Kuba in Saarbrücken

Veranstaltung in zur Leserreise "Auf den Spuren von Alexander Humboldt"

Von Ende November bis Anfang Dezember 2022 nahmen wir, Volker, Felix und ich, an der Leserreise von Cuba Libre und UZ nach Kuba teil. Unsere unzähligen Eindrücke und Fotos haben wir gerne in einer Veranstaltung zum Jahresauftakt der DKP Saarland im Kultur- und Werkhof Nauwieser 19 in Saarbrücken geteilt. Am 21. Januar fand die Veranstaltung vor etwa 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Trotz hohem Schnee auf den Straßen war der Saal mehr als gut gefüllt.

Nach einer Einführung der Partei begann Volker mit einem Rückblick auf die Entwicklung Kubas der letzten drei Jahre und einem kleinen Ausblick in die Zukunft. Volker war zum letzten Mal 2019 in Kuba und konnte so auch aus eigener Anschauung Vergleiche ziehen.

2020 führte die Ausbreitung des Coronavirus zu einem Totalausfall der wichtigsten Deviseneinnahmen Kubas, dem Tourismus. Es gelang Kuba als einzigem Land in Lateinamerika, eigene Impfstoffe zu entwickeln. Fast alle Kubanerinnen und Kubaner ab dem zweiten Lebensjahr sind inzwischen geimpft – aber auch dazu bedurfte es aufgrund der US-Blockade gegen Kuba der internationalen Solidarität, da die notwendigen Spritzen erst durch die Solidaritätsbewegung geliefert werden konnten. Die Impfstoffe Kubas sind sehr wirkungsvoll, aber der Prozeß der Anerkennung durch WHO ist immer noch nicht abgeschlossen.

2021 begann eine vorsichtige Öffnung für Touristen, vor allem aus Kanada und Russland. Die Hoffnung wurde 2022 durch den Krieg Russlands in der Ukraine und die darauffolgenden Sanktionen des Westens (unter anderem auch die Streichung von Überflugrechten und damit der Ausfall von Direktflügen aus Russland) zunichte gemacht.

Im letzten Jahr passierten dann mehrere Dinge, die endgültig dazu führten, dass Kuba in eine der schwersten Krisen seit der Revolution geriet:

- Im Mai ereignete sich nach Renovierungsarbeiten eine Explosion im Hotel Saratoga in Havanna. Es starben mindestens 30 Menschen.

- Im August explodierte durch einen Blitzeinschlag ein großes Treibstofflager in Matanzas. Es gab 16 Tote, die bei der Brandbekämpfung ums Leben kamen. Vier Tanks brannten vollständig aus. Der Übersprung auf weitere Tanks konnte verhindert werden. Wir konnten die Unglücksstelle aus der Ferne sehen.

- Im September zog der Hurrikan Ian über den Westen Kubas und zerstörte 90 % der Tabakernte sowie 8500 ha landwirtschaftliche Fläche. 100.000 Häuser wurden zerstört, im ganzen Land fiel der Strom aus. Kuba erhielt Sachzuwendungen aus einigen Ländern, von der WHO sowie weltweit von Kuba-Solidaritätsorganisationen.

- Ernährung, Wohnen und Energie bleiben Hauptprobleme des Landes. Abwanderung führt zu einer Überalterung der Gesellschaft.

Aber es gibt auch Lichtblicke:

- Der Tourismus erholt sich allmählich.

- Die Region Kalabrien in Italien wird dieses Jahr 500 kubanische Ärzte und Pflegepersonal einstellen. Dreiviertel der Gehälter gehen zurück in das kubanische Gesundheitssystem.

- Die neue brasilianische Regierung wird vermutlich das Gesundheitsprogramm für die Elendsviertel durch kubanische Ärzte wieder auflegen.

- Western Union darf wieder in beschränktem Umfang von Florida aus Geld auf kubanische Konten überweisen. Diese Überweisungen waren, bevor die Administration Trump sie verbot, die zweitwichtigste Devisenquelle Kubas.

- Die US-Blockade im Bereich des Internets kann wohl entschärft werden. Die französische Firma Orange plant ein Unterseekabel von Martinique nach Kuba.

- Die Reise von Präsident Díaz-Canel im Spätherbst nach China, Russland, der Türkei und Algerien war sehr erfolgreich. Es wurden etliche Verträge zugunsten Kubas geschlossen.

Im Anschluss an Volkers Ausführungen erläuterte ich, was es mit dem Solidaritäts-Gepäck auf sich hatte und wie es unsere Reise veränderte. In der letzten Cuba Libre vom Januar 2023 wurde darüber bereits berichtet. Die 22 Taschen, jeweils mit zehn Kilo medizinischen Hilfsgütern gefüllt, wurden kostenlos von der Fluggesellschaft befördert und waren mit viel Engagement durch die Organisationen in Deutschland, insbesondere der FG-BRD-Cuba Gruppe Frankfurt, hervorragend vorbereitet. Diese Hilfsgüter eröffneten uns Einblicke in das kubanische Gesundheitswesen, die Touristen normalerweise nicht erhalten: Führungen durch Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, eine Familienarztpraxis und ein Altenheim. Hochinteressant und beeindruckend, wie mit oft sehr einfachen Mitteln, gute Ergebnisse im Gesundheits- und Sozialwesen erreicht werden.

Anhand von Fotos führten wir unsere Zuhörer durch unsere Reiseeindrücke quer durch Kuba, von Osten nach Westen, von Holguín bis Havanna. Zu jedem Bild gab es was zu erzählen und zu erklären.

Felix erläuterte die Neuerungen des im Herbst 2022 verabschiedeten neuen Familiengesetzes und seinen Entstehungsprozess. Im Vorfeld gab es viele Diskussionen mit reger Beteiligung der Bevölkerung – dies führte zu rund 60 Prozent änderungen gegenüber dem Ausgangstext. Das Gesetz beinhaltet eine neue Definition von Familie als liebevoller Einheit von zwei oder mehr Menschen, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung. Außerdem umfasst es den Schutz von Kindern, Alten, Behinderten und Opfern häuslicher Gewalt, mehr Kinderrechte, Anhebung des Ehe-Mindestalters auf 18 Jahre, sowie Hilfe bei ungewollter Kinderlosigkeit.

Da während unserer Reise auch die ersten Kommunalwahlen nach dem 2019 verabschiedeten neuen Wahlgesetz stattfanden, hatte ich mich darauf vorbereitet, über das Wahlsystem in Kuba zu sprechen. Doch in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit habe ich diesen Beitrag auf einen späteren Termin verschoben. Hier jedoch einige Anmerkungen.

Deborah, unsere Reisebegleiterin vom ICAP, erläuterte uns zu später Stunde das beteiligungsorietierte System der kubanischen Kommunalwahlen. Das aktive und passive Wahlrecht haben alle kubanischen Staatsbürger über 16 Jahre. Die Aufstellung der Kandidaten (Nominierung) erfolgte mit einem Handzeichen in Nachbarschaftsversammlungen, also auf Vorschlag der Wahlberechtigten des jeweiligen Wahlkreises. Die Kommunistische Partei (PCC) darf sich an diesem Nominierungsprozess nicht beteiligen. Es sollen keine Parteien, sondern Personen gewählt werden. Einen Wahlkampf dürfen die Kandidaten nicht führen. Stattdessen wird eine Kurzbiografie für mehrere Wochen ausgehängt. Damit soll erreicht werden, dass Eigenschaften und Werdegang der Kandidaten im Vordergrund stehen. Auf jedem Listenplatz müssen mindestens zwei, höchstens jedoch acht konkurrierende Kandidaten zur Auswahl stehen. Die von der Gemeinde nominierten Kandidaten dürfen kein Geld für Wahlkampfzwecke ausgeben, sind aber dennoch für die Wähler zugänglich, um alle Themen zu diskutieren.

Gewählt wird in gleicher, freier und geheimer Wahl. Die Stimmenauszählung erfolgt öffentlich. Auf Kuba gilt das Mehrheitswahlrecht, d. h., nur wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigen kann, gewinnt den Sitz, ansonsten erfolgt eine Stichwahl.

Nach Konstituierung der Kommunalparlamente kommt den Abgeordneten (Delegados), die Aufgabe zu, Probleme des Viertels zu lösen, die Stadtverordnetenversammlung zu wählen und Prioritäten der inzwischen stärker aus eigenen Mitteln finanzierten Gemeindehaushalte zu setzen. Sie müssen gegenüber ihren Wählern während der Legislaturperiode mehrfach Rechenschaft ablegen. Darüber hinaus kann die Gemeinde ihre Vertreter jederzeit abberufen, sobald deren Amtszeit begonnen hat.

Auffällig bei dieser Wahl war die für kubanische Verhältnisse außerordentlich geringe Beteiligung von etwa 68,5 Prozent Eine Wahlpflicht gibt es nicht, der Gang zur Urne ist jedoch in der politischen Kultur als Bürgerpflicht verankert.

Die Ursachen dürften vor allem in den Auswirkungen der schwierigen wirtschaftlichen Situation zu suchen sein.

Nach vielen weiteren Fotos sprach Felix zum Ende der Veranstaltung noch über seine Eindrücke aus Sicht eines jungen Menschen von 23 Jahren.

Wie wir alle war auch er sehr beeindruckt. Die Rollen von Vaterland, Nationalstolz, Frauenverständnis, Religion, Monumentalität beschäftigen ihn. Für ihn war es, natürlich auch seinem Alter geschuldet, der erste Besuch in einem sozialistischem Land. Selbst politisch linksstehend, bedeutete es für ihn, die sozialistische Idee ist nicht nur ein Traum. "Eine andere Welt ist möglich!".

Ein weiteres Resümee von ihm war: auch in Zukunft mehr generationsübergreifend miteinander zu reden und zu arbeiten.

Eine lebhafte Diskussion folgte, auch mit Beiträgen von Kennern der lateinamerikanischen Mentalität sowie unserer Studentin an der ELAM, die während ihrer Semesterferien anwesend war und kubanische Verhältnisse aus einer ganz eigenen Sicht beschreibt. Gefreut hat uns auch, dass ein weiterer Reiseteilnehmer aus Rheinland-Pfalz extra zu unserer Veranstaltung gekommen ist. Wir werden die Veranstaltung fortsetzen und so hoffentlich auch zu Multiplikatoren werden.

CUBA LIBRE Gisela Däges

CUBA LIBRE 2-2023