Falschmeldungen Unterschlagungen Manipulationen


Die USA und die EU behalten sich vor, darüber zu entscheiden, ob Wahlen im Rest der Welt akzeptabel sind und ein daraus hervorgegangener Staats- oder Regierungschef legitim ist oder nicht. Das ist zwar ebenso wenig neu, wie die doppelten Standards des Westens, wird angesichts sich verschärfender globaler Konflikte aber zunehmend grotesker. In westliche Medien wird Kuba zum Beispiel gern als Diktatur bezeichnet. Einer der Gründe dafür ist das alternative Wahlsystem der sozialistischen Inselrepublik, in der nicht Parteien kandidieren, sondern die Abgeordneten des Parlaments von den Bürgern direkt gewählt werden. Anders als in der BRD sind sie diesen auch zur Rechenschaft verpflichtet und können wieder abgewählt werden.
Auch das Staatsoberhaupt wird in Kuba gewählt – anders als etwa europäische Monarchen, die diese Position „erben“. Dennoch waren Kubas Präsidenten Fidel und Raúl Castro, die sich selbst von ihren Ämtern zurückgezogen haben, für westliche Medien „Diktatoren“. Auch der derzeitige Staatschef, Miguel Díaz Canel, dessen Amtszeit – anders als die des deutschen Bundeskanzlers – per Gesetz auf zwei Wahlperioden begrenzt ist, wird so gut wie nie ohne Attribute wie „autoritär“ oder „diktatorisch“ erwähnt. Eine Ehre, die er sich mit den Präsidenten Russlands, Chinas, Vietnams, Venezuelas, Nicaraguas und einigen anderen teilt. Welchen Wert Wahlen tatsächlich für die westliche Wertegemeinschaft haben, hängt jedoch immer davon ab, wo sie stattfinden.

Die doppelten Standards des Westens
Ein aktuelles Beispiel dafür sind die vorgezogenen Parlamentswahlen vom 30. Juni und 7. Juli in Frankreich, aus denen das linke Bündnis „Nouveau Front Populaire“ (Neue Volksfront) mit 27,99 Prozent der Stimmen und 178 Sitzen im Parlament als stärkste Kraft hervorging. Trotzdem regieren in Paris nach der Wahl nicht diejenigen, denen die Bevölkerung die meisten Stimmen gab. Stattdessen machte Präsident Emmanuel Macron den Wahlverlierer Michel Barnier zum Premierminister (Regierungschef), dessen rechtskonservative Partei „Les Républicains“ gerade einmal 6,57 Prozent der Stimmen und 39 Mandate erhielt. In westlichen Medien führte dieser offensichtliche Wahlbetrug jedoch weder zu eiCUBA nem Aufschrei, noch wurde die Legitimität der Regierung oder des Premierministers in Frage gestellt.
Ganz anders bei den Wahlen in Venezuela, die rund vier Wochen später stattfanden. Ohne jeden Beweis verbreiten westliche Medien Washingtons Narrativ, dass Nicolas Maduro sie manipuliert habe. Über ihre globale Propagandamaschine und die Medien versuchen die USA, die Welt davon zu überzeugen, dass die Mehrheit der Venezolaner für die Opposition gestimmt hat. Beweise dafür haben sie nicht. Westliche Regierungen sprechen sogar den zuständigen Institutionen eines souveränen Landes die Legitimität ab und maßen sich an, die Wahlen und deren Ergebnisse kontrollieren zu wollen. Der US-amerikanische Völkerrechtler und ehemalige Sekretär des UN-Menschenrechtsausschusses, Alfred de Zayas, hält es für „besorgniserregend“, dass westliche Staaten Einsicht in venezolanische Wahlergebnisse verlangen. Eine solche Einmischung verstoße gegen das Völkerrecht und die internationale Praxis. „Stellen Sie sich einmal vor, wie groß die Empörung wäre, wenn Indien oder China die Ergebnisse der Wahlen in den USA, im Vereinigten Königreich, in Frankreich oder Deutschland nicht anerkennen und überprüfen würden und den Oppositionsführer als rechtmäßigen Gewinner der betreffenden Wahlen anerkennen würden“, so der Experte.

Diktatoren und legitime Staatschefs
Mit der ihnen eigenen Doppelmoral hatten westliche Regierungen und Medien Anfang 2019 auch den – bis dahin unbekannten – rechten venezolanischen Abgeordneten Juan Guaidó anerkannt, nachdem er sich selbst zum „Übergangspräsidenten“ erklärt hatte. Nach einem Militärputsch gegen das gewählte Staatsoberhaupt Evo Morales erklärte sich auch die ultrarechte Politikerin Jeanine Áñez selbst zur „Präsidentin pro tempore“. Ebenfalls nach einem Staatsstreich wurde im Dezember 2022 in Peru dann die Politikerin Dina Boluarte von den Putschisten ins Präsidentenamt gehievt. Obwohl in keinem dieser Fälle eine Wahl stattgefunden hatte, erkannten die USA und die EU sie alle als Staats- und Regierungschefs an. Auch an der Legitimität von Wolodymyr Selenskyj zweifeln westliche Medien nicht, obwohl dessen Amtszeit bereits im Mai 2024 abgelaufen ist und seitdem keine Wahlen stattfanden. Mit der Behauptung „ist ja Krieg, da gelten andere Regeln“ akzeptieren dieselben Medien, die die Wiederwahl des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom März 2024 nicht anerkennen wollen, dass Selenskyj seit Mai ohne demokratische Legitimation und quasi diktatorisch regiert. Im Gegensatz dazu stellt der Völkerrechtler und ehemalige UN-Experte Alfred de Zayas fest: „Die USA und die EU haben weder das Recht, sich in die Wahlen anderer Länder einzumischen, noch das Recht zu entscheiden, welche Wahlen legitim sind und welche nicht.“