Musks Marionette

Der neue US-Außenminister Marco Rubio darf sich gegen Lateinamerika austoben.
Das Sagen haben andere
Von André Scheer

Noch als Senator von Florida ließ sich der jetzige US-Außenminister Marco Rubio während eines Besuchs des US-Stützpunktes Guantanamo Bay mit Frau Gloria Martinez, einer ehemaligen kubanische Staatsbürgerin, die nun ständig dort lebt, fotografieren. Das Foto, das Frau Martinez in den Händen hält, zeigt ihre Enkelin Lauren Germann, die im United States Marine Corps dient. Für den in Miami geborenen kubanisch-amerikanischen Politiker war dies die erste Kubareise.
Foto: Public Domain PDM 1.0
Unter dem neuen US-Präsidenten verschärft Washington erneut den aggressiven Kurs gegenüber Kuba. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt machte Donald Trump die Entscheidung seines Vorgängers Joe Biden rückgängig, Kuba von der Liste der Staaten zu streichen, die nach Ansicht der USA den internationalen Terrorismus fördern. Am 25. Februar folgte eine erneute Einschränkung der Reisefreiheit für Kubanerinnen und Kubaner sowie für Bürger von Drittländern, die als „mutmaßliche Komplizen“ eingestuft werden. Der neue Schlag richtete sich gegen die internationale medizinische Solidarität Kubas. Washington beschuldigt Kuba des „Menschenhandels“, weil es Ärztinnen und Ärzte sowie anderes medizinisches Personal in alle Welt schickt. US-Außenminister Marco Rubio ließ sich in einer Pressemitteilung seines Amtes mit den Worten zitieren, dass die medizinischen Missionen der Insel „das kubanische Regime bereichern und einfacher Kubaner von der medizinischen Versorgung abschneiden, die sie in ihrem Heimatland dringend brauchen“. Kein Wort natürlich davon, dass es vor allem die brutale Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade Washingtons gegen Kuba ist, die die Einfuhr wichtiger Medikamente und medizinischer Geräte erschwert oder verhindert – und die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Kuba trotzdem besser ist als in weiten Teilen der Vereinigten Staaten, wo Patienten erst einmal Geld auf den Tisch legen müssen, bevor sie behandelt werden.
Marco Rubio ist ein alter Bekannter. Der seit Ende Januar als US-Außenminister amtierende Politiker hat sich seit Jahren einen Ruf als antikommunistischer Scharfmacher erarbeitet. So ging etwa die erneute Verschärfung der US-Politik gegenüber Kuba in der ersten Trump-Administration maßgeblich auf seine Initiative zurück. Nachdem Washington 2017 viele Maßnahmen der Regierung von Barack Obama zurücknahm, die eine Entspannung der Beziehungen zur Insel zum Ziel gehabt hatten, kritisierte Rubio dies als nicht weitgehend genug. Auch sonst tat er sich der 1971 in Miami geborene Republikaner als Einpeitscher gegen Kuba, Venezuela und Nicaragua hervor.
Diesen Kurs setzt er auch als Chefdiplomat von Donald Trump fort. Vor der ersten Auslandsreise nach seiner Vereidigung, die ihn nach El Salvador, Guatemala, Costa Rica, Panama und in die Dominikanische Republik führte, verö entlichte er am 30. Januar im „Wall Street Journal“ einen längeren Artikel, in dem er die „America First“-Strategie in der Außenpolitik skizzierte. „Es ist kein Zufall, dass mich meine erste Auslandsreise als Außenminister am Freitag nach Mittelamerika führt und ich somit in unserer Hemisphäre bleibe“, schrieb er. „Die außenpolitische Agenda von Präsident Trump beginnt in unserer eigenen Nachbarschaft. Eine seiner vorrangigen Prioritäten ist die Sicherung unserer Grenzen und die Umkehrung der katastrophalen Invasion, die von der vorherigen Regierung begünstigt wurde. Bei diesen Bemühungen spielt die Diplomatie eine Schlüsselrolle.“
Ob Marco Rubio überall, wo er als Außenminister hinfliegt, auch willkommen ist, wird wohl des öfteren diplomatisch verschwiegen.
Foto: US Secretary of State
Zur „Beendigung und Abschreckung von Migration“ müsse man mit den Herkunftsländern der Menschen zusammenarbeiten, damit diese ihre aus den USA abgeschobenen Staatsbürger aufnehmen. Das kombinierte der Minister mit unverhohlenen Drohungen: „Einige Länder arbeiten bereitwillig mit uns zusammen, andere weniger. Ersteres wird belohnt werden. Was Letzteres betri t, so hat Präsident Trump bereits gezeigt, dass er mehr als bereit ist, den beträchtlichen Einfluss der Vereinigten Staaten zum Schutz unserer Interessen einzusetzen. Fragen Sie doch mal den kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro.“ Petro hatte Ende Januar mehreren US-Militärflugzeugen die Landegenehmigung in Kolumbien verweigert, die Migranten in ihre Heimat zurückbringen sollten. Darau in hatte Trump Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf alle Importe aus Kolumbien verhängt und Einreisebeschränkungen verhängt – Bogotá musste nachgeben.
Marco Rubio ist selbst Sohn kubanischer Einwanderer. Diese waren allerdings nicht vor der Revolution geflohen, wie er lange suggeriert hatte, sondern schon in den 1950er Jahren aus wirtschaftlichen Gründen emigriert, „um den amerikanischen Traum zu leben“, wie es in der o ziellen Kurzbiographie Rubios auf der Homepage der US-Botschaft in Deutschland heißt. „Insbesondere durch Gespräche mit seinem Großvater, der den Niedergang seiner Heimat durch den Kommunismus miterlebte, fühlte sich Rubio zum Dienst an der Ö entlichkeit berufen.“
Rubios Hass auf alles, was als links oder gar kommunistisch angesehen wird, ist tief in seinen Eingeweiden verankert. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats hatte er unter anderem mehrere antichinesische Gesetze verfasst und so für eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Washington und Beijing gesorgt. Auch in seinem Artikel für das „Wall Street Journal“ machte Rubio keinen Hehl aus seinem antikommunistischen Wahn: „Die illegitimen Regime in Kuba, Nicaragua und Venezuela tragen bewusst zur Verschärfung des Chaos bei. Währenddessen nutzt die Kommunistische Partei Chinas ihren diplomatischen und wirtschaftlichen Einfluss – wie etwa beim Panamakanal –, um sich den Vereinigten Staaten entgegenzustellen und souveräne Nationen in Vasallenstaaten zu verwandeln.“ Wie können die Chinesen nur? Souveräne Nationen in Vasallenstaaten zu verwandeln käme Washington natürlich nie in den Sinn.
In Kuba guckt man sich das Treiben Rubios eher schulterzuckend an. Dort geht man davon aus, dass sein tatsächlicher politischer Einfluss auf die Regierungspolitik gering ist. „Seit er die Kontrolle des Foggy Bottom (Sitz des US-Außenministeriums in Washington) übernommen hat, tauchte Rubio ständig ein oder zwei Schritte hinter den Aktionen des Präsidenten Donald Trump oder des Tech-Magnaten Elon Musk auf, um Entscheidungen zu erklären und zu rechtfertigen, die er wahrscheinlich nicht tre en würde, wenn er wirklich das Sagen hätte“, kommentierte das Internetportal Cubadebate am 17. Februar. Der demokratische Senator Chris Murphy wird mit den Worten zitiert: „Die Sache ist ganz einfach, Rubio ist nicht im Amt. Wer ist also der wirkliche Außenminister? Elon Musk.“ Die US-Demokraten hatten der Ernennung Rubios zugestimmt, o enbar weil sie auf dessen mäßigenden Einfluss auf die Politik des Weißen Hauses gehofft hatten. Ob das jemals berechtigt war, kann man getrost dahingestellt lassen.