Alles für die Gesundheit

40 Jahre Familienarztpraxen in Kuba

Der Kampf um eine gute Gesundheitsversorgung ist tief in der kubanischen Geschichte verwurzelt und wurde schon von den Kämpfern für die kubanische Unabhängigkeit Ende des 19. Jahrhunderts gefordert.

In der "Erklärung von Havanna" am 2. September 1960 schrieb Fidel Castro die Eckpunkte des kubanischen Gesundheitswesens fest. Die ethischen Grundprinzipien der Revolution – das Recht auf Befriedigung elementarer Bedürfnisse wie Ernährung, Obdach und Versorgung mit essentiellen gesellschaftlichen Ressourcen wie Bildung, Arbeit, Alters- und Gesundheitsversorgung – wurden auch Stützpfeiler des Gesundheitswesens. Mit wie viel Energie der kubanische Staat diese Ziele verfolgt, sieht man unter anderem daran, dass Kuba inzwischen eine größere Dichte an Ärztinnen und Ärzten als die USA oder die BRD hat: Kuba 8 pro 1000 Einwohner, die BRD 4 pro 1000 Einwohner und die USA nur 3 pro 1000 Einwohner.

Am 4. Januar 1984 wurde das System der Familienarztpraxen von Fidel Castro in Kuba eingeführt – es bekam den Namen "Medico y la Enferma de la Familia".

Dieses System ist bis heute die Basis der Gesundheitsversorgung in Kuba.

Nähe zu Menschen im Viertel

Das kubanische Gesundheitssystem ist aber auch abseits dieser Zahlen einen Blick wert. Neben Polikliniken, allgemeinen und spezialisierten Krankenhäusern setzt es stark auf eine wohnortnahe Versorgung durch nahegelegene Familienarztpraxen oder zuständigem Medizinpersonal für Universitäten und Großbetrieben. Dabei ist zu bedenken, dass Kuba zu großen Teilen ländlich geprägt ist. Vor der Revolution hatten 84,6 Prozent der ländlichen Bevölkerung keinen Zugang zu medizinischer Versorgung.

Eine der wichtigsten Voraussetzung bei der Versorgung ist also Nähe: In Entfernung von maximal einem bis zwei Kilometer soll jeder Kubaner eine Familienarztpraxis erreichen können. Dort gibt es mindestens eine Ärztin oder einen Arzt und eine Krankenschwester oder Krankenpfleger. Diese betreuen ihr Viertel. Das heißt, der Arzt oder die Ärztin kann man sich nicht aussuchen, aber durch regelmäßige Umfragen wird überprüft, ob das medizinische Personal im Viertel Vertrauen geniest. Sollte dies nicht der Fall sein, wird das Personal getauscht.

Großes Vertrauen

Gerade die Covid19-Pandemie hat gezeigt, dass dieses medizinische Personal über großes Vertrauen verfügt – sonst wären die hohen Impfzahlen nicht erreicht worden.

Es gibt auch Probleme

Die Ausstattung mit Technik und Verbrauchsmaterialien sind auf Grund der Wirtschafts- Handels-, und Finanzblockade durch die USA ein Problem. Kuba kann diese deswegen auf dem Weltmarkt nicht oder nur zu völlig überhöhten Preisen kaufen.

Erfolgsmodel

Trotzdem ist dieses Modell – und dies nicht nur für ein unterentwickeltes Land – ein Erfolgsmodell was an vielen medizinischen Daten ablesbar ist. War die Lebenserwartung vor der Revolution unter 60 Jahre, so ist sie heute fast so hoch wie die in Deutschland und die Kindersterblichkeit ist niedriger als hierzulande. Etliche Infektionskrankheiten wurden praktisch fast beseitigt.

Vorsorge der Schwerpunkt

Auffällig ist, dass der Schwerpunkt nicht in der Krankenbehandlung liegt, sondern auf der Prävention. Das Personal besucht die Familien, auch wenn diese gar nicht krank sind, um sie z. B. bei der Schaben-Bekämpfung und der Bekämpfung der Stechmücken zu unterstützen und die Menschen in Gesundheitsfragen zu beraten. Auch die Beratung in Verhütungsfragen und gesundheitliche Vorsorge in diesem Bereich gehört dazu.

Gesellschaftliche Veränderungen

Auch auf gesellschaftliche Veränderungen wird reagiert. Auf Grund der demografischen Veränderungen wird z. B. seit einigen Jahren durch junge Sozialarbeiter den Menschen im Viertel Gesundheitsgymnastik angeboten. Zu bestimmten Zeiten wird zwischen den Häusern im Freien gemeinsam Gymnastik zur Gesundheitserhaltung gemacht.

Alles in allem macht das kubanische System der Familienarztpraxen deutlich, wie erfolgreich eine wohnortnahe, präventiv ausgerichtete Gesundheitsversorgung ist, die nicht durch Profiterwartungen von Konzernen bestimmt wird wie bei uns in der BRD.

CUBA LIBRE Roland Armbruster

CUBA LIBRE 2-2024