Gesundheit als Priorität

Kuba entwickelt „Infantix“ und noch mehr
Von Dr. Edgar Göll

Während in Nato-Staaten gigantische Finanzmittel in hochmoderne Wa ensysteme, Zerstörungsgeräte und „kriegstüchtige“ Gesellschaften gesteckt werden, sieht die Prioritätensetzung im sozialistischen Kuba ganz anders aus. Da wird vor allem in die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens investiert, und zwar auf höchstem Niveau. Ein aktuelles und praktisches Beispiel ist ein ScreeningSystem zur Früherkennung von Hör- und Sehstörungen bei Neugeborenen. Dies haben Expertinnen und Experten des kubanischen Zentrums für Neurowissenschaften (CNEURO) entwickelt. Das Gerät hat den Namen Infantix und ist die weltweit erste Technologie dieser Art und mit diesen Fähigkeiten.
Der Telekommunikations- und Elektronikingenieur Ernesto Velarde, Leiter dieses Projekts bei CNEURO, erklärte gegenüber der Tageszeitung Granma, dass ein Merkmal dieses Geräts darin besteht, dass es über ein System verfügt, mit dem je nach Test und Signalaufzeichnung verschiedene Module gekoppelt werden können. Für die Durchführung von Tests des Hörvermögens werden die entgegen der Richtung bei der Schallwahrnehmung, also nun von innen nach außen gelangenden Signalen (otoakustische Emissionen) gemessen. Dazu sei das Modul mit einem Aufsatz mit angepassten Mikrofonen und Lautsprechern ausgestattet, mit denen dann die klinische Analyse aus der Aussendung eines Tons durch das Gerät und der Aufnahme des Echos durchgeführt werde. Somit erhält man Informationen über das Funktionieren des gesamten Mittel- und Innenohrs.
Bei einer möglichen Sehstörung wiederum erhält der Patient eiCUBA nen visuellen Reiz und das Screening- oder Forschungssystem wertet die Reaktion des Gehirns aus. Auf diese Weise kann der Zustand der Netzhaut und des Sehnervs bis hin zu dem Teil der Hirnrinde, der für die visuelle Verarbeitung zuständig ist, bewertet werden. Mit diesem Screening lassen sich verschiedene Augenkrankheiten wie angeborener grauer Star und Sehnerven-Neuropathien feststellen.
Die Bedeutung dieser innovativen Diagnosemethoden liegt in der möglichst frühzeitigen Erkennung von Hör- und Sehstörungen bei Neugeborenen durch ein universelles Screening, bevor sie aus den Entbindungskliniken nach Hause entlassen werden. Der Nutzen besteht beispielsweise darin, dass Kinder, die taub geboren werden oder einen teilweisen Hörverlust erleiden, in den ersten sechs Lebensmonaten angemessen behandelt werden können. Damit haben sie im Alter von fünf Jahren die gleichen kognitiven Fähigkeiten erworben wie Säuglinge ohne Hörverlust (der häufigste angeborene Defekt weltweit) und können ein normales Leben führen.
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für die Innovationskraft des kubanischen Forschungs- und Entwicklungssystems ist „Combiovent“, ein Lungenbeatmungsgerät für die Intensivpflege von Erwachsenen. Nach seiner amtlichen Zulassung im März, wird es nun im nationalen Gesundheitssystem eingeführt. Das Gerät wurde von der Firma Combiomed Tecnología Médica Digital, die zur Unternehmensgruppe BioCubaFarma gehört, entwickelt und produziert. Dieses Gerät unterstützt die Atmung von Patienten, die aufgrund von Krankheit, Trauma oder anderen Umständen nicht in der Lage sind, selbstständig zu atmen, und eine Beatmungshilfe benötigen, um das Leben zu erhalten und ihre Genesung zu fördern. Dr. Alberto Martínez Sardiñas, Leiter des medizinischen Teils des Projekts, bezeichnete den Combiovent als eines der komplexesten medizinischen Geräte, die in Kuba hergestellt werden, und als ein wahres Juwel der nationalen Technologie.

Spezialisten des kubanischen Neurowissenschaftenszentrums (Cneuro) haben ein neonatales ScreeningSystem zur frühen und objektiven Erkennung von Hör- und Sehstörungen bei Neugeborenen entwickelt. Fotos: Granma und Ariel Cecilio Lemus (u.)

Kürzlich wurde in der Granma über die medizinisch-pharmakologischen Leistungen der Unternehmen der kubanischen Biocubafarma-Gruppe im Jahr 2024 berichtet. Demnach wurden in deren Einrichtungen 396 Projekte durchgeführt, darunter mehr als hundert in Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen Einrichtungen. Forschung, Entwicklung und Innovation zur Erlangung neuer Dienstleistungen und Technologien für die menschliche Gesundheit und auch für den Agrarsektor seien demnach weiterhin eine Priorität. Dies erklärte Dr. Mayda Mauri Pérez, Präsidentin der Biocubafarma Unternehmensgruppe, in ihrer Rede anlässlich der Gedenkveranstaltung dieser Institution zum Kubanischen Wissenschaftstag. Sie betonte, dass trotz der sehr ungünstigen Rahmenbedingungen im Jahr 2024 26 neue Produkte auf dem nationalen Markt eingeführt wurden. Darunter befinde sich der vom Finlay Impfinstitut entwickelte Pneumokokken-Impfsto QuimiVio-7 und der Sumasignal CF-Assay, ein Diagnosesystem für zystische Fibrose, vom Immunoassay Centre. Daneben seien es auch neue Medikamente und Impfsto formulierungen. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass Biocubafarma auch für den Bereich der Landwirtschaft sehr produktiv gewesen sei. Dazu gehört der Nachweis der Wirksamkeit eines oral verabreichten Subunit-Impfsto s gegen das Virus der klassischen Schweinepest. Und schließlich wurden 52 Patente für die Unternehmensgruppe im Ausland und acht im Inland erteilt. Zudem wurden im Jahr 2024 von Biocubafarma neue Unternehmen in China, Russland und Deutschland gegründet.




All diese Maßnahmen und viele weitere sind für die kubanischen Bevölkerung äußert wichtig. Denn damit werden auch die technologische Souveränität und das Wissen in einem so sensiblen Bereich der Medizin gestärkt. Und nicht zuletzt bedeuten die vielfältigen Entwicklungen und deren Herstellung in Kuba auch eine erhebliche Ersparnis durch den Ersatz von Importen, da die Weltmarktpreise für medizinische Geräte und Medikamente extrem hoch sind. Auch werden damit Exportmöglichkeiten geschaffen. Angesichts der Blockade und des Wirtschaftskrieges von Seiten der USA und ihrer Vasallen sind das strategisch bedeutsame Leistungen von Kuba. Daher ist es auch äußerst klug und hilfreich, wenn möglichst viele Solidaritätsaktivitäten hierzu getätigt werden, oder sogar Forschungs- und Wirtschaftskontakte unterstützt werden.