Kuba: Kollaborationismus und Post-Wahrheit

José Manzaneda, Koordinator von Cubainformación

Kollaborationismus ist eine Form des Verrats, die auf der Zusammenarbeit mit feindlichen Kräften während eines Krieges oder einer Besetzung beruht.
Kuba leidet unter spezifischen Formen beider Aggressionen (Krieg und Okkupation) durch die größte Militär- und Finanzmacht der Welt: die USA. Der Krieg ist nichtkonventionell und hauptsächlich wirtschaftlich, durch eine Blockade, die das Einkommen, die Kredite und die Investitionen des Landes blockiert, mit der ständigen Drohung einer militärischen Intervention. Die Okkupation findet in der Bucht von Guantánamo statt. Daher können diejenigen Kubaner, die diese US-Politik gegen ihr Land öffentlich unterstützen und darüber hinaus wirtschaftliche Mittel vom Feind erhalten, ohne den geringsten Zweifel als Kollaborateure bezeichnet werden. Sie haben sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht – in Kuba, in den USA und in jedem anderen Land der Welt. Die Konzernpresse zieht es jedoch vor, diese Menschen als "Dissidenten“, „Gegner“ oder „politisch Verfolgte“ zu bezeichnen.

Kollaborationismus
So ist es der Fall von José Daniel Ferrer, der nach seiner kürzlichen Entlassung aus einem kubanischen Gefängnis in Dutzenden von Medien als „Oppositionsführer“ gepriesen wird, der „aus politischen Gründen“ inhaftiert wurde. Wirklich? Lassen Sie uns einige Informationen liefern, die nicht durch den Filter der Zensur gegangen sind. Ferrer kollaboriert mit der US-Aggressionspolitik gegen sein Land. Vor einigen Tagen nahm er online an einer Kundgebung in Washington teil, die dazu aufrief, „von der neuen US-Regierung ‚konkrete Maßnahmen‘ gegen das Regime der Insel zu fordern“, darunter die totale wirtschaftliche Erstickung und die Erklärung Kubas zu einer „Gefahr für die nationale Sicherheit der USA“, was der Auftakt zu einer Militärintervention werden könnte. Die Forderung nach einer Militärintervention wurde übrigens während der gesamten Veranstaltung wiederholt skandiert.
In einem Interview unterstützte Ferrer kürzlich die Wirtschaftskriegspolitik von Donald Trump und Marco Rubio gegen Kuba. Er forderte sie auf, „hart mit dem Regime umzugehen“ und befürwortete die Aufnahme Kubas in die „Liste der Länder, die den Terrorismus fördern“, deren Streichung „den Finanzen des Landes einen großen Dienst erweisen“ würde. Erinnern wir uns: Die Aufnahme in diese Liste und die 243 von Trump vor fünf Jahren verhängten Sanktionen haben die kubanische Wirtschaft pulverisiert und die Verarmung von Millionen von Menschen auf der Insel verursacht.
Eine der ersten Personen, die mit Ferrer nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sprach, war der republikanische Senator Rick Scott aus Florida, der Trump Tage später au orderte, die Wirtschaftssanktionen zu verschärfen und den Geldf luss nach Kuba zu stoppen.

Söldnertum
Die Aktivitäten von José Daniel Ferrer und seiner Gruppe UNPACU werden seit Jahren von der US-Regierung finanziert. Der wichtigste Kanal ist die Cuban-American National Foundation in Miami, die erhebliche staatliche Mittel aus den mehr als 30 Millionen Dollar pro Jahr für „Demokratie in Kuba“ erhält. Ferrer ist also nicht nur ein Kollaborateur. Er ist auch ein Söldner.

Experten-Quellen
Seltsamerweise sind Organisationen, die nachweislich auch von diesen Geldern des Weißen Hauses unterstützt werden, wie die Kubanische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, und andere, die dies nach Ansicht zahlreicher Analysten auf versteckte und dreieckige Weise tun, wie Prisoners Defenders, eben jene „Expertenquellen“, die von den Mainstream-Medien benutzt werden, um uns den Fall Ferrer näher zu bringen.

Entführungen und Lügen
Aber erinnern wir uns: José Daniel Ferrer wurde 2020 nicht wegen Söldnertums verurteilt, sondern wegen Entführung, Folter und körperlicher Gewalt gegen einen seiner ehemaligen Mitarbeiter, der ihn bei den Behörden angezeigt hatte. Dieser „hartnäckige Verfechter des gewaltlosen Kampfes“ (so wird er in einer der vielen Berichte beschrieben) hat eine lange Vorgeschichte mit Männergewalt gegen drei seiner Ex-Partnerinnen. Im Jahr 2016 schilderte Ferrer stolz einen der vielen Angri e gegen Abweichler (also Dissidenten) in seiner eigenen Organisation: „Ich habe den Lügner und Verleumder Roberto Ayala konfrontiert, und da ich kein traditioneller Politiker sein mag – und auch nicht sein will –, habe ich ihn hier rausgeprügelt. Ich habe das Problem selbst in die Hand genommen und ihn rausgeprügelt“.Seltsamerweise taucht nichts davon in der Konzernpresse auf, die allerdings wiederum seinen Vorwürfen von angeblicher Folter im kubanischen Gefängnis Glaubwürdigkeit verleiht. Auch die Tatsache, dass 2019 ein Video aufgetaucht ist, das Ferrer zeigt, wie er sich im Gefängnis selbst verletzt, indem er seinen Kopf gegen einen Tisch schlägt, hat in den Redaktionen keine Zweifel an der Ehrlichkeit dieser Person au ommen lassen.
Können Sie sich vorstellen, dass die Kollaborateure, die 1945 in Frankreich verurteilt wurden, heute in der Presse als politisch Verfolgte dargestellt werden würden? Im Zeitalter der Post-Wahrheit sollte man sich über nichts mehr wundern.

Übersetzung: Tobias Kriele