Mann des Friedens und der Solidarität

Sevim Dagdelen zum Tod von Hans Modrow

Hans Modrow war ein großer Internationalist und seine Solidarität war ihm Herzenssache. Zu seinem 95. Geburtstag am 27. Januar dieses Jahres, wenige Tage vor seinem Tod am 10. Februar, wünschte sich Hans Modrow keine persönlichen Präsente, Glückwunsch-Annoncen oder Blumen. Er bat per Zeitungsanzeige lieber um Spenden zur Unterstützung der Grundschule "Tamara Bunke" in Kuba. Mit großer Wirkung: Durch die Solidaritätsaktion ist ein fünfstelliger Betrag zusammenkommen.

Hans Modrow

Hans Modrow
Foto: Sandro Halank, Wikimedia, CC BY-SA 3.0


Mich verbinden mit Hans Modrow eine langjährige Freundschaft, ein fortwährender Meinungsaustausch und das gemeinsame Ringen in der Partei DIE LINKE für soziale Gerechtigkeit und eine friedliche Außenpolitik. Von dem Älteren habe ich in vielen langen Gesprächen gelernt und ungemein profitiert. Was für eine Erfahrung, was für eine Lebensleistung! In der DDR war er 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED im Bezirk Dresden und Abgeordneter der Volkskammer. Er war der letzte linke Ministerpräsident der DDR und hat geholfen, ökonomische Interessen der Bevölkerung im Osten im Zuge der Vereinigung zu sichern, etwa, dass Eigenheimbesitzer dort die Grundstücke unter ihren Häusern vom Staat günstig kaufen konnten. Er war später Mitglied des Deutschen Bundestages wie auch des Europaparlaments. Unzählige Male reiste er in seinen politischen Funktionen und in Freundschaft verbunden nach Kuba, Russland oder China. Er war wahrer Brückenbauer, warb für Frieden, Dialog und Verstehen des jeweils anderen. Seine Bücher wurden ins Chinesische übersetzt, wiederholt war er auf Vortragstour in der Volksrepublik, sodass er, zurück in Deutschland, Interessierte aus erster Hand über Entwicklungen und Diskussionen dort informieren konnte.

Hans Modrow war Ehrenvorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus und Vorsitzender des Ältestenrats der aus ihr hervorgehenden Partei DIE LINKE. Über Jahre hat er vor den drohenden Folgen der NATO-Osterweiterung gewarnt und die große Gefahr gesehen, die aus der Konfrontation mit Russland erwächst, bis hin zu einer drohenden Eskalation des Ukraine-Krieges zum Flächenbrand in Europa.

Vergeblich mahnte er im Januar 2022: "Die SED ging zugrunde, weil die Führung selbstgefällig und arrogant, unbeirrt und unbeeindruckt ihren Kurs verfolgte und ignorierte, was die kritische Basis daran anstößig fand. Das Ende ist bekannt." Vergeblich erinnerte er an die Wurzeln der Partei DIE LINKE und den Generationen währenden Kampf zur Überwindung des Kapitalismus. "Lautmalerei, Anglizismen und Gendern oder der Kampf gegen die Klimakatastrophe überwinden die sozialen Gegensätze in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft nicht", so Hans Modrow, der gerade auch in internationalen Fragen Kurs zu halten verstand und sich von Anwürfen des bürgerlichen Mainstream nicht ins Trudeln und Straucheln bringen ließ: "Wer in das gleiche Horn stößt wie die kapitalistischen Kritiker Russlands und Chinas, Kubas, Venezuelas usw., macht sich objektiv mit ihren erklärten wirtschaftlichen und politischen Gegnern gemein."

Hans Modrow stand bis zuletzt für konkrete Solidarität mit dem Globalen Süden und gelebte Freundschaft mit dem sozialistischen Kuba. International erfährt sein politisches Wirken für Frieden und Verständigung größere Würdigung als in der Partei, die immer weniger die seine wurde.

CUBA LIBRE Sevim Dagdelen ist Mitglied des Deutschen Bundestages

CUBA LIBRE 2-2023