Und es ward wieder Licht

Stromausfälle, Energiekrise, Blockade und andere Widrigkeiten
Von Renate Fausten

Antonio Guiteras

Auch das größte und effizienteste Kraftwerk „Antonio Guiteras“ in Matanzas ist zeitweilig ausgefallen.
Foto: Periódico Girón

Zweiundsiebzig Stunden ohne Strom und nicht zu wissen, wann er wiederkommt, war schon eine Erfahrung der anderen Art. Am Donnerstagabend sollte uns der Energieminister mit Premierminister Marrero Cruz als Moderator über die kritische Lage informieren. Das wurde groß für acht Uhr dreißig nach den Nachrichten angekündigt und solche Dinge lassen schon nichts Gutes ahnen. Das Ganze verschob sich dann wegen technischer Probleme, da sich der Premierminister zu dieser Zeit im Osten des Landes befand, wo sich Hurrikan Oscar näherte, es aber noch nicht klar war, wie weit und wo er Kuba in Mitleidenschaft ziehen würde. Da wir die Begeisterung der Kubaner für brasilianische Telenovelas nicht teilen, ist uns dann besagte Information, die dann im Anschluss an „Stolz und Leidenschaft“ übertragen wurde, entgangen.
Nicht mehr entgangen ist uns aber dann am Freitag darauf, dass CUBA um halb neun morgens der Strom wegging. Das war erst einmal nicht weiter beunruhigend, das tut er öfter, wenn auch die Zeit ungewöhnlich war. Aber als ich dann mein Handy konsultierte, begann mir langsam das Ausmaß der Katastrophe zu dämmern. Das komplette Stromnetz war zusammengebrochen. Die gesamte Insel von Cabo San Antonio bis Maisí lag im dunkeln und nach allem, was man den Aussagen der Fachleute entnehmen konnte, würde das auch noch lange so bleiben.
Was war passiert? Da ich keine Ahnung von solchen Dingen habe und auch die Erklärungen der Spezialisten mich überfordern, waren wir erst einmal ratlos. Aber dann fand ich beim Chat einer Gruppe, der ich angehöre, die Ausführungen von jemandem, der früher damit befasst war und die habe ich dann mehr oder weniger verstanden.
Einmal, und das leuchtet ein, darf die Nachfrage an Strom in keinem Augenblick die Erzeugung übersteigen, man kann ihn nämlich nicht speichern. Das nennt man Gleichgewicht. Um das zu erhalten, gibt es Geräte, die das automatisch tun. Wenn es nun aus irgendeinem Grund zu Instabilität im System kommt, ist das so gefährlich, dass das Netz rasend schnell komplett zusammenbricht. Da kann dann auch kein Mensch mehr eingreifen, um es zu verhindern. Diese Blackouts sind selten, aber sie kommen vor. Das Stromnetz danach wiederherzustellen, dauert einige Tage, denn um Elektrizität wiederherzustellen, braucht man Elektrizität. Nun ist Kuba eine Insel und hat keine Nachbarn, die ihm mal eben dabei unter die Arme greifen können. Es muss daher versuchen, kleine Mikrosysteme, die Strom erzeugen, im Netz miteinander zu verbinden. Aber solch isolierte Mikrosysteme sind sehr anfällig und jeder kleine Vorfall wie etwa ein Kurzschluss im Netz, kann das ganze System wieder zum Kollabieren bringen und man muss wieder von vorn beginnen. So kam es, dass in einem Stromkreis die Leute Licht hatten, das dann aber aus besagten Gründen wieder verschwand. Es braucht viel Können und Wissen und Geduld, um so viel Robustheit ins System zu bekommen, dass wieder eine automatische Balancierung einsetzen kann.
Nun ist es natürlich nicht toll, drei Tage ohne Strom auskommen zu müssen. Aber wir hier in Havanna hatten Glück im Unglück, denn wegen eines Hurrikans in Belize und einem weiteren im Osten regnete es oft und die Temperaturen waren erträglich und außerdem ging ziemlich viel Wind. Man konnte mit offenem Fenster schlafen, wenn die lieben Nachbarn einen ließen. Zumindest in unserer Straße herrschte mehr Volksfeststimmung teilweise mit batteriebetriebenem Radio. Anderswo war die Stimmung wohl nicht so gut. Es kam stellenweise zu den bei solchen Gelegenheiten beliebten Topfdeckelschlagen und Anzeichen von Vandalismus, aber nichts Dramatisches. Manche waren nur genervt, manche aber nutzten die Gelegenheit auch, um das Süppchen derer zu köcheln, die schon immer die Revolution zerstören wollen. Aber unsere Fachleute im Bereich der Elektrizität haben wirklich Übermenschliches geleistet und von daher ist jeder Protest irgendwie eine Beleidigung für Menschen, die sich aufopfern, während ganz Kuba erwartungsvoll auf dem Sofa sitzt und hofft, dass es bald Licht werde. Allerdings muss ich ehrlich zugeben, dass es schon ein komisches Gefühl ist, gar nicht zu wissen, was einen erwartet, denn das Internet über Handy war auch lange Zeit nicht richtig zu empfangen, so dass man wirklich in jeder Beziehung im Dunkeln stand.
Wartung

Wenn die Kraftwerke nicht rechtzeitig gewartet werden, ist das ein strategischer Fehler, der die Anlagen zerstören würde.
Foto: Ricardo López Hevia

Direkter Auslöser für die größte Energiekrise war, weil am Donnerstag, dem siebzehnten Oktober, Kubas wichtigstes Kraftwerk den Geist aufgab. Man sah sich gezwungen, den Unterricht ausfallen zu lassen und praktisch jegliche wirtschaftliche Aktivität einzustellen. Trotzdem hatte man in der Bevölkerung das Gefühl, dass das Schlimmste noch kommen würde, weil eine Unmenge an Lebensmittel durch Ausfall der Kühlung verdorben waren. Der Kollaps entstand, weil der nötige Treibstoff ausgegangen war, da der entsprechende Tanker wegen der schlechten Wetterlage nicht anlegen konnte. Aber der wirkliche Grund ist die Blockade. Die unendlichen Schwierigkeiten, die Kuba hat, um an Devisen zu kommen und die lebenswichtigen Dinge zu erwerben, haben dazu geführt, dass sich das Land in einem dauernden Mangelzustand befindet. Unsere Haupteinnahmequelle ist der Tourismus, aber Washington verbietet seinen eigenen Bürgern, nach Kuba zu reisen, zwingt die Europäer dazu, sich einen Urlaub auf der Insel gut zu überlegen, wenn sie irgendwann in ihrem Leben einmal in die USA wollen, weil ihnen dann nämlich das elektronische günstige ESTI Visum verweigert wird. Außerdem: Sonne, Strand Kultur oder auch Pseudokultur, attraktive Hotels usw. können viele in der Nähe gelegene Länder anbieten, die mit uns im Wettbewerb stehen und nicht unter einer über 60 Jahre währenden Blockade leiden und die über den natürlichen Markt, nämlich den Tourismus aus den USA, verfügen.
Aber nicht nur das – alles was wir kaufen oder verkaufen, steht unter ständiger Kontrolle der USA, weil sie wie der große Diktator über das gesamte Finanzsystem herrschen. Egal von welchem entfernten Ort wir etwas erwerben, ihnen entgeht nichts. Selbst das, was vielen Ländern eine große Finanzspritze für ihren jeweiligem Staatshaushalt einbringt, die sogenannten remesas – die Überweisungen von im Ausland lebenden Landsleuten – sind Kuba verwehrt, da es keinen Zugang zum internationalen Zahlungssystemen hat. Zu Zeiten von Hugo Chávez waren die Zustände hier nahezu paradiesisch, weil wir den Treibstoff zu günstigen Bedingungen bekommen konnten. Aber seit Venezuela den gleichen Grausamkeiten wie Kuba unterworfen wurde, musste die Regierung von Maduro die Lieferungen für Kuba kürzen, was unsere Lage immer dramatischer machte. Wir haben auch keinen Zugang zu der Technologie, die nötig wäre, um die Kraftwerke zu modernisieren und um eine energetische Wende herbeizuführen. Die USA verfolgen und sanktionieren jede internationale Bank, die es wagt, Überweisungen durchzuführen oder Kredite an uns zu vergeben. Sie verfolgen jeden Tanker, der uns Öl bringen soll. Die Sanktionen der USA haben innerhalb von fünf Jahren neunzig Prozent der Erdölproduktion Venezuelas, dem Hauptlieferanten Kubas, verhindert. Dass das HelmsBurton-Gesetz in seiner Gesamtheit angewendet werden kann, hat außerdem dazu geführt, dass noch mehr potentielle Investoren abgeschreckt wurden.
Wenn so etwas wie der Zusammenbruch des Stromnetzes in Kuba passiert, beherrscht das natürlich die Schlagzeilen in den Medien, Hintergründe für dieses Desaster werden dabei allerdings nie genannt.
Dabei gab es weltweit massenweise Blackouts, allerdings kapitalistische: 1998 in San Francisco (USA) 78 Tage, 2021 Nordmexiko 98 Tage, 2004 in Luxemburg 66 Tage und 2017 in Puerto Rico 328 Tage. Also ein Hoch auf unsere Fachleute, die so erfolgreich gearbeitet haben.
Da ein Unglück selten allein kommt, wurde die Provinz Guantánamo von Hurrikan Oscar heimgesucht, der leider acht Todesopfer gefordert hat. Er hat sich so langsam fortbewegt, dass er unendlich viel Zeit hatte, um unendlich viel Regen auf ein begrenztes Gebiet fallen zu lassen. Orte, die in Tälern liegen, die man als Halbwüste bezeichnet und wo man kaum weiß, was Regen ist, wurden in unglaublicher Geschwindigkeit überschwemmt, da noch das gesamte Wasser aus den Bergen in dieses Tal floss und zu allem Unglück auch noch gerade Flut herrschte, die Flüsse somit nicht ins Meer abfließen konnten, folglich weiter anschwollen. Man hatte im Vor hinein ja viele Menschen evakuiert, aber damit hatte niemand gerechnet. Viele in der Provinz Guantánamo – besonders in San Antonio del Sur, aber auch in der Stadt Baracoa und Imias – haben buchstäblich über Nacht alles verloren. Jetzt f inden überall Sammlungen statt, Sachspenden können beim CDR, FMC, usw. abgegeben werden, die dann mit LKWs dorthin gebracht werden. Natürlich gibt es auch Konten, auf die man Gelder überweisen kann. Die Lage ist echt trostlos und die Leute, die Präsident Díaz-Canel dort besuchte, schienen oft deprimiert zu sein – wenn auch nicht CUBA alle. Manche sind wirklich durch nichts unterzukriegen. Mut macht ihnen aber auch die perfekt organisierte Hilfe von Militärangehörigen der Revolutionären Streitkräfte und des Innenministeriums, die bei der Trümmerbeseitigung und der Wiederherstellung der Häuser helfen. Nahrungsmittel und Trinkwasser werden verteilt. Eine Karawane von Muleros, Maultiertreibern, voll beladen mit dem Nötigsten, klettert über gebirgige Pfade, um die Menschen in den entlegensten Orte zu versorgen, die man wirklich mit keiner Art von Fahrzeug erreichen kann.
Zu allem Überfluss hatten auch noch einige übelgesinnte Zeitgenossen die Idee, über die Netze zu verbreiten, der Damm des in der Nähe von San Antonio gelegenen Stausees werde brechen und alles werde überschwemmt. In Panik rannten alle Bewohner zum Teil barfuß aus dem Ort durch Berge von Schlamm. Nur die erste Premierministerin Ines María Chapman, die Hydraulikingenieurin von Beruf ist, rannte in die entgegengesetzte Richtung, um den Stausee zu überprüfen. Es war alles in Ordnung und es bestand keinerlei Gefahr, denn alle Stauseen des Landes werden sowieso in Situationen wie diesen akribisch überwacht und es wird dauernd Wasser abgelassen, wenn es sich als notwendig erweist, weil man sich der Hauptkapazität annähert. Es wurde also schnell Entwarnung gegeben, aber die Kinder waren so traumatisiert, dass sie sich zunächst weigerten, zurückzugehen. Man versucht, den Schuldigen zu finden und ihn anzuklagen, aber das ist im Netz nicht so einfach. Die Wiederaufbauarbeiten im Osten waren noch in vollem Gange, da wurde der Westen des Landes von Hurrikan Rafael heimgesucht. Dort wurde die Provinz Artemisa besonders getroffen. Aber auch wir in Havanna waren gut beschäftigt, die Wohnung sturmsicher zu machen und Rafael fegte nachts mit Stufe drei über uns hinweg und wir saßen wieder im Dunkeln. Strommasten knickten reihenweise um und wieder waren wir Tage ohne Strom. Brigaden aus den nicht betroffenen Provinzen wie Ciego de Avila, Camagüey usw. schickten ihre Elektriker. Bald schallte wieder der Ruf „Hay Luz – Viva Fidel“ durch das Barrio. Bis alle Einwohner der Hauptstadt wieder mit Strom und was immer damit zusammenhängt, mit Wasser versorgt waren, brauchte es seine Zeit, weil man vorsichtig vorgehen musste, um zu verhindern, dass, wie beim letzten Mal, wieder alles zusammenbrechen würde und alles noch einmal von vorne beginnen müsste. Das passierte dieses Mal nicht.
Was nur die Evakuierung und Versorgung von hunderttausenden Menschen an Kosten verursacht, kann sich jeder leicht vorstellen. Allein in Havanna, das ja nur die Ausläufer des Wirbelsturms mitbekam, die heftig genug waren, wurden fünfzigtausend Bewohner evakuiert. Wieder stand die Wirtschaft still. Die Menschen blieben zuhause, sicherten ihre Wohnungen, kauften noch schnell ein und warteten dann im Dunkeln was passieren würde. Der Hurrikan traf an einem Mittwochnachmittag auf kubanischen Boden. Uns wurde bereits am Montag gesagt, dass wir am Dienstag nicht kommen sollten und nur eine Notbesetzung die Büros hurrikansicher machen würde. Hier will man kein Risiko eingehen und es kam auch weder in Artemisa, wo er am schlimmsten wütete, noch in Mayabeque oder Havanna ein Mensch ums Leben. Über zweihundert Tote, wie in Valencia, weil die Firmen wollten, dass ihre Angestellten bis zum Schluss arbeiteten: So etwas wäre in Kuba unvorstellbar. Eine junge Spanierin erzählte, dass ihr Chef sie um ein Uhr nach Hause schickte, aber auch auf Nachfrage keinen Grund angab. Sie fuhr los und konnte noch gerade so über die Brücke, bevor sie überschwemmt wurde. Sie fragte sich ganz verzweifelt, warum nicht alle gewarnt wurden. Auch das nachfolgende Chaos bei den Aufräumungsarbeiten wurde hier, wo in solchen Fällen alles wie am Schnürchen läuft, mit Fassungslosigkeit wahrgenommen.
Wie wir in der schwierigen Lage, in der wir uns befinden, diese zusätzlichen Katastrophen verkraften, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Denn so weit wie möglich auszuschließen, dass kein Mensch ums Leben kommt und alle Vorräte und alles Vieh an sichere Orte zu bringen, bedarf nicht nur einer wohl durchdachten Organisation, sondern es verbraucht auch Ressourcen. Mayabeque ist die Provinz, die Havanna mit Nahrungsmitteln versorgt. Aber nach diesen Verwüstungen in der Landwirtschaft ist das kaum möglich. Das merkte man auch schon – nur Bananen gab es zuhauf. Die hatte man in einem Gewaltakt noch alle vor der Ankunft von Rafael abgeerntet.
Diese Ressourcen wieder aufzufüllen, dazu braucht man Devisen und da sind wir wieder bei der Blockade. Mit Ausnahme der USA und Israel haben sich auch in diesem Jahr wieder alle Länder der Welt gegen die Blockade ausgesprochen, die die USA der Insel nun schon über sechzig Jahre aufoktroyiert. Das ist sehr überzeugend, aber außer einem Achtungserfolg für Kuba und einer Demütigung für die USA, die diese aber gut weckstecken, hilft das uns wirtschaftlich nicht weiter. Keines der Länder legt sich mit den USA an. Alle haben Angst. Einige Industrien überkompensieren sogar die Blockadebestimmungen. D.h, wenn ein Produkt unter die Bestimmungen fällt, liefert man ein anderes, das gar nicht betroffen ist, lieber auch nicht. Im vorauseilenden Gehorsam möchte man lieber kein Risiko eingehen.
Trotzdem muss es ja weitergehen. Nach der Revolution gelang es Kuba, auch dank unserer Beziehungen zur Sowjetunion, die Kontrolle über die Wirtschaft für das Volk zurückzuerobern, große Investitionen durchzuführen und soziale Indikatoren zu erreichen, auf die wir heute noch stolz sein können. Aber so, wie damals die Unternehmen geleitet wurden, können wir in der heutigen Zeit nichts mehr werden. Das hat man sehr wohl bemerkt und auch entsprechende Gesetze erlassen, das Problem besteht aber vielerorts darin, dass die Menschen sie nicht nutzen. Es gibt jetzt KKMU – hier MIPYMES genannt. Aber Mipymes sind nicht gleich Mipymes. Wir brauchen Leute, insbesondere junge Leute, die in der Lage sind, die Chancen zu nutzen, die ihnen die neuen Gesetze bieten, die Geschäftsprojekte aufbauen, im Wesentlichen staatliche Mipymes, diese weltweit verknüpfen und auch die Kühnheit besitzen, die damit einhergehenden Risiken einzugehen, wie Professor Agustin Lage Dávila in seinem Artikel „Die kleinen staatlichen Unternehmen und der Sozialismus“ deutlich macht. Die Unternehmensdichte müsse verstärkt werden und zwar genauso, wie wir in einer anderen Zeit in großer Geschwindigkeit neue Schulen und Krankenhäuser errichtet haben, müsste man es jetzt mit Unternehmen tun. Internationale Daten ließen erkennen, dass es eine positive Beziehung zwischen der Gesamtheit der Exporte und deren Diversifizierung gebe. Wir werden die Diversifizierung im Export, die wir benötigen, mit der kleinen Anzahl von Unternehmen, über die wir verfügen, nicht erreichen.
Er stellt dabei klar, dass die Ausbreitung der neuen Unternehmen aber keine Privatisierungsoperation unter anderem Namen sein soll. Es soll eine Operation sein, die sich entwickelt und die bewusst vom Staat geleitet werden muss, wie es seiner Meinung auch die internationale Erfahrung in den wenigen Ländern zeige, die den Übergang von der Unterentwicklung zur Industrialisierung geschafft haben. Das wichtigste sei aber, betonte er, es müssten staatliche Unternehmen sein, damit der Sozialismus weiter verteidigt werden kann.
Nur bis zu den kühne Geschäftsprojekten mit den dafür notwendigen jungen genialen Leuten scheint es noch ein weiter Weg zu sein. Die bis jetzt autorisierten 11.355 Mipymes, von denen 11.046 privat, 238 staatlich und 71 Genossenschaften sind, wird es den großen Durchbruch nicht geben, insbesondere da etwa tausend von ihnen die erforderlichen Papiere noch nicht vollständig eingereicht haben, einige schon wieder geschlossen und andere noch gar nicht angefangen haben.

Antonio Guiteras

Große Demonstration gegen die Blockade auf dem Malecon in Havanna am 20. Dezember
Foto: Roberto Suárez/juventud rebelde

Ein großes Problem besteht darin, dass das staatliche Handelsmonopol sich in großem Maße auf die nichtstaatlichen Unternehmensformen verlagert hat, die eine enorme Dynamik bei Importen und Handel entwickelt haben, und deren Geschäfte sich oft außerhalb der Kontrolle des Staates abspielen und nicht immer im Rahmen des Gesetzes.
Und es ist ja auch wirklich erstaunlich, was es dort alles gibt von edlem Käse, Salami und andere Delikatessen, die ein normaler Sterblicher kaum bezahlen kann. Aber man möchte sie auch nicht mehr entbehren, da sie auch Reis, alle Arten von Nudeln, Wasser, Eier, Joghurt und Dinge des täglichen Bedarfs anbieten, die es sonst nirgends gibt, die man aber dringend braucht und die auch durchaus bezahlbar sind. Man muss zwar oft weite Strecken zurücklegen, weil der eine Laden dies und der nächste das andere hat, aber Hauptsache, irgendwann bekommt man es und das sind dann die Glücksmomente des kubanischen Alltags. Dabei CUBA werden durchaus kubanische Produkte angeboten. Le Gustó, ein in Kuba hergestelltes ausgesprochen leckeres Eis, hat Nestlé vom Markt verdrängt. Dafür wird sogar in Cubadebate Reklame gemacht. Auch qualitativ hochwertiger, teilweise unter der Bezeichnung „Bio“ laufender kubanischer Joghurt der Marke Cid, kann sich auf jeden Fall mit europäischem messen. Nebenher gibt es auch den in eineinhalb Liter Flaschen abgefüllten hausgemachten Joghurt, der, ich weiß nicht in welchem Haus, gemacht wird. Der ist natürlich erheblich preisgünstiger, aber auch in Ordnung. Das sind die Unternehmen, von denen Kuba ganz viele braucht, natürlich nicht nur im Lebensmittelbereich. Diejenigen, die einfach nur Produkte – aus welchen Quellen auch immer – aus dem Ausland kaufen und entsprechend teuer anbieten, bringen uns nicht nach vorn. Selbst die sogenannten MLC-Läden, die ja eigentlich dazu gedacht waren, dem Land Devisen zu bringen, bieten in der Regel einen Anblick von Trostlosigkeit. Mangels Ware sind endlose Regale mit dem gleichen Produkt gefüllt und ich kann mich oft auch des Gedankens nicht erwehren, dass diese Trostlosigkeit schlechtem Management geschuldet ist.
Nun gut, es gibt jetzt ein neues Gesetz, dass den Wildwuchs kontrollieren soll und die anfänglich großzügig gewährten Steuererleichterungen gehören der Vergangenheit an. Das Genehmigungsverfahren wird auch an die Gemeinden übergeben, da diese einen besseren Überblick haben, welche Sorte von Mipymes dort am ehesten gebraucht wird. Auch haben sie besser im Blick, wenn ein als Friseur genehmigtes Kleinunternehmen, das die Erlaubnis hatte auch Shampoos zu verkaufen, letztendlich seine Tätigkeit als Friseur einstellte und nur noch Waren verkaufte, weil dies ihm einträglicher erschien.
Zur besseren Kontrolle müssen auch die Löhne an die dort Angestellten auf ein Bankkonto überwiesen werden.
Der Idealfall, an dem man arbeitet, ist die Verkettung von innovativen Mipymes mit staatlichen Unternehmen. Da gibt es zwar hoffnungsvolle Beispiele, aber es sind leider noch zu wenige.
Etwas Erleichterung, auch was die Umklammerung durch die Blockade angeht, könnten BRICS bringen, bei denen Kuba die volle Mitgliedschaft beantragt hat. Sie verfügt über eine Neue Entwicklungsbank mit einem Anfangskapital von 100 Milliarden Dollar. Kuba wurde im November beim Treffen in Kasan nun als BRICS-Partnerland aufgenommen. Die Suche und das Auftun neuer Handelspartnern in Ländern wie Russland, Vietnam, Mexiko, Türkei, wozu die Rundreise des Präsidenten DíazCanel durch Europa, Asien und Afrika beigetragen hat, führte zu diversen Vereinbarungen, die zu notwendigen Investitionen und zur Diversifizierung des Außenhandels betragen werden.
Bank closed

Kuba verurteilt die Auswirkungen der Blockade auf das Banken- und Finanzsystem. Dies ist eines der Hauptziele der aggressiven Maßnahmen der US-Regierung.
Grafik: Radio Angulo


Bis dies alles seine Früchte trägt, brauchen wir die Hilfe befreundeter Länder und solidarischer Menschen. Natürlich werden uns die über vierhunderttausend Barrel Treibstoff, die Mexiko uns jetzt, wohl erschrocken ob des Ausmaßes der Katastrophe, in der wir uns befinden, jetzt sofort geliefert hat, nicht retten. Aber sie sind eine enorme Hilfe. Gleich nach dem Hurrikan ist eine ranghohe Delegation um Vizegierungschef Dmitri Tschernyschenko aus Moskau eingetroffen, um Kuba zu helfen. Moskau wird für die Beseitigung der Folgen der Hurrikane und der Stromkrise 62 Millionen US-Dollar bereitstellen. Für dieses Geld werde man 80.000 Tonnen Dieselkraftstoff sowie Ausrüstung und Ersatzteile liefern. Dies sollte für eine ununterbrochene Stromversorgung für mindestens zwei Monate reichen. Die Hilfe wird nicht nur zum Wiederaufbau beschädigter Infrastrukturen, sondern auch zur Stabilität im Energiesektor beitragen. All dies hilft uns und zeigt, dass es Länder und Menschen gibt, denen wir nicht egal sind. Genauso wie die nationale Kampagne der Venezolaner „Hundert Bolivares für Kuba“ und die dreihundert Tonnen humanitäre Hilfe, die auf Anweisung von Präsident Maduro den venezolanischen Hafen Puerto Cabello bereits verlassen hatten, bevor Hurrikan Rafael auch nur kubanischen Boden berührte, geben uns Mut, weil uns dies alles deutlich macht, wie wichtig es ist, dass wir durchhalten. Und das werden wir!