65 Jahre „Operation Peter Pan“
Von Tobias Kriele
Am 26. Dezmber 1960 begann die Operation Peter Pan mit dem Abflug der ersten fünf Kinder aus Havanna. Foto: Archiv Cubaminrex
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Am 26. Dezember 1960 checkte am Flughafen von Havanna eine kleine Gruppe kubanischer Kinder ohne Begleitung, aber mit Tickets, in einen Flug der Pan American World Airways 422 nach Miami ein. Die Flughafenbeschäftigten wunderten sich, ahnten aber nicht, dass sie lediglich den Vortrupp für eine grausame Kampagne gegen die Kubanische Revolution darstellten: Die Operation Peter Pan.
Nach dem Sieg der Kubanischen Revolution herrschte auf der anderen Seite der Straße von Florida für einige Wochen eine kurze Verwirrung. Wer ist dieser Fidel Castro? Ist er möglicherweise tatsächlich das kleinere Übel gegenüber dem Diktator Fulgencia Batista, der zunehmend korrupt und unberechenbar geworden war? Fidel Castro hatte sich anfangs der Sowjetunion gegenüber eher distanziert gezeigt, allerdings auch deutlich gemacht, dass sich das revolutionäre Kuba nicht von den USA bevormunden lassen würde. Kuba machte sich auf, Internationale Beziehungen auf Augenhöhe zu entwickeln, mit allen, die dazu bereit waren. Dies reichte, um die Haltung der USA gegenüber dem kubanischen Revolutionsführer schnell kippen zu lassen.
Der antikommunistische Apparat in den USA kam schnell auf Touren. Zu seinen potentesten Triebkräften gehörten die CIA, die traditionelle Mafia, die von Enteignung bedrohte kubanische Oligarchie und die „reaktionärsten Sektoren der katholischen Kirche“, wie die kubanische Regierung meist diplomatisch zu formulieren pflegte. Sein Arsenal schloß nichts aus, was zur gründlichen Beseitigung der Revolution beitragen könnte. Der psychologischen Kriegsführung wurde ebenso große Aufmerksam zuteil wie dem o enen Terror.
Es heißt, der CIA-Propagandasender Radio Swan habe mehrmals täglich folgende Meldung abgesetzt: „Kubanische Mutter, lass dir dein Kind nicht rauben. Die revolutionäre Regierung wird es dir wegnehmen, wenn es fünf Jahre alt ist und erst mit 18 zurückgeben. Dann wird es sich in ein materialistisches Monstrum verwandelt haben.“ Von bevorstehenden Massenumsiedlungsaktionen kubanischer Kinder in die Sowjetunion war die Rede, von einer Zwangsrekrutierung von Kindern für das Militär und anderes. Im Ergebnis verschickten mit o zieller Hilfe der „Büros für katholischen Beistand“ in Havanna und in Miami kubanische Eltern nach und nach 14.000 Kinder nach Florida. Sicherlich viele von ihnen in der Ho nung, dass die ausgerufene Revolution nicht von langer Dauer und bald der alte Status Quo wieder hergestellt sei. Vielen Eltern wurde in Aussicht gestellt, dass sie ihren Kindern in die USA folgen könnten, aber die entsprechenden Visa wurden nie bewilligt. Die sogenannte „Operation Peter Pan“ dauerte bis zum Oktober 1962 an, bis die Kubakrise den Flugverkehr zwischen Kuba und den USA unterbrach. Viele der Kinder sahen ihre Eltern nie wieder. Sie wurden in Au anglager und Waisenhäuser gesteckt oder zur Adoption freigegeben. 1962 erklärte die US-Regierung, dass 4.000 dieser Kinder den Kontakt zu ihren leiblichen Eltern verloren hätten. Die Eltern - von der Angst getrieben, die Kommunisten würden ihnen das Sorgerecht für ihre Kinder rauben - sorgten unfreiwillig dafür, dass die USA es ihnen nahm. Viele Kinder erfuhren erst als Erwachsene, dass sie Opfer einer Propagandaoperation waren. An den psychischen Folgen haben sie bis heute zu leiden.
Die „Operation Peter Pan“ ist nicht die einzige Aktion ihrer Art. Aber die Geschichte, die sich hinter ihr verbirgt, zeigt die ganze Grausamkeit und Menschenverachtung, mit der die USA und ihre Verbündeten gegen Kuba vorgegangen sind und es bis heute tun. Wenn man sich fragt, wo die häufig zitierten „Westlichen Werte“ anzutre end sind: In der Kuba-Politik der USA seit 1960 auf jeden Fall schon einmal nicht.
Quellenhinweis: Für diesen Beitrag wurden weitreichende Informationen aus einem Artikel der Jungen Welt vom 10.02.2020 verwendet verwendet