Beginn der Revolution vor 70 Jahren.
Am 26. Juli führte Fidel Castro seine Kameraden zur ersten Schlacht auf dem Weg zur Befreiung und sozialistischen Revolution. |
Der 26. Juli 1953 ist ein Eckdatum in der Geschichte der Kubanischen Revolution. An diesem Tag begann der Angriff auf die Moncada-Kaserne in der zweitgrößten Stadt der Insel, Santiago de Cuba. Der junge Rechtsanwalt Fidel Castro hatte ein geheimes Netzwerk von etwa 1200 Gegnern der Batista-Diktatur um sich geschart, um mit allen persönliche Gespräche zu führen, legte er 50.000 km zurück. Viele von ihnen stammten aus dem Umfeld der Orthodoxen Partei, einer Partei "der Mittelschicht, der einfachen Leute, Arbeiter, Bauern, Angestellten und Studenten. Auch Arbeitslose gab es.", so Fidel. In dem Interview, das Ignacio Ramonet mit ihm führte, spricht er von "wunderbaren Menschen". Auch er bewegte sich im Umfeld dieser Partei, hielt jedoch auf Abstand zu deren Führung, die weitgehend aus Reichen und Landbesitzern bestand.
"Ich habe echte Bekehrungsarbeit geleistet (...) Wenn du nicht auf die Arbeiterklasse, die Bauern und die Armen setzt, in einem Land, das so ausgeblutet ist und so gelitten hat, dann hat alles keinen Sinn. Es war kein Klassenbewusstsein vorhanden, aber es gab etwas, das ich oft als Klasseninstinkt bezeichne. (...) Ich war erstaunt, wie schnell man mit der richtigen Argumentation und ein paar Beispielen jemanden davon überzeugen konnte, dass diese Gesellschaft absurd war und dass man sie verändern musste. (...) Es gab viele Menschen, die gegen Raub, Unterschlagung, gegen Arbeitslosigkeit, Missbrauch und Ungerechtigkeit waren; sie glaubten aber, dies sei schlechten Politikern geschuldet. Sie konnten nicht begreifen, dass es das System war, das all das hervorbrachte. (...) Ich war fest davon überzeugt, dass man dieses System auslöschen musste."
Der Angriff auf die Kaserne hatte ihre Einnahme zum Ziel, um die dort lagernden Waffen an die Bevölkerung zu verteilen. Die weit verbreitete Unzufriedenheit der Menschen mit dem Leben unter der Diktatur wurde als Ausgangspunkt für einen Volksaufstand angesehen. Die Aktion, die unmittelbar nach dem Karneval stattfand, scheiterte aufgrund unglücklicher Umstände. Bevor die Rebellen in Soldatenuniformen in die Festung gelangen konnten, brach eine Schießerei aus. Der überraschungseffekt, auf den man gesetzt hatte, kam nicht mehr zum Tragen und der Rückzug musste angetreten werden. Von vielen Autoren wurde die Aktion in der Rückschau als Verrücktheit eingeschätzt, doch Fidel blieb auch Jahrzehnte später bei seiner Sicht: "Wenn ich nochmal einen Angriff auf die Moncada-Kaserne organisieren müsste, würde ich es wieder ganz genauso machen. Das, was dort schiefging, war einzig und allein auf unsere mangelnde Erfahrung im Kampf zurückzuführen. Die haben wir erst später erworben", so Fidel gegenüber Ramonet. Das beim Rotbuch-Verlag 2008 erschienene Interview unter dem Titel "Mein Leben" ist eine hervorragende Quelle über diese Episode.
Fünf der Angreifer fielen im Kampf, 56 der in Gefangenschaft geratenen Mitkämpfer wurden gefoltert und ermordet. Fidel, sein Bruder Raúl und einige andere wurden erst nach Tagen verhaftet, als die Empörung über die Brutalität der Batista-Schergen bereits weite Kreise in der Bevölkerung zog. In seinem Prozess verteidigte Fidel die Aktion, indem er die unhaltbaren Zustände im Lande anprangerte und konkrete Lösungen propagierte. Diese Rede wurde nach seiner Verurteilung im Gefängnis unter dem Titel "Die Geschichte wird mich freisprechen" rekonstruiert und von seinen Anhängern in hoher Auflage verbreitet. Das Gefängnis selbst wurde von den inhaftierten Revolutionären genutzt, revolutionäre Autoren zu studieren, ein vorläufiges Fazit zu ziehen und über die zukünftige Strategie nachzudenken.
Die geschmückte Moncada. Hier begann die kubanische Revolution. |
"Wir sind keine professionellen Unruhestifter noch blinde Verfechter von Gewalt. Wir würden nicht auf Gewalt zurückgreifen, wenn das bessere Heimatland, das wir anstreben, mit den Waffen der Vernunft und der Intelligenz erreicht werden könnte," schrieb Fidel am 25. Mai 1955, wenige Monate vor einer Amnestie, die den Inhaftierten vorzeitig die Freiheit brachte. "Kein Volk würde einer Gruppe von Abenteurern folgen, die das Land in einen Konflikt stürzen wollen, außer dann, wenn es keine friedlichen, legalen Mittel für alle Bürger gibt in dem zivilen Wettstreit der Ideen. Wir stimmen mit Martí darin überein, dass derjenige, der einen vermeidbaren Krieg beginnt, ein Krimineller ist, ebenso wie derjenige, der es vermeidet, einen Krieg zu führen, wenn dieser unumgänglich ist."
Nach Fidels Entlassung war die wichtigste Sache zu jener Zeit seiner Meinung nach, zu demonstrieren, dass es keine politische, das heißt friedliche Lösung für Kubas missliche Lage mit Batista an der Macht geben konnte. "Wir sagten, wir würden eine friedliche Lösung akzeptieren auf der Grundlage bestimmter Bedingungen. Uns war klar, dass diese Bedingungen nicht eintreten würden. Es dauerte nur wenige Wochen, der öffentlichkeit zu zeigen, dass Kubas Probleme niemals mit Batista friedlich gelöst werden konnten." Die Diktatur blockierte alle Wege für einen Dialog und das Leben der Revolutionäre war zunehmend in Gefahr. Fidel verließ Kuba mit einer Gruppe von Getreuen, um sich in Mexiko für eine bewaffnete Invasion der Insel vorzubereiten. Doch er mahnte auch zur Geduld und verwies immer wieder auf die Gefahren, mit anderen politischen Kräften fragwürdige Allianzen einzugehen, welche die eigenen Positionen und ihr bereits erworbenes Prestige schwächen würden. Er setzte auf Zeit und konzentrierte alle Energie darauf, die Bewegung des 26. Juli zu festigen und zusammenzuhalten. "Das Programm muss die wirtschaftlichen und politischen Probleme des Landes vollständig, konkret und mutig benennen, um den Massen eine wahrhaft neue und erfolgversprechende Botschaft zu senden."
Von Sozialismus oder Kommunismus zu sprechen hielt er für verfrüht. Dies hätte bei vielen Menschen unnötige Widerstände hervorgerufen und die Durchführung des ersten Schrittes, den Sturz der Diktatur, behindert. Auch nach dem Sieg der Revolution am 1. Januar 1959 ließ er den weiteren Entwicklungen die Entfaltung ihrer aufklärerischen Wirkung. Im Oktober 1960 sagte er in einem Fernsehauftritt über das Moncada-Programm: "Heute sind wir in der Lage, mit Genugtuung festzustellen, dass das Programm erfüllt wurde. Viele glaubten nicht daran und sind deshalb erstaunt, weil wir keinerlei Verpflichtungen eingegangen sind zu Gefälligkeiten gegenüber den Großgrundbesitzern, den großen Ausbeutern, den Monopolisten, noch gegenüber ausländischen Interessen, welche die Wirtschaft unseres Landes geplündert haben. Wir haben uns auch nicht verpflichtet, Privilegien, Raub, politisches Manövrieren oder Korruption weiterhin zu tolerieren (...) Und wir können es gegenüber den Bauern und dem ganzen Volk erneut sagen: Hier habt ihr euer Land; hier habt ihr eure Schulen und Hospitäler; hier habt ihr eure Kasernen, zu Schulen umgewandelt; hier habt ihr eure Fabriken, die ausländischen Konzernen gehörten; hier habt ihr eure Elektrizitäts- und Telefongesellschaften; hier habt ihr eure Raffinerien. Während ihr vorher nichts hattet (...) Wir haben keine Versprechungen gemacht, sondern die Realitäten verändert. Und wir glaubten daran, dass das Volk, wenn ihm gegeben wird, antworten wird und bereit ist, seine Errungenschaften zu verteidigen."
Erst ein halbes Jahr später, am 16. April 1961, erklärte Fidel vor bewaffneten Volksmilizen den sozialistischen Charakter der Revolution. Es war am Vorabend der von den USA unterstützten Invasion konterrevolutionärer Exil-Kubaner in der Schweinebucht. Dieser militärische Angriff wurde in den folgenden drei Tagen vollständig von den Kubanern niedergeschlagen.
Wolfgang Mix
CUBA LIBRE 3-2023