehmensformen. Hoffen wir, dass deren Ideen der Führung des Landes bisher unbekannte Perspektiven eröffnen.
Es wurde ja viel Geld in den Bau von Hotels gesteckt, deren Planung zu einer Zeit erfolgte, als Kuba einen Boom erfuhr. Kreuzfahrtschiffe, People to People Programme, Weltwunderstadt Havanna – aber die Zeiten haben sich geändert. Gegenüber dem gleichen Zeitraum im letztem Jahr ist der Tourismus noch einmal um 22% zurückgegangen und es sieht nicht rosig aus. Da die Europäer aus diversen Gründen (ESTA-Visum und Katastrophenmeldungen diverser Art) abgeschreckt werden, war das Gastland der Tourismusmesse in Kuba dieses Jahr die Volksrepublik China. Und die Chinesen engagieren sich bei uns in verschiedenen Bereichen und wenn sie sich den Tourismus vornehmen, wird das sicherlich auch positive Resultate mit sich bringen. Schließlich gibt es ja genug Chinesen und viele von ihnen haben auch Geld. Sie haben schon mal das Hotel Copacabana übernommen. Nur, China ist unendlich weit von Kuba entfernt. Die chinesische Zeitung People`s Daily hat der Zeitung Granma drei wunderschöne große Elektroautos geschenkt. Anlässlich der feierlichen Übergabezeremonie sprach ich mit einer chinesischen Fotografin der Zeitung und sie erzählte mir, dass sie von China nach Havanna 30 Stunden unterwegs gewesen sei. Da fliegt man wahrscheinlich nicht mal eben so hin. Aber die Visumpflicht haben beide Seiten gegenseitig abgeschafft und Air China fliegt über Madrid direkt nach Havanna. Wer weiß...
Für Der derzeitige Mangel an technischem Personal führt zu Unprofessionalität und Pfusch und öffnet zudem Betrügern in diesem sensiblen Bereich Tür
und Tor. Foto: Cubahora
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Aber auch mit den ALBA-Ländern ist man dabei, ein Multidestinationsprojekt zu entwickeln – z. B. quer durch die Karibik mit Kreuzfahrtschiffen, die dann auch Kuba anlaufen können, weil sie nicht vorhaben, Miami in ihr Programm aufzunehmen. Sicherlich eine attraktive Idee.
Aber das sind alles Zukunftsträume. Noch ist unser Problem, wie auch Premierminister Marrero Cruz immer wieder betont, dass, solange die Leute die Ergebnisse all dieser schönen Projekte nicht in ihren Geldbeuteln spüren, sie nur leere Worte bleiben. Die Menschen müssen eine große Energie aufbringen, immer noch das Gute zu sehen, CUBA den Mut nicht zu verlieren und weiter zu machen. Es verbraucht eben nun mal enorm viel Energie, dauernd Widerstand zu leisten, enorme Ressourcen verschwenden zu müssen, immer auf der Hut zu sein und zu sehen, wie man den Feind austricksen kann. Wie Silvio Rodríguez jüngst in einem Interview sagte, dass er anlässlich eines Konzerts in Chile gab: „Ich bin mir bewusst, dass in dem verzweifelten Kampf um zu überleben, man auch Fehler, politische und wirtschaftliche Dogmatismen begangen hat. Dieses Konglomerat an Faktoren hat nicht nur zu einem materiellen, sondern auch zu einem spirituellen Verschleiß geführt. Dieser widerspiegelt sich in vulgärem Verhalten der Menschen und in einer Lethargie, die Dinge aufzuschieben, wie wir sie täglich erleben können. Es ist nicht das erste Mal, dass ich sage, dass man eines Tages eine wissenschaftliche Arbeit über den in die Tiefe gehenden Schaden schreiben wird, den uns diese Situation des dauernden Hasses und der konstanten und stetig wachsenden Belagerung zugefügt hat. Dass all das nicht nachgelassen hat, beweisen die bedrohlichen Aussagen des Chefs des Südlichen Kommandos der USA und anderer Beamten des Imperiums.“
Um so faszinierender ist es dann zu beobachten, wie auch dieses Jahr am 1. Mai wieder 600.000 Einwohner Havannas mit überbordender Begeisterung über den Platz der Revolution, schritten, gingen oder hüpften – ihre kubanischen Flaggen in allen Größen vor sich her schwingend. 5,3 Millionen waren es in ganz Kuba. Wegen Treibstoffmangel mussten die, die weiter weg wohnten, schon früh los – zu Fuß. Viele legten unendlich lange Strecken zurück. Die Jugend bei uns in der Granma machte ein Biwak und verbrachte die ganze Nacht im Gebäude. Sie kamen auch uns fragen, ob wir mitmachen würden. Wahrscheinlich wollte man wissen, wie viel Essen und Getränke man besorgen musste. Denn eines ist sicher: In Kuba läuft nichts, ohne dass Essen bereitgestellt ist, was auch immer. Aber in unserem gesetzten Alter wollten wir doch lieber gemütlich den Paseo hoch bis zur Plaza gehen und auch nicht im Stockdustern. Da reicht auch noch sechs Uhr, um sich irgendeinem Betrieb anzuschließen. Aber die Stimmung kann sich jemand, der nur den 1. Mai in Deutschland kennt, nicht in seinen kühnsten Träumen vorstellen. Viva Cuba, Viva Fidel, Viva la Revolución und dazwischen sangen sie „me dicen Cuba“, (man nennt mich Kuba) und man tanzte auf „gallos de pelea“ (Kampfhähne). Ja, die Kubaner sind oft genervt und schimpfen über alles Mögliche. Aber wenn es darum geht, Kuba und seine Revolution zu verteidigen, sind alle zur Stelle. Das macht Mut. Angesichts des Faschismus kämpft Kuba für seinen Sozialismus, kämpft Kuba für eine Welt, in der die Menschen ein würdiges Leben führen können. Dafür braucht es uns alle!