Die Ereignisse der letzten Tage, die Debatten in den sozialen Netzwerken und die Stellungnahmen verschiedener Personen und Institutionen machen erneut deutlich, dass in Kuba die Gefahr besteht, dass die Politik von allem, was geschieht, abgetrennt wird, und dass sich das Unpolitische Dasein verbreitet, mehr als Science-Fiction denn als Realität.
Unpolitisch zu sein, wird heute in Kuba und in der Welt als die einfachste aller Varianten verkauft, aber was verbirgt sich hinter dieser Option? Können sich die Kubaner von der Politik des Landes, von der Weltpolitik, die sich so stark auf Kuba auswirkt, fernhalten? Vor allem, wenn diese Themen auf dieser Insel in der Schlange an der Bodega ebenso wie an der Bushaltestelle diskutiert werden?
Die Behauptung, wir Kubaner seien unpolitische Wesen, kann einen ähnlichen Preis haben wie die Demobilisierung und Entlassung der kubanischen Befreiungsarmee im vorletzten Jahrhundert, als sie am dringendsten gebraucht wurde, um das von den Vätern unserer Nation erträumte Unabhängigkeitsprojekt zu verteidigen.
Das ist nicht neu, es ist die akkumulierte Wirkung eines Kultur- und Medienkriegs, der es geschafft hat, die Linke und die Unterdrückten zu beeinflussen, und tief eingedrungen ist. So tief, dass er diejenigen, die sich wie Millionäre gebärden, ohne tatsächlich einen Peso in der Tasche zu haben, davon überzeugt hat, wie Kapitalisten zu denken und nicht einfühlsam für die anderen da zu sein, nicht gegen die Unterdrückung durch die Imperien zu kämpfen und Konzepte wie den Klassenkampf aus der Vorstellungskraft des Volkes und aus Sektoren zu verbannen, die bislang an diese marxistischen Konzepte gewohnt waren. Das alles ist Teil dieses makabren Plans, der darauf abzielt, die Kräfte der Veränderung zu demobilisieren.
Lasst uns nicht naiv sein, der Apolitizismus in Kuba kommt nicht von ungefähr: Seit einigen Jahren blüht ein Dritter Weg auf, zu dessen Grundsätzen die Banalisierung der Bedeutung von Links und Rechts als politische Positionen, die Diskreditierung aller politischen Vermittlungen gehören. Als wäre das nicht genug, wird der Individualismus als Bezugsrahmen für die Bestrebungen der Bürger gesetzt.
Auf diese Weise zielt sie auch darauf ab, die Möglichkeit zu diskreditieren, die Ordnung der politischen Weltherrschaft zu ändern, welche auf der Reproduktion des Kapitals beruht, wobei Klassenunterschiede als unveränderlich akzeptiert werden und die Gesellschaft denjenigen zugute kommt, die sich am besten durchsetzen können. Das ähnelt doch ziemlich dem Konzept von David Rockopt, als dieser vorschlug, die amerikanische Kultur zu globalisieren, um gemeinsame Werte zu entwickeln, „mit denen die Amerikaner zufrieden sein können“.
Im kubanischen Kontext zielt das Setzen auf Ideen, die von einem vermeintlich unpolitischen Standpunkt aus verteidigt werden, darauf ab, das Unvereinbare miteinander zu versöhnen, während die jüngste Geschichte uns zeigt, dass es unmöglich ist, das Beste aus zwei antagonistisch gegenüberstehenden Systemen zu nehmen, da das Wesen des älteren darin besteht, Reichtum für einige wenige auf Kosten der Armut vieler zu schaffen.
Der so genannte „Apolitizismus“ ist philosophisch schwerlich zu begründen. Wie einfach und fernab der Politik eine Entscheidung auch erscheinen mag, als die sozialen Wesen, die wir sind, basiert sie immer auf politischen Begriffen oder Bezügen, und das kann man zu keiner Zeit vergessen. Die Kubaner können es nicht vergessen, denn wir würden unser historisches Gedächtnis ignorieren, und auch dieInstitutionen, die für die Vermittlung von Weltanschauung zuständig sind, sollten es nicht vergessen, vor allem unsere Medieninstitutionen, deren Aufgabe es ist, vor allem dieses Land und seine Vorhaben weiter zu verteidigen.
In diesem Kontext, in dem es darum geht, uns von innen heraus zu untergraben, müssen wir uns darum bemühen, das politische Bildungsniveau unseres Volkes weiter zu erhöhen, die Programme der Fächer, die diese Inhalte vermitteln, noch weiter zu verbessern und nach Alternativen zu den fehlenden oder nur eingeschränkt angebotenen Fächern in den Universitätsprogrammen zu suchen, die uns lehren, nicht in die Falle des Vergessens, des Unpolitischen, des politischen Zentrismus zu tappen. Wir können nicht weiterhin wehrlos sein gegenüber auffälligen, suggestiven und scheinbar „modernen“ Ideen, hinter denen viel Wissenschaft und viele Dollarmillionen stehen, die darauf ausgerichtet sind, unser Wesen zu demontieren.
Angesichts dessen müssen wir neue Wege im politischen Diskurs und Handeln finden, um tiefgreifende und kulturelle Veränderungen in den Köpfen der Menschen zu erreichen, damit wir in fortschrittlichen Prozessen vorankommen und nicht so leicht auf diese Manipulationen hereinfallen.
Sich im heutigen Kuba für diese Tendenzen zu entscheiden, bedeutet, sich den Verpflichtungen und der Verantwortung zu entziehen, und vor allem ist es keine revolutionäre Haltung, geschweige denn eine moderne Haltung. Auf diese Weise werden wir entwaffnet oder wir werden mundtot gemacht, wie es in der Geschichte Kubas bereits geschehen ist, weil jede Möglichkeit des Widerspruchs und damit der Revolutionen ausgeschaltet wird. Dieser Kapitalismus, der uns immer noch als die Zukunft verkauft wird, hat bereits gezeigt, dass er nichts Neues zu bieten hat, sondern immer noch der gleiche räuberische und grausame Kapitalismus von vor 400 Jahren ist.
Kuba hat keine andere Wahl, als den Aufbau dieser neuen, alternativen, sozialistischen Gesellschaft fortzusetzen, die wie alle menschlichen Werke unvollkommen ist, aber von kubanischen Männern und Frauen geschaffen wurde. Als die Mambisen dieses Jahrhunderts, die wir sind, lassen wir es nicht zu, dass man uns erneut die Waffen klaut!
Übersetzung: Tobias Kriele