Auf den Spuren der Revolution

Ein Bildungsurlaub auf Kuba
Von Tobias Kriele

Refugio Pico Joaquin in der Sierrra Maestra
Foto: Eduardo Manchon, CC BY-SA 3.0
Nach Kuba zu reisen ist ein beeindruckendes Erlebnis. Die Motive und Anliegen der Kubanischen Revolution versteht man am besten vor Ort, indem man für einige Tage mit den Menschen zusammenlebt, die diese Revolution aufgebaut haben. Aus diesem Grund ist der erhebliche Rückgang an deutschen Touristen auch ein Nachteil für diejenigen, die in Deutschland um Solidarität mit der Karibikinsel werben.
Umso erfreulicher ist es, dass die Weiterbildungsorganisation Arbeit und Leben Rheinland-Pfalz/ Saarland Anfang Dezember 2024 einen Bildungsurlaub unter dem Motto „Wandern auf den Spuren der Revolution“ im Osten Kubas anbot. Durch die Anerkennung nach dem Bildungsfreistellungsgesetz gelangten die berufstätigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Genuss von fünf Tagen Bildungsurlaub. Das Interesse war groß, die 18 Plätze innerhalb von wenigen Tagen nach Beginn der Ausschreibung vergeben.
Zum Konzept des Bildungsurlaubs gehörte, die kubanische Geschichte in Raum und Zeit zu erwandern. Die Reise begann in Bayamo im Osten Kubas, ihres Zeichens die zweite von der spanischen Kolonialmacht gegründete Stadt. Begleitet von Workshops und Auswertungsrunden wurden dort historische Stätten besucht, die von der Errichtung der spanischen Kolonie zeugten. In der Nähe von Bayamo rief der Großgrundbesitzer Carlos Manuel de Céspedes am 10.Oktober 1868 seine Sklaven zusammen, schenkte ihnen die Freiheit und rief sie auf, mit ihm für ein freies Kuba und gegen die spanische Kolonialmacht zu kämpfen. Damit begann der erste Befreiungskrieg, der nach zehn Jahren ohne Ergebnis endete. Der Besuch des Geburtshauses von Céspedes, der bis heute in Kuba als der „Vater des Vaterlandes“ verehrt wird, wusste zu beeindrucken. Dass der Internationalismus in der kubanischen Revolution seither eine große Rolle spielt, machte ein Besuch beim ICAP in Bayamo deutlich, wo zwei Dutzend kubanische Ärzte, Krankenschwestern und Lehrer von ihrer Motivation berichteten, an Auslandseinsätzen teilzunehmen. Interessant, dass eigentlich alle Revolutionsbewegungen ihren Ausgangspunkt im Osten Kubas nahmen – so auch der Sturm auf die Kaserne Nico M. López in Bayamo, die am 26.Juli 1953 parallel zur bekannteren Moncada-Kaserne angegrien wurde. Von dort aus ging es zunächst mit dem Bus und schließlich mit Allradfahrzeugen nach Santo Domingo in der Sierra Maestra. Während der Reise wurde die Abgeschiedenheit der Gegend deutlich: Ein Eindruck, der sich noch verstärkte, als die Gruppe am folgenden Tag von dort die Wanderung zur ehemaligen Comandantur von Fidel Castro antrat. „Unglaublich, unter welchen Entbehrungen sich die Guerrilleros an diesen abgelegenen Ort gelangt sein müssen, um von hier die Welt zu verändern“ brachte es ein Teilnehmer auf den Punkt. Sportlicher Höhepunkt der Reise war die Überquerung der Sierra Maestra über ihren höchsten Punkt, den Pico Turquino, immerhin auf 1974 Metern gelegen. Dies wurde mit einer Zwischenübernachtung in einer einfachen Hütte auf der Aguada de Joaquín bewältigt. Wecken um 4 Uhr morgens, Frühstück mit einem Rindersteak und Auruch mit Stirnlampen noch bei Dunkelheit – das wird wohl keiner der Beteiligten vergessen. Auf dem Gipfel des Pico eine Erfrischung vor dem Denkmal für José Martí, dann hatten sich die Gipfelstürmer mit den knapp 2000 Metern auseinanderzusetzen, die es anschließend Richtung Karibikküste abzusteigen galt. Ein Teil der Gruppe hatte von Anfang an die Alternative gewählt, in dem kleinen Dorf Santo Domingo zu verbleiben und dort die Lebensbedingungen in der Sierra Maestra vor und nach der Revolution zu erkunden. Nach einer Nacht in einem Strandhotel in Chivirico, wo sich die Gruppe wieder vereinigte, ging es nach Santiago de Cuba, wo die Gruppe auf dem Friedhof La Ifigenia die Grabstätten von José Martí und Fidel Castro besuchte. Nach einem bewegenden Besuch beim ICAP Santiago de Cuba wurde das letzte Nachtquartier im Hotel Casa Granda am Parque Céspedes bezogen, also dort, wo Fidel am 1. Januar 1959 den Sieg der Revolution verkündet hatte. Damit fand die Reise vom Beginn der Kolonialisierung Kubas bis zum Erreichen der Unabhängigkeit ihren Abschluss. Am letzten Abend in Santiago machte sich Marcos, der uns begleitende AMISTUR-Guide, durch eine improvisierte Gesangseinlage unsterblich.
Mausoleum José Martís in Santiago de Cuba
Foto: Sangianense, CC BY-SA 4.0
Im Auswertungsgespräch wurde deutlich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vielfältige Bilder aus Kuba mitgenommen hatten. So heterogen wie die Gruppe selbst mit Teilnehmern aus ganz Deutschland, waren auch die Eindrücke. In einem waren sich aber alle einig: Die Auswirkungen der US-Blockade auf die kubanische Bevölkerung sind schockierend, und man muss etwas dagegen tun. Aus der Sicht des Veranstalters zogen wir das Fazit, dass diese erstmalig durchgeführte Reise ein Erfolg war und eine Weiterführung verdient hätte. Der Bildungsurlaub machte zudem seinem Namen alle Ehre. Es war zu spüren, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich intensiv mit den Zielen und Werten der Kubanischen Revolution auseinandersetzten und versuchten, diese mit den Schönheiten als auch Einschränkungen des kubanischen Alltags der Jetztzeit zusammen zu verstehen. Keine leichte Aufgabe, wenn man aus einem europäischen Alltag kommt, in dem Reisen üblicherweise als Konsumartikel verstanden werden.
Aus der Sicht des Reiseleiters kann ich nur sagen, dass ich dankbar bin, dass ich eine Gruppe begleiten durfte, die es verstanden hat, sich auf die vielfältigen und widersprüchlichen auf sie einprasselnden Eindrücke einzulassen. Das Geschenk, das mir die Gruppe zum Abschluss machte, hätte nicht schöner sein können: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen nach Rückkehr in Deutschland noch einmal zusammenkommen und darüber beraten, was wir gemeinsam gegen die US-Blockade gegen Kuba tun können. Daher fällt ein Fazit leicht: Zur Nachahmung empfohlen.